Praxis Dr. Inselfisch

Psychologie, Philosophie und Programmierung

22. Dezember 2018
von admin
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Sind sie horizontal oder vertikal reich?

Ich habe kür­zlich einen sehr amüsan­ten und infor­ma­tiv­en Artikel von Charles Chu über ver­tikalen und hor­i­zon­tal­en Reich­tum gele­sen:

https://medium.com/the-polymath-project/the-price-of-happiness-horizontal-vs-vertical-wealth-6057e9b35d66

Er lei­ht sich die Def­i­n­i­tion von den Unternehmens­ber­atern und Wirtschaftswis­senschaftlern, die diese Nomen­klatur für die Klas­si­fika­tion kom­merzieller Fir­men ver­wen­den. Ver­tikaler Reich­tum bedeutet, dass man sich an anderen reichen Leuten misst und das tut, was die auch tun: eine teure Vil­la ein­richt­en, eine Yacht kaufen, in Gstaadt zum Ski­fahren gehen, dicke Autos fahren und in teuren Resortho­tels Urlaub machen zum Beispiel.

Hor­i­zon­taler Reich­tum ist es, wenn man sich seine per­sön­lichen Vor­lieben nicht vom vie­len Geld dik­tieren läßt. Sie lieben Büch­er und haben einen Haufen Geld? Kaufen sie mehr Büch­er und lesen sie sie mit Genuss! In dem Zuge kön­nte man auch die alten Ikea-Bücher­re­gale gegen eine schöne Mas­sivholzbib­lio­thek aus­tauschen.

Ich tendiere defin­i­tiv zum hor­i­zon­tal­en Reich­tum. Seit ich aus mein­er zugegeben schö­nen, aber viel zu grossen und über­teuerten Alt­bau­woh­nung in Haid­hausen in mein son­niges kleines Dom­izil im hohen Nor­den von München umge­zo­gen bin, bleibt wesentlich mehr Geld in der Haushalt­skasse, weil ich nur noch ein Vier­tel Miete monatlich bezahle. Was mache ich mit dem ersparten Geld? Ich lasse es mir gut gehen, und bleibe dabei auf dem Tep­pich. Ich würde es mir dreimal über­legen, wieder in eine grössere Woh­nung umzuziehen, weil die a) in München eh nicht erschwinglich sind und ich in der Stadt bleiben möchte und b) weil ich in der kleineren Bude wesentlich weniger Putzarbeit habe, und ich putze nun mal nicht so gern. Mit mein­er preiswerten Miete kann ich es mir sog­ar leis­ten, fürs Fen­ster­putzen eine Putzfrau zu bezahlen, da fällt schon mal das ungeliebteste Stück Haus­putz weg, den Luxus gönne ich mir. Ausser­dem ist das Schön­ste an meinem kleinen Dom­izil die grosse Fen­ster­front mit dem Win­ter­garten, und wenn da die Fen­ster immer sauber sind, habe ich die höch­ste Freude an mein­er son­ni­gen Bude und den her­rlichen Son­nenun­tergän­gen, die ich vom Wohnz­im­mer aus fast das ganze Jahr lang beobacht­en kann. Also, ich bin mehr als zufrieden mit mein­er Wohn­si­t­u­a­tion, ich mag sog­ar die Gegend, obwohl es eigentlich ein “Glass­cher­ben­vier­tel” ist, aber ich bin hier um die Ecke aufgewach­sen und kenne die schö­nen Platzerl im Münch­n­er Nor­den.

Was gönne ich mir noch? Ein Auto, weil ich nicht immer alle schw­eren Einkäufe zu Fuß heim­schlep­pen will, und weil ich gele­gentlich auch mal zum Ikea oder zum Bau­markt oder zum Star­berg­er See fahren möchte. Es ist ein recht betagter gebrauchter Kom­bi, aber für mich tuts der vol­lkom­men, ich bin nicht scharf auf PS oder chromblitzende Karosse­rien, für mich ist ein Auto ein Gebrauchs­ge­gen­stand. Vielle­icht tausche  ich ihn mal gegen ein kleines Stadt­flitzerchen um, der Kom­bi ist zwar prak­tisch, aber mir eigentlich zu gross, so ein klein­er Fiat 500 oder ein Nis­san Micra würde mir auch gefall­en, und ich fände viel leichter Park­lück­en, in die ich auch hineinkomme — ein­parken ist nicht meine Stärke. Ich gönne mir auch ein Motor­rad, obwohl ich sel­ber nicht mehr viel fahre, aber mein bester Fre­und ist ein beg­nade­ter Motor­rad­pi­lot, und ich fahre sehr gern bei ihm als Sozia mit. Mein Motor­rad ist ein Old­timer, ich hab sie schon seit fast 20 Jahren, eine alte BMW Box­er in feuer­wehrrot — so eine wollte ich immer schon haben, und ich geb sie nie wieder her. Ich brauche auch kein neues Motor­rad, ich habe meine Traum-Mas­chine schon 🙂

Schicke Design­erk­lam­ot­ten? Aber ja doch! Ich designe seit vie­len Jahren meine eige­nen Strick­mod­en, und da sind tolle Stücke dabei, das kön­nen sie mir glauben, da krieg ich immer viele Kom­pli­mente dafür. Aber Streifzüge durch die Bou­tiquen mache ich nicht, da hole ich mir doch bloss einen Frust. Ich habe näm­lich eine Fig­ur, die defin­i­tiv nicht von der Stange ist. Wenn mir Hosen in der Hüfte passen, sind sie mir wegen mein­er lan­gen Hax­en immer am Knöchel zu kurz, und wenn ein Blaz­er oder eine Bluse genug Raum für mein bre­ites Kreuz mit­brin­gen soll, muss ich zu Klei­der­grösse Ele­fant greifen, und da gibts eigentlich nur Designs Marke Kartof­fel­sack. Also nähe ich mir meine Basics sel­ber, da sind wenig­stens die Hosen lang genug, und in den Oberteilen krieg ich meine hero­is­chen Schul­tern samt der Ober­weite gut unter. Also, teure Klam­ot­ten: auch Fehlanzeige.

Wo lasse ich es dann richtig krachen? Beim Essen und Trinken! Nur vom Fein­sten, das Bio-Fleisch vom Dorfmet­zger (bringt mir mein Fre­und vom Land mit), das Lamm vom Türken, das Geflügel von Stephani am Vik­tu­alien­markt, da bin ich alle 14 Tage und nehme mir was Feines mit. Nur den besten Lavaz­za Espres­so für meinen Früh­stücks-Cafe-Lat­te, und abends darf es dann ein Unertl Leicht­es Weizen vom Aller­fe­in­sten sein. Besten Wein trinke ich bei meinem Fre­und, der kauft ihn zuhause in Würt­tem­berg direkt beim Winz­er, und aller­fe­in­ste Obstschnäpse brin­gen wir uns aus dem Urlaub vom Walchensee mit — da reicht ein Flascherl allerd­ings dann allerd­ings schon mal ein halbes Jahr, weil wir sehr sparsam damit umge­hen. Seit ich mir abgewöh­nt habe, immer gle­ich Essen für eine halbe Kom­panie einzukaufen (wir waren eine grosse Fam­i­lie zuhause) komme ich mit erstaunlich wenig Lebens­mit­teln aus, ich esse ja meis­tens allein, und so darf es dann auch mal ein wenig mehr kosten.

Was ich mir son­st noch an Luxus gönne: bestes und schön­stes Mate­r­i­al für meine Hob­bies. Aquarell­far­ben nur in aller­fe­in­ster Kün­stlerqual­ität (hab ich einen Kas­ten voll, hal­ten Jahrzehnte bei gekon­ntem Umgang), Wolle aus über­wiegend Natur­fasern (bestelle ich mir Online bei ein­er Fir­ma, die sehr feine Qual­itäten sel­ber pro­duziert), feuer­polierte böh­mis­che Glass­chliff­perlen zum Schmuck­basteln (bestelle ich direkt in Tschechien), erlesene Vere­delungs­ma­te­ri­alien für meine selb­st­ge­baut­en Mas­sivholzmö­bel (Schel­lack, Wach­spoli­tur, Leinöl­fir­nis… gibts in jedem Bau­markt, muss man nur ver­ar­beit­en kön­nen)… die Liste liesse sich noch fort­set­zen, ich hab ja so viele Hob­bies. Aber ich hab schon vor vie­len Jahren gel­ernt, bei Selb­st­gemachtem nicht am falschen Ende zu sparen, und nur gutes Mate­r­i­al einzukaufen, den Luxus leiste ich mir.

Das wars jet­zt eigentlich schon so ziem­lich. Gele­gentlich mal ein Buch oder eine Zeitschrift (ich lese heutzu­tage mehr online), ab und zu ein paar Blu­men, im Som­mer eine Radler­halbe im Bier­garten und ein Eis beim Gelataio, im Win­ter ein Glüh­wein auf dem Wei­h­nachts­markt und ein paar Bratwürste in der Sem­mel oder ein Dön­er. Das sind die Luxu­s­genüsse, auf die ich nicht verzicht­en möchte, und die ich mir leis­ten kann ohne im Lot­to gewon­nen zu haben.

Wenn ich jet­zt noch viel mehr Geld hätte — würde sich dann viel ändern? Ich würde mehr reisen, glaube ich, aber da ich nicht gern fliege fall­en Luxus-Fernziele von Haus aus aus. Dann eher noch mal zum Gar­dasee oder ans Meer, egal ob Adria oder Nord­see, das würde ich mir sich­er leis­ten. Aus meinem alten Kom­bi würde ein neues Smar­tle wer­den, und statt dem alten Dreigang­fahrrad würde ich mir einen schick­en Aluren­ner kaufen, dann würde ich sich­er öfter Rad­fahren, zum Feld­mochinger See rüber zum Beispiel. Aber ich würde mit Sicher­heit nicht mein Leben auf den Kopf stellen, bloss weil ich mehr Geld hätte, da bin ich ganz zuver­sichtlich. Ich bin lieber hor­i­zon­tal reich — und eigentlich bin ich das jet­zt schon 🙂

22. Dezember 2018
von admin
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Geschenkt für alle — Public Domain und Open Source

Es ist wieder diese Zeit im Jahr: mich juckt der Sta­tis­tik-Nerv, ich schau mir zum Jahre­sende die Besuch­er­sta­tis­tiken mein­er Blogs mal wieder genauer an. Alle alten Pro­gram­mier­er lieben Sta­tis­tiken, ich bin da keine Aus­nahme, und liebe meine Zahlen­schub­sereien.

Der absolute Ren­ner ist nach wie vor mein bar­ri­ere­freies Inselfisch-Kochbuch, mit weit über 100.000 Besuch­ern und einem Schnitt von knapp 200 Besuchern/Tag. Dicht gefol­gt von meinen Odd­balls Han­dar­beits­seit­en, hier habe ich über 60.000 Besuch­er, ca. 120 am Tag.Der näch­ste Ren­ner ist mein Blog für alte Pro­gram­mier­er, das Bistro zum schwarzen Pin­guin verze­ich­nete dieses Jahr gut 30.000 Besuch­er, ca. 90/Tag. Ein Hit sind auch meine Seit­en mit den Land­schafts­bildern, Aquarell — Malen mit Licht und Luft verze­ich­nete knapp 19.000 Besuch­er, ca. 30 am Tag. Sog­ar mein klein­er Glasper­len­schmuck-Blog Evis Finest ist noch gut mit im Ren­nen, hier hat­te ich knapp 14.000 Besucher/ca. 15 am Tag.

Wenn man noch ein biss­chen Kleinkram mitrech­net (die Com­put­er­grafiken, die Hör­bilder, die Kinder­büch­er…) sind das mal flock­ig an die 250.000 Besuch­er auf mein­er Web­seite evileu.de , das ist eine Vier­tel Mil­lion! Das ist der Ham­mer, finde ich, für eine nicht-kom­merzielle pri­vate kleine Seite sind das schon stolze Zahlen.

Ich werde angesichts dieser Besucherzahlen immer wieder gefragt, ob ich nicht darüber Nach­denke, Geld mit meinen Web­seit­en zu ver­di­enen. Ich denke darüber nach, recht oft sog­ar. Und komme immer wieder zum sel­ben Ergeb­nis: Njet, nein Danke.

Ich kön­nte zum Beispiel im Inselfisch-Kochbuch Anzeigen von Lebens­mit­telfir­men schal­ten, die wären da sich­er inter­essiert. Ja, und dann? Für die paar Kröten, die da hereinkom­men wür­den, gin­ge meine schöne Bar­ri­ere­frei­heit über den Jor­dan, auf­pop­pende Wer­beein­blendun­gen sind eine Zumu­tung für Screen­read­er-Benutzer. Erschw­erend kommt hinzu, dass ich nicht für jedes x‑beliebige Food-Pro­dukt Wer­bung machen wollte, Fix­pro­duk­te und Fer­tig­gerichte kom­men z.B. bei mir nicht ins Haus. Da würde ich schon eher Wer­bung für Geschäfte machen wollen, wo ich sel­ber gern einkaufe und hin­ter der Qual­ität ste­he, aber das sind durch die Bank kleine Einzel­han­dels­be­triebe, die kein oder nur ein sehr kleines Wer­be­bud­get haben, da wirds wieder nix mit dem Riesen-Reibach. Also: keine Wer­bung im Inselfisch-Kochbuch.

Man kön­nte auch für den Down­load von Rezepten eine kleine Gebühr ver­lan­gen, Klein­vieh macht auch Mist, da käme wahrschein­lich mit der Zeit ganz schön was zusam­men. Da sträuben sich mir aber sämtliche Anten­nen, schliesslich veröf­fentliche ich meine Rezepte, damit sie jed­er Nachkochen kann. Dazu gehört auch, dass man in meinen Rezepten schmök­ern kann und sich die her­aus­suchen, die einen am meis­ten ansprechen — wenn man erst was zahlen müsste, bevor man ein Rezept begutacht­en kann, das fände ich kon­trapro­duk­tiv. Woher soll man vorher wis­sen, ob man es sich zutraut, ein Rezept nach mein­er Anleitung selb­st zuzu­bere­it­en? Ich denke da vor allem auch an meine Besuch­er mit Hand­i­cap, die ganz sich­er erst­mal das ganze Rezept gründlich durch­le­sen wollen, ehe sie sich an die Zubere­itung wagen. Also, Down­load­ge­bühr für Rezepte fällt auch aus.

Genau­so sieht es auf meinen Odd­balls-Han­dar­beits­seit­en aus: ich biete unter anderem eine ganze Lat­te bar­ri­ere­freier Strick­an­leitun­gen zum kosten­losen Down­load an. Da ich meine Ziel­gruppe gut kenne und auch viel Feed­back vor allem von meinen sehgeschädigten Han­dar­beits­fre­undin­nen bekomme, weiss ich dass die ganz viel damit zu kämpfen haben, dass Anleitun­gen dann doch nicht bar­ri­ere­frei sind und für Strick­erin­nen mit Hand­i­cap nicht zum Nachar­beit­en tau­gen. Bei mir kann man sich die Anleitun­gen kosten­los herun­ter­laden und in Ruhe aus­pro­bieren, ich mag da kein Geld dafür ver­lan­gen. Auch die nicht-bar­ri­ere­freien Anleitun­gen sind und bleiben bei mir kosten­los.

Bei meinen Aquarellen sieht es auch nicht viel anders aus. Ich weiss, dass die Bilder ganz viel kopiert und aus­ge­druckt wer­den, aber ich mag da auch keine Down­load-Gebühren ver­lan­gen, weil es den ganzen Sinn und Zweck mein­er Bilder-Web­seite in Frage stellen würde. Ich habe die Seite als Medi­um geschaf­fen, damit meine Bilder unter die Leute kom­men und gese­hen wer­den, und so alle heili­gen Zeit­en ein­mal verkaufe ich auch eins. Aber nicht die kom­merzielle Ver­mark­tung ist mein Ziel, son­dern die Präsen­ta­tion mein­er Arbeit­en in einem schö­nen Rah­men, wo man auch zum Beispiel nach Lieblingsplätzen oder Jahreszeit­en Bilder suchen kann und eine schöne Auswahl find­et. Meine Besucherzahlen geben mir recht — die Bilder­seit­en sind sehr beliebt, und ich habe schon oft das Feed­back gekriegt, dass manche Benutzer immer wieder kom­men und sich die Bilder anse­hen, weil sie ihnen so gut gefall­en. Das ist mein Prof­it — die Bestä­ti­gung, dass meine Aquarelle bei meinem Pub­likum gut ankom­men.

Und was hat das alles jet­zt mit Pub­lic Domain und Open Source zu tun?

Alles! Ich bin ein “Dig­i­tal Native”, ich bin mit dem Inter­net zusam­men in meinem Beruf gross­ge­wor­den, und ich vertrete von Anfang an die Überzeu­gung, dass das Web eine freie Infor­ma­tion­squelle für alle sein und bleiben sollte. Die explodierende Kom­merzial­isierung der let­zten 10, 20 Jahre finde ich fürchter­lich, aber gott­sei­dank bin ich gegen Wer­bung immun und klicke schneller weg als man “Cash” sagen kann, wenn ich mal auf ein­er Seite lande die mir nur irgendwelchen Schot­ter verkaufen will.

Dage­gen bin ich Dauerkunde bei vie­len freien Foren, die sich ohne Abkassieren und Abzocke mit The­men beschäfti­gen, die mich inter­essieren. Ich bin viel in den Web­de­sign- und Pro­gram­mier­erforen unter­wegs, ich nutze sehr gerne die her­vor­ra­gen­den Online-Schu­lungsange­bote des W3C, ich surfe mit Begeis­terung durch die kosten­losen Han­dar­beit­san­leitun­gen auf Rav­el­ry, ich engagiere mich in den Word­Press-Acces­si­bil­i­ty Aktiv­itäten, um nur einige wenige zu nen­nen. Ich weigere mich strikt, für solche Dien­ste und Infor­ma­tion­squellen etwas zu bezahlen, es gibt genü­gend freie Ange­bote, man muss halt manch­mal ein biss­chen länger recher­chieren, aber es ist alles da und frei zugänglich. Das ist gut so, und mein Beitrag dazu, dass es auch in Zukun­ft so bleibt ist es eben, auf mein­er pri­vat­en Web­seite evileu.de nie­man­den abzukassieren. Meine Seit­en sind und bleiben frei zugänglich, einige sog­ar als beson­der­er Ser­vice bar­ri­ere­frei bzw. bar­ri­erearm, und ich bin stolz darauf dass ich mit meinen unter­schiedlichen Inter­es­sen­ge­bi­eten und Ange­boten so viele Besuch­er anziehe.

Das ist meine Inter­net-Philoso­phie: ich hole mir viel aus dem Netz und lerne und staune täglich wieder, was es alles an tollen kosten­losen Ange­boten gibt. Ich revanchiere mich dafür mit meinen eige­nen kom­merzfreien Web­seit­en, in meinem mit­tler­weile gar nicht mehr so kleinen Rah­men. Das ist die Idee hin­ter Pub­lic Domain und Open Source, dahin­ter ste­he ich, und ich glaube nicht dass sich daran jemals etwas ändern wird.

21. Dezember 2018
von admin
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Kratz da, wo es dich selber juckt — eine originelle Erfolgsstrategie

Ich habe diese Woche einen inter­es­san­ten und witzi­gen Beitrag von Aytekin Tank gele­sen:

https://medium.com/swlh/the-power-of-scratching-your-own-itch-75f8cc59e7

Er ver­tritt mit Witz und eingängi­gen Beispie­len die These, dass man, um mit einem Pro­dukt erfol­gre­ich zu sein, es auch selb­st benutzen muss. Und zwar egal was, ob das jet­zt ein Online-For­mu­lar für deine Web­seite oder ein Pro­tein­riegel für deine Ernährung ist, völ­lig Wurst, nur wenn du es selb­st auch nutzt wirst du damit Erfolg haben.

Denn, so argu­men­tiert Tank, nur wenn es deine Bedürfnisse befriedigt bzw. dein Leben angenehmer oder ein­fach­er gestal­tet, nur dann wird es auch jemand anders benutzen wollen. Da ist was Wahres dran!

Mein mit Abstand (über 100.000 Besuch­er) erfol­gre­ich­ster Blog, das Inselfisch-Kochbuch, enthält nur Rezepte, die ich sel­ber tat­säch­lich auch koche, ob in der All­t­agsküche oder zu Feierta­gen, alles ist von mir praxis­er­probt und zig-fach getestet wor­den. Deswe­gen sind meine Rezepte auch so beliebt: die kann jed­er Nachkochen, da ist nichts Abge­hobenes dabei und kein spin­nert­er Gourmetkrams, son­dern es gibt ein­fach gutes Essen, das man in jedem nor­malen Haushalt sel­ber her­stellen kann. Ich bin auch sel­ber ein guter Kunde im Inselfisch-Kochbuch, ich schau oft mal schnell ein Rezept nach, wenn ich es nicht auswendig weiss. Dabei bewährt sich die Stich­wort­suche, der Kat­e­gorien­baum und das Inhaltsverze­ich­nis, die benutze ich sel­ber auch ganz oft.  Und man hat nicht den Zettelkram wie bei in Ord­nern abgelegten aus­ge­druck­ten oder handgeschriebe­nen Rezepten, und find­et Online viel schneller was man sucht. Das Inselfisch-Kochbuch ist eben ein Nach­schlagew­erk für Nor­malver­brauch­er, deswe­gen ist es auch so erfol­gre­ich.

Meine näch­sten zwei erfol­gre­ich­sten Blogs, die Seit­en über die Aquarell­malerei und der Blog für alte Pro­gram­mier­er, bei­de mit an die 20.000 Besuch­ern, ver­wende ich sel­ber auch häu­fig, näm­lich auch als Nach­schlagew­erke.

Ich brauche ein Bild vom Starn­berg­er See im Früh­ling? Zack, mit dem Kat­e­gorien­baum nach Gegend und nach Jahreszeit habe ich es Nul­lkom­manix gefun­den. Und da ich in meinem Malerei-Blog immer das Entste­hungs­da­tum mit­notiere, kann ich dann ans Mag­a­zin gehen, da sind meine Aquarelle näm­lich nach Jahren geord­net abgelegt. So finde ich schnell das Gesuchte, und hab immer Ord­nung in mein­er Bilder­ablage.

Ich brauche schnell den Algo­rith­mus für den Beitragsim­port nach Word­Press, kom­plett mit Kat­e­gorien? Stich­wort­suche im Pro­gram­mier­er-Blog, das hab ich gle­ich gefun­den. Und da ich mir immer sauber den Source­code mit in den Beiträ­gen ablege, kann ich mir den flugs rauskopieren und habe den gewün­scht­en Code-Schnipsel gle­ich parat. Das ist wesentlich prak­tis­ch­er, als wenn ich den Source im Archiv auf mein­er Fest­plat­te suchen muss. Die ist näm­lich trotz aller Bemühun­gen brechend voll und ziem­lich unüber­sichtlich, schliesslich pro­gram­miere ich auf meinem Lap­top schon etliche Jährchen, da sind ein paar Hun­dert Pro­jek­te zusam­mengekom­men, wenn nicht mehr.

Tscha, und diese drei Blogs, die ich oft auch selb­st benutze, ziehen ein­fach die meis­ten Besuch­er an. Bei den Rezepten im Inselfisch-Kochbuch kriege ich öfter mal eine Rück­mel­dung, das beson­ders die Grun­drezepte sehr geschätzt und immer wieder gern aufgerufen wer­den. Und ich schätze, die Fre­unde mein­er Aquarelle suchen auch Bilder nach Lieblingsplätzen und nach Jahreszeit­en, und die an meinen Algo­rith­men inter­essierten alten Pro­gram­mier­füxe schla­gen auch mal gern was bei mir nach und nutzen genau wie ich die Such­funk­tion und die Kat­e­gorien als Gedächt­nis­stütze. Daher die guten Besucherzahlen, meine Pro­duk­te (=Blogs) bieten halt einen Mehrw­ert, der von meinen Lesern geschätzt wird. Deswe­gen kom­men sie auch wieder, und meine Besucherzahlen gehen langsam aber stetig immer weit­er nach oben.

Wenn ich wollte, kön­nte ich daraus ver­mut­lich auch Kap­i­tal schla­gen, Wer­bung schal­ten zum Beispiel. Aber das ist eigentlich schon ein anderes The­ma, da gehts um den Open Source und Free Web Gedanken, darüber ein ander­mal mehr. Aber Fakt ist, dass von meinen vie­len Blogs diejeni­gen am erfol­gre­ich­sten sind, die ich auch sel­ber regelmäs­sig benutze. Da kann man doch was draus ler­nen, denke ich 😉

 

10. Dezember 2018
von admin
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Der Else-Zweig: es gibt immer eine Alternative

Das erste Kon­strukt, das man gemein­hin in ein­er Pro­gram­mier­sprache lernt, ist meis­tens ein If, auf Deutsch ein Wenn. Wenn a gröss­er als b ist, mach etwas, das ist die Aus­gangs­ba­sis für viele Anfänger­pro­gramme. Dabei lernt man meis­tens auch ziem­lich schnell, dass die If-Bedin­gung sel­ten ein-ein­deutig ist, man muss immer noch ein paar Alter­na­tiv­en berück­sichti­gen. Was ist zum Beispiel, wenn a nicht gröss­er als b ist, son­dern klein­er? Was macht man dann? Und was ist, wenn die bei­den Werte gle­ich sind? Dafür gibt es die Else-Bedin­gung, also die Alter­na­tive, was passieren soll wenn die If-Bedin­gung nicht zutrifft.

Das kriegt man in ver­schärfter Form immer wieder um die Ohren, beson­ders wenn es um Benutzereingaben geht. Nehmen wir mal an, wir bit­ten den Benutzer um die Eingabe ein­er Zahl:

eingabe_screenshot

eingabe_screenshot

Das sieht sehr straight­for­ward aus, hat es aber ganz schön in sich. Als Pro­gram­mier­er ist man näm­lich häu­fig damit beschäftigt, Benutzereingaben “wasserdicht” zu machen, das heißt, man muss alle möglichen Kon­stel­la­tio­nen berück­sichti­gen und vorauss­chauend bedenken, was der Benutzer denn in unserem kleinen Eingabefor­mu­lar alles machen kön­nte. Im besten Fall gibt er eine Zahl ein und klickt auf “Abschick­en”, das ist Fall eins und leicht zu behan­deln. Was aber passiert, wenn er keine Zahl, son­dern einen Buch­staben oder son­stige Zeichen ein­gibt? Und was passiert, wenn er gar nichts ein­gibt und trotz­dem auf Abschick­en klickt? Und was passiert, wenn er nicht auf Abschick­en klickt? Dann passiert näm­lich gar nichts…

Sie sehen schon, das kann beliebig kom­plex wer­den. Deswe­gen muss ein guter Pro­gram­mier­er immer für den größten AU mit­denken (AU= Insid­er­witz, Ahnungslos­es­ter User) und alle Even­tu­al­itäten berück­sichti­gen. Das übt — auch fürs richtige Leben.

Wenn ein guter Pro­gram­mier­er über ein Prob­lem nach­denkt, berück­sichtigt er immer auch den Else-Zweig, auch wenn der auf den ersten Blick nicht so offen­sichtlich erscheint. Wir sind es gewohnt, die Aus­gangs­ba­sis sehr genau anzuschauen, und alle möglichen Vari­anten der Vorge­hensweise durchzus­pie­len. Ein richtig guter Pro­gram­mier­er wird dafür sor­gen, dass der Benutzer gar keine Fehleingaben machen kann, dass beispiel­sweise eine aus­sagekräftige Fehler­mel­dung kommt wenn der User Buch­staben eingegeben hat, und das Pro­gramm zum Aus­gangspunkt zurück­kehrt ohne dass etwas passiert:

fehlermeldung

fehler­mel­dung

Deswe­gen sind gute Pro­gram­mier­er auch immer gute Prob­lem-Ana­lytik­er, sie sind es gewohnt mit allen Even­tu­al­itäten zu rech­nen und ihre Pro­gramm so zu gestal­ten, dass jed­er nur denkbare Fehler abge­fan­gen wird.

In Com­put­er­pro­gram­men geht das meis­tens — meis­tens, aber nicht immer. Je kom­plex­er die Aus­gangssi­t­u­a­tion, desto schwieriger wird es, alle möglichen Ereignisse vorauszuse­hen und entsprechend zu behan­deln. Schließlich sind wir keine Hellse­her, und deswe­gen ste­ht am Ende ein­er pro­fes­sionellen Pro­gram­men­twick­lung auch immer ein aus­giebiger Test, auf neudeutsch Usabil­i­ty Test. In dem dür­fen und sollen die Anwen­der, also die Per­so­n­en, die das Pro­gramm let­z­tendlich benutzen sollen, das Pro­gramm so bedi­enen wie es ihnen ger­ade ein­fällt, und auch mal richti­gen Käse und Unsinn eingeben und bewußt Fehlbe­di­enun­gen provozieren. Ein richtig gutes Pro­gramm kann sowas ab ohne abzustürzen, und wenns während des Tests irgend­wo kracht, muss der Pro­gram­mier­er nochmal ran und eine Fehler­be­hand­lung für diesen speziellen Fall ein­bauen. Im Nor­mal­fall braucht man sog­ar mehrere Testrun­den, um die Pro­gramme auch bei krass­er Fehlbe­di­enung absturzfrei zu machen, erst dann entste­ht Usabil­i­ty oder Benutzer­fre­undlichkeit.

Das heisst auch, dass ein guter Pro­gram­mier­er Nachko­r­rek­turen nicht als lästiges Übel, son­dern als notwendi­gen Bestandteil sein­er Arbeit sieht, schließlich ist auch der beste Pro­gram­mier­er nicht unfehlbar, und kein auch nur etwas kom­plex­eres Pro­gramm wird im ersten Anlauf schon fehler­frei laufen.

Das übt fürs richtige Leben: am Anfang ste­ht die Auf­gaben­stel­lung (das Pro­gramm, oder auch das Prob­lem). Dann über­legt man sich alle möglichen Lösun­gen und sucht die aus, die einem am erfol­gver­sprechend­sten erscheint. Falls die dann doch die Auf­gabe oder das Prob­lem nicht hun­dert­prozentig löst, kom­men die Nachko­r­rek­tu­rar­beit­en, und man pro­bierts auf eine andere Art und Weise noch ein­mal. Dies nen­nt man einen iter­a­tiv­en Ansatz, und wenn man die Tests und die Nachko­r­rek­turen richtig ange­ht, kommt man meist recht schnell zu ein­er zufrieden­stel­len­den Lösung.

Wir sind näm­lich nicht unfehlbar, aber wir sind lern­fähig — und das ist im richti­gen Leben auf jeden Fall eine sehr nüt­zliche Fähigkeit, meinen sie nicht auch?

8. Dezember 2018
von admin
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Lust und Frust — oder warum gehen sie einkaufen?

Ich habe ger­ade einen sehr amerikanis­chen Artikel über die Psy­cholo­gie des Verkaufens gele­sen, der pos­tuliert dass die Leute haupt­säch­lich aus zwei Grün­den einkaufen: ein­mal zum Vergnü­gen, und zum anderen um Schmerz loszuw­er­den. Zum Vergnü­gen zum Beispiel eine 100 $ teure Flasche Wein, und um den Katerkopf­schmerz loszuw­er­den, am näch­sten Tag eine Pack­ung Kopf­schmerztablet­ten. Einen sünd­teuren roten Sport­wa­gen zum Vergnü­gen, und den Kinder­sitz dazu um Schmerzen zu ver­hin­dern. Einen teuren Urlaub zum Vergnü­gen, ein Haar­wuchsmit­tel um den Ver­lustschmerz bei Haa­raus­fall zu ver­mei­den.

Das fand ich dann doch ein biss­chen über­sim­pli­fiziert, aber so sind die Amis mein­er Erfahrung nach oft. Man kann sowas auch als Frust- und Lustkäufe klas­si­fizieren, und bei­des, so finde ich zumin­d­est, ist ein bißchen ungut. Es läuft näm­lich immer darauf hin­aus, dass man Geld für etwas aus­gibt, was man nicht wirk­lich braucht — aber dahin wollen uns die Mar­ket­ingstrate­gen ja genau lock­en, sie wollen an das Cash in unseren Taschen, und dazu ist ihnen jedes Mit­tel recht. Liebeskum­mer bekämpft man mit einem oder bess­er gle­ich mehreren Paaren neuer Schuhe, der Frust im Job läßt sich nach Feier­abend mit einem Raubzug durch die Bou­tiquen bekämpfen, gegen Ein­samkeit hil­ft eine Fam­i­lien­pack­ung Eiskrem oder Schoko­lade, und bei Min­der­w­er­tigkeits­ge­fühlen darf es gern ein PS-starkes völ­lig über­teuertes Kraft­fahrzeug sein. So sug­gerieren uns die all­ge­walti­gen Sales- und Mar­ket­ing­gu­rus, dieses Cre­do kriegt man mit jedem Werbespot um die Ohren, in mas­siv­er und — für mich zumin­d­est — schon direkt abschreck­ender Art und Weise. Ob Wer­bung im TV oder Inter­net, in den Print­me­di­en oder auf der Strasse, über­all wird uns einget­richtert dass wir glück­lichere Men­schen sein wer­den, wenn wir nur *egal was * kaufen, und zwar möglichst sofort.

Ja hal­lo, gehts noch? Was ist aus den ganz nor­malen Einkäufen des täglichen Bedarfs gewor­den, gibt es sowas heute über­haupt noch? Früher, und ich meine wirk­lich früher, in der Gen­er­a­tion mein­er Oma, ging man jeden Tag zum Bäck­er, zum Milch­laden und zum Met­zger und holte nur das, was am sel­ben Tag auch ver­braucht bzw. aufgegessen wurde. Man hat­te näm­lich noch keinen Kühlschrank, erst recht keinen Gefrier­er, und die leicht verderblichen Lebens­mit­tel wur­den jeden Tag frisch geholt, damit sie nicht ver­dar­ben. Eine gute Haus­frau beherrschte auch die Kun­st des recht­en Mass­es, sie kochte genau so viel dass alle satt wur­den, aber keine Reste übrig blieben — es gab näm­lich wirk­lich keinen Kühlschrank, son­dern besten­falls eine leicht tem­perierte Speisekam­mer oder den küh­leren Keller, und Essen­sreste mussten schnell weg, ehe sie vergam­melten. Da schaute man lieber, dass gle­ich nichts übrig blieb. Unsere Omas liessen sich auch nicht von Son­derange­boten und Wer­beartikeln ver­lock­en, die kauften nur was sie wirk­lich braucht­en, und liessen alles andere im Laden liegen.

Das änderte sich mit den Wirtschaftswun­der­jahren und der Gen­er­a­tion mein­er Mama, man hat­te mehr Geld, man hat­te eine mod­erne Küche mit Kühl- und Gefrier­schrank, man kon­nte auf Vor­rat einkaufen — und musste das auch tun, denn man musste auch viel arbeit­en und hat­te nicht mehr die Zeit, jeden Tag die Runde zum Bäck­er, zum Milch­laden und zum Met­zger zu machen. Also wurde am Sam­stag mit dem Pas­sat Kom­bi zum Suma oder Wertkauf gefahren, und der Kof­fer­raum voll­ge­laden mit Waren, die dann die ganze Woche reichen mussten. Das war ganz sich­er auch eine Art von Luxus, meine Mama hat es geliebt, dass sie gle­ich zehn Pack­erln Kaf­fee mit­nehmen kon­nte, und Nudeln und Mehl und Zuck­er in Fam­i­lien-Groß­pack­un­gen. Die Vor­räte wur­den dann zuhause säu­ber­lich ver­staut, und man kon­nte die ganze Woche aus dem Vollen schöpfen. Allerd­ings gin­gen bei diesen sam­stäglichen Einkauf­sorgien schon auch mal Sachen mit, die nicht unbe­d­ingt gebraucht wur­den, das Sor­ti­ment in den Super­märk­ten war ja ger­adezu paradiesisch üppig, und unsere Mamas waren auch nicht mehr so knapp bei Kasse, dass sie da auf jeden Pfen­nig acht­en mussten.

Ja, und meine Gen­er­a­tion? Ich habe in meinen Jahren als gutver­di­enende beruf­stätige Haus- und Ehe­frau immer zuviel eingekauft, wie ein Eich­hörnchen, man kon­nte es sich ja leis­ten, und wie sollte ich am Mor­gen schon wis­sen, auf was wir Abends Appetit haben wür­den? Also ging beim Met­zger nicht nur das Schnitzel, son­dern auch gle­ich noch die Kotletts mit, und beim Griechen drei bis fünf Sorten Salat und Gemüse, und noch ein Sor­ti­ment Antipasti dazu. Das endete lei­der oft damit, dass wir ziem­lich viele Lebens­mit­tel weggeschmis­sen haben, weil wir sie nicht rechtzeit­ig auf­brauchen kon­nten. Ich habe jahre­lang an mich hingear­beit­et, auch als ich schon lang wieder Sin­gle war, und müh­sam wieder ver­lernt, immer für drei und fünf Mahlzeit­en gle­ichzeit­ig einzukaufen. Das kenne ich auch von vie­len mein­er Fre­undin­nen in meinem Alter, wir kämpfen alle damit, dass wir immer noch mehr heim­tun, als wir tat­säch­lich ver­brauchen.

Mit den Jahren bin ich da aber bess­er gewor­den, und heute kaufe ich wieder fast so ein, wie es meine Oma getan hat. Milch für meinen Kaf­fee Lat­te, eine frische Sem­mel zum Früh­stück, Kaf­fee wenn der dro­ht alle zu wer­den, auch mal ein Stück Käse oder eine Tafel Schoko­lade, ein Radler oder eine Viertelflasche Wein für Abends, und anson­sten wirk­lich nur wenn was gebraucht wird, Wasch­pul­ver und Klopa­pi­er und sowas. Das wars dann aber wirk­lich, soge­nan­nte Spon­tankäufe hab ich mir kom­plett abgewöh­nt, ich nehm nur mit was auf meinem Einkauf­szettel ste­ht, und wenn die Son­derange­bote noch so toll lock­en. Da hil­ft es unge­mein, dass ich gegen Wer­bung so gut wie immun bin, dank jahre­lan­gen harten Train­ings. Und es hil­ft auch, dass ich sehr gut kochen kann, und nie, aber wirk­lich nie Fer­tig­gerichte esse.

Das ist die Über­leitung zur Gen­er­a­tion nach mir: die Kids, die alle nicht mehr kochen kön­nen. Manch­mal läßt es sich nicht ver­mei­den, dass ich Abends noch in den Super­markt gehen muss, und da staune ich immer mit was die jün­geren Leute ihre Einkauf­swä­gen füllen. Fer­tig­gerichte soweit das Auge reicht, Mag­gi-Fix für alles mögliche, Piz­za und Pommes und ander­er Tiefkühl-Schnell­frass, dazu noch Chips und Flips und Schoko­lade und Süßwaren zuhauf. Fer­tig marinierte Fleis­chwaren (finde ich beson­ders gruselig) und abgepack­te Würste (sind auch meist scheus­slich), und dann noch vorge­fer­tigte Desserts und Pud­ding­pülverchen für den süssen Schluss. Nichts dabei, was ich gern kochen geschweige denn mit Appetit essen würde.

Bin ich so ein Fos­sil? Ich fürchte fast, ja. Ich kaufe täglich nur das ein, was ich auch bald ver­brauche, und ich nehme bes­timmte Marke­nar­tikel — den Dall­mayr Kaf­fee, die Bercht­es­gad­ner But­ter, das Pfis­ter Brot — weil sie mir bess­er schmeck­en und ich mich auf die gle­ich­bleibende Qual­ität ver­lassen kann, nicht weil ich sie in der Wer­bung gese­hen habe.  Ich lade mir nicht den Einkauf­swa­gen voll, weil ich irgen­deinen Frust bekämpfen muss. Shop­ping macht mich nicht per se glück­lich, aber ich freue mich an guten Din­gen und bin hap­py, dass ich es mir leis­ten kann zu kaufen was ich gerne mag. Nicht mehr, aber auch nicht weniger, da kön­nen mir die Mar­ket­ing-Strate­gen und Sales-Experten alle gern mal am Abend begeg­nen.

6. Dezember 2018
von admin
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Speed Reading: die gar nicht so erstrebenswerte Kunst des Schnelllesens

Ich kann Speed Read­ing — das heisst, ich kann ver­dammt schnell lesen und dabei den Sinn und Inhalt eines Textes genau­so exakt erfassen wie jemand, der erhe­blich langsamer und genauer liest. Ich habs noch nicht gemessen, wie schnell ich bin, aber wenn in meinen Newslet­tern ein “10 minute read” angekündigt ist, bin ich spätestens in ein­er Minute mit dem Artikel durch. Ich schätze mich sel­ber auf einen Fak­tor 10 und drüber, das heißt ich lese min­destens zehn­mal so schnell wie andere Leute. Der Witz beim Speed Read­ing ist allerd­ings, dass das Lesev­er­ständ­nis nicht darunter lei­den darf, son­st kommt es zu Effek­ten wie :

“Ich habe Krieg und Frieden in ein­er hal­ben Stunde gele­sen. Es han­delt von Rus­s­land.”

(Quelle unbekan­nt)

Woher ich das kann, keine Ahnung — hab ich mir sel­ber beige­bracht, nehme ich an. Ich hab schon als Vorschulkind lesen kön­nen, und war ab der ersten Klasse Volkss­chule die beste Kundin im Bücher­bus. Die Bib­lio­theken mein­er Eltern und Großel­tern hat­te ich durch, da war ich noch nicht ein­mal im Gym­na­si­um, also so etwa mit 10, 12 Jahren. Inklu­sive Papas Mario Puzo und Mamas Johannes Mario Sim­mel, nur Opas Brock­haus hat mich etwas länger aufge­hal­ten 😉

Speed Read­ing hat mir in der Schule unheim­lich weit­erge­holfen, weil ich meine Hausauf­gaben damit in kürzester Zeit erledi­gen kon­nte, und es hat mir auch im Studi­um viel gebracht, weil ich Lit­er­aturquellen wie ein Hochleis­tungs­bag­ger wegschaufeln kon­nte. Es hat mir auch in meinem Beruf als ITlerin viel geholfen, weil ich in einem Höl­len­tem­po recher­chieren kann und auf der Suche nach Prob­lem­lö­sun­gen im Inter­net Geschwindigkeit­sreko­rde breche — ich bin Meis­terin im Speed-Googlen und finde die Lösung zu einem x‑beliebigen Pro­gram­mier­prob­lem in weni­gen Minuten, wenn es sie denn im Inter­net gibt. Und die meis­ten Pro­gram­mier­prob­leme sind schon von anderen gelöst wor­den, glauben sie es mir — wir Infor­matik­er sind da wenig orig­inell und stolpern alle über die sel­ben Fall­en, wenn es darum geht eine neue Pro­gram­mier­sprache oder Bib­lio­thek oder API oder so etwas zu erler­nen. Ich kann auch Hand­büch­er und Bedi­enungsan­leitun­gen mit einem Affen­zahn dur­chack­ern und löse so die meis­ten RTFM-Prob­leme. (Anmerkung am Rande: RTFM = Read The F*cking Man­u­al — geflügeltes ITler-Wort)

Wie ich es schaffe, so schnell zu lesen? So wie die meis­ten Speed Read­er (s. Wiki-Link oben), ich erfasse nicht einzelne Buch­staben und Wörter, son­dern Wort­grup­pen und ganze Sätze und Absätze mit einem Blick. Das geht um so schneller, je mehr man übt, weil die Mus­ter­erken­nung immer schneller wird, je mehr Büch­er man gele­sen hat, und je ver­trauter man mit der Sprache ist. Ich kann Speed Read­ing übri­gens auch in Englisch, aber das nur am Rande.

Klingt gut, nicht wahr? Hat aber auch seine Schat­ten­seite: man kann es nicht abschal­ten. Das heißt, auch wenn ich zur Entspan­nung und zum Vergnü­gen lese, lese ich in einem Höl­len­tem­po, und habe die schön­sten Büch­er in Nul­lkom­manix durch. Das ist sehr schade, weil ich mich mit schö­nen Büch­ern eigentlich gerne wesentlich länger aufhal­ten möchte — da hil­ft es dann nur, die Not­bremse zu ziehen und mir sel­ber laut vorzule­sen, sprechen kann ich näm­lich lange nicht so schnell wie stumm lesen.

Das Vor­lesen ist allerd­ings etwas, das in meinem Fre­un­des- und Fam­i­lienkreis sehr geschätzt wird, und hier hil­ft mir Speed Read­ing sog­ar, ich bin eine sehr gute Vor­leserin. Dadurch, dass ich einen ganzen Satz auf einen Blick erfasse, hat mein Gehirn Zeit, auch noch über die Into­na­tion und die Lesegeschwindigkeit nachzu­denken, und dazu noch auf die Reak­tio­nen meines Pub­likums zu acht­en, ob ich zu schnell oder zu langsam lese oder ob ich zu laut oder zu leise bin. Das kann ich alles neben­her noch kon­trol­lieren und gegebe­nen­falls anpassen. Hier kommt mir die oft ungeliebte Fähigkeit gut zupass, ich liebe es Geschicht­en vorzule­sen und habe auch schon etliche Hör­bilder und Diashows selb­st ein­ge­le­sen und ver­tont, die kom­men bei meinem Pub­likum gut an.

Aber anson­sten kann ich keinem empfehlen, sich zu sehr aufs Schnel­lle­sen einzuschiessen, es nimmt einem wie gesagt viel zu schnell das Vergnü­gen an Büch­ern, die es wert wären, sich länger damit zu beschäfti­gen. Da benei­de ich manch­mal diejeni­gen, die sich Wort für Wort durch Texte arbeit­en, bei denen hält der Genuss viel länger vor, und ein köstlich­es Buch kann einen viele Tage aufs angenehm­ste beschäfti­gen. Ich lese halt dann im Not­fall nochmal, oder auch ein fün­ftes und ein zehntes Mal. Vom Winde ver­we­ht an einem Abend? Aber lock­er! Und immer wieder gerne 🙂

5. Dezember 2018
von admin
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Früher oder später kriegt es dich: das Motivationsloch

Es ist tück­isch. Es kommt ohne Vor­war­nung. Es erwis­cht auch die Besten unter uns. Es lauert boshaft hin­ter der näch­sten Runde des Sekun­den­zeigers, zack, auf ein­mal ist es da und über­fällt dich ohne Gnade — das Moti­va­tion­sloch.

motivationsloch

moti­va­tion­sloch

Das Einzige was man halb­wegs berech­nen kann ist, dass das gemeine Moti­va­tion­sloch meis­tens dann auftritt, wenn man ein Pro­jekt (egal welch­er Art) abgeschlossen hat und sich seine wohlver­di­ente Pause gön­nt, dann schlägt es ganz beson­ders gern zu. Ger­ade war man noch beschwingt und guten Mutes, und bere­it die näch­ste Auf­gabe anzuge­hen — und Zack! da schlägt es zu. Puff, die Moti­va­tion ist weg. Und zwar kom­plett. Ganz egal was man als näch­stes anfan­gen wollte, auf ein­mal gehts nicht mehr. Unlust über­schat­tet alle erre­ich­baren Tätigkeit­en, Null Bock macht sich bre­it, dazu kann eine gemeine, weil alles ver­dunkel­nde Langeweile auftreten. Mehr noch, man wird von einem Augen­blick auf den anderen zum Schwarzse­her, egal was man als näch­stes machen wollte, jet­zt ist es auf ein­mal keine gute Idee mehr, das will man NICHT machen, auf gar keinen Fall… man will auch nichts anderes machen. Man will rumhän­gen und lei­den und Trüb­sal blasen.

Das kann fatal enden: in diesem Zus­tand ist man beson­ders anfäl­lig für Zeit ver­bren­nende Zer­streu­un­gen wie Games, Glotze kon­sum­ieren, Sudoku oder Kreuz­worträt­sel bis zum Abwinken und der­gle­ichen nut­zlose und sin­n­freie Beschäf­ti­gun­gen mehr. Ist auch eine Lösung, dem nachzugeben und über den Tag ein Ei drüber zu hauen, aber zufrieden macht es nicht, und das Moti­va­tion­sloch wird einen noch die ganze Nacht ver­fol­gen und keine beson­ders angenehmen Träume her­vor­rufen, ich weiß das aus Erfahrung. Ausser­dem verdirbt man sich den Appetit aufs Aben­dessen 😉

depri

depri

Es beste­ht auch dur­chaus die Gefahr, dass sich das Moti­va­tion­sloch zu ein­er aus­gewach­se­nen depres­siv­en Phase auf­bläst, wenn man ihm Fut­ter gibt. Ich hab aber was gegen Depri, ich lei­de nicht gerne und tu mir auch nicht gern sel­ber leid, deswe­gen habe ich mir Strate­gien gegen das Moti­va­tion­sloch eingeübt, die es ver­ja­gen oder zumin­d­est soweit abmildern, dass ich den Tag noch mit Anstand zu Ende brin­gen kann.

In milderen Fällen hil­ft der Griff zum Strickzeug; Strick­en ist eine sim­ple mech­a­nis­che Tätigkeit, bei der ich den Kopf abschal­ten und mich darauf konzen­tri­eren kann, dass das Strickzeug Masche für Masche und Rei­he für Rei­he wächst und etwas Sicht­bares bei mein­er Beschäf­ti­gung her­auskommt. Das beruhigt mich, und oft fällt mir dabei ein, was ich als Näch­stes tun kön­nte, und der Tag ist gerettet.

Wenn ich in so ein­er Sit­u­a­tion keine Lust zum Strick­en habe, ist Alarm­stufe Orange ange­sagt. Dann suche ich mir etwas, bei dem ich Dinge sortieren und in Ord­nung brin­gen kann. Das kann sowas Sim­ples sein wie das Wohnz­im­mer oder die Küche aufräu­men, auch den Postein­gang auf Vor­der­mann zu brin­gen hil­ft immer gut, allernötig­sten­falls sortiere ich auch schon mal Perlen oder Büroklam­mern nach Farbe, Form und Grösse. Buch­hal­terkinder lieben es, Mate­r­i­al zu sortieren!

Wenn ich mal noch nicht ein­mal Lust zum Sortieren haben sollte, ist das Alarm­stufe Rot. Dann hole ich mir Hil­fe von aussen, dafür habe ich mein eigenes soziales Net­zw­erk. Fre­undin­nen und Fre­unde, Fam­i­lie, meine wun­der­bare Hausärztin — irgend jemand ist immer erre­ich­bar, per Tele­fon oder auch per E‑Mail. Die ken­nen mich alle, und wenn ich sage “Moti­va­tion­sloch” wis­sen die, wovon ich rede. Und erin­nern mich daran, dass ich etwas dage­gen tun kann — egal was, Haupt­sache eine pro­duk­tive Beschäf­ti­gung, und sei es nur, einen Kuchen zu back­en. Meis­tens hil­ft es dann, ein paar Minuten zu quatschen und das grosse böse Moti­va­tion­sloch dor­thin zu ver­ban­nen, wo es hinge­hört — auf die Mül­lkippe, und nicht in mein Leben. Dann tu ich was, eigentlich ziem­lich egal was, Haupt­sache pro­duk­tive Beschäf­ti­gung — und o Wun­der, es hil­ft. Es hat noch immer geholfen, da kann ich mich gott­sei­dank drauf ver­lassen.

Diese Strate­gie hil­ft mir, mit dem Moti­va­tion­sloch fer­tig zu wer­den, wann immer es auftritt. So ganz läßt es sich näm­lich nicht ver­mei­den, irgend­wann find­et es immer wieder mal ein Schlupfloch und will sich dadurch in meinem Leben bre­it machen. Aber ich lasse es nicht die Über­hand gewin­nen, dazu  ist mir meine Leben­szeit ein­fach zu schade. Ausser­dem bin ich viel lieber lustig als depres­siv, und das ist etwas, das das grosse böse Moti­va­tion­sloch ganz und gar nicht ver­tra­gen kann. Wenn man es näm­lich ordentlich durch den Kakao zieht und kräftig aus­lacht, ergreift es panisch die Flucht, und läßt sich so schnell nicht wieder blick­en 🙂

2. Dezember 2018
von admin
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Mein bairisches Kunstverständnis: sonst hiesse es ja “Wunst”

Das, liebe Leser, dürfte eines der meis­tum­strit­te­nen Zitate der mod­er­nen Kun­st­geschichte sein:

“Kun­st kommt von Kön­nen, nicht von Wollen — son­st hieße es ja Wun­st.”

Man kann hier bei Wiki nach­le­sen, wem es allem zugeschrieben wurde, von Lieber­mann über Herder bis zu ein­er Nazi-Größe ist da alles dabei. Ich habe es von meinem Opa, und der hat gesagt, der Karl Valentin hat es gesagt. Wie dem auch sei, ich liebe die feinsin­nige Anspielung auf den “Wun­st”, der nicht von unge­fähr dem “Wanst” ähn­lich lautet und genau­so nüt­zlich und ästhetisch ist wie ein ungeliebter Speck­stau am mit­tleren Ring.

Und da ich meine frühkindliche Erziehung in Sachen Kun­st von meinen Großel­tern bekom­men habe, habe ich auch ihre Ein­stel­lung zu der Sache über­nom­men. Oma und Opa waren bei­de sehr kun­stsin­nig, gin­gen viel in Museen und Ausstel­lun­gen, sam­melten wun­der­bar illus­tri­erte Kun­st­bände und waren mit einem bekan­nten Maler der Münch­n­er Schule sehr befre­un­det, der auch Por­traits ihrer Kinder malte. Von Oma und Opa habe ich über­nom­men, dass Kun­st nicht zufäl­lig entste­ht, son­dern immer der Aus­druck eines beson­deren Kön­nens und ein­er beson­deren Begabung ist. Das implizierte auch, dass kün­st­lerische Begabung in der Fam­i­lie erkan­nt und nach Möglichkeit gefördert wurde — wenn es nur mit den Möglichkeit­en etwas weit­er her gewe­sen wäre, aber die Lat­tas waren nun mal keine reichen Leute.

Deswe­gen förderten Oma und Opa meine Begabung zwar von früh­ester Kind­heit an mit ihrem Lob und der Ermu­ti­gung, weit­er­hin schöne Dinge zu schaf­fen, gle­ichzeit­ig aber schärften sie mir ein, dass nur die wenig­sten Kün­stler von ihrer Kun­st auch leben kön­nen, und ich mir bess­er ein sicheres Auskom­men in einem anderen Beruf suchen sollte. Das habe ich let­z­tendlich auch getan, nach eini­gen Irrwe­gen bin ich in die IT ger­at­en und habe mich da von Anfang an heimisch gefühlt, und eine abwech­slungsre­iche (wenn auch nicht immer ein­fache) Kar­riere hin­gelegt, und auch oft viel Geld ver­di­ent. Trotz­dem hat die Kun­st mich immer begleit­et, und wenn ich heute sage ich habe zwei Berufe, die IT und die Kun­st, so kommt das aus ganzem Herzen.

Dabei ver­ste­he ich mich selb­st eher als Handw­erk­erin, mit dem Aquarell­malen als mein­er beson­deren Fähigkeit, aber der Aus­druck “Kun­sthandw­erk” hat im heuti­gen Sprachge­brauch so etwas Abgeschmeck­tes. Das riecht nach Bou­tique und dilet­tan­tis­ch­er Selb­stver­wirk­lichung, und sog­ar der aktuelle DIY-Hype reit­et auf der sel­ben Welle mit seinen Zil­lio­nen Anleitun­gen für Beliebiges, das zur Kun­st erk­lärt wird nur weil man es selb­st gemacht hat. Das klingt jet­zt böse — und ist es auch. Malen nach Zahlen halte ich nicht für Kun­st, genau­so wenig wie ich das erfol­gre­ich zusam­menge­baute Lego-Star Wars-Raum­schiff für Kun­st halte. Es wird einem mit diesen ganzen Bausätzen und Vor­la­gen nur sug­geriert, dass man damit Kun­st schaf­fen kön­nte, aber es fehlt die kreative Eigen­leis­tung.

Mein­er Überzeu­gung nach entste­ht Kun­st dadurch, dass der Schaf­fende dem Geschaf­fe­nen seinen eige­nen Stem­pel auf­drückt, dass er abstrahiert, impro­visiert, seine eigene Sicht der Welt in das Werk pro­jiziert. Kun­st ist für mich auch immer ein Spiegel der Per­sön­lichkeit, ein echter Kün­stler entwick­elt immer eine eigene, unverkennbare Hand­schrift, die ihn von anderen unter­schei­det und einzi­gar­tig macht. Dabei ist es unwesentlich, ob das Werk “nach der Natur” und real­is­tisch, oder abstrakt und kün­st­lerisch ver­fremdet her­auskommt. Der eigene Stil ist es, was zählt, und mir ist ein nat­u­ral­is­tis­ch­er Wil­helm Leibl genau­so lieb und wert wie ein abstrahieren­der Paul Klee, ein stil­isieren­der Gus­tav Klimt genau­so wertvoll wie ein zu Späßen aufgelegter Anto­nio Gau­di, den wir Bay­ern schon allein seines Namens wegen lieben 🙂

Die Einzi­gar­tigkeit ihrer Werke ist das, was ich an Kün­stlern am höch­sten schätze, und ich nenne mich erst sel­ber Kün­st­lerin, seit ich glaube, meinen eige­nen Stil gefun­den zu haben. “Des is a echter Evi, des ken­nt ma glei!” ist das höch­ste Lob, das ich von Fam­i­lie und Fre­un­den gern hören mag. Dann freue ich mich und bin stolz, und meine kun­stsin­ni­gen Großel­tern freuen sich auch mit mir, von drüben herüber.

2. Dezember 2018
von admin
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Das Handarbeitszeichen, oder: soviel zu meinem Perfektionismus

Ich bin zur Per­fek­tion­istin erzo­gen wor­den, wie viele mein­er Altersgenossi­nen aus den Baby­boom-Jahren. Was wir machen, hat immer super zu sein: wir sind Super-Teenager­prinzessi­nen gewe­sen, aber auch Super-Schü­lerin­nen und Super-Stu­dentin­nen, und neben­bei noch Super-Haus­frauen,  und Super-Beruf­stätige-Müt­ter, sog­ar zu Super-Geschlechtspart­ner­in­nen hat uns Tante Beate Uhse herange­bildet.

Da waren unsere Müt­ter und Großmüt­ter nicht so streng beschla­gen. Die wussten noch, dass nichts per­fekt ist, was wir mit unseren Fähigkeit­en und unser­er Hände Arbeit erschaf­fen. Meine Oma, eine beg­nadete Damen­schnei­derin und Modis­tin, nahm schon mal einen blauen Unter­faden bei einem schwarzen Stoff, oder ein geblümtes Fut­ter (sieht man ja eh nicht!) in der Tasche eines noblen grauen Blaz­ers.

Meine Mama strick­te sehr gern, aber weil sie nur auf einem Auge gut guck­en kon­nte, machte sie immer wieder Fehler, das nan­nte sie ihr “Han­dar­beit­sze­ichen”. Ihre handgestrick­ten Pullis waren deswe­gen nicht weniger schön und kusche­lig, und wir haben sie immer getra­gen bis sie faden­scheinig wur­den.

Die Amish Peo­ple, die die vielle­icht schön­sten tra­di­tionellen Quilts der Welt nähen, set­zen in jedem Stück ein Stoffteilchen aus ein­er kom­plett ver­queren nicht passenden Farbe ein, mit Absicht, denn sie sagen nur Gott ist per­fekt, wir Men­schen kön­nen es gar nicht sein. Und meine weise Fre­undin Hel­ga hat die These aufgestellt: “Es ist völ­lig unmöglich, zwei iden­tis­che Sock­en zu strick­en”. Sie hat recht!

Von Hel­ga stammt auch die alte Handw­erk­er­weisheit “Bess­er gle­ich am Anfang ver­bohrt!”, die dem Rech­nung trägt, dass in jedem Pro­jekt Fehler passieren, und es bess­er ist man macht gle­ich zu Beginn etwas falsch, und hat dann seine Ruhe. Aus mein­er Hob­byecke kön­nte ich auch noch tausend Beispiele zitieren, die beweisen dass man kein Stück abso­lut per­fekt erschaf­fen kann. Von den Regalen mit den vier selb­stge­drech­sel­ten Füssen, von denen ein­er im Durchmess­er einen Zen­time­ter klein­er ist als die anderen drei, über den Schreibtisch mit dem nicht aus­besser­baren Wasser­schaden auf der Plat­te bis zum Schrank mit dem um eine Hand­bre­it ver­bohrten Schlüs­sel­loch, da gäbe es noch viel zu erzählen.

Viel über den Wert des Imper­fek­ten hat mich die Aquarell­malerei gelehrt. Das Aquarell lebt von Frische und Spon­taneität, und nicht von per­fek­tion­is­tis­ch­er Detail­ge­nauigkeit, ganz im Gegen­teil. Ich musste ler­nen, zuerst eine schnelle Skizze zu machen statt mich stun­den­lang mit Details aufzuhal­ten, ich lernte Impro­vi­sa­tion und die Kun­st des Weglassens, und ich lernte es auch, ein Bild an einem Tag fer­tigzustellen und es so sein zu lassen wie es gelun­gen war. Ich habe am Anfang viele Bilder “kaputtge­malt” weil ich sie immer noch per­fek­ter und wirk­lichkeits­ge­treuer haben wollte, und lernte auf die harte Tour, dass weniger in der Aquarell­malerei immer mehr ist. Foto­re­al­is­mus hat sich­er seinen Platz in der Kun­st­geschichte, aber im spon­ta­nen Land­schafts­bild, das die Wolken und das Licht und die Stim­mung ein­fan­gen möchte, hat er nichts zu suchen.

Ich habe mir einen Beruf aus­ge­sucht, in dem man im Nor­mal­fall schon ziem­lich per­fekt arbeit­en muss, wenn man einen Fehler in ein­er Codezeile macht, läuft das Pro­gramm nicht, oder liefert ein falsches Ergeb­nis. Das ist mir heutzu­tage genug Per­fek­tion­is­mus, bei meinem zweit­en Beruf als Kün­st­lerin und Handw­erk­erin sehe ich es heutzu­tage wirk­lich nicht mehr so eng.

Ich stricke nicht zwanzig Rei­hen zurück bloß weil ich zwei Maschen falschrum gestrickt habe, ich trenne keinen Sock­en wieder auf bloß weil er einen hal­ben Zen­time­ter kürz­er als der andere gewor­den ist (ich hab eh ungle­iche Füße 🙂 ), ich impro­visiere und “zaubere” beim Schnei­dern wie der Welt­meis­ter, um meine vie­len Fehler beim Zuschnei­den und Mass­nehmen auszu­gle­ichen. Wenn ich Plätzerl backe, sind die mal gröss­er und mal klein­er und dur­chaus unter­schiedlich geformt, ist ja keine Fab­rik­ware. Wenn ich Glasper­len­schmuck bas­tle, arbeite ich bewusst Fehl­far­ben mit ein, das sieht viel lebendi­ger aus als wenn man nur hun­dert abso­lut per­fek­te Swarovs­ki-Kristalle aufrei­ht. Wenn ich blogge, mache ich Rechtschreibfehler, aber ich seh das nicht so genau, solange die Textver­ständlichkeit nicht darunter lei­det. Und wer einen Fehler find­et, darf ihn behal­ten! 🙂

Es lebe das Han­dar­beit­sze­ichen! Wer arbeit­et, macht auch Fehler, und Per­fek­tion­is­mus ist der ärg­ste Feind der Kreativ­ität. Das soll­ten wir uns ger­ade im pri­vat­en Bere­ich, bei unseren Hob­bys und Freizeitbeschäf­ti­gun­gen, nicht antun. Schliesslich arbeit­en wir ja aus rein­er Freude am Schaf­fen, und nicht um irgen­deinen imag­inären Per­fek­tion­spreis zu gewin­nen. Sel­ber­ma­chen soll Spaß und Freude machen — und das, finde ich, ist ein guter Schlusssatz. Fröh­lich­es Schaf­fen!

2. Dezember 2018
von admin
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Die Feynman-Methode: wie man alles lernen kann

Richard P. Feyn­man war der Held mein­er frühen Stu­di­en­t­age in den 1980er Jahren. Nobel­preisträger, Atom­physik­er (ja, er baute mit an der Bombe), Wom­an­iz­er, Charmeur und Safek­nack­er, war er ein gross­es Vor­bild und ein bewun­dert­er Aus­nah­mewis­senschaftler. Er schrieb auch die einzi­gen physikalis­chen Fach­büch­er, die man zum Vergnü­gen kon­sum­ierte, und seine auto­bi­ografis­chen Werke (unter anderem ” Sure­ly you’re jok­ing, Mr. Feyn­man”) waren sowohl höchst amüsant als auch von ein­er fundierten Neugi­er, ein­er tiefge­hen­den Skep­sis gegenüber Klis­chees, ein­er ana­lytis­chen und präzisem Beaobach­tungs­gabe sich selb­st und seinen Mit­men­schen gegenüber geprägt.

Feyn­man war nicht nur Physik­er, er war auch ein gross­er Philosoph und Gesellschaft­skri­tik­er, und er war vor allen Din­gen eins: ein großar­tiger Lehrer. Seine Vor­lesun­gen und Sem­i­nare waren leg­endär und absolute Pub­likum­sren­ner, und die  Feyn­man Lec­tures on Physics erfreuen sich noch heute gross­er Beliebtheit.

Von Richard Feyn­man stammt mein absolutes Lieblingsz­i­tat:

“Wenn du es nicht in ein­fachen Worten erk­lären kannst, hast du es nicht ver­standen.”

Kür­zlich habe ich einen sehr amüsan­ten Artikel gele­sen, der die Feyn­man-Meth­ode des Ler­nens behan­delte, und diese läßt sich auf ein sehr ein­fach­es Grund­prinzip reduzieren:

“Erk­läre es einem Achtjähri­gen.”

Und das ist wortwörtlich so gemeint! Klemm dir ein bes­timmtes The­ma, das du erler­nen möcht­est. Schreibe es so zusam­men, dass es in möglichst weni­gen ein­fachen Sätzen zu beschreiben ist. Suche dir einen aufgeweck­ten Achtjähri­gen und erk­läre ihm dein The­ma. Wenn er es ver­ste­ht, hast du es auch kapiert. Wenn nicht, mußt du nochmal zurück und deine  Zusam­men­schrift verbessern.

Das wars! Da aufgeweck­te Achtjährige allerd­ings nicht für jeden leicht greif­bar sind, kann man das Kid auch durch einen (möglichst jun­gen) aufgeweck­ten Laien auf deinem Fachge­bi­et erset­zen. Wenn es dir gelingt, dein The­ma jeman­dem zu erk­lären der keine Ahnung von deinem Fachge­bi­et hat, hast du gewon­nen! 🙂