Praxis Dr. Inselfisch

Psychologie, Philosophie und Programmierung

23. März 2024
von admin
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Da hab ich mir was vorgenommen: Projekt Fantasybuch

Es dürfte heute ziem­lich genau 40 Jahre her sein, dass ich meine grosse Fan­ta­sysaga begonnen habe. In einem eiskalten Win­ter in der eiskalten Oberp­falz in mein­er kar­gen, schlecht beheizten Stu­den­ten­bude weit weg von zuhause, ein­sam und getren­nt von Fre­un­den und Fam­i­lie, habe ich geschrieben wie eine Besessene. Mit Kugelschreiber auf kari­ertem Papi­er. Jeden Abend, vor dem schlecht heizen­den Ölofen zuam­menge­mum­melt in dick­em Pullover und Woll­sock­en, habe ich den Grund­stein zu ein­er grossen Saga gelegt, die mich mein ganzes Leben lang begleit­et hat.

Die Geschichte war ein­fach in mir drin, die Heldin­nen und Helden lebten in mein­er Fan­tasie als wären sie wirk­liche Per­so­n­en, die Sto­ry sprudelte nur so aus mir her­aus. Ich habe keine Ahnung woher ich all die Ideen hat­te, das ging wie von selb­st, die Aben­teuer und Schick­salss­chläge und unver­muteten Wen­dun­gen kamen mir direkt in den Kopf, sobald ich abends den Kugelschreiber in die Hand nahm. Ich hat­te zu tun, dass ich so schnell schreiben kon­nte wie sich die Geschichte entwick­elte. In den zwei Jahren, die ich in der Oberp­falz ver­brachte, habe ich den ersten Band mit geschätzten 800‑1000 Seit­en fer­tiggestellt und in einem dick­en Ord­ner mit  nach München gebracht.

Über die Jahre hin­weg habe ich immer wieder Fort­set­zun­gen geschrieben, meine Heldin­nen und Helden hat­ten ja Kinder, und zum Teil lebten sie auch selb­st noch (viele mussten auch einen frühen Tod ster­ben) und waren noch sehr munter und unternehmungslustig. Ich habe selb­st ein abwech­slungsre­ich­es und buntes Leben geführt, und das spiegelt sich auch in den wech­selvollen Lebenswe­gen mein­er Haupt­per­so­n­en. Die Sto­ry span­nt sich über drei Gen­er­a­tio­nen, über drei Völk­er und ver­schiedene Fam­i­lien, über Krieg und Frieden und Neube­ginn.

Das Ende ist, soviel sei ver­rat­en, hoff­nungsvoll. Ich bin ein pos­i­tiv­er Men­sch, und als ich vor ein paar Jahren eine sehr schöne und zufrieden­stel­lende beru­fliche Phase hat­te, ist mir das Hap­py End von sel­ber aus der Fed­er geflossen.

Jet­zt hab ich die drei Ord­ner aus dem Archiv geholt. Und neue Rück­en­schilder gedruckt, mit den Por­traits mein­er Haupt­per­so­n­en.

Rueckenschilder

Ich mach mich mal ran an die Arbeit, das Handgeschriebene muss in den Com­put­er getippt wer­den, und die erste Redak­tion kann nur ich sel­ber machen. Ich werde bericht­en wie es geht — da hab ich mir was vorgenom­men!

 

22. März 2024
von admin
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Ich muss nicht mehr täglich das Rad neu erfinden

Klingt eigentlich ein­leuch­t­end, oder? Ist aber nur so, weil ich seit eini­gen Jahren in Frührente bin und nicht mehr das hals­brecherische Tem­po in der IT Branche mithal­ten muss. Als ich noch im Beruf­sleben stand, war es ganz nor­mal jeden Tag mit Din­gen kon­fron­tiert zu wer­den, die man noch nicht kan­nte, von denen man nicht wusste ob und wofür sie zu gebrauchen waren, mit denen man sich aber umge­hend beschäfti­gen musste, weil irgen­dein Chef oder höheres Gremi­um so entsch­ieden hat­te. Damit man einiger­massen mithal­ten kon­nte, ver­sucht­en viele mein­er Mit­stre­it­er von Schu­lung zu Schu­lung zu hop­pen in der Hoff­nung, da wirk­lich über die neuesten Entwick­lun­gen informiert zu wer­den. War auch ein Irrtum, die Schu­lun­gen waren meist schon ver­al­tet ehe sie stattge­fu­den hat­ten. Da half nur eins: sich selb­st schlau zu machen, Stun­den um Stun­den zu investieren um nicht hin­ten­dran zu fall­en, Abends und am Woch­enende und statt Urlaub. Das hat natür­lich seinen Preis: Magenbeschw­er­den, Bluthochdruck, Schlaf­störun­gen… nach ein paar Jahren in dem Wahnsinnszirkus IT: Burnout.

