Praxis Dr. Inselfisch

Psychologie, Philosophie und Programmierung

10. Dezember 2018
von admin
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Der Else-Zweig: es gibt immer eine Alternative

Das erste Kon­strukt, das man gemein­hin in ein­er Pro­gram­mier­sprache lernt, ist meis­tens ein If, auf Deutsch ein Wenn. Wenn a gröss­er als b ist, mach etwas, das ist die Aus­gangs­ba­sis für viele Anfänger­pro­gramme. Dabei lernt man meis­tens auch ziem­lich schnell, dass die If-Bedin­gung sel­ten ein-ein­deutig ist, man muss immer noch ein paar Alter­na­tiv­en berück­sichti­gen. Was ist zum Beispiel, wenn a nicht gröss­er als b ist, son­dern klein­er? Was macht man dann? Und was ist, wenn die bei­den Werte gle­ich sind? Dafür gibt es die Else-Bedin­gung, also die Alter­na­tive, was passieren soll wenn die If-Bedin­gung nicht zutrifft.

Das kriegt man in ver­schärfter Form immer wieder um die Ohren, beson­ders wenn es um Benutzereingaben geht. Nehmen wir mal an, wir bit­ten den Benutzer um die Eingabe ein­er Zahl:

eingabe_screenshot

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Das sieht sehr straight­for­ward aus, hat es aber ganz schön in sich. Als Pro­gram­mier­er ist man näm­lich häu­fig damit beschäftigt, Benutzereingaben “wasserdicht” zu machen, das heißt, man muss alle möglichen Kon­stel­la­tio­nen berück­sichti­gen und vorauss­chauend bedenken, was der Benutzer denn in unserem kleinen Eingabefor­mu­lar alles machen kön­nte. Im besten Fall gibt er eine Zahl ein und klickt auf “Abschick­en”, das ist Fall eins und leicht zu behan­deln. Was aber passiert, wenn er keine Zahl, son­dern einen Buch­staben oder son­stige Zeichen ein­gibt? Und was passiert, wenn er gar nichts ein­gibt und trotz­dem auf Abschick­en klickt? Und was passiert, wenn er nicht auf Abschick­en klickt? Dann passiert näm­lich gar nichts…

Sie sehen schon, das kann beliebig kom­plex wer­den. Deswe­gen muss ein guter Pro­gram­mier­er immer für den größten AU mit­denken (AU= Insid­er­witz, Ahnungslos­es­ter User) und alle Even­tu­al­itäten berück­sichti­gen. Das übt — auch fürs richtige Leben.

Wenn ein guter Pro­gram­mier­er über ein Prob­lem nach­denkt, berück­sichtigt er immer auch den Else-Zweig, auch wenn der auf den ersten Blick nicht so offen­sichtlich erscheint. Wir sind es gewohnt, die Aus­gangs­ba­sis sehr genau anzuschauen, und alle möglichen Vari­anten der Vorge­hensweise durchzus­pie­len. Ein richtig guter Pro­gram­mier­er wird dafür sor­gen, dass der Benutzer gar keine Fehleingaben machen kann, dass beispiel­sweise eine aus­sagekräftige Fehler­mel­dung kommt wenn der User Buch­staben eingegeben hat, und das Pro­gramm zum Aus­gangspunkt zurück­kehrt ohne dass etwas passiert:

fehlermeldung

fehler­mel­dung

Deswe­gen sind gute Pro­gram­mier­er auch immer gute Prob­lem-Ana­lytik­er, sie sind es gewohnt mit allen Even­tu­al­itäten zu rech­nen und ihre Pro­gramm so zu gestal­ten, dass jed­er nur denkbare Fehler abge­fan­gen wird.

In Com­put­er­pro­gram­men geht das meis­tens — meis­tens, aber nicht immer. Je kom­plex­er die Aus­gangssi­t­u­a­tion, desto schwieriger wird es, alle möglichen Ereignisse vorauszuse­hen und entsprechend zu behan­deln. Schließlich sind wir keine Hellse­her, und deswe­gen ste­ht am Ende ein­er pro­fes­sionellen Pro­gram­men­twick­lung auch immer ein aus­giebiger Test, auf neudeutsch Usabil­i­ty Test. In dem dür­fen und sollen die Anwen­der, also die Per­so­n­en, die das Pro­gramm let­z­tendlich benutzen sollen, das Pro­gramm so bedi­enen wie es ihnen ger­ade ein­fällt, und auch mal richti­gen Käse und Unsinn eingeben und bewußt Fehlbe­di­enun­gen provozieren. Ein richtig gutes Pro­gramm kann sowas ab ohne abzustürzen, und wenns während des Tests irgend­wo kracht, muss der Pro­gram­mier­er nochmal ran und eine Fehler­be­hand­lung für diesen speziellen Fall ein­bauen. Im Nor­mal­fall braucht man sog­ar mehrere Testrun­den, um die Pro­gramme auch bei krass­er Fehlbe­di­enung absturzfrei zu machen, erst dann entste­ht Usabil­i­ty oder Benutzer­fre­undlichkeit.

Das heisst auch, dass ein guter Pro­gram­mier­er Nachko­r­rek­turen nicht als lästiges Übel, son­dern als notwendi­gen Bestandteil sein­er Arbeit sieht, schließlich ist auch der beste Pro­gram­mier­er nicht unfehlbar, und kein auch nur etwas kom­plex­eres Pro­gramm wird im ersten Anlauf schon fehler­frei laufen.

Das übt fürs richtige Leben: am Anfang ste­ht die Auf­gaben­stel­lung (das Pro­gramm, oder auch das Prob­lem). Dann über­legt man sich alle möglichen Lösun­gen und sucht die aus, die einem am erfol­gver­sprechend­sten erscheint. Falls die dann doch die Auf­gabe oder das Prob­lem nicht hun­dert­prozentig löst, kom­men die Nachko­r­rek­tu­rar­beit­en, und man pro­bierts auf eine andere Art und Weise noch ein­mal. Dies nen­nt man einen iter­a­tiv­en Ansatz, und wenn man die Tests und die Nachko­r­rek­turen richtig ange­ht, kommt man meist recht schnell zu ein­er zufrieden­stel­len­den Lösung.

Wir sind näm­lich nicht unfehlbar, aber wir sind lern­fähig — und das ist im richti­gen Leben auf jeden Fall eine sehr nüt­zliche Fähigkeit, meinen sie nicht auch?

8. Dezember 2018
von admin
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Lust und Frust — oder warum gehen sie einkaufen?

Ich habe ger­ade einen sehr amerikanis­chen Artikel über die Psy­cholo­gie des Verkaufens gele­sen, der pos­tuliert dass die Leute haupt­säch­lich aus zwei Grün­den einkaufen: ein­mal zum Vergnü­gen, und zum anderen um Schmerz loszuw­er­den. Zum Vergnü­gen zum Beispiel eine 100 $ teure Flasche Wein, und um den Katerkopf­schmerz loszuw­er­den, am näch­sten Tag eine Pack­ung Kopf­schmerztablet­ten. Einen sünd­teuren roten Sport­wa­gen zum Vergnü­gen, und den Kinder­sitz dazu um Schmerzen zu ver­hin­dern. Einen teuren Urlaub zum Vergnü­gen, ein Haar­wuchsmit­tel um den Ver­lustschmerz bei Haa­raus­fall zu ver­mei­den.

Das fand ich dann doch ein biss­chen über­sim­pli­fiziert, aber so sind die Amis mein­er Erfahrung nach oft. Man kann sowas auch als Frust- und Lustkäufe klas­si­fizieren, und bei­des, so finde ich zumin­d­est, ist ein bißchen ungut. Es läuft näm­lich immer darauf hin­aus, dass man Geld für etwas aus­gibt, was man nicht wirk­lich braucht — aber dahin wollen uns die Mar­ket­ingstrate­gen ja genau lock­en, sie wollen an das Cash in unseren Taschen, und dazu ist ihnen jedes Mit­tel recht. Liebeskum­mer bekämpft man mit einem oder bess­er gle­ich mehreren Paaren neuer Schuhe, der Frust im Job läßt sich nach Feier­abend mit einem Raubzug durch die Bou­tiquen bekämpfen, gegen Ein­samkeit hil­ft eine Fam­i­lien­pack­ung Eiskrem oder Schoko­lade, und bei Min­der­w­er­tigkeits­ge­fühlen darf es gern ein PS-starkes völ­lig über­teuertes Kraft­fahrzeug sein. So sug­gerieren uns die all­ge­walti­gen Sales- und Mar­ket­ing­gu­rus, dieses Cre­do kriegt man mit jedem Werbespot um die Ohren, in mas­siv­er und — für mich zumin­d­est — schon direkt abschreck­ender Art und Weise. Ob Wer­bung im TV oder Inter­net, in den Print­me­di­en oder auf der Strasse, über­all wird uns einget­richtert dass wir glück­lichere Men­schen sein wer­den, wenn wir nur *egal was * kaufen, und zwar möglichst sofort.

Ja hal­lo, gehts noch? Was ist aus den ganz nor­malen Einkäufen des täglichen Bedarfs gewor­den, gibt es sowas heute über­haupt noch? Früher, und ich meine wirk­lich früher, in der Gen­er­a­tion mein­er Oma, ging man jeden Tag zum Bäck­er, zum Milch­laden und zum Met­zger und holte nur das, was am sel­ben Tag auch ver­braucht bzw. aufgegessen wurde. Man hat­te näm­lich noch keinen Kühlschrank, erst recht keinen Gefrier­er, und die leicht verderblichen Lebens­mit­tel wur­den jeden Tag frisch geholt, damit sie nicht ver­dar­ben. Eine gute Haus­frau beherrschte auch die Kun­st des recht­en Mass­es, sie kochte genau so viel dass alle satt wur­den, aber keine Reste übrig blieben — es gab näm­lich wirk­lich keinen Kühlschrank, son­dern besten­falls eine leicht tem­perierte Speisekam­mer oder den küh­leren Keller, und Essen­sreste mussten schnell weg, ehe sie vergam­melten. Da schaute man lieber, dass gle­ich nichts übrig blieb. Unsere Omas liessen sich auch nicht von Son­derange­boten und Wer­beartikeln ver­lock­en, die kauften nur was sie wirk­lich braucht­en, und liessen alles andere im Laden liegen.

Das änderte sich mit den Wirtschaftswun­der­jahren und der Gen­er­a­tion mein­er Mama, man hat­te mehr Geld, man hat­te eine mod­erne Küche mit Kühl- und Gefrier­schrank, man kon­nte auf Vor­rat einkaufen — und musste das auch tun, denn man musste auch viel arbeit­en und hat­te nicht mehr die Zeit, jeden Tag die Runde zum Bäck­er, zum Milch­laden und zum Met­zger zu machen. Also wurde am Sam­stag mit dem Pas­sat Kom­bi zum Suma oder Wertkauf gefahren, und der Kof­fer­raum voll­ge­laden mit Waren, die dann die ganze Woche reichen mussten. Das war ganz sich­er auch eine Art von Luxus, meine Mama hat es geliebt, dass sie gle­ich zehn Pack­erln Kaf­fee mit­nehmen kon­nte, und Nudeln und Mehl und Zuck­er in Fam­i­lien-Groß­pack­un­gen. Die Vor­räte wur­den dann zuhause säu­ber­lich ver­staut, und man kon­nte die ganze Woche aus dem Vollen schöpfen. Allerd­ings gin­gen bei diesen sam­stäglichen Einkauf­sorgien schon auch mal Sachen mit, die nicht unbe­d­ingt gebraucht wur­den, das Sor­ti­ment in den Super­märk­ten war ja ger­adezu paradiesisch üppig, und unsere Mamas waren auch nicht mehr so knapp bei Kasse, dass sie da auf jeden Pfen­nig acht­en mussten.

Ja, und meine Gen­er­a­tion? Ich habe in meinen Jahren als gutver­di­enende beruf­stätige Haus- und Ehe­frau immer zuviel eingekauft, wie ein Eich­hörnchen, man kon­nte es sich ja leis­ten, und wie sollte ich am Mor­gen schon wis­sen, auf was wir Abends Appetit haben wür­den? Also ging beim Met­zger nicht nur das Schnitzel, son­dern auch gle­ich noch die Kotletts mit, und beim Griechen drei bis fünf Sorten Salat und Gemüse, und noch ein Sor­ti­ment Antipasti dazu. Das endete lei­der oft damit, dass wir ziem­lich viele Lebens­mit­tel weggeschmis­sen haben, weil wir sie nicht rechtzeit­ig auf­brauchen kon­nten. Ich habe jahre­lang an mich hingear­beit­et, auch als ich schon lang wieder Sin­gle war, und müh­sam wieder ver­lernt, immer für drei und fünf Mahlzeit­en gle­ichzeit­ig einzukaufen. Das kenne ich auch von vie­len mein­er Fre­undin­nen in meinem Alter, wir kämpfen alle damit, dass wir immer noch mehr heim­tun, als wir tat­säch­lich ver­brauchen.

Mit den Jahren bin ich da aber bess­er gewor­den, und heute kaufe ich wieder fast so ein, wie es meine Oma getan hat. Milch für meinen Kaf­fee Lat­te, eine frische Sem­mel zum Früh­stück, Kaf­fee wenn der dro­ht alle zu wer­den, auch mal ein Stück Käse oder eine Tafel Schoko­lade, ein Radler oder eine Viertelflasche Wein für Abends, und anson­sten wirk­lich nur wenn was gebraucht wird, Wasch­pul­ver und Klopa­pi­er und sowas. Das wars dann aber wirk­lich, soge­nan­nte Spon­tankäufe hab ich mir kom­plett abgewöh­nt, ich nehm nur mit was auf meinem Einkauf­szettel ste­ht, und wenn die Son­derange­bote noch so toll lock­en. Da hil­ft es unge­mein, dass ich gegen Wer­bung so gut wie immun bin, dank jahre­lan­gen harten Train­ings. Und es hil­ft auch, dass ich sehr gut kochen kann, und nie, aber wirk­lich nie Fer­tig­gerichte esse.

Das ist die Über­leitung zur Gen­er­a­tion nach mir: die Kids, die alle nicht mehr kochen kön­nen. Manch­mal läßt es sich nicht ver­mei­den, dass ich Abends noch in den Super­markt gehen muss, und da staune ich immer mit was die jün­geren Leute ihre Einkauf­swä­gen füllen. Fer­tig­gerichte soweit das Auge reicht, Mag­gi-Fix für alles mögliche, Piz­za und Pommes und ander­er Tiefkühl-Schnell­frass, dazu noch Chips und Flips und Schoko­lade und Süßwaren zuhauf. Fer­tig marinierte Fleis­chwaren (finde ich beson­ders gruselig) und abgepack­te Würste (sind auch meist scheus­slich), und dann noch vorge­fer­tigte Desserts und Pud­ding­pülverchen für den süssen Schluss. Nichts dabei, was ich gern kochen geschweige denn mit Appetit essen würde.

Bin ich so ein Fos­sil? Ich fürchte fast, ja. Ich kaufe täglich nur das ein, was ich auch bald ver­brauche, und ich nehme bes­timmte Marke­nar­tikel — den Dall­mayr Kaf­fee, die Bercht­es­gad­ner But­ter, das Pfis­ter Brot — weil sie mir bess­er schmeck­en und ich mich auf die gle­ich­bleibende Qual­ität ver­lassen kann, nicht weil ich sie in der Wer­bung gese­hen habe.  Ich lade mir nicht den Einkauf­swa­gen voll, weil ich irgen­deinen Frust bekämpfen muss. Shop­ping macht mich nicht per se glück­lich, aber ich freue mich an guten Din­gen und bin hap­py, dass ich es mir leis­ten kann zu kaufen was ich gerne mag. Nicht mehr, aber auch nicht weniger, da kön­nen mir die Mar­ket­ing-Strate­gen und Sales-Experten alle gern mal am Abend begeg­nen.

6. Dezember 2018
von admin
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Speed Reading: die gar nicht so erstrebenswerte Kunst des Schnelllesens

Ich kann Speed Read­ing — das heisst, ich kann ver­dammt schnell lesen und dabei den Sinn und Inhalt eines Textes genau­so exakt erfassen wie jemand, der erhe­blich langsamer und genauer liest. Ich habs noch nicht gemessen, wie schnell ich bin, aber wenn in meinen Newslet­tern ein “10 minute read” angekündigt ist, bin ich spätestens in ein­er Minute mit dem Artikel durch. Ich schätze mich sel­ber auf einen Fak­tor 10 und drüber, das heißt ich lese min­destens zehn­mal so schnell wie andere Leute. Der Witz beim Speed Read­ing ist allerd­ings, dass das Lesev­er­ständ­nis nicht darunter lei­den darf, son­st kommt es zu Effek­ten wie :

“Ich habe Krieg und Frieden in ein­er hal­ben Stunde gele­sen. Es han­delt von Rus­s­land.”

(Quelle unbekan­nt)

Woher ich das kann, keine Ahnung — hab ich mir sel­ber beige­bracht, nehme ich an. Ich hab schon als Vorschulkind lesen kön­nen, und war ab der ersten Klasse Volkss­chule die beste Kundin im Bücher­bus. Die Bib­lio­theken mein­er Eltern und Großel­tern hat­te ich durch, da war ich noch nicht ein­mal im Gym­na­si­um, also so etwa mit 10, 12 Jahren. Inklu­sive Papas Mario Puzo und Mamas Johannes Mario Sim­mel, nur Opas Brock­haus hat mich etwas länger aufge­hal­ten 😉

Speed Read­ing hat mir in der Schule unheim­lich weit­erge­holfen, weil ich meine Hausauf­gaben damit in kürzester Zeit erledi­gen kon­nte, und es hat mir auch im Studi­um viel gebracht, weil ich Lit­er­aturquellen wie ein Hochleis­tungs­bag­ger wegschaufeln kon­nte. Es hat mir auch in meinem Beruf als ITlerin viel geholfen, weil ich in einem Höl­len­tem­po recher­chieren kann und auf der Suche nach Prob­lem­lö­sun­gen im Inter­net Geschwindigkeit­sreko­rde breche — ich bin Meis­terin im Speed-Googlen und finde die Lösung zu einem x‑beliebigen Pro­gram­mier­prob­lem in weni­gen Minuten, wenn es sie denn im Inter­net gibt. Und die meis­ten Pro­gram­mier­prob­leme sind schon von anderen gelöst wor­den, glauben sie es mir — wir Infor­matik­er sind da wenig orig­inell und stolpern alle über die sel­ben Fall­en, wenn es darum geht eine neue Pro­gram­mier­sprache oder Bib­lio­thek oder API oder so etwas zu erler­nen. Ich kann auch Hand­büch­er und Bedi­enungsan­leitun­gen mit einem Affen­zahn dur­chack­ern und löse so die meis­ten RTFM-Prob­leme. (Anmerkung am Rande: RTFM = Read The F*cking Man­u­al — geflügeltes ITler-Wort)

Wie ich es schaffe, so schnell zu lesen? So wie die meis­ten Speed Read­er (s. Wiki-Link oben), ich erfasse nicht einzelne Buch­staben und Wörter, son­dern Wort­grup­pen und ganze Sätze und Absätze mit einem Blick. Das geht um so schneller, je mehr man übt, weil die Mus­ter­erken­nung immer schneller wird, je mehr Büch­er man gele­sen hat, und je ver­trauter man mit der Sprache ist. Ich kann Speed Read­ing übri­gens auch in Englisch, aber das nur am Rande.

Klingt gut, nicht wahr? Hat aber auch seine Schat­ten­seite: man kann es nicht abschal­ten. Das heißt, auch wenn ich zur Entspan­nung und zum Vergnü­gen lese, lese ich in einem Höl­len­tem­po, und habe die schön­sten Büch­er in Nul­lkom­manix durch. Das ist sehr schade, weil ich mich mit schö­nen Büch­ern eigentlich gerne wesentlich länger aufhal­ten möchte — da hil­ft es dann nur, die Not­bremse zu ziehen und mir sel­ber laut vorzule­sen, sprechen kann ich näm­lich lange nicht so schnell wie stumm lesen.

Das Vor­lesen ist allerd­ings etwas, das in meinem Fre­un­des- und Fam­i­lienkreis sehr geschätzt wird, und hier hil­ft mir Speed Read­ing sog­ar, ich bin eine sehr gute Vor­leserin. Dadurch, dass ich einen ganzen Satz auf einen Blick erfasse, hat mein Gehirn Zeit, auch noch über die Into­na­tion und die Lesegeschwindigkeit nachzu­denken, und dazu noch auf die Reak­tio­nen meines Pub­likums zu acht­en, ob ich zu schnell oder zu langsam lese oder ob ich zu laut oder zu leise bin. Das kann ich alles neben­her noch kon­trol­lieren und gegebe­nen­falls anpassen. Hier kommt mir die oft ungeliebte Fähigkeit gut zupass, ich liebe es Geschicht­en vorzule­sen und habe auch schon etliche Hör­bilder und Diashows selb­st ein­ge­le­sen und ver­tont, die kom­men bei meinem Pub­likum gut an.

Aber anson­sten kann ich keinem empfehlen, sich zu sehr aufs Schnel­lle­sen einzuschiessen, es nimmt einem wie gesagt viel zu schnell das Vergnü­gen an Büch­ern, die es wert wären, sich länger damit zu beschäfti­gen. Da benei­de ich manch­mal diejeni­gen, die sich Wort für Wort durch Texte arbeit­en, bei denen hält der Genuss viel länger vor, und ein köstlich­es Buch kann einen viele Tage aufs angenehm­ste beschäfti­gen. Ich lese halt dann im Not­fall nochmal, oder auch ein fün­ftes und ein zehntes Mal. Vom Winde ver­we­ht an einem Abend? Aber lock­er! Und immer wieder gerne 🙂

5. Dezember 2018
von admin
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Früher oder später kriegt es dich: das Motivationsloch

Es ist tück­isch. Es kommt ohne Vor­war­nung. Es erwis­cht auch die Besten unter uns. Es lauert boshaft hin­ter der näch­sten Runde des Sekun­den­zeigers, zack, auf ein­mal ist es da und über­fällt dich ohne Gnade — das Moti­va­tion­sloch.

motivationsloch

moti­va­tion­sloch

Das Einzige was man halb­wegs berech­nen kann ist, dass das gemeine Moti­va­tion­sloch meis­tens dann auftritt, wenn man ein Pro­jekt (egal welch­er Art) abgeschlossen hat und sich seine wohlver­di­ente Pause gön­nt, dann schlägt es ganz beson­ders gern zu. Ger­ade war man noch beschwingt und guten Mutes, und bere­it die näch­ste Auf­gabe anzuge­hen — und Zack! da schlägt es zu. Puff, die Moti­va­tion ist weg. Und zwar kom­plett. Ganz egal was man als näch­stes anfan­gen wollte, auf ein­mal gehts nicht mehr. Unlust über­schat­tet alle erre­ich­baren Tätigkeit­en, Null Bock macht sich bre­it, dazu kann eine gemeine, weil alles ver­dunkel­nde Langeweile auftreten. Mehr noch, man wird von einem Augen­blick auf den anderen zum Schwarzse­her, egal was man als näch­stes machen wollte, jet­zt ist es auf ein­mal keine gute Idee mehr, das will man NICHT machen, auf gar keinen Fall… man will auch nichts anderes machen. Man will rumhän­gen und lei­den und Trüb­sal blasen.

Das kann fatal enden: in diesem Zus­tand ist man beson­ders anfäl­lig für Zeit ver­bren­nende Zer­streu­un­gen wie Games, Glotze kon­sum­ieren, Sudoku oder Kreuz­worträt­sel bis zum Abwinken und der­gle­ichen nut­zlose und sin­n­freie Beschäf­ti­gun­gen mehr. Ist auch eine Lösung, dem nachzugeben und über den Tag ein Ei drüber zu hauen, aber zufrieden macht es nicht, und das Moti­va­tion­sloch wird einen noch die ganze Nacht ver­fol­gen und keine beson­ders angenehmen Träume her­vor­rufen, ich weiß das aus Erfahrung. Ausser­dem verdirbt man sich den Appetit aufs Aben­dessen 😉

depri

depri

Es beste­ht auch dur­chaus die Gefahr, dass sich das Moti­va­tion­sloch zu ein­er aus­gewach­se­nen depres­siv­en Phase auf­bläst, wenn man ihm Fut­ter gibt. Ich hab aber was gegen Depri, ich lei­de nicht gerne und tu mir auch nicht gern sel­ber leid, deswe­gen habe ich mir Strate­gien gegen das Moti­va­tion­sloch eingeübt, die es ver­ja­gen oder zumin­d­est soweit abmildern, dass ich den Tag noch mit Anstand zu Ende brin­gen kann.

In milderen Fällen hil­ft der Griff zum Strickzeug; Strick­en ist eine sim­ple mech­a­nis­che Tätigkeit, bei der ich den Kopf abschal­ten und mich darauf konzen­tri­eren kann, dass das Strickzeug Masche für Masche und Rei­he für Rei­he wächst und etwas Sicht­bares bei mein­er Beschäf­ti­gung her­auskommt. Das beruhigt mich, und oft fällt mir dabei ein, was ich als Näch­stes tun kön­nte, und der Tag ist gerettet.

Wenn ich in so ein­er Sit­u­a­tion keine Lust zum Strick­en habe, ist Alarm­stufe Orange ange­sagt. Dann suche ich mir etwas, bei dem ich Dinge sortieren und in Ord­nung brin­gen kann. Das kann sowas Sim­ples sein wie das Wohnz­im­mer oder die Küche aufräu­men, auch den Postein­gang auf Vor­der­mann zu brin­gen hil­ft immer gut, allernötig­sten­falls sortiere ich auch schon mal Perlen oder Büroklam­mern nach Farbe, Form und Grösse. Buch­hal­terkinder lieben es, Mate­r­i­al zu sortieren!

Wenn ich mal noch nicht ein­mal Lust zum Sortieren haben sollte, ist das Alarm­stufe Rot. Dann hole ich mir Hil­fe von aussen, dafür habe ich mein eigenes soziales Net­zw­erk. Fre­undin­nen und Fre­unde, Fam­i­lie, meine wun­der­bare Hausärztin — irgend jemand ist immer erre­ich­bar, per Tele­fon oder auch per E‑Mail. Die ken­nen mich alle, und wenn ich sage “Moti­va­tion­sloch” wis­sen die, wovon ich rede. Und erin­nern mich daran, dass ich etwas dage­gen tun kann — egal was, Haupt­sache eine pro­duk­tive Beschäf­ti­gung, und sei es nur, einen Kuchen zu back­en. Meis­tens hil­ft es dann, ein paar Minuten zu quatschen und das grosse böse Moti­va­tion­sloch dor­thin zu ver­ban­nen, wo es hinge­hört — auf die Mül­lkippe, und nicht in mein Leben. Dann tu ich was, eigentlich ziem­lich egal was, Haupt­sache pro­duk­tive Beschäf­ti­gung — und o Wun­der, es hil­ft. Es hat noch immer geholfen, da kann ich mich gott­sei­dank drauf ver­lassen.

Diese Strate­gie hil­ft mir, mit dem Moti­va­tion­sloch fer­tig zu wer­den, wann immer es auftritt. So ganz läßt es sich näm­lich nicht ver­mei­den, irgend­wann find­et es immer wieder mal ein Schlupfloch und will sich dadurch in meinem Leben bre­it machen. Aber ich lasse es nicht die Über­hand gewin­nen, dazu  ist mir meine Leben­szeit ein­fach zu schade. Ausser­dem bin ich viel lieber lustig als depres­siv, und das ist etwas, das das grosse böse Moti­va­tion­sloch ganz und gar nicht ver­tra­gen kann. Wenn man es näm­lich ordentlich durch den Kakao zieht und kräftig aus­lacht, ergreift es panisch die Flucht, und läßt sich so schnell nicht wieder blick­en 🙂

2. Dezember 2018
von admin
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Mein bairisches Kunstverständnis: sonst hiesse es ja “Wunst”

Das, liebe Leser, dürfte eines der meis­tum­strit­te­nen Zitate der mod­er­nen Kun­st­geschichte sein:

“Kun­st kommt von Kön­nen, nicht von Wollen — son­st hieße es ja Wun­st.”

Man kann hier bei Wiki nach­le­sen, wem es allem zugeschrieben wurde, von Lieber­mann über Herder bis zu ein­er Nazi-Größe ist da alles dabei. Ich habe es von meinem Opa, und der hat gesagt, der Karl Valentin hat es gesagt. Wie dem auch sei, ich liebe die feinsin­nige Anspielung auf den “Wun­st”, der nicht von unge­fähr dem “Wanst” ähn­lich lautet und genau­so nüt­zlich und ästhetisch ist wie ein ungeliebter Speck­stau am mit­tleren Ring.

Und da ich meine frühkindliche Erziehung in Sachen Kun­st von meinen Großel­tern bekom­men habe, habe ich auch ihre Ein­stel­lung zu der Sache über­nom­men. Oma und Opa waren bei­de sehr kun­stsin­nig, gin­gen viel in Museen und Ausstel­lun­gen, sam­melten wun­der­bar illus­tri­erte Kun­st­bände und waren mit einem bekan­nten Maler der Münch­n­er Schule sehr befre­un­det, der auch Por­traits ihrer Kinder malte. Von Oma und Opa habe ich über­nom­men, dass Kun­st nicht zufäl­lig entste­ht, son­dern immer der Aus­druck eines beson­deren Kön­nens und ein­er beson­deren Begabung ist. Das implizierte auch, dass kün­st­lerische Begabung in der Fam­i­lie erkan­nt und nach Möglichkeit gefördert wurde — wenn es nur mit den Möglichkeit­en etwas weit­er her gewe­sen wäre, aber die Lat­tas waren nun mal keine reichen Leute.

Deswe­gen förderten Oma und Opa meine Begabung zwar von früh­ester Kind­heit an mit ihrem Lob und der Ermu­ti­gung, weit­er­hin schöne Dinge zu schaf­fen, gle­ichzeit­ig aber schärften sie mir ein, dass nur die wenig­sten Kün­stler von ihrer Kun­st auch leben kön­nen, und ich mir bess­er ein sicheres Auskom­men in einem anderen Beruf suchen sollte. Das habe ich let­z­tendlich auch getan, nach eini­gen Irrwe­gen bin ich in die IT ger­at­en und habe mich da von Anfang an heimisch gefühlt, und eine abwech­slungsre­iche (wenn auch nicht immer ein­fache) Kar­riere hin­gelegt, und auch oft viel Geld ver­di­ent. Trotz­dem hat die Kun­st mich immer begleit­et, und wenn ich heute sage ich habe zwei Berufe, die IT und die Kun­st, so kommt das aus ganzem Herzen.

Dabei ver­ste­he ich mich selb­st eher als Handw­erk­erin, mit dem Aquarell­malen als mein­er beson­deren Fähigkeit, aber der Aus­druck “Kun­sthandw­erk” hat im heuti­gen Sprachge­brauch so etwas Abgeschmeck­tes. Das riecht nach Bou­tique und dilet­tan­tis­ch­er Selb­stver­wirk­lichung, und sog­ar der aktuelle DIY-Hype reit­et auf der sel­ben Welle mit seinen Zil­lio­nen Anleitun­gen für Beliebiges, das zur Kun­st erk­lärt wird nur weil man es selb­st gemacht hat. Das klingt jet­zt böse — und ist es auch. Malen nach Zahlen halte ich nicht für Kun­st, genau­so wenig wie ich das erfol­gre­ich zusam­menge­baute Lego-Star Wars-Raum­schiff für Kun­st halte. Es wird einem mit diesen ganzen Bausätzen und Vor­la­gen nur sug­geriert, dass man damit Kun­st schaf­fen kön­nte, aber es fehlt die kreative Eigen­leis­tung.

Mein­er Überzeu­gung nach entste­ht Kun­st dadurch, dass der Schaf­fende dem Geschaf­fe­nen seinen eige­nen Stem­pel auf­drückt, dass er abstrahiert, impro­visiert, seine eigene Sicht der Welt in das Werk pro­jiziert. Kun­st ist für mich auch immer ein Spiegel der Per­sön­lichkeit, ein echter Kün­stler entwick­elt immer eine eigene, unverkennbare Hand­schrift, die ihn von anderen unter­schei­det und einzi­gar­tig macht. Dabei ist es unwesentlich, ob das Werk “nach der Natur” und real­is­tisch, oder abstrakt und kün­st­lerisch ver­fremdet her­auskommt. Der eigene Stil ist es, was zählt, und mir ist ein nat­u­ral­is­tis­ch­er Wil­helm Leibl genau­so lieb und wert wie ein abstrahieren­der Paul Klee, ein stil­isieren­der Gus­tav Klimt genau­so wertvoll wie ein zu Späßen aufgelegter Anto­nio Gau­di, den wir Bay­ern schon allein seines Namens wegen lieben 🙂

Die Einzi­gar­tigkeit ihrer Werke ist das, was ich an Kün­stlern am höch­sten schätze, und ich nenne mich erst sel­ber Kün­st­lerin, seit ich glaube, meinen eige­nen Stil gefun­den zu haben. “Des is a echter Evi, des ken­nt ma glei!” ist das höch­ste Lob, das ich von Fam­i­lie und Fre­un­den gern hören mag. Dann freue ich mich und bin stolz, und meine kun­stsin­ni­gen Großel­tern freuen sich auch mit mir, von drüben herüber.

2. Dezember 2018
von admin
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Das Handarbeitszeichen, oder: soviel zu meinem Perfektionismus

Ich bin zur Per­fek­tion­istin erzo­gen wor­den, wie viele mein­er Altersgenossi­nen aus den Baby­boom-Jahren. Was wir machen, hat immer super zu sein: wir sind Super-Teenager­prinzessi­nen gewe­sen, aber auch Super-Schü­lerin­nen und Super-Stu­dentin­nen, und neben­bei noch Super-Haus­frauen,  und Super-Beruf­stätige-Müt­ter, sog­ar zu Super-Geschlechtspart­ner­in­nen hat uns Tante Beate Uhse herange­bildet.

Da waren unsere Müt­ter und Großmüt­ter nicht so streng beschla­gen. Die wussten noch, dass nichts per­fekt ist, was wir mit unseren Fähigkeit­en und unser­er Hände Arbeit erschaf­fen. Meine Oma, eine beg­nadete Damen­schnei­derin und Modis­tin, nahm schon mal einen blauen Unter­faden bei einem schwarzen Stoff, oder ein geblümtes Fut­ter (sieht man ja eh nicht!) in der Tasche eines noblen grauen Blaz­ers.

Meine Mama strick­te sehr gern, aber weil sie nur auf einem Auge gut guck­en kon­nte, machte sie immer wieder Fehler, das nan­nte sie ihr “Han­dar­beit­sze­ichen”. Ihre handgestrick­ten Pullis waren deswe­gen nicht weniger schön und kusche­lig, und wir haben sie immer getra­gen bis sie faden­scheinig wur­den.

Die Amish Peo­ple, die die vielle­icht schön­sten tra­di­tionellen Quilts der Welt nähen, set­zen in jedem Stück ein Stoffteilchen aus ein­er kom­plett ver­queren nicht passenden Farbe ein, mit Absicht, denn sie sagen nur Gott ist per­fekt, wir Men­schen kön­nen es gar nicht sein. Und meine weise Fre­undin Hel­ga hat die These aufgestellt: “Es ist völ­lig unmöglich, zwei iden­tis­che Sock­en zu strick­en”. Sie hat recht!

Von Hel­ga stammt auch die alte Handw­erk­er­weisheit “Bess­er gle­ich am Anfang ver­bohrt!”, die dem Rech­nung trägt, dass in jedem Pro­jekt Fehler passieren, und es bess­er ist man macht gle­ich zu Beginn etwas falsch, und hat dann seine Ruhe. Aus mein­er Hob­byecke kön­nte ich auch noch tausend Beispiele zitieren, die beweisen dass man kein Stück abso­lut per­fekt erschaf­fen kann. Von den Regalen mit den vier selb­stge­drech­sel­ten Füssen, von denen ein­er im Durchmess­er einen Zen­time­ter klein­er ist als die anderen drei, über den Schreibtisch mit dem nicht aus­besser­baren Wasser­schaden auf der Plat­te bis zum Schrank mit dem um eine Hand­bre­it ver­bohrten Schlüs­sel­loch, da gäbe es noch viel zu erzählen.

Viel über den Wert des Imper­fek­ten hat mich die Aquarell­malerei gelehrt. Das Aquarell lebt von Frische und Spon­taneität, und nicht von per­fek­tion­is­tis­ch­er Detail­ge­nauigkeit, ganz im Gegen­teil. Ich musste ler­nen, zuerst eine schnelle Skizze zu machen statt mich stun­den­lang mit Details aufzuhal­ten, ich lernte Impro­vi­sa­tion und die Kun­st des Weglassens, und ich lernte es auch, ein Bild an einem Tag fer­tigzustellen und es so sein zu lassen wie es gelun­gen war. Ich habe am Anfang viele Bilder “kaputtge­malt” weil ich sie immer noch per­fek­ter und wirk­lichkeits­ge­treuer haben wollte, und lernte auf die harte Tour, dass weniger in der Aquarell­malerei immer mehr ist. Foto­re­al­is­mus hat sich­er seinen Platz in der Kun­st­geschichte, aber im spon­ta­nen Land­schafts­bild, das die Wolken und das Licht und die Stim­mung ein­fan­gen möchte, hat er nichts zu suchen.

Ich habe mir einen Beruf aus­ge­sucht, in dem man im Nor­mal­fall schon ziem­lich per­fekt arbeit­en muss, wenn man einen Fehler in ein­er Codezeile macht, läuft das Pro­gramm nicht, oder liefert ein falsches Ergeb­nis. Das ist mir heutzu­tage genug Per­fek­tion­is­mus, bei meinem zweit­en Beruf als Kün­st­lerin und Handw­erk­erin sehe ich es heutzu­tage wirk­lich nicht mehr so eng.

Ich stricke nicht zwanzig Rei­hen zurück bloß weil ich zwei Maschen falschrum gestrickt habe, ich trenne keinen Sock­en wieder auf bloß weil er einen hal­ben Zen­time­ter kürz­er als der andere gewor­den ist (ich hab eh ungle­iche Füße 🙂 ), ich impro­visiere und “zaubere” beim Schnei­dern wie der Welt­meis­ter, um meine vie­len Fehler beim Zuschnei­den und Mass­nehmen auszu­gle­ichen. Wenn ich Plätzerl backe, sind die mal gröss­er und mal klein­er und dur­chaus unter­schiedlich geformt, ist ja keine Fab­rik­ware. Wenn ich Glasper­len­schmuck bas­tle, arbeite ich bewusst Fehl­far­ben mit ein, das sieht viel lebendi­ger aus als wenn man nur hun­dert abso­lut per­fek­te Swarovs­ki-Kristalle aufrei­ht. Wenn ich blogge, mache ich Rechtschreibfehler, aber ich seh das nicht so genau, solange die Textver­ständlichkeit nicht darunter lei­det. Und wer einen Fehler find­et, darf ihn behal­ten! 🙂

Es lebe das Han­dar­beit­sze­ichen! Wer arbeit­et, macht auch Fehler, und Per­fek­tion­is­mus ist der ärg­ste Feind der Kreativ­ität. Das soll­ten wir uns ger­ade im pri­vat­en Bere­ich, bei unseren Hob­bys und Freizeitbeschäf­ti­gun­gen, nicht antun. Schliesslich arbeit­en wir ja aus rein­er Freude am Schaf­fen, und nicht um irgen­deinen imag­inären Per­fek­tion­spreis zu gewin­nen. Sel­ber­ma­chen soll Spaß und Freude machen — und das, finde ich, ist ein guter Schlusssatz. Fröh­lich­es Schaf­fen!

2. Dezember 2018
von admin
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Die Feynman-Methode: wie man alles lernen kann

Richard P. Feyn­man war der Held mein­er frühen Stu­di­en­t­age in den 1980er Jahren. Nobel­preisträger, Atom­physik­er (ja, er baute mit an der Bombe), Wom­an­iz­er, Charmeur und Safek­nack­er, war er ein gross­es Vor­bild und ein bewun­dert­er Aus­nah­mewis­senschaftler. Er schrieb auch die einzi­gen physikalis­chen Fach­büch­er, die man zum Vergnü­gen kon­sum­ierte, und seine auto­bi­ografis­chen Werke (unter anderem ” Sure­ly you’re jok­ing, Mr. Feyn­man”) waren sowohl höchst amüsant als auch von ein­er fundierten Neugi­er, ein­er tiefge­hen­den Skep­sis gegenüber Klis­chees, ein­er ana­lytis­chen und präzisem Beaobach­tungs­gabe sich selb­st und seinen Mit­men­schen gegenüber geprägt.

Feyn­man war nicht nur Physik­er, er war auch ein gross­er Philosoph und Gesellschaft­skri­tik­er, und er war vor allen Din­gen eins: ein großar­tiger Lehrer. Seine Vor­lesun­gen und Sem­i­nare waren leg­endär und absolute Pub­likum­sren­ner, und die  Feyn­man Lec­tures on Physics erfreuen sich noch heute gross­er Beliebtheit.

Von Richard Feyn­man stammt mein absolutes Lieblingsz­i­tat:

“Wenn du es nicht in ein­fachen Worten erk­lären kannst, hast du es nicht ver­standen.”

Kür­zlich habe ich einen sehr amüsan­ten Artikel gele­sen, der die Feyn­man-Meth­ode des Ler­nens behan­delte, und diese läßt sich auf ein sehr ein­fach­es Grund­prinzip reduzieren:

“Erk­läre es einem Achtjähri­gen.”

Und das ist wortwörtlich so gemeint! Klemm dir ein bes­timmtes The­ma, das du erler­nen möcht­est. Schreibe es so zusam­men, dass es in möglichst weni­gen ein­fachen Sätzen zu beschreiben ist. Suche dir einen aufgeweck­ten Achtjähri­gen und erk­läre ihm dein The­ma. Wenn er es ver­ste­ht, hast du es auch kapiert. Wenn nicht, mußt du nochmal zurück und deine  Zusam­men­schrift verbessern.

Das wars! Da aufgeweck­te Achtjährige allerd­ings nicht für jeden leicht greif­bar sind, kann man das Kid auch durch einen (möglichst jun­gen) aufgeweck­ten Laien auf deinem Fachge­bi­et erset­zen. Wenn es dir gelingt, dein The­ma jeman­dem zu erk­lären der keine Ahnung von deinem Fachge­bi­et hat, hast du gewon­nen! 🙂

1. Dezember 2018
von admin
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Mit unserer Hände Arbeit — Handarbeiten für einen guten Zweck

DIY (Do It Your­self) ist abso­lut in. Han­dar­beit­en ist der grosse Sel­ber­ma­ch-Trend, auch in den Social Net­works spiegelt sich der Boom von Strick­en, Häkeln, Nähen, Filzen und tausend anderen Hob­bypro­jek­ten Marke Eigen­bau. Jet­zt in der Vor­wei­h­nacht­szeit sind natür­lich Geschenke für Fam­i­lie und Fre­unde beson­ders gefragt und wer­den von zahllosen fleis­si­gen Hän­den selb­st geschaf­fen.

Aber unter dem ganzen Hype ver­steckt gibt es auch noch eine ganz andere Kul­tur der selb­st­geschaf­fe­nen Pro­jek­te, beson­ders in Sachen Strick­en und Häkeln. Unzäh­lige Han­dar­beits­fre­undin­nen werken uner­müdlich im (fast) Ver­bor­ge­nen: die Grup­pen, Han­dar­beit­skränzchen und Einzelkämpferin­nen, die ihre Werke für einen guten Zweck hergeben. Ob für den Stern­stun­den-Bazar, den Wei­h­nachts­mark­t­stand der Aid­shil­fe, das Waisen­haus in Rus­s­land, das Kinder­hos­piz, die Klinikclowns, für die Bahn­hof­s­mis­sion oder für Alter­sheime, selb­st­gemachte Han­dar­beit­en wer­den an vie­len Stellen gebraucht, und wer­den von vie­len fleißi­gen Hän­den für die Bedürfti­gen gemacht und für ein Dankeschön hergegeben.

Viele dieser uner­müdlichen Schöpferin­nen von wär­menden, liebevoll gear­beit­eten und oft auch wun­der­schö­nen Sachen sind in Inter­net­grup­pen organ­isiert, ich nenne hier nur mal beispiel­haft die Rav­el­ry-Gruppe “Han­dar­beit­en für car­i­ta­tive Ein­rich­tun­gen”, die es jet­zt seit fast schon 10 Jahren gibt. Ich bin dort selb­st seit 2014 aktiv, und habe inzwis­chen auch meine eigene Gruppe, das “Pro­jekt für alte Münch­n­er”. Ohne den organ­isatorischen Rah­men, den Rav­el­ry solchen Grup­pen bietet, wäre es kaum möglich die ver­schiede­nen Hil­f­spro­jek­te organ­isiert und am Leben zu hal­ten. Die frei­willi­gen Helferin­nen leben weit über den gesamten deutschsprachi­gen Raum verteilt, da ist es nicht möglich, sich regelmäs­sig zu tre­f­fen und dabei auszu­tauschen und Organ­isatorisches zu besprechen. Dadurch, dass wir auf Rav­el­ry ein eigenes Forum haben, kön­nen die kleineren Grup­pen sich organ­isieren und untere­inan­der absprechen, was wo gebraucht wird, wer die Über­gabe an die ver­schiede­nen Hil­f­spro­jek­te macht und auch was mit Spenden (meis­tens Wolle und son­stiges Mate­r­i­al) am besten passiert. Wer das ein biss­chen mitver­fol­gt, bekommt einen Hei­den­re­spekt davor, was hier im Ver­bor­ge­nen alles geschaf­fen wird.

100 Paar warme Sock­en für die Bahn­hof­s­mis­sion? Kein Prob­lem, kriegen wir bis Wei­h­nacht­en hin. Dutzende von drin­gend gebraucht­en war­men Mützerln für Frühchen? Da braucht es eben Dutzende von fleißi­gen Hän­den, das ist in ein­er Woche fer­tig. Warme Kniedeck­en für die Opis und  kusche­lige Schul­tertüch­er für die Omis im Alter­sheim? Wer­den flugs genadelt und tre­f­fen rechtzeit­ig zur kalten Jahreszeit bei ihren Empfängern ein. Die Liste liesse sich beliebig fort­set­zen, es sind derzeit über 20 Hil­f­spro­jek­te in der Rav­el­ry-Gruppe organ­isiert, und man kommt aus dem Staunen nicht mehr her­aus, wