Praxis Dr. Inselfisch

Psychologie, Philosophie und Programmierung

6. September 2019
von admin
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Ist Geiz wieder mal geil? Gedanken zum “neuen” Minimalismus

In den vie­len Essays und Artikeln, die täglich über das Dis­play meines Note­books geis­tern, find­en sich zur Zeit gehäuft welche zum The­ma Per­son­al Finance. In unseren Zeit­en des unbe­gren­zten Kon­sums ist es nun­mal sehr leicht, mehr Geld auszugeben als man hat. Die aktuelle Patentlö­sung für chro­nis­che Geld­not bis hin zur Ver­schul­dung heißt wieder ein­mal Min­i­mal­is­mus, oder auch Ein­fach­es Leben, und befasst sich damit, bei jedem Cent den man aus­gibt auch zu bew­erten, ob das jet­zt wirk­lich sein muss, oder ob man den Cent doch lieber für etwas anderes ver­wen­det.

Denn, da sind sich die Experten einig, Min­i­mal­is­mus sei keine Sache des Verzichts, son­dern eine Sache der Wahl­frei­heit. Wer sich für ein ein­fach­es Leben entschei­det, so heißt es, kann Bal­last abw­er­fen und ins­ge­samt glück­lich­er sein als vorher. Das set­zt aber voraus, dass man mit dem Rot­s­tift über alle Aus­gaben geht und erst ein­mal iden­ti­fiziert, wohin das schöne Geld jeden Monat entschwindet. Voraus­set­zung für eine min­i­mal­is­tis­che Finan­zlö­sung ist, dass man seine Aus­gaben sehr genau kon­trol­liert. Viele Experten rat­en dazu, wirk­lich jeden aus­gegebe­nen Cent schriftlich mitzupro­tokol­lieren, täglich und akribisch. Das finde ich für eine gewisse Über­gangszeit OK, bis man bess­er im Blick hat wo denn nun wirk­lich die Lecks im Bud­get sind. Man kanns aber auch übertreiben, die ständi­ge Kon­trolle kann auch zum Selb­stzweck wer­den, da wird Geiz dann wirk­lich geil und ein erstrebenswertes Ziel per se. Das kann dann leicht in die Obses­sion abkip­pen, und da wirds dann echt unschön.

Was ich auch nicht schön finde, ist wenn sich jemand anmasst, “glück­lichen Min­i­mal­is­mus” als Patentlö­sung gegen Armut anzupreisen. Hartz IV und Alter­sar­mut wegen zu niedriger  Renten lassen sich nicht damit kuri­eren, dass man die Betrof­fe­nen zur akribis­chen Führung eines Haushalts­buch­es zwingt. Wenns hin­ten und vorn nicht reicht, kann man das zwar somit nach­weisen, aber geholfen ist einem damit nicht. Aber ich schweife ab — hier wirds mir zu poli­tisch.

Wie dem auch sei, die strenge Kon­trolle der monatlichen Haushalt­saus­gaben unter der Flagge “Min­i­mal­is­mus” wird als das neue All­heilmit­tel gegen per­sön­liche finanzielle Schwierigkeit­en ange­priesen, und es gibt eine ganze Legion von Rat­ge­bern, die dies als Neu und sog­ar als Chic und In verkaufen.

Ja sagt mal: gehts noch? Wer hat denn das jet­zt alles neu erfun­den? Erin­nert sich noch jemand an den schö­nen alten Begriff “Haushalts­geld”? Das gabs zu mein­er Zeit (ha, ich werde alt!) in jed­er Fam­i­lie, das war ganz ein­fach der Geld­be­trag, der der Haus­frau im Monat für die täglichen Aus­gaben zur Ver­fü­gung stand. Das war oft mal auch ein Stre­it­punkt, zugegeben, aber im Großen und Ganzen stand fest, wieviel für Lebens­mit­tel und Haushalt­skram und Dinge des täglichen Bedarfs aus­gegeben wer­den kon­nte. Damit da nichts aus dem Rud­er lief, sam­melte man die Kassen­zettel der täglichen Einkäufe und führte damit ein Haushalts­buch, so kon­nte man sehr schnell iden­ti­fizieren, wenn sich irgend­wo Aus­gaben erhöht hat­ten. Dann wurde neu ver­han­delt, und entwed­er das Haushalts­geld aufge­stockt, oder die Mehraus­gaben woan­ders einges­part. Eine gute Haus­frau hat­te ihre Aus­gaben stets im Blick, das gehörte zu den Grund­la­gen ihres Berufs und wurde von der Mut­ter an die Tochter so weit­ergegeben, über die Gen­er­a­tio­nen.

Das war jet­zt aber nur die halbe Miete, bildlich gesprochen. Wieviel Haushalts­geld let­z­tendlich zur Ver­fü­gung stand, hing natür­lich vom gesamten Einkom­men der Fam­i­lie ab, und von den davon zu bestre­i­t­en­den monatlichen Fixkosten. Miete, KFZ, Ver­sicherun­gen, Strom, Gas, Wass­er, Tele­fon… Urlaub, grössere Anschaf­fun­gen wie Möbel, TV oder Elek­trogeräte für den Haushalt, Kosten für Schule und Aus­bil­dung der Kinder, das alles rech­nete man  zusam­men, und Haushalts­geld kon­nte höch­stens das sein, was übrig­blieb. Meis­tens noch nicht ein­mal das, es gin­gen noch Beträge für Sparkon­ten, Baus­par­er und Abzahlun­gen für Wohneigen­tum und das Fam­i­lien­au­to davon ab. Tscha, und erst der dann noch übrig­bleibende Rest stand für den Haushalt zur Ver­fü­gung.

Voraus­set­zung für das Funk­tion­ieren des Sys­tems war natür­lich, dass man a) wusste wie es um die Ein­nah­men und Aus­gaben der Fam­i­lie stand und b) Haush­err und Haus­frau darüber offen und ehrlich miteinan­der rede­ten und ihr Bud­get part­ner­schaftlich ver­planten. Ganz schön viel ver­langt, nicht wahr? Aber so war die Abmachung, wenn man das Unternehmen Fam­i­lie erfol­gre­ich führen wollte.

Und so kann es auch heute noch funk­tion­ieren. Für Sin­gles übri­gens auch, die müssen dann nur vor sich selb­st ehrlich sein und mit offe­nen Karten spie­len. Wenn ich mir ger­ade einen neuen Lap­top zugelegt habe, ist wahrschein­lich dass mein Bud­get im sel­ben Monat einen Kurztrip nach Paris eigentlich nicht mehr erlaubt. Fahr ich halt übers Woch­enende zu meinem besten Fre­und, der hat das Alt­mühltal vor der Haustür, da ist es auch schön. So funk­tion­iert das mit der Wahl­frei­heit… mal auch kleinere Brötchen back­en, aber nicht immer nur knau­sern.

Vernün­ftig wirtschaften kann man nur, wenn auch ein Bud­get zum pla­nen da ist, bei chro­nis­ch­er Ebbe in der Kasse sind wahrschein­lich ein­schnei­den­dere Mass­nah­men gefragt. Eine zu teure Woh­nung, das schicke Auto das man sich eigentlich nicht leis­ten kann, die Flu­greise nach Thai­land, die das Bud­get für den ganzen Win­ter kippt — da muss man hart gegen sich selb­st sein und Gegen­maß­nah­men ergreifen.

Vor allem von amerikanis­chen Autoren hört man oft den Rat, bei Geld­man­gel einen zweit­en Job anzunehmen und z.B. nach Feier­abend als Tax­i­fahrer, Bedi­enung oder Bar­man zu jobben, aber das finde ich dann doch ein biss­chen krass. Man braucht auch unter der Woche Freizeit und Erhol­ung und kann sich ganz schnell kaput­tar­beit­en (Stich­wort Burnout), wenn man da übertreibt. Mal ganz davon abge­se­hen, dass die Leben­squal­ität ganz schnell zum Teufel geht, wenn man nur noch am robot­en ist. Da geht man doch lieber den unnötig fet­ten Aus­gabeposten an den Kra­gen!

Ich bin sel­ber vor ein paar Jahren aus ein­er 85 qm Alt­bau­woh­nung im schick­en Haid­hausen in eine halb so grosse, aber zauber­hafte kleine son­nige Bude im hohen Nor­den von München umge­zo­gen, weil fast mein ganzes Bud­get für die Miete drauf gegan­gen ist. Das war eine harte Entschei­dung, aber es musste was passieren, die Woh­nung wurde immer teur­er und mein monatlich­es Bud­get immer schmaler, das machte gar keinen Spaß mehr. Heute bin ich froh, dass ich den Absprung damals geschafft habe. Die kleinere Woh­nung hat schön Blick ins Grüne, reicht für mich als Sin­gle völ­lig aus und ist wesentlich leichter sauberzuhal­ten. Ich zahle nur ein Drit­tel an Miete im Ver­gle­ich zum Haid­hausen­er Palast. Das ist sehr befreiend, ich kann ganz anders wirtschaften und mir Dinge leis­ten, die in Haid­hausen ein­fach nicht drin waren, weil die über­teuerte Miete mein ganzes Haushalts­geld aufge­fressen hat.

Geben sie sich einen Ruck! Ger­ade bei Pres­ti­geob­jek­ten wie ein­er teuren Woh­nung, einem schnieken Auto und ein­er exk­lu­siv­en Fer­n­reise ist oft enormes Einsparungspo­ten­tial drin, auch wenn man erst mal über seinen Schat­ten sprin­gen muss. Langfristig tut man sich aber einen grossen Gefall­en, wenn man die dick­en Bud­get­fress­er eli­m­iniert. Denn eins kann auch der mod­ern­ste Min­i­mal­is­mus nicht ändern: das The­ma Geld wird immer wichtiger, je weniger man hat. Und das Leben ist eigentlich zu schade dafür, sich ständig mit Geld­sor­gen abzu­pla­gen!

5. September 2019
von admin
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Fast Food fürs Gehirn: die Ratgeber-Branche boomt wie nie

Geben sie mal bei Google “psy­cholo­gie rat­ge­ber online” ein und lassen sie sich über­raschen, wie viele Rat­ge­ber­por­tale da ganz oben schon erscheinen. Kosten­lose Hil­fe bei psy­chis­chen Prob­le­men direkt zum Anklick­en wird einem da zuhauf geboten, für jedes psy­chol­o­gis­che Wehwe­hchen gibt es auch einen hil­fre­ichen Artikel. Oder schauen sie mal in einem x‑beliebigen Buch­laden in die Ecke mit den Leben­shil­fe-Büch­ern: wow, da wird man schi­er erschla­gen von der fan­tastis­chen Auswahl!

Psy­chol­o­gis­che Rat­ge­ber sind in, und ganz beson­ders boomt die Branche im Inter­net, es wird geblog­gt und ge-newslet­tered bis zum Abwinken, und fast jed­er liest täglich mehrere Artikel zu  den unter­schiedlich­sten The­men aus dem Bere­ich Leben­shil­fe und Per­sön­lichkeit­sen­twick­lung.

Eigentlich müssten wir alle bei diesem massen­haften Kon­sum kluger Worte schon kleine Genies sein, und erfol­gre­ich, glück­lich und zufrieden oben­drein. Aber halt — das Stich­wort kommt mir jet­zt ger­ade recht: Kon­sum. Es bringt einen halt nicht so beson­ders viel weit­er, wenn man all die klu­gen Worte nur kon­sum­iert, also durch­li­est.

Da hab ich in einem Artikel kür­zlich einen net­ten Ver­gle­ich gefun­den: es ist, als ob man sich gesün­der Ernähren möchte, und loszieht und einen Einkauf­sko­rb voll voll­w­er­tiger und frisch­er Lebens­mit­tel nach­hause trägt. Ja, und dann? Es reicht halt nicht, wenn man die Lebens­mit­tel nur einkauft und  heimträgt. Man müsste sie auch sachgerecht zubere­it­en und dann auch noch essen, son­st hil­ft es nichts. Und man müsste das auch jeden Tag machen.

Ähn­lich ist es, wenn man aus einem psy­chol­o­gis­chen Rat­ge­ber etwas ler­nen möchte. Nur ein­mal durch­le­sen bringt einem nichts, da muss man schon noch ein biss­chen Arbeit investieren. Wenn man Glück hat, gibt der/die AutorIn einem einen Lehrplan an die Hand, so etwas wie eine Liste grund­sät­zlich­er Lern­in­halte, und eine Anleitung wie man diese verin­ner­licht und für die eige­nen Zwecke umset­zt. Wenn man weniger Glück hat, muss man sich das sel­ber erar­beit­en. Und da bleibt einem kaum etwas anderes übrig als die klas­sis­chen Helfer­lein, wenn man von bedruck­tem Papi­er schlauer wer­den möchte. Post-It Zettel für Ein­merk­er, Leucht­mark­er zum Anstre­ichen, Bleis­tift zum Rand­no­ti­zen machen. Ein Schreib­block oder ein Word-Doku­ment für Zusam­men­fas­sun­gen und Exz­erpte. Damit bere­it­et man sich aus den Rat­ge­berzu­tat­en erst ein­mal eine Samm­lung schmack­hafter, rel­a­tiv leicht ver­daulich­er Häp­pchen. Die führt man sich dann nacheinan­der zu Gemüte, und kaut auf jedem einzel­nen Hap­pen herum und lässt ihn sich auf der Zunge zerge­hen, bis man ihn verin­ner­licht hat.

Jet­zt ist der richtige Zeit­punkt, um ein Resumee des Gel­ern­ten zu ziehen, und dabei festzustellen was davon man für sich sel­ber umset­zen kann und möchte. Um bei der Lebens­mit­tel-Analo­gie zu bleiben: jet­zt stellen wir uns ein indi­vidu­elles Menü aus den Zutat­en zusam­men, die uns der/die AutorIn an die Hand gegeben hat. Dann gehts ans Umset­zen, das Menü will jet­zt auch noch zubere­it­et und ver­speist wer­den, das ist dann let­z­tendlich die Ver­ar­beitung des Gel­ern­ten.

Hats geschmeckt? Habe ich gel­ernt, etwas neu und anders zu machen als gewohnt, und wenn ja, was hat das für Auswirkun­gen auf mein Leben? Was hat mir der/die AutorIn ver­sprochen, und was davon ist wahr gewor­den? Bekommt mir diese spezielle Art der gesün­deren geisti­gen Ernährung, oder brauche ich doch eine andere Diät?

Das klingt nach Arbeit, und das ist es auch. Nur vom reinen Kon­sum schlauer Artikel und Büch­er allein ist noch nie jemand glück­lich­er und erfol­gre­ich­er gewor­den. Viele suchen auch Hil­fe, weil sie merken dass sie allein mit der Lek­türe nicht weit­erkom­men — hier set­zt dann die Psy­chother­a­pie an, die ja im klas­sis­chen Fall nichts anderes tut als Hil­fe zur Selb­sthil­fe zu geben. Aber das ist eigentlich schon ein anderes The­ma und sprengt hier den Rah­men.

Es sei mal dahingestellt, dass man all die vie­len schlauen Artikel auch zur Unter­hal­tung und aus Inter­esse am The­ma lesen kann, ohne da jet­zt tiefer in die Ver­ar­beitung einzusteigen. Man kann auch den Korb voll­w­er­tiger gesun­der Lebens­mit­tel in der Küche ste­hen lassen und sich wie gewohnt eine Tiefkühlpiz­za in den Ofen schieben. Das bringt halt dann nicht so beson­ders viel, man wird so wed­er schlauer noch gesün­der. Let­z­tendlich muss jed­er sel­ber entschei­den, wie er das hand­habt.

Ich machs von Fall zu Fall, viele Artikel lese ich genau ein­mal, finde sie amüsant oder auch erhel­lend, und vergesse sie genau­so schnell wieder wie ich sie kon­sum­iert habe. Nur sel­ten sind welche dabei, bei denen ich meine Ver­ar­beitungs- und Lern­methodik anwerfe, aber da bleibt dann auch was hän­gen. Die bespreche ich dann auch gern mit jemand anders, ich habe gott­sei­dank einige Ansprech­part­ner­In­nen, die sich eben­falls für Per­sön­lichkeit­sen­twick­lung und Leben­shil­fe inter­essieren. Und das ist immer ein sicher­er Gradmess­er, ob man eine Sache auch wirk­lich ver­standen hat: wenn man sie jemand anderem erk­lären kann. Dann hat man sie auch verin­ner­licht und sich zu eigen gemacht, dann sitzt das und es bringt auch was, man hat etwas gel­ernt. Wie das mein Lieblingsphilosoph Richard P. Feyn­man so tre­f­fend for­mulierte: “Wenn du es einem aufgeweck­ten Achtjähri­gen erk­lären kannst, dann hast du es ver­standen.”

Das, so finde ich, ist ein schönes Schluß­wort.

23. August 2019
von admin
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Da freut sich das Buchhalterkind

Ich bin in einem Buch­führungs­büro aufgewach­sen und habe schon in früh­ester Jugend gel­ernt, Papiere mit Sys­tem zu ord­nen und alles so zu beschriften, dass man seinen Papierkram im Fall des Fall­es auch wiederfind­et. Das ist näm­lich gar nicht so triv­ial, gelocht und abge­heftet ist schnell was, bloß in welchem Ord­ner find­et man es wieder, wenn man es braucht?

Da sam­melt sich im Laufe eines ganz nor­malen Erwach­se­nen­lebens doch ein gross­er Haufen Doku­mente an, die man notge­drun­gen aufheben muss, weil man sie immer wieder mal braucht. Ich habe bei meinem let­zten Umzug vor ein paar Jahren meine Ablage mal gründlich durch­sortiert und eingedampft und gnaden­los alles weggeschmis­sen, was ich nicht mehr aufheben musste. Übrig geblieben sind unge­fähr 10 Ord­ner, in denen hat alles seinen Platz. Nur der offizielle Kram wohlge­merkt, für meine pri­vate Ablage (Kochrezepte, Strick­muster, Möbel­bau usw.) habe ich nochmal 20 Ord­ner im Ein­satz.

Aber bleiben wir mal beim offiziellen Kram. Da gibt es zwei Sorten von Abla­gen. Ein­mal die Archive, in denen hebt man wichtige Doku­mente auf, die man über viele Jahre hin­weg wiederfind­en muss. Zeug­nisse, Miet- und Arbeitsverträge, Ver­sicherungspo­li­cen, Garantiebelege, KFZ-Briefe und so weit­er und so fort. Zu den Archiv­en kom­men rel­a­tiv sel­ten neue Papiere hinzu, die dienen haupt­säch­lich der Wieder­auffind­barkeit wichtiger Doku­mente.

Und dann gibts noch die Jour­nal-Ord­ner, in denen legt man alles ab, was irgend­wie pro Jahr zusam­menge­hört. Lohn-und Gehaltsabrech­nun­gen, Kon­toauszüge, Rech­nun­gen, Unter­la­gen fürs und vom Finan­zamt und sowas, die sam­melt man pro Jahr und beschriftet die Jour­nale auch dementsprechend. Wenn man die unter­schiedlichen Ein­satzge­bi­ete von Archiv und Jour­nal ein­mal verin­ner­licht hat, das ist schon die halbe Miete.

Jour­nalord­ner wer­den am Jahre­sende abgeschlossen, und ein neuer Ord­ner fürs neue Jahr angelegt. Wenn man nicht viele Papiere pro Jahr abzule­gen hat (so wie ich als Rent­ner­in), kann man selb­stver­ständlich mehrere Jahre Jour­nal in einem Ord­ner able­gen, dann beschriftet man halt das Reg­is­ter entsprechend. Aber für einen nor­mal beruf­stäti­gen Men­schen, der auch noch jedes Jahr eine Steuer­erk­lärung abgeben muss, ist ein Ord­ner pro Jahr eine sin­nvolle Ein­teilung.

Damit ich mit 10 Ord­nern auskomme, habe ich immer mehrere ver­wandte The­men in einem Ord­ner unterge­bracht und die Ord­ner auf dem Rück­en­schild entsprechend beschriftet. Ca. 5 The­men pro Ord­ner sind genug, bei mehr wirds leicht unüber­sichtlich. Es gibt zum Beispiel einen Ord­ner “Haushalt” mit den Reg­is­tern “Rechnungen&Garantien Haushalts­geräte”, “Stadtwerke”, “GEZ”, “Telefon&Internet”, “Handy”.  Das reicht, mehr kommt da nicht rein, son­st blickt man nicht mehr durch. Zur Woh­nung gehört noch ein zweit­er Ord­ner: “Miete”. Da ist nicht nur der Mietver­trag drin, son­dern auch sämtliche Kor­re­spon­denz mit der Hausver­wal­tung, die Heiz- und Betrieb­skostenabrech­nun­gen, Handw­erk­er­rech­nun­gen und über­haupt alles son­st, was die Woh­nung bet­rifft. Sehen sie das Prinzip? Rück­en­schild mit dem Titel des Ord­ners beschriften, auf dem Rück­en­schild die Reg­is­terüber­schriften notieren, im Ord­ner ein beschriftetes Reg­is­ter ver­wen­den.

Falls sie ein­mal etwas abzule­gen haben, was in keines der vorhan­de­nen Reg­is­ter passt, leg­en sie nicht nur ein neues Reg­is­terblatt an und beschriften es entsprechend, sie vergessen auch nicht das neue Reg­is­ter auf dem Rück­en­schild des entsprechen­den Ord­ners zu ver­merken. Wenn man das nicht macht, kommt man ganz schnell in Teufels Küche, da lan­den dann Papiere unwiederfind­bar in irgendwelchen Ord­nern, und wenn man sie wieder braucht, kann man die ganze Ablage durch­forsten. Das ist eine ganz böse Falle, damit kann man sich das ganze Sys­tem ruinieren!

Eben­so stre­ichen sie auf dem Rück­en­schild des Ord­ners das betr­e­f­fende Reg­is­ter aus, wenn sie es nicht mehr brauchen und die zuge­höri­gen Papiere ins Alt­pa­pi­er kom­men. Sowas kommt immer wieder mal vor, ich habe zum Beispiel kür­zlich die Unter­la­gen zu meinem ersten D2-Handy entsorgt. Auch die Kon­toauszüge von vor über 10 Jahren muss ich eigentlich nicht mehr aufheben, das wären auch so Kan­di­dat­en zum Entsor­gen und Ausstre­ichen.

Wenn man sich an diese paar Grun­dregeln hält, ste­ht ein­er Ablage, mit der man vernün­ftig arbeit­en kann und in der man auch alle Papiere wiederfind­et, eigentlich nichts mehr im Wege. Wie oft man seinen Postein­gang dann wirk­lich bear­beit­et und in die Ablage ein­sortiert hängt davon ab, wie hoch das Papier­aufkom­men im Haushalt ist, ein­mal im Monat reicht wahrschein­lich dicke, ich komme mit ein­mal im Viertel­jahr gut hin.

Dafür sollte man sich allerd­ings angewöh­nen, einzu­sortierende Papiere auch wirk­lich nur an ein­er Stelle im Haushalt zu lagern. Bei mir wird die Post sofort aufgemacht, wenn ich sie aus dem Briefkas­ten geholt habe. Ich habe dafür zwei Kör­bchen im Regal ste­hen, eins ist das To Do für unerledigte Vorgänge, das zweite ist für die Ablage für erledigte Dinge oder Sachen, die man bloß aufheben muss. Woan­ders kom­men bei mir keine Papiere hin, nicht auf den Schreibtisch und nicht in irgendwelche Schubladen oder Schachteln. Das erfordert etwas Diszi­plin, und bei hohem Kor­re­spon­den­za­ufkom­men wird das To-Do-Kör­bchen auch recht schnell voll, dann muss man halt zwis­chen­durch mal sortieren und die Ablage füt­tern. Aber es erle­ichtert die Arbeit unge­mein, wenn man sich die Papiere nicht in der ganzen Bude zusam­men­su­chen muss, son­dern sie an genau ein­er Stelle find­et. Dann geht einem auch nichts durch die Lap­pen, noch zu bezahlende Rech­nun­gen fliegen dabei eben­so auf wie noch zu beant­wor­tende Schreiben oder Tele­fonate.

Ich ver­merke übri­gens auf jed­er abzuhef­ten­den Rech­nung, wann und wie ich sie bezahlt habe: erledigt online am “Datum”.

Ich notiere eben­so durch Tele­fon erledigte Vorgänge mit “erledigt tele­fonisch am “Datum” gesprochen mit Herrn/Frau XY”.

Das der Voll­ständigkeit hal­ber, es dient der Nachvol­lziehbarkeit von Vorgän­gen unge­mein.

So, aber jet­zt haben wir das Rüstzeug für eine funk­tion­ierende Ablage. Wenn man sich ein­mal ein funk­tion­ieren­des Sys­tem erstellt hat, kann man jahre­lang in Ruhe damit arbeit­en. Manch­mal kommt ein neuer Ord­ner hinzu, manch­mal kön­nen alte Papiere auch zum Alt­pa­pi­er, aber im grossen und ganzen hat man jet­zt seine Ruhe, und eine Ablage, in der man auch alles wiederfind­et. Das erle­ichtert das Leben und min­imiert den Zeitaufwand, den man auf den lei­di­gen Papierkram ver­schwen­den muss. Schliesslich gibt es wichtigere Dinge im Leben, auch wenn Buch­hal­terkinder da manch­mal ander­er Ansicht sind 😉

22. August 2019
von admin
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Dolce far niente muss man auch erstmal können

Ich habe einen grossen Teil mein­er Teenagerzeit in Ital­ien ver­bracht, da hat­te ich ein­fach unver­schämt Glück und bin in einem Schüler­aus­tausch­pro­gramm der Städte München und Verona zu ein­er Fam­i­lie gekom­men, mit der ich mich her­vor­ra­gend ver­standen habe, beson­ders mit der Mam­ma, der wun­der­baren Sig­no­ra Fani­ni. Die Fam­i­lie besass einen grossen Gut­shof und aus­gedehnte Län­dereien, auf denen vor allen Din­gen Obst ange­baut wurde. Ich ver­brachte während mein­er Gym­nasialzeit alle Som­mer­fe­rien bei den Fani­nis, und verin­ner­lichte dort nicht nur die Sprache und die Kochkun­st, son­dern auch die ital­ienis­che Leben­sart. Die Fani­nis waren wohlhabend, aber sie waren auch fleis­sig. Die Plan­ta­gen erforderten das ganze Jahr lang viel und harte Arbeit, und nicht nur die Lohnar­beit­er langten kräftig hin, auch die Fam­i­lie schaffte nach Kräften in der Land­wirtschaft mit. Das ging während der Sai­son bei Son­nenauf­gang los, spätestens um fünf traf man sich in der Küche auf einen Espres­so, und dann ging es raus auf die Felder.

Sig­no­ra Fani­ni kochte jeden Tag ein währschaftes Mit­tagessen für alle, die auf dem Gut­shof arbeit­eten, und es sassen pünk­tlich um Zwölf die ganze Fam­i­lie und alle Arbeit­er an der lan­gen Tafel in der herrschaftlichen Vil­la. Da wurde gemein­sam geschlemmt, denn die Sig­no­ra war eine fan­tastis­che Köchin. Und nach dem Essen wurde geruht, im Som­mer bis die grösste Tageshitze vor­bei war, also min­destens bis um vier Uhr. Dafür zog sich jede und jed­er in sein Schlafz­im­mer zurück, hin­ter ver­schlossene Fen­ster­lä­den, die die grösste Hitze abhiel­ten. Erst gegen frühen Abend kamen alle wieder her­aus, und dann gab es nochmal einen frischen Espres­so oder auch gle­ich einen Caf­fé cor­ret­to (Espres­so mit einem Schuß Grap­pa) für die Manns­bilder. Danach ging es nochmal auf die Plan­ta­gen, aber eigentlich wur­den jet­zt nur noch abschliessende Arbeit­en geleis­tet, bere­its gepack­te Obst­steigen einge­sam­melt, gejätetes Unkraut weggekar­rt, die Bewässerung für den Abend eingestellt. Dann wurde die heutige Ernte noch zum Grosshändler gefahren, das war die wichtig­ste Arbeit zum Tagesab­schluss. Da wurde es dann schon sieben, acht Uhr und später, ehe man Feier­abend machen kon­nte.

Den Feier­abend ver­bracht­en die Arbeit­er und die Män­ner der Fam­i­lie mit gross­er Begeis­terung auf der Piaz­za des kleinen Ortes, da gab es eine Sports­bar und eine Trat­to­ria und ein Eis­cafe. Man ass ein Sand­wich und trank un Bic­chiere di Vino oder auch una Bir­ra Grande dazu, viel Hunger hat­te kein­er, weil Mit­tags so geschlemmt wor­den war. Wenn man ein Glas getrunk­en und einen kleinen Imbiss gegessen hat­te, übte man sich in der typ­isch ital­ienis­chen Abendbeschäf­ti­gung, die das Leben jed­er Piaz­za Cen­trale ist: “fare la passegia­ta”. Man spaziert, rund um die Piaz­za, man sieht wer son­st noch aller da ist und grüßt sich mit aus­ge­suchter Höflichkeit, man bleibt am Cafe oder an der Bar auf ein Schwätzchen ste­hen, man zieht sich für per­sön­liche Gespräche mit Fre­un­den auf eine Bank unter den Pla­ta­nen zurück.  Man disku­tiert das Tages­geschehen und was heute in der örtlichen Zeitung stand, man unter­hält sich über den Stand der Land­wirtschaft und über die Obst­preise, der Bürg­er­meis­ter informiert aus erster Hand über die Lokalpoli­tik, und der Herr Pfar­rer tut das selbe aus Sicht der katholis­chen Kirche — spätestens jet­zt müssten Ihnen die wun­der­baren alten Don-Camil­lo-Filme in den Sinn kom­men. So läuft — oder lief — der Feier­abend in einem kleinen Land­städtchen in Ober­i­tal­ien, alle trafen sich auf der Piaz­za, und es wurde gere­det, gelacht und schon auch mal gestrit­ten, aber auch wieder ver­söh­nt. Bis etwa gegen Mit­ter­nacht, dann wurde es höch­ste Zeit heim und ins Bett zu gehen, denn am näch­sten Mor­gen ging es wieder bei Son­nenauf­gang raus.

Beson­ders während der Obst­sai­son wurde auf der Plan­tage wirk­lich lang und hart gear­beit­et, aber es wurde auch darauf geachtet, dass man Zeit zur Erhol­ung fand. Die aus­gedehnte Sies­ta nach dem gemein­samen Mit­tagessen glich den kurzen Nachtschlaf aus, und fare la Passegia­ta am Abend deck­te die Bedürfnisse nach Kom­mu­nika­tion und das Zusam­menge­hörigkeits­ge­fühl im Städtchen ab. Das ist jet­zt vierzig Jahre her, ich weiss nicht ob der Leben­srhyth­mus im ländlichen Ober­i­tal­ien noch den alten, bewährten Mustern fol­gt. Aber ich erin­nere mich gut daran, dass die Men­schen in San Gio­van­ni Lupa­to­to (so hiess das Städtchen) durch die Bank fre­undlich, höflich und aus­geglichen waren. Work-Life-Bal­ance heisst das Geheim­nis dieser Aus­geglichen­heit auf Neudeutsch, und in unser­er schnel­llebi­gen Leis­tungs­ge­sellschaft find­et man sie sel­ten. Im Land­städtchen San Gio­van­ni bei Verona war sie ein Teil der Leben­sart, und ich hat­te wirk­lich aus­ge­sprochen gross­es Glück, daran teilzuhaben. Wer weiss, wäre ich ein paar Jahre älter gewe­sen, hätte ich vielle­icht einen passenden jun­gen Mann aus dem Städtchen ken­nen­gel­ernt — die Passegia­ta ist auch ein Heirats­markt — und wäre dort geblieben, wo die Uhren anders gehen und die Leben­szeit bekömm­lich­er eingeteilt wird.

21. August 2019
von admin
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…und was ist aus ihren guten Neujahrsvorsätzen geworden?

Das Jahr ist schon mehr als halb rum, und ich habe bis­lang noch nicht berichtet, was aus meinen guten Vorsätzen zu Sil­vester gewor­den ist. Mehr Geduld wollte ich üben, und mir mehr Zeit für die wirk­lich wichti­gen Dinge im Leben nehmen (genau nach­le­sen kann man es in diesem Artikel)…

Na, mir gehts wohl wie den Meis­ten: es klappt manch­mal, aber nicht immer. Geduld ist noch immer meine starke Seite nicht, und ich bin im Abwarten und Füße still­hal­ten nicht so gut wie im Los­ga­lop­pieren. Dabei bin ich durch widrige Umstände wieder mal zum Abwarten gezwun­gen und kann noch lange nicht so losle­gen wie ich gerne möchte, ich ers­pare mir und Ihnen mal die Details. Es sei nur gesagt, dass ich erst zum Win­terse­mes­ter starten kann, und da ist es noch ein paar Wochen hin. Grum­mel. Es fällt mir sehr schw­er, bei der neuer­lichen erzwun­genen Wartezeit die gute Laune nicht zu ver­lieren.

Pos­i­tiv zu ver­merken ist: ich bin seit Jan­u­ar Nich­traucherin. Nicht rück­fäl­lig gewor­den, auch wenn hier noch zwei ungeöffnete Schachteln Zigaret­ten und einige Feuerzeuge liegen. Ich kön­nte, wenn ich wollte, aber ich tu nicht. Drück­en sie mir die Dau­men, dass ich das weit­er so gut durch­halte.

Was ist mit mehr Zeit für die wirk­lich wichti­gen Dinge? Das ist mir so teils teils gelun­gen. Ich pflege meine Fre­und­schaften und Fam­i­lien­beziehun­gen und nehme mir auch Zeit für meine wichtig­sten Wegge­fährten, aber da wir lei­der so ziem­lich durch Deutsch­land ver­streut sind und die Beziehun­gen haupt­säch­lich tele­fonisch geführt wer­den, ist das gar nicht so leicht. Wenn ich wenig­stens ein, zwei Fre­undIn­nen hier in München hätte, mit denen man ab und zu was unternehmen kann, wäre es ein­fach­er. Aber neue Fre­unde find­en sich nicht so leicht — schon gar nicht, wenn man älter und zugegeben eigen­bröt­lerisch­er wird. Mal sehen, ob sich da an der Uni was ändert, da bin ich schon sehr ges­pan­nt.

Eine wichtige Fre­und­schaft habe ich reak­tiviert. Ich war wegen ein­er per­sön­lichen Sache sauer auf die betr­e­f­fende Per­son, und habe mich ein halbes Jahr lang nicht mehr gemeldet. Dann ist es mir zu blöd gewor­den, ich hab angerufen und gesagt: sind wir wieder gut? Du fehlst mir! Und wir sind wieder gut, ohne unnötiges Nachtarock­en und ohne unnützes Aufwär­men alter Geschicht­en. Ich freu mich wie Bolle dass das so gut geklappt hat!

Was war da noch an wichti­gen Din­gen, für die ich mir mehr Zeit nehmen wollte? Ganz all­ge­mein es ruhiger ange­hen zu lassen, und das Leben ins­ge­samt etwas relax­ter zu sehen. Gelang mir bis­lang mit­telgut. Am Besten hab ichs noch hingekriegt, wenn das Wet­ter so schön war, dass sich ein Aus­flug zum See lohnte, da war ich heuer im Früh­som­mer ganz viel und hab Faulen­z­ertage genossen. Was ich da gemacht habe? Nix. In der Sonne oder an sehr heis­sen Tagen auch im Schat­ten gele­gen, gebadet, Nick­erchen gemacht. Auf dem Heimweg auf ein leicht­es Weizen im Bier­garten vor­beigeschaut, und mir danach zuhause noch ein leck­eres Aben­dessen zubere­it­et. Son­st: nix gemacht, nur entspan­nt. Diese Poli­tik habe ich im Juli im Urlaub weit­er­ver­fol­gt, ich hab da auch sehr erfol­gre­ich nix gemacht auss­er den ganzen Tag das Wet­ter beobachtet, Baden gegan­gen und Abends Essen zubere­it­et. Ich hab noch nicht ein­mal ein Strickzeug in die Hand genom­men, so faul war ich. War pri­ma! 🙂

Bei schlechterem Wet­ter, wenn ich notge­drun­gen zuhause bleiben musste, ist das mit dem Relax­en lange nicht so leicht gewe­sen. Ich kann ein­fach nicht auf dem Sofa sitzen und nichts tun, ich muss mich immer irgend­wie beschäfti­gen, wenn ich daheim bin. Han­dar­beit­en oder Com­put­ern,  Basteln oder Handw­erk­ern oder in der Küche werkeln, irgend­was muss ich immer machen. Dabei ver­brösel ich mich lei­der oft, immer dann wenn ich an zu vie­len Pro­jek­ten gle­ichzeit­ig arbeite, dann bricht hier in der Woh­nung gern mal das Chaos aus, und ich muss die Not­bremse ziehen und erst mal wieder klar Schiff machen. Ich wollte ja mit meinen Ren­ovierungsar­beit­en in der Woh­nung weit­erkom­men, aber daraus ist noch nicht viel gewor­den, ich hab das Wohnz­im­mer umge­baut und entrüm­pelt, und das wars erst­mal. Wenig­stens habe ich schon einen Plan, wie es im Schlafz­im­mer weit­erge­ht, ich werde eins mein­er zeitrauben­deren Char­i­ty-Pro­jek­te sachte entschlafen lassen, ich hab ein­fach nicht den Platz, die Sachen immer hier zwis­chen­zu­lagern. Das habe ich mir jet­zt für den Herb­st vorgenom­men, mal sehen wie ich es am besten löse.

Das mit dem Abwarten üben wir noch, da bin ich noch nicht wirk­lich gut. Na ja. Die paar Wochen bis zum Win­terse­mes­ter krieg ich auch noch rum, und dann sehen wir weit­er. Ich werde bericht­en!

19. August 2019
von admin
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Meine heimische Manufaktur: warum ich so oft in Serien arbeite

Ich bin im zweit­en Beruf Kün­st­lerin. Ich male nicht nur, ich fer­tige auch aller­hand schöne Dinge in den ver­schieden­sten Tech­niken. Tex­tiles Han­dar­beit­en ist mein am häu­fig­sten aus­geübtes Kun­sthandw­erk, ich bin nie ohne mehrere ange­fan­gene Strick- oder Häke­lar­beit­en, an denen ich abwech­sel­nd arbeite. In mein­er Woh­nung lagern wun­der­volle Wol­lvor­räte für zukün­ftige Pro­jek­te, und meine fer­ti­gen Strick-Pro­duk­te find­en in mein­er Fam­i­lie und bei meinen Fre­undIn­nen reis­senden Absatz.

Han­dar­beit­en hat in unser­er Fam­i­lie Tra­di­tion, ich habe es schon als ganz kleines Mäd­chen von Mami und Oma abgeschaut und mir die Fin­ger­fer­tigkeit und das Kön­nen angeeignet, nicht nur nach Anleitung Strick­en und Häkeln zu kön­nen, son­dern meine eige­nen Mod­elle zu entwer­fen. Da war vor allen Din­gen die Oma eine fan­tastis­che Lehrerin, sie war ja Schnei­derin (Modis­tin! Ja, Oma, hast ja recht!) und wusste alles über Maßnehmen und Paß­form von selb­st­genäht­en Klei­dungsstück­en.

Der größte Schatz in Omas Ate­lier war ihr Fun­dus von selb­st gefer­tigten Papier­schnit­ten. Da gab es für jede ihrer Kundin­nen eine ganze Samm­lung von her­vor­ra­gend passenden Schnittmustern, für einen Blaz­er und einen Man­tel, für eine Bluse und eine Weste und einen Cardi­gan, für Hosen, Röcke, Dirndl und Abend­klei­der. Meine Oma kaufte auch jeden Monat die Bur­da, das war ihre Quelle der Inspi­ra­tion, aber Nähen tat sie nicht  nach den Bur­daschnit­ten, son­dern nach denen, die sie sel­ber angepaßt und nach den Massen ihrer Kundin­nen bear­beit­et hat­te.

Da wurde nicht jedes­mal das Rad neu erfun­den, da kam zum Beispiel das Fräulein Het­ty und brauchte einen marineblauen Blaz­er im Matrosen­stil für den Urlaub in Süd­frankre­ich. Pri­ma, sagte die Oma, ging in ihren Fun­dus und holte den erprobten Blaz­er­schnitt für Fräulein Het­ty aus ihrer Samm­lung. Dafür nehmen wir einen marineblauen Woll­gabar­dine, den gibts bei Weipert, und Goldl­itze sowie Mess­ingknöpfe zum Aus­putzen, die holen wir bei Beck am Rathauseck.

Das Fräulein Het­ty wurde dann nur zur Sicher­heit nochmal ver­messen, für den Fall dass sie unbe­merkt ein paar Pfund zu- oder abgenom­men haben sollte, und die Maße mit dem Schnitt ver­glichen. Passte alles, dann legte die Oma los, und spätestens nach ein­er Woche war der neue Marineblaz­er für Fräulein Het­ty fer­tig zur ersten Anprobe.

Die Oma arbeit­ete also immer zumin­d­est in Klein­se­rien, statt jedes­mal einen nagel­neuen Schnitt an die Kundin anzu­passen, nahm sie Bewährtes und gut Passendes, und vari­ierte es mit ihrem Geschick und ihrem stil­sicheren Mode-Empfind­en nur in Details. Die Paß­form blieb, das Revers zum Beispiel sah bei jedem Mod­ell anders aus, Län­gen und Ärmel­vari­anten wur­den angepasst, und natür­lich wirk­te schon jed­er Stoff wieder anders, da kam garantiert keine Langeweile auf. Damit pflegte sie auch die immer langjähri­gen Beziehun­gen zu ihren Kundin­nen, bei Oma Lat­ta gab es maßgeschnei­derte Cou­ture zu fam­i­lien­fre­undlichen Preisen, eben weil sie nicht für jedes Stück das Rad neu erfind­en musste.

Dieses Prinzip, dass man ein funk­tion­ieren­des Grund­mod­ell hat, von dem man immer wieder Vari­anten fer­ti­gen kann, übertrug Oma auch auf ihre son­sti­gen Han­dar­beit­en, und ich habe es von ihr über­nom­men. Ich habe einige Ord­ner voll mit selb­st­geschriebe­nen Anleitun­gen zum Strick­en, Häkeln und Nähen, und greife immer wieder auf Bewährtes zurück. Sock­en aus Regia in mehreren Größen, die immer beliebten Rip­pen­schals auf der Strick­mas­chine, Babysnif­ferchen für meine Char­i­ty-Pro­jek­te, die beliebten Herb­st­blat­tl-Hand­stulpen, noch ’ne Weste im Muschel­muster — ich habe ‑zig Grund­muster, von denen ich immer wieder mit grossem Erfolg Vari­anten her­stelle. Das hat ganz viel damit zu tun, dass ich Han­dar­beit­en als Handw­erk­skun­st ver­ste­he und ausübe, und meinen Fun­dus an funk­tion­ieren­den Anleitun­gen als Betrieb­skap­i­tal anse­he. Wie zum Beispiel auch ein Möbelschrein­er  sein Grund­wis­sen über die Fer­ti­gung  von Tis­chen, Stühlen und Schränken ein­set­zt, und nicht jedes­mal wieder eine Tür­pas­sung oder eine Arm­lehne neu erfind­en muss.

Ich nehme auch manch­mal dieses Strick­muster von jen­er Jacke, die Länge und Weite von dieser Weste, die Knopfleiste von diesem Stück und den Hal­sauschnitt hier­von. Ich kupfere bei mir sel­ber ab was das Zeug hält, und fer­tige daraus Neues und Passendes. Aber wesentlich öfter nehme ich mir ganz relaxed ein funk­tion­ieren­des Grund­mod­ell, arbeite es so wie ich es schon ‑zig mal gemacht habe, und freue mich wenn es wieder mal pri­ma funk­tion­iert. Puris­ten mögen da in Frage stellen, inwieweit es eine kreative Leis­tung ist, wenn man immer wieder das selbe macht, aber ich sehe das nicht so eng. Ich freu mich wenn etwas Gescheites her­auskommt bei meinen Han­dar­beit­ereien, und meine Kund­schaft (Familie&Freunde) freut sich über Selb­st­gemacht­es aus mein­er Werk­statt, immer wieder.

Das geht sog­ar noch einen Schritt weit­er: ich be-han­dar­beite meine Kund­schaft schon seit vie­len, vie­len Jahren, und mit der Zeit nagt dann doch deren Zahn an manchem Lieblingsstück. Da kommt dann oft der Hil­fer­uf: ach Evi, kannst du mir nicht nochmal so eine/n (Dings­bums) strick­en, der/die/das Alte geht lei­der kaputt! Dann bin ich froh, wenn ich in meinen Aufze­ich­nun­gen eine Doku­men­ta­tion finde, wie ich besagtes Lieblingsstück damals gew­erkt habe. Ein exak­tes Dup­likat ist zwar in den sel­tensten Fällen möglich, meis­tens gibts die Wol­lqual­ität und/oder die Farbe nicht mehr. Aber die Machart lässt sich meis­tens duplizieren, und ich finde in meinen Vor­räten meis­tens ein Mate­r­i­al, das dem Orig­i­nal zumin­d­est nahekommt. Boah, wenn ichs hingekriegt habe ist die Freude gross! Und das faden­scheinig gewor­dene Orig­i­nal wird in den wohlver­di­en­ten Ruh­e­s­tand ver­set­zt.

Notiz am Rande: Lieblingsstrick­sachen wer­den in unser­er Fam­i­lie übri­gens durch die Bank getra­gen und benutzt, bis sie kom­plett löcherig und faden­scheinig sind, und mit kein­er Fin­ger­fer­tigkeit der Welt mehr zu richt­en. Da hil­ft dann nur die kom­plette Rep­lika­tion, mit Restau­rierung ist da meis­tens nichts mehr zu machen. Na, paßt schon — ein guter Handw­erk­er beherrscht im Not­fall auch die Kun­st des sachgerecht­en Neubaus 🙂

17. August 2019
von admin
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Schreibzeug statt Tablet: Back to the Roots

Eigentlich wollte ich mir für die Uni ein schniekes kleines Tablet zule­gen, mit Blue­tooth-Tas­tatur und Touch­pad. Die Idee dabei war, immer mein elek­tro­n­is­ches Büro dabei­haben zu kön­nen und z.B. Vor­lesungsmitschriften gle­ich im Anschluss einzu­tip­pen, solang ich die Sachen noch frisch im Kopf habe.

Dann habe ich mich etwas einge­hen­der mit e‑learning bzw. Ler­nen am Com­put­er beschäftigt, wie bere­its im vorigen Artikel nachzule­sen ist: E‑Learning: Erken­nen oder Erin­nern

Ergeb­nis der Nach­forschun­gen und mehrerer inter­es­san­ter Diskus­sio­nen mit meinen guten Fre­undin­nen und Fre­un­den: ich pro­biers anders. Um nicht in die e‑learn­ing-Falle zu tap­pen, näm­lich das Wis­sen zwar auf der Fest­plat­te gespe­ichert zu haben, aber nicht im Kopf, gehe ich es anders an. Ich hab mir ein schönes Schreib­set gekauft, einen Kuli und einen Druck­bleis­tift in fein­er Qual­ität und edler Optik. Dazu Schreib­blocks und Ring­buchein­la­gen, Ring­büch­er habe ich noch (orig­i­nal 80er Jahre Design) und Reg­is­ter und Trennblät­ter auch, da bin ich gut aus­ges­tat­tet.

Dann hab ich gle­ich mal geübt: ein Strick­muster hand­schriftlich ent­wor­fen, probegestrickt und hand­ko­r­rigiert, bis es gepaßt hat. Erst dann habe ich es in den Com­put­er reingek­lopft, und damit war ich nul­lkom­manix fer­tig, weil ich es schon auswendig kon­nte.

So, denke ich mir, klappt das mit dem Ler­nen wahrschein­lich bess­er. Ich werde meine Mitschriften hand­schriftlich ins Reine schreiben, und nur in den Com­put­er tip­pen, wenn es unbe­d­ingt sein muss. Über den Weg Auge-Hirn-Hand-Papi­er bleibt halt doch deut­lich mehr hän­gen.

Natür­lich wird heutzu­tage ver­langt, dass Hausar­beit­en etc. in elek­tro­n­is­ch­er Form ver­fasst und sauber aus­ge­druckt abgegeben wer­den. Aber das  ist was anderes, da ist die saubere For­matierung der let­zte Schliff, die Arbeit muss man sich schon machen. Dafür kann man dann auch die Rechtschreibprü­fung nutzen, das kann ich schon gut gebrauchen, weil ich ein biss­chen Kraut und Rüben schreibe, was das Englis­che ange­ht: British und US in bunter Mis­chung, das geht natür­lich für die Uni nicht. Da muss ich mich für eine Vari­ante entschei­den und dann dabeibleiben.

Vielle­icht stellt sich im Lauf des Semes­ters ja auch her­aus, dass ein Tablet zum Tex­ter­fassen doch Sinn macht, dann kann ich mir immer noch eins holen. Aber ich fang jet­zt mal hand­schriftlich an, und sehe wie weit ich komme. Back to the Roots — ich habe eigentlich schon immer gerne mit der Hand geschrieben. Und wenn ich ein biss­chen übe, ist meine Hand­schrift auch hüb­sch leser­lich, auch wenn sie keinen Schön­heit­spreis gewin­nt. Das wird eine span­nende Sache — ich werde bericht­en!

12. August 2019
von admin
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E‑Learning: Erkennen oder Erinnern

Ler­nen ohne Com­put­er ist heutzu­tage fast undenkbar. Schon in der Grund­schule wird gegooglet was das Zeug hält, und da geht es schon los mit der Tücke der Meth­ode: Lösun­gen wer­den abge­spe­ichert und bei Bedarf wieder aufgerufen, man merkt es sich nicht im Kopf, man benutzt den Com­put­er als externe Mem­o­ry fürs eigene Gehirn. Die Smart­phone- und Tablet­nutzer wer­den immer jünger, und sie sind nur mit roher Gewalt von ihrem mobilen Inter­net­zu­gang zu tren­nen. Ich rede hier mal noch gar nicht von Social Media, es geht schon damit los dass für jede noch so triv­iale Frage die Lösung zuerst im Inter­net gesucht wird, statt das eigene Erin­nerungsver­mö­gen einzuschal­ten.

Im Englis­chen gibt es dafür zwei sehr fein unter­schei­dende Begriffe, Recog­ni­tion und Recall, das sind Wieder­erken­nung und Entsin­nen. Recog­ni­tion ist das, was beim Googlen am schnell­sten greift. Man erken­nt anhand von Satzfrag­menten und Wort­fet­zen sehr schnell, ob der Google-Ein­trag eine Lösung für mein aktuelles Prob­lem bieten kön­nte, und wenn dem so ist, set­ze ich ein Book­mark, damit ich die Lösung auch wiederfinde, wenn ich sie brauche.

Recall funk­tion­iert anders. Dabei nimmt man sich konzen­tri­ert einen Augen­blick Zeit, geht in das eigene Erin­nerungsver­mö­gen und fördert Wis­sen zutage, das man sich durch Übung, Erfahrung und Wieder­hol­ung erwor­ben hat. Dieses Wis­sen ist ein Schatz, und auch ganz ohne Inter­net nutzbar. Jed­er hat da seine eige­nen Schätze, ich zum Beispiel habe eine ganze Daten­bank voller Kochrezepte in meinem Ober­stübchen abge­spe­ichert, eine mein­er besten Fre­undin­nen hat hun­derte von Gedicht­en auswendig parat, und das sind nur winzige Bruchteile dessen, was das men­schliche Gehirn so abspe­ich­ern kann. Sprachen und Vok­a­beln spe­ichert man dort oben ab, auch Pro­gram­mier­sprachen, wobei hier die Gren­zen fliessend sind.

Ich habe in den 1980er Jahren meine erste Pro­gram­mier­sprache Stan­dard-Pas­cal gel­ernt, damals noch mit Lochkarten und schriftlich­er Aus­gabe an Decwriter-Ter­mi­nals. Der Unter­richt fand zum grössten Teil the­o­retisch statt, wir lern­ten Daten­typen und Sprachele­mente von der Pike auf, den Unter­schied zwis­chen for.. next und do…while, repeat…until und do…case haben wir uns reinge­zo­gen bis wir es im Schlaf beherrscht­en. Denn die Rech­n­erzeit war knapp bemessen und teuer, wir kon­nten es uns nicht erlauben bei der Eingabe viele Fehler zu machen oder gar durch aus­pro­bieren Fehler auszumerzen, das musste möglichst schon im ersten Anlauf klap­pen.

Von dieser soli­den Basis habe ich mein ganzes Beruf­sleben lang prof­i­tiert, ich habe neue Pro­gram­mier­sprachen immer auf das alte Fun­da­ment auf­bauen kön­nen, ohne jemals die Grund­la­gen nochmal nach­schla­gen zu müssen. Die habe ich parat in meinem Gehirn, das sitzt und ist bei Bedarf sofort abruf­bar. Ein Array ist ein Array, ein Inte­ger und ein Float sind in jed­er Pro­gram­mier­sprache ähn­lich definiert, man macht immer gerne Off­set-by-One-Fehler, und die Son­der­be­hand­lung der deutschen Umlauts ist fast über­all ein Kapi­tel für sich. Ob Pas­cal oder C#, Visu­al Basic, PHP oder Javascript, der Wieder­erken­nungswert ist hoch, am ehesten macht einem noch die Gram­matik und Inter­punk­tion zu schaf­fen. Kommt am Zeile­nende ein ; oder ein <br>, wie benen­nt man Vari­able ($test, test01) und Kon­stan­ten, nimmt man bei Strings dop­pelte ” oder ein­fache ’ Hochkom­ma­ta, das sind so die kleinen Stolper­steine, wenn man zwis­chen unter­schiedlichen Pro­gram­mier­sprachen wech­selt. Anson­sten: ich bekenne mich schuldig, neue Pro­gram­mier­sprachen lerne ich per Google und Copy&Paste, und mir reicht es wenn ich weiß wo ich eine Lösung gespe­ichert habe, ich muss nicht alles auswendig kön­nen.

Ich habe allerd­ings in fast 30 Jahren Beruf­sleben nur ein­mal (in der IHK-Prü­fung zum Fach­in­for­matik­er) eine Klausur schreiben müssen, in der man keinen Com­put­er benutzen durfte, und die hab ich auch nur mit Ach und Krach geschafft. Den prak­tis­chen Teil der Prü­fung, ein Pro­gram­mier­pro­jekt, hab ich dafür mit 100 von 100 Punk­ten abgeschlossen, das hats dann wieder aus­geglichen. Aber die theoretisch/schriftliche Prü­fung war ein Desaster, ich hat­te ja den Stoff nicht im Kopf, son­dern nur auf meinem Note­book abge­spe­ichert. Das blüht jedem, der auss­chliesslich am Com­put­er lernt: kein Com­put­erzu­griff, keine Erin­nerung, Prü­fung versem­melt.

Das ist jet­zt im richti­gen Leben, speziell im Beruf­sleben, nicht wirk­lich ein Bein­bruch. Im Nor­mal­fall hat man ja am Arbeit­splatz immer Com­put­er- und Inter­net-Zugriff, und es wird auch nicht erwartet dass man auf den Schlag Prob­lem­lö­sun­gen wie Kar­nick­el aus dem Zauber­hut zieht. Im Regelfall wird man erst­mal recher­chieren, dabei aus mehreren Lösun­gen die prak­tik­a­bel­ste aus­suchen und auf die aktuellen Prob­leme anpassen. Anders gehts auch gar nicht mehr, nie­mand hat mehr die Zeit neue Pro­gram­mier­sprachen, Konzepte und Stan­dards von der Pike auf zu ler­nen. Man springt eigentlich immer ins kalte Wass­er, mit Tante Google als Ret­tungsleine. Ohne die unzäh­li­gen Sup­port­foren und Online-Tuto­rien, ohne Code­samm­lun­gen und Pro­gramm­bib­lio­theken kann in der IT heutzu­tage nie­mand mehr arbeit­en. Nie­mand kann das alles im Kopf haben, dazu gibt es zu schnell zu viel Neues auf allen Gebi­eten.

Das erfordert aber noch eine ganz andere Fähigkeit: man muss in der Lage sein, Lösun­gen auch wiederzufind­en. Und das geht nur mit Diszi­plin und Selb­stor­gan­i­sa­tion — es hil­ft sehr, wenn man sich mal eine sin­nvolle Struk­tur von Desk­top und Fest­plat­te (auch externe bzw. Serververze­ich­nisse) über­legt hat, und sich dann auch daran hält. Und alle paar Jahre mal sollte man Großreinemachen… ich habe sehr sel­ten Pro­gramm­bib­lio­theken noch ein­mal gebraucht, wenn sie ein­mal älter als 10 Jahre waren. Ein guter Zeit­punkt dafür ist es, wenn man sich einen neuen PC zulegt, dann kann man bei der Datenüber­nahme gle­ich mal Großputz machen. Ich lagere sel­ten benutzte Soft­ware dann gern auf eine externe Fest­plat­te aus, damit ich im Not­fall doch wieder dran kann, habe das allerd­ings noch kaum gebraucht. In der extrem schnel­llebi­gen Branche, die ich mir aus­ge­sucht habe, darf man auch get­rost vieles ein­fach wieder vergessen, weil man es garantiert nie wieder braucht.

Bei der stetig steigen­den Infor­ma­tions­flut, die tagtäglich auf jeden von uns nieder­pras­selt, muss man sog­ar gezielt das schnelle Vergessen üben, damit man sich das Gehirn nicht mit nut­zlosem Schrott ver­stopft.

Eine beliebte Meth­ode ist es, sich alles irgend­wie (als Link, Book­mark, Screen­shot…) abzus­pe­ich­ern, wenn man glaubt es irgend­wann wieder gebrauchen zu kön­nen. Das ver­stopft Fest­plat­ten und USB-Sticks, das geht Mega- und Giga­byteweise in die Cloud und treibt da im Zweifels­fall die Kosten hoch, und kein Men­sch find­et jemals etwas wieder. Vergesst es ein­fach — min­destens 99% von dem ganzen Schot­ter inter­essiert in ein paar Tagen (oder Wochen, Monat­en, Jahren) kein Schwein mehr. Da ist es oft schlauer, neu zu googlen, als in der end­losen Spe­icher­platzwüste etwas wiederfind­en zu wollen. Mut zum Vergessen — und es ist sog­ar wahrschein­lich, dass es inzwis­chen eine schlauere Lösung für ein bes­timmtes Prob­lem gibt. Zum Beispiel eine neue Pro­gram­mier­sprache, einen neuen Stan­dard, eine neue Methodik. Und dann frisch auf, wir ler­nen etwas ganz Neues — das macht Spaß und ist Gehirn­jog­ging vom Fein­sten. Ich nehme mir die Frei­heit, weit­er mit ein­er Kom­bi­na­tion aus Recall (Grund­la­gen­wis­sen) und Recog­ni­tion (ergooglete Lösun­gen und Codesnip­pets) zu arbeit­en. Zumin­d­est am Arbeit­splatz. Wenn ich wieder mal in die Ver­legen­heit kom­men sollte, eine Klausur ohne Com­put­er schreiben zu müssen, werde ich anders ler­nen müssen, dann muss der Stoff ins Gehirn, nicht auf die Fest­plat­te. Wenn man sich das klar macht, kann man andere Lern­strate­gien ein­set­zen, und dann klappts auch mit der Prü­fung. Mal sehen — zum Aben­teuer Ler­nen wird es hier sich­er noch ein paar Artikel geben, da hab ich noch viel vor. Bis dann viel Spaß beim Abspe­ich­ern und Wiederfind­en! 🙂

1. Januar 2019
von admin
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Good things come to those who wait: meine kleine Neujahrsansprache

Ich machs auch nicht anders als die meis­ten: zum Start eines neuen Jahres fasse ich gute Vorsätze, ein­fach weil es eine gute Zeit ist, Resümee zu ziehen und dies zu tun. Mein Hauptvor­satz für 2019: ich will mehr Geduld üben. Muss ich auch ganz prag­ma­tisch, weil meine Pläne fürs neue Jahr jet­zt erst mal eine Wartezeit erfordern, ich muss noch cir­ca drei Monate lang die Füsse still hal­ten, ehe es mit einem neuen, grossen Pro­jekt weit­erge­ht.

Geduld ist meine starke Seite nicht, noch nie gewe­sen. Ich bin ja sel­ber von der schnellen Truppe und erledi­ge viele Dinge wenn es geht sofort, ratz­fatz und schnack­bumm­bäng 🙂 Das muss man in meinem Beruf auch kön­nen, das Arbeit­stem­po in der IT ist hals­brecherisch, da hat man nie Zeit sich erst­mal in aller Ruhe zu über­legen, wie man etwas ange­ht, da muss man ohne Gezeter ran an die Bulet­ten und Lösun­gen liefern, möglichst schon Vorgestern. Damit wird es einem zwar nie lang­weilig, aber so richtig gesund ist dieses Höl­len­tem­po auf die Dauer auch nicht, das artet nor­maler­weise in Stress aus und in viele Über­stun­den und Woch­enend­schicht­en. Das hält auch der hart­ge­sot­ten­ste alte ITler nicht jahre­lang aus, das geht oft ger­aden­wegs in den Burnout. Da ich allerd­ings jet­zt in der glück­lichen Lage bin, mir meine Pro­jek­te sel­ber steuern zu kön­nen, ist der Einzige der mir Druck macht ich sel­ber, und genau da will ich die Bremse anziehen.

Ich hab da heute einen net­ten Artikel von Hen­ry Lath­am über die Geduld, und wie wir sie in unser­er Zeit ver­lernt haben gele­sen, hier ist der Link:

https://medium.com/the-polymath-project/societys-problem-with-patience-a6b54a51b365

Er bringt unter anderem ein schönes Zitat von Leo Tol­stoj:

“Die bei­den mächtig­sten Krieger sind Geduld und Zeit.”

Das haben wir in unserem schnellebi­gen Zeital­ter fast alle vergessen. In Zeit­en von Instant Infor­ma­tion & Instant Grat­i­fi­ca­tion muss alles sofort passieren: wir wollen sofort Infor­ma­tio­nen ergooglen, wollen sofort am Smart­phone errre­ich­bar sein, und sofort ein Star oder ein erfol­gre­ich­er Start­up wer­den ist auch so eine Seifen­blase, der Mil­lio­nen hin­ter­her­hecht­en, weil es von den Medi­en so gepusht wird. Sendun­gen wie “The Voice of Ger­many” gaukeln einem vor, dass man über Nacht zum Star wer­den kann, und lassen die Jahre der Vor­bere­itung und der harten Arbeit bewusst aussen vor. Ein Fin­ger­schnip­pen muss genü­gen und dann muss sofort passieren was wir uns wün­schen, so sieht das heutzu­tage in den Medi­en aus.

Es gibt ein nettes altes amerikanis­ches Sprich­wort, das lautet: “Good things come to those who wait”, wörtlich: “Gute Dinge kom­men zu denen, die warten kön­nen.” Das möchte ich mir mehr zu Herzen nehmen. Nathan Sykes hat ein hüb­sches Lied mit einem sehr ein­fühlsamen Text daraus gemacht, hier ist ein schnuck­e­liges Video davon:

Es fängt an mit dem Text (sin­ngemäss): “Es ist kein Not­fall, keine Sire­nen vor mir, nichts hält mich davon ab, meinen Weg zu gehen…”

Die Lyrics han­deln davon, dass man an seinem Platz bleiben und in aller Ruhe abwarten kann, dass man sich nicht abhet­zen muss, weil es sowieso nichts bringt, dass man kurz gesagt mit Geduld eher weit­erkommt als mit hek­tis­chem Aktion­is­mus. Das Lied ist ein schön­er Ohrwurm, und die Mes­sage ver­suche ich mir zu Herzen zu nehmen.

Da ich aber im Nicht­stun und nur Abwarten ganz,  ganz schlecht bin, werde ich noch viel üben müssen. Ich hab ja Tausend Klein­pro­jek­te im Bere­ich Kun­st, Hob­by und Handw­erk, ich werde denen mehr Raum geben, solange ich noch abwarten muss mit der grossen neuen IT-Her­aus­forderung. Ich hab ja sog­ar ein recht ehrgeiziges neues pri­vates Pro­gram­mier­pro­jekt, mit dem ich mich sich­er viele Stun­den und Tage beschäfti­gen kön­nte, aber die ganze Zeit nur am Com­put­er zu sitzen ist auch nicht gesund. Das lim­i­tiere ich mir auf wenige Stun­den pro Tag, und anson­sten werde ich mich in der näch­sten Zeit jet­zt eher den schö­nen Kün­sten wid­men — und mein­er Woh­nung, die ist näm­lich noch nicht fer­tig ren­oviert. Und anson­sten werde ich Geduld haben, die paar Monate gehen auch vor­bei. Es tut meinen Fre­und­schaften und Bekan­ntschaften sich­er auch gut, wenn ich mal nicht wie eine Wilde vorneweg galop­piere, son­dern mal einen Zack­en langsamer fahre und auch mal drauf schaue, ob die anderen auch mitkom­men. Das über­sieht man näm­lich sehr gerne, wenn man das Leben auf der Über­hol­spur fährt: es wird ganz schnell ein­sam da vorne.

Dann lieber abwarten und Tee trinken.… und auch mal gute Fre­unde dazu ein­laden. Denn, so ste­ht es sehr wahr auf mein­er schön­sten Wei­h­nacht­spostkarte: es sind die Begeg­nun­gen mit Men­schen, die unser Leben lebenswert machen. Und das passt per­fekt zu meinem guten Vor­satz fürs neue Jahr. Mehr Geduld üben, mehr Zeit für die wirk­lich wichti­gen Dinge des Lebens nehmen. Ich pro­biers mal — und ich werde bericht­en, wie es mir gelingt.

Ich wün­sche allen ein wun­der­bares neues Jahr, und mögen eure guten Vorsätze so wahr wer­den, wie ihr es euch wün­scht!

prostneujahr

prost­neu­jahr