Und das alles nur, weil man sich nie auf erwor­ben­em Wis­sen und Kön­nen aus­ruhen durfte, weil man nie sagen kon­nte: das ist mein Beruf, da kenne ich mich aus, da bin ich gut. Ich wollte ja eigentlich einen Handw­erks­beruf ler­nen, nur waren da meine Eltern dage­gen, ich musste studieren. Ich war gern an der Uni, aber auss­er mein­er Lieblings­fremd­sprache Englisch habe ich da nur sehr wenig gel­ernt, was mir später im Beruf­sleben nutzte. Einzig die Grund­la­gen der Pro­gram­mierung halfen mir, einen guten Job zu find­en und ordentlich Geld zu ver­di­enen. Alles andere — Biolo­gie, Chemie, Math­e­matik und all das war gradaus für die Katz, die müh­sam erwor­be­nen natur­wis­senschaftlichen Scheine inter­essierten in meinem Beruf nie­mand mehr. Und das natur­wis­senschaftliche Arbeit­en? Hat­te ich auf dem Gym­na­si­um schon gel­ernt, das lag mir im Blut 🙂

Wie dem auch sei, mein Traumjob Restau­ra­torin durfte nicht sein, aber ich habe mir die Restau­rierung alter Möbel zum Hob­by gemacht und schon viele schöne Stücke vor dem Sper­rmüll gerettet. Ich kann stolz behaupten, ich bin eine recht gute Möbelschreiner­in. Und jet­zt bin ich in einem Alter, wo ich mich langsam auf den Ruh­e­s­tand vor­bere­ite, und an die jün­gere Gen­er­a­tion übergeben kann. Na ja, kön­nte, wenn ich Kinder oder andere Nach­fol­ger hätte. Habe ich nicht, finde ich aber nicht schlimm weil ich eine ganz tolle Nichte und einen grossen Halunken von einem Nef­fen habe, die die Fam­i­lien­tra­di­tion der erst­ge­bore­nen Rebellen fort­führen 😉 Bin stolz auf die Bei­den!

Ich merke aber, dass ich in let­zter Zeit dazu tendiere, mich auf meinen Lor­beeren auszu­ruhen und es mal gut sein zu lassen mit dem ständi­gen Erler­nen von Neuem. Ganz im Gegen­teil, ich greife stattdessen in meinen Fun­dus, ins Archiv, ins Mag­a­zin, und hole Erprobtes und Bewährtes her­aus, und ver­schaffe dem die gebührende Beach­tung.

Ich habe ein gross­es eBook über das Patch­work­strick­en geschrieben, eine Kun­st die ich schon seit vie­len Jahren pflege, und in der ich es zu ein­er gewis­sen Per­fek­tion gebracht habe. Das Buch ist allerd­ings ein Dinosauri­er, so kom­plizierte Sachen will nie­mand strick­en. Jet­zt schreibe ich stattdessen mehrere kleine Han­dar­beits­büch­er über leichter erlern­bare Kun­st­stückchen auf der Strick- und Häkel­nadel. Zum Beispiel die Vodoo-Bärchen, leicht nachzuar­bei­t­ende Begleit­er in allen Lebensla­gen, ich hab sie selb­st ent­wor­fen:

Vodoobaerchen-schwarzweiss

Ich ste­he mit einem renom­mierten Ver­lag in Ver­hand­lun­gen, der sie vielle­icht her­aus­brin­gen möchte.

Jet­zt habe ich ger­ade ein weit­eres eBook ange­fan­gen, das “Inselfisch-Back­buch”. Warum ein Inselfisch-Back­buch? Die Rezepte ste­hen doch alle Online im Inselfisch-Kochbuch zur Ver­fü­gung! Ich habe aber in den let­zten Jahren viele Rezepte weit­er­en­twick­elt und per­fek­tion­iert, so dass sie ein­fach­er nachzu­machen sind und sich­er gelin­gen. Ausser­dem schreibe ich gern Büch­er, und es gibt auch viele neue Fotos, die Appetit machen und schön anzuse­hen sind.

Jeden­falls ist es ein reines Vergnü­gen, mir die Rezepte eins nach dem anderen aus dem Inselfisch-Kochbuch und aus dem Archiv her­auszukopieren, nochmal gegen­zule­sen und nach Bedarf zu mod­ernisieren. Das Buch wird der Hit zum gelingsicheren Nach­back­en!

Merken sie was? In meinen Büch­ern geht es um die Weit­er­gabe von Wis­sen und Erfahrung, und ich denke das ist gegen Ende eines abwech­slungsre­ichen Arbeit­slebens ganz nor­mal. Wäre ich Meis­terin in einem Handw­erks­be­trieb, hätte ich mir schon lange einen Nach­fol­ger (oder mehrere) aus­ge­sucht, und dem würde ich mein in langer Arbeit erwor­benes Kön­nen weit­ergeben.

Und merken sie noch was? Ich habe nicht das Bedürf­nis, meine IT-Ken­nt­nisse weit­erzugeben. Wür­den auch kein Schwein inter­essieren, weil sie schon seit Jahren ver­al­tet sind. Na ja, nicht alle… Algo­rith­mus ist Algo­rith­mus, Daten­bank ist Daten­bank, aber die ganze “Mobile First” Pro­pa­gan­da ist spur­los an mir vorüberge­gan­gen. Ich kann keine App für ihr Smart­phone pro­gram­mieren, und damit bin ich heutzu­tage schon raus aus dem Rat Race.

Das ist mir aber ziem­lich wup­pdich, ich habe genug anderes vor, und werde sich­er noch mehrere Büch­er schreiben. Allerd­ings muss ich den langge­hegten Traum, ein­mal meine Kinder­büch­er rund ums Regen­bo­genkistl zu veröf­fentlichen, lei­der begraben. Ich hab sie geschrieben als meine Nichte im Kinder­gartenal­ter anf­ing, sich für Com­put­er zu inter­essieren, und meine Mama als coole Oma gefragt war, der kleinen Christi­na den Com­put­er zu erk­lären. Die Oma und Christi­na waren meine dankbare Ziel­gruppe, wir haben toll zusam­mengear­beit­et. Aber heutzu­tage sind diese Büch­er hoff­nungs­los ver­al­tet, ein klein­er Lap­top mit Word und Excel und ein biss­chen Inter­net lockt heutzu­tage keine Kinder mehr, die haben alle ihre Smart­phones.

Seufz. Ich habe aber auch andere Büch­er geschrieben, die nicht die schnel­llebige Zeit wider­spiegeln, in der sie geschrieben wur­den. Da ist beson­ders das Büch­lein “Der Inselfisch und das kleine Sterndl” zu erwäh­nen, in dem mein alter ego Inselfisch gut auf das kleine Kind in mir auf­passt. Es ist eine Geschichte von der Fam­i­lie, und sie ist sehr zeit­los. Ich werde doch noch mal ver­suchen, einen Ver­leger dafür zu find­en.

Und dann gibt es noch mein gross­es Fan­ta­sy-Buch, das ich in einem bit­terkalten Win­ter Anfang der Achtziger Jahre in mein­er schlecht beheizten Stu­den­ten­bude ange­fan­gen habe. Es ist eine grosse Fam­i­lien­saga über drei Gen­er­a­tio­nen, und spielt in einem imag­inären Land zwis­chen den Bergen und dem Meer, in einem imag­inären Mit­te­lal­ter. Es begin­nt an einem bit­terkalten Win­tertag, als eine Gruppe von Adeli­gen zum Jagen aus­re­it­et… aber ich ver­rate noch nichts.

Das Buch hat viele hun­dert Seit­en und ist erst vor etwa fünf Jahren fer­tig gewor­den. Na ja, schon so etwas wie ein Lebenswerk. Es gibt Intri­gen, Mord und Ver­rat, es gibt Krieg und Feuer und edle Helden, es gibt hin­reis­send schöne Frauen und wahre Liebe, und es gibt Magie und Loy­al­ität. Es gibt keine Uhren und keine Elek­triz­ität. Mehr wird nicht ver­rat­en. Ich weiss noch nicht, ob ich es schaffe das Buch mal am Com­put­er zu erfassen, es sind drei dicke Ord­ner voll hand­schriftlich, was ver­mut­lich nur ich lesen kann. Aber es ist nicht ver­al­tet, die Geschichte trägt über drei Gen­er­a­tio­nen, und beson­ders mit dem Ende, das ich nach fast 40 Jahren gefun­den habe, bin ich sehr zufrieden. Nicht schlecht für einen so alten Schmök­er 🙂

Damit ist mein früher Wun­sch, ich möchte mal SF&F (Sci­ence Fic­tion & Fan­ta­sy) Autorin wer­den, auch erfüllt. Ich muss noch nicht mal mein Buch neu erfind­en, ich kann das nehmen was schon da ist. Mal sehen was daraus wird!

15. März 2024
von admin
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Heute war ein Vier-Snifferle-Tag

Will heis­sen, ich hat­te heute vier mal so ein Moti­va­tion­sloch, dass mir nichts anderes mehr einge­fall­en ist als mich hinzuset­zen und ein Snif­fer­le zu strick­en.

motivation

Das läuft aber auch seit ein paar Tagen mit ver­schärften Bedin­gun­gen, ich habe eine Menge Pro­jek­te, wo ich auf Rück­mel­dun­gen bzw. Antworten warte, und es kommt wed­er E‑Mail noch Post, noch klin­gelt das Tele­fon. Da ich sel­ber doch mehr von der schnellen Truppe bin und Anfra­gen an mich sehr prompt beant­worte, kann ich es sehr schlecht ab wenn ich auf Zuar­beit warten muss. Da werd ich dann ziem­lich schnell unlei­dlich.

Hil­ft aber nix, so Insti­tu­tio­nen wie Behör­den und Hausver­wal­tun­gen haben nun mal ihre Bear­beitungszeit­en, da hil­ft nur Geduld. Grrrr.

Wenn ich in so vie­len Warteschleifen gle­ichzeit­ig hänge, hab ichs irgend­wie nicht drauf noch was Neues anz­u­fan­gen, und auf bere­its ange­fan­gene Pro­jek­te hab ich dann dum­mer­weise meis­tens keinen Bock. Da hil­ft nur eins: Tee trinken (oder Kaf­fee) und ein Snif­fer­le strick­en. Ich hab das heute mal gestoppt, um ein Snif­fer­le zu strick­en brauche ich ziem­lich genau eine halbe Stunde. Das ist eine han­dliche Zeitspanne, da kann man sich in Ruhe entspan­nen und sich gut über­legen was man als Näch­stes anfan­gen möchte.

Weil aber die Mail­box immer noch leer war, das Tele­fon nicht gek­lin­gelt hat und ich den Briefkas­ten heute schon aus­geleert hat­te, ist bei mir dann ganz schnell die Luft raus gewe­sen und ich hab zur Ret­tung noch ein Sif­fer­le gestrickt. Na ja. Heute wird sich da nicht mehr viel tun, es ist Fre­itag und die meis­ten Arbeit­nehmer sind schon lang ins Woch­enende entschwun­den. Es wird sich bis Mon­tag nicht mehr viel an mein­er Antwort-Sit­u­a­tion ändern, soviel ist abse­hbar. Also kann ich zur Aus­beute des heuti­gen Tages vier Snif­fer­le-Rohlinge präsen­tieren, und einen Topf Chi­ne­sis­che Hüh­n­er­suppe, die hab ich auf Vor­rat gekocht. Ist auch net nix, sagen wir auf bairisch. Ich lass es mal gut sein für heute, mor­gen ist auch noch ein Tag.

13. März 2024
von admin
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Mein Deal mit dem Kosmos — warum ich Snifferle stricke

Manch­mal hat man einen Hänger. Ein­fach so, es gibt immer wieder mal Zeit­en, wo man im Augen­blick nicht recht weiß, was man anfan­gen soll. Sei es dass man auf etwas warten muss, sei es eine unver­mutete freie Stunde oder ein Nach­mit­tag ohne sin­nvolle Beschäf­ti­gung.

Natür­lich gibt es im Haushalt immer was zu tun, aber ger­ade dann hab ich keine Lust zum Staub­saugen oder Bad­putzen, und zum Bügeln erst recht nicht. Andere Leute schal­ten sich den Fernse­her an oder Spie­len was am Com­put­er oder am Handy, oder man nimmt ein Buch zur Hand. Das mach ich nicht. Ich koch mir dann meis­tens erst­mal einen Kaf­fee oder Tee, je nach Tageszeit, und setz mich an den Wohnz­im­mer­tisch. Da liegt immer eine Han­dar­beit, aber auf die hab ich dann auch oft keine Lust. Wenn ich rechtzeit­ig daran denke, mach ich eins: ich stricke ein Snif­fer­le. Das hil­ft zuver­läs­sig gegen den Blues, ich muss es nur machen!

4-Snifferl

Was ist so beson­ders an den kleinen putzi­gen Kerlchen? Ich stricke sie für den Bun­desver­band Kinder­hos­piz e.V., die kriegen von mir öfter mal ein Paket mit ganz vie­len Snif­fer­le drin, die sind für die kranken Kinder. Jed­er der drol­li­gen bun­ten kleinen Kerlchen wird ein Kind zum Lächeln brin­gen, und damit hat das Snif­fer­le seine Leben­sauf­gabe erfüllt.

Ich freue mich jedes Jahr ganz beson­ders über die per­sön­liche Dankeschön-Karte die der Ver­band mir schreibt, und ich stricke jedes Jahr viele kleine Snif­fer­le für ihren Ein­satz bei den Kindern. Das ist mein Deal mit dem Kos­mos. Die kos­mis­chen Mächte nehmen mir dafür die Langeweile und das nicht-wis­sen-was-ich-tun-soll ab und geben mir das Gefühl, etwas sin­nvolles getan zu haben. Wenn ich so ein Snif­fer­le stricke, kommt Ruhe in meine Gedanken und mir fällt etwas ein, das ich als Näch­stes tun kön­nte. Noch ein Snif­fer­le strick­en, zum Beispiel, und den Tag gut sein lassen. Ich hab dann näm­lich meinen Ver­trag mit dem Kos­mos für diesen Tag erfüllt.

Blauer Sniffer

6. September 2019
von admin
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Ist Geiz wieder mal geil? Gedanken zum “neuen” Minimalismus

In den vie­len Essays und Artikeln, die täglich über das Dis­play meines Note­books geis­tern, find­en sich zur Zeit gehäuft welche zum The­ma Per­son­al Finance. In unseren Zeit­en des unbe­gren­zten Kon­sums ist es nun­mal sehr leicht, mehr Geld auszugeben als man hat. Die aktuelle Patentlö­sung für chro­nis­che Geld­not bis hin zur Ver­schul­dung heißt wieder ein­mal Min­i­mal­is­mus, oder auch Ein­fach­es Leben, und befasst sich damit, bei jedem Cent den man aus­gibt auch zu bew­erten, ob das jet­zt wirk­lich sein muss, oder ob man den Cent doch lieber für etwas anderes ver­wen­det.

Denn, da sind sich die Experten einig, Min­i­mal­is­mus sei keine Sache des Verzichts, son­dern eine Sache der Wahl­frei­heit. Wer sich für ein ein­fach­es Leben entschei­det, so heißt es, kann Bal­last abw­er­fen und ins­ge­samt glück­lich­er sein als vorher. Das set­zt aber voraus, dass man mit dem Rot­s­tift über alle Aus­gaben geht und erst ein­mal iden­ti­fiziert, wohin das schöne Geld jeden Monat entschwindet. Voraus­set­zung für eine min­i­mal­is­tis­che Finan­zlö­sung ist, dass man seine Aus­gaben sehr genau kon­trol­liert. Viele Experten rat­en dazu, wirk­lich jeden aus­gegebe­nen Cent schriftlich mitzupro­tokol­lieren, täglich und akribisch. Das finde ich für eine gewisse Über­gangszeit OK, bis man bess­er im Blick hat wo denn nun wirk­lich die Lecks im Bud­get sind. Man kanns aber auch übertreiben, die ständi­ge Kon­trolle kann auch zum Selb­stzweck wer­den, da wird Geiz dann wirk­lich geil und ein erstrebenswertes Ziel per se. Das kann dann leicht in die Obses­sion abkip­pen, und da wirds dann echt unschön.

Was ich auch nicht schön finde, ist wenn sich jemand anmasst, “glück­lichen Min­i­mal­is­mus” als Patentlö­sung gegen Armut anzupreisen. Hartz IV und Alter­sar­mut wegen zu niedriger  Renten lassen sich nicht damit kuri­eren, dass man die Betrof­fe­nen zur akribis­chen Führung eines Haushalts­buch­es zwingt. Wenns hin­ten und vorn nicht reicht, kann man das zwar somit nach­weisen, aber geholfen ist einem damit nicht. Aber ich schweife ab — hier wirds mir zu poli­tisch.

Wie dem auch sei, die strenge Kon­trolle der monatlichen Haushalt­saus­gaben unter der Flagge “Min­i­mal­is­mus” wird als das neue All­heilmit­tel gegen per­sön­liche finanzielle Schwierigkeit­en ange­priesen, und es gibt eine ganze Legion von Rat­ge­bern, die dies als Neu und sog­ar als Chic und In verkaufen.

Ja sagt mal: gehts noch? Wer hat denn das jet­zt alles neu erfun­den? Erin­nert sich noch jemand an den schö­nen alten Begriff “Haushalts­geld”? Das gabs zu mein­er Zeit (ha, ich werde alt!) in jed­er Fam­i­lie, das war ganz ein­fach der Geld­be­trag, der der Haus­frau im Monat für die täglichen Aus­gaben zur Ver­fü­gung stand. Das war oft mal auch ein Stre­it­punkt, zugegeben, aber im Großen und Ganzen stand fest, wieviel für Lebens­mit­tel und Haushalt­skram und Dinge des täglichen Bedarfs aus­gegeben wer­den kon­nte. Damit da nichts aus dem Rud­er lief, sam­melte man die Kassen­zettel der täglichen Einkäufe und führte damit ein Haushalts­buch, so kon­nte man sehr schnell iden­ti­fizieren, wenn sich irgend­wo Aus­gaben erhöht hat­ten. Dann wurde neu ver­han­delt, und entwed­er das Haushalts­geld aufge­stockt, oder die Mehraus­gaben woan­ders einges­part. Eine gute Haus­frau hat­te ihre Aus­gaben stets im Blick, das gehörte zu den Grund­la­gen ihres Berufs und wurde von der Mut­ter an die Tochter so weit­ergegeben, über die Gen­er­a­tio­nen.

Das war jet­zt aber nur die halbe Miete, bildlich gesprochen. Wieviel Haushalts­geld let­z­tendlich zur Ver­fü­gung stand, hing natür­lich vom gesamten Einkom­men der Fam­i­lie ab, und von den davon zu bestre­i­t­en­den monatlichen Fixkosten. Miete, KFZ, Ver­sicherun­gen, Strom, Gas, Wass­er, Tele­fon… Urlaub, grössere Anschaf­fun­gen wie Möbel, TV oder Elek­trogeräte für den Haushalt, Kosten für Schule und Aus­bil­dung der Kinder, das alles rech­nete man  zusam­men, und Haushalts­geld kon­nte höch­stens das sein, was übrig­blieb. Meis­tens noch nicht ein­mal das, es gin­gen noch Beträge für Sparkon­ten, Baus­par­er und Abzahlun­gen für Wohneigen­tum und das Fam­i­lien­au­to davon ab. Tscha, und erst der dann noch übrig­bleibende Rest stand für den Haushalt zur Ver­fü­gung.

Voraus­set­zung für das Funk­tion­ieren des Sys­tems war natür­lich, dass man a) wusste wie es um die Ein­nah­men und Aus­gaben der Fam­i­lie stand und b) Haush­err und Haus­frau darüber offen und ehrlich miteinan­der rede­ten und ihr Bud­get part­ner­schaftlich ver­planten. Ganz schön viel ver­langt, nicht wahr? Aber so war die Abmachung, wenn man das Unternehmen Fam­i­lie erfol­gre­ich führen wollte.

Und so kann es auch heute noch funk­tion­ieren. Für Sin­gles übri­gens auch, die müssen dann nur vor sich selb­st ehrlich sein und mit offe­nen Karten spie­len. Wenn ich mir ger­ade einen neuen Lap­top zugelegt habe, ist wahrschein­lich dass mein Bud­get im sel­ben Monat einen Kurztrip nach Paris eigentlich nicht mehr erlaubt. Fahr ich halt übers Woch­enende zu meinem besten Fre­und, der hat das Alt­mühltal vor der Haustür, da ist es auch schön. So funk­tion­iert das mit der Wahl­frei­heit… mal auch kleinere Brötchen back­en, aber nicht immer nur knau­sern.

Vernün­ftig wirtschaften kann man nur, wenn auch ein Bud­get zum pla­nen da ist, bei chro­nis­ch­er Ebbe in der Kasse sind wahrschein­lich ein­schnei­den­dere Mass­nah­men gefragt. Eine zu teure Woh­nung, das schicke Auto das man sich eigentlich nicht leis­ten kann, die Flu­greise nach Thai­land, die das Bud­get für den ganzen Win­ter kippt — da muss man hart gegen sich selb­st sein und Gegen­maß­nah­men ergreifen.

Vor allem von amerikanis­chen Autoren hört man oft den Rat, bei Geld­man­gel einen zweit­en Job anzunehmen und z.B. nach Feier­abend als Tax­i­fahrer, Bedi­enung oder Bar­man zu jobben, aber das finde ich dann doch ein biss­chen krass. Man braucht auch unter der Woche Freizeit und Erhol­ung und kann sich ganz schnell kaput­tar­beit­en (Stich­wort Burnout), wenn man da übertreibt. Mal ganz davon abge­se­hen, dass die Leben­squal­ität ganz schnell zum Teufel geht, wenn man nur noch am robot­en ist. Da geht man doch lieber den unnötig fet­ten Aus­gabeposten an den Kra­gen!

Ich bin sel­ber vor ein paar Jahren aus ein­er 85 qm Alt­bau­woh­nung im schick­en Haid­hausen in eine halb so grosse, aber zauber­hafte kleine son­nige Bude im hohen Nor­den von München umge­zo­gen, weil fast mein ganzes Bud­get für die Miete drauf gegan­gen ist. Das war eine harte Entschei­dung, aber es musste was passieren, die Woh­nung wurde immer teur­er und mein monatlich­es Bud­get immer schmaler, das machte gar keinen Spaß mehr. Heute bin ich froh, dass ich den Absprung damals geschafft habe. Die kleinere Woh­nung hat schön Blick ins Grüne, reicht für mich als Sin­gle völ­lig aus und ist wesentlich leichter sauberzuhal­ten. Ich zahle nur ein Drit­tel an Miete im Ver­gle­ich zum Haid­hausen­er Palast. Das ist sehr befreiend, ich kann ganz anders wirtschaften und mir Dinge leis­ten, die in Haid­hausen ein­fach nicht drin waren, weil die über­teuerte Miete mein ganzes Haushalts­geld aufge­fressen hat.

Geben sie sich einen Ruck! Ger­ade bei Pres­ti­geob­jek­ten wie ein­er teuren Woh­nung, einem schnieken Auto und ein­er exk­lu­siv­en Fer­n­reise ist oft enormes Einsparungspo­ten­tial drin, auch wenn man erst mal über seinen Schat­ten sprin­gen muss. Langfristig tut man sich aber einen grossen Gefall­en, wenn man die dick­en Bud­get­fress­er eli­m­iniert. Denn eins kann auch der mod­ern­ste Min­i­mal­is­mus nicht ändern: das The­ma Geld wird immer wichtiger, je weniger man hat. Und das Leben ist eigentlich zu schade dafür, sich ständig mit Geld­sor­gen abzu­pla­gen!

5. September 2019
von admin
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Fast Food fürs Gehirn: die Ratgeber-Branche boomt wie nie

Geben sie mal bei Google “psy­cholo­gie rat­ge­ber online” ein und lassen sie sich über­raschen, wie viele Rat­ge­ber­por­tale da ganz oben schon erscheinen. Kosten­lose Hil­fe bei psy­chis­chen Prob­le­men direkt zum Anklick­en wird einem da zuhauf geboten, für jedes psy­chol­o­gis­che Wehwe­hchen gibt es auch einen hil­fre­ichen Artikel. Oder schauen sie mal in einem x‑beliebigen Buch­laden in die Ecke mit den Leben­shil­fe-Büch­ern: wow, da wird man schi­er erschla­gen von der fan­tastis­chen Auswahl!

Psy­chol­o­gis­che Rat­ge­ber sind in, und ganz beson­ders boomt die Branche im Inter­net, es wird geblog­gt und ge-newslet­tered bis zum Abwinken, und fast jed­er liest täglich mehrere Artikel zu  den unter­schiedlich­sten The­men aus dem Bere­ich Leben­shil­fe und Per­sön­lichkeit­sen­twick­lung.

Eigentlich müssten wir alle bei diesem massen­haften Kon­sum kluger Worte schon kleine Genies sein, und erfol­gre­ich, glück­lich und zufrieden oben­drein. Aber halt — das Stich­wort kommt mir jet­zt ger­ade recht: Kon­sum. Es bringt einen halt nicht so beson­ders viel weit­er, wenn man all die klu­gen Worte nur kon­sum­iert, also durch­li­est.

Da hab ich in einem Artikel kür­zlich einen net­ten Ver­gle­ich gefun­den: es ist, als ob man sich gesün­der Ernähren möchte, und loszieht und einen Einkauf­sko­rb voll voll­w­er­tiger und frisch­er Lebens­mit­tel nach­hause trägt. Ja, und dann? Es reicht halt nicht, wenn man die Lebens­mit­tel nur einkauft und  heimträgt. Man müsste sie auch sachgerecht zubere­it­en und dann auch noch essen, son­st hil­ft es nichts. Und man müsste das auch jeden Tag machen.

Ähn­lich ist es, wenn man aus einem psy­chol­o­gis­chen Rat­ge­ber etwas ler­nen möchte. Nur ein­mal durch­le­sen bringt einem nichts, da muss man schon noch ein biss­chen Arbeit investieren. Wenn man Glück hat, gibt der/die AutorIn einem einen Lehrplan an die Hand, so etwas wie eine Liste grund­sät­zlich­er Lern­in­halte, und eine Anleitung wie man diese verin­ner­licht und für die eige­nen Zwecke umset­zt. Wenn man weniger Glück hat, muss man sich das sel­ber erar­beit­en. Und da bleibt einem kaum etwas anderes übrig als die klas­sis­chen Helfer­lein, wenn man von bedruck­tem Papi­er schlauer wer­den möchte. Post-It Zettel für Ein­merk­er, Leucht­mark­er zum Anstre­ichen, Bleis­tift zum Rand­no­ti­zen machen. Ein Schreib­block oder ein Word-Doku­ment für Zusam­men­fas­sun­gen und Exz­erpte. Damit bere­it­et man sich aus den Rat­ge­berzu­tat­en erst ein­mal eine Samm­lung schmack­hafter, rel­a­tiv leicht ver­daulich­er Häp­pchen. Die führt man sich dann nacheinan­der zu Gemüte, und kaut auf jedem einzel­nen Hap­pen herum und lässt ihn sich auf der Zunge zerge­hen, bis man ihn verin­ner­licht hat.

Jet­zt ist der richtige Zeit­punkt, um ein Resumee des Gel­ern­ten zu ziehen, und dabei festzustellen was davon man für sich sel­ber umset­zen kann und möchte. Um bei der Lebens­mit­tel-Analo­gie zu bleiben: jet­zt stellen wir uns ein indi­vidu­elles Menü aus den Zutat­en zusam­men, die uns der/die AutorIn an die Hand gegeben hat. Dann gehts ans Umset­zen, das Menü will jet­zt auch noch zubere­it­et und ver­speist wer­den, das ist dann let­z­tendlich die Ver­ar­beitung des Gel­ern­ten.

Hats geschmeckt? Habe ich gel­ernt, etwas neu und anders zu machen als gewohnt, und wenn ja, was hat das für Auswirkun­gen auf mein Leben? Was hat mir der/die AutorIn ver­sprochen, und was davon ist wahr gewor­den? Bekommt mir diese spezielle Art der gesün­deren geisti­gen Ernährung, oder brauche ich doch eine andere Diät?

Das klingt nach Arbeit, und das ist es auch. Nur vom reinen Kon­sum schlauer Artikel und Büch­er allein ist noch nie jemand glück­lich­er und erfol­gre­ich­er gewor­den. Viele suchen auch Hil­fe, weil sie merken dass sie allein mit der Lek­türe nicht weit­erkom­men — hier set­zt dann die Psy­chother­a­pie an, die ja im klas­sis­chen Fall nichts anderes tut als Hil­fe zur Selb­sthil­fe zu geben. Aber das ist eigentlich schon ein anderes The­ma und sprengt hier den Rah­men.

Es sei mal dahingestellt, dass man all die vie­len schlauen Artikel auch zur Unter­hal­tung und aus Inter­esse am The­ma lesen kann, ohne da jet­zt tiefer in die Ver­ar­beitung einzusteigen. Man kann auch den Korb voll­w­er­tiger gesun­der Lebens­mit­tel in der Küche ste­hen lassen und sich wie gewohnt eine Tiefkühlpiz­za in den Ofen schieben. Das bringt halt dann nicht so beson­ders viel, man wird so wed­er schlauer noch gesün­der. Let­z­tendlich muss jed­er sel­ber entschei­den, wie er das hand­habt.

Ich machs von Fall zu Fall, viele Artikel lese ich genau ein­mal, finde sie amüsant oder auch erhel­lend, und vergesse sie genau­so schnell wieder wie ich sie kon­sum­iert habe. Nur sel­ten sind welche dabei, bei denen ich meine Ver­ar­beitungs- und Lern­methodik anwerfe, aber da bleibt dann auch was hän­gen. Die bespreche ich dann auch gern mit jemand anders, ich habe gott­sei­dank einige Ansprech­part­ner­In­nen, die sich eben­falls für Per­sön­lichkeit­sen­twick­lung und Leben­shil­fe inter­essieren. Und das ist immer ein sicher­er Gradmess­er, ob man eine Sache auch wirk­lich ver­standen hat: wenn man sie jemand anderem erk­lären kann. Dann hat man sie auch verin­ner­licht und sich zu eigen gemacht, dann sitzt das und es bringt auch was, man hat etwas gel­ernt. Wie das mein Lieblingsphilosoph Richard P. Feyn­man so tre­f­fend for­mulierte: “Wenn du es einem aufgeweck­ten Achtjähri­gen erk­lären kannst, dann hast du es ver­standen.”

Das, so finde ich, ist ein schönes Schluß­wort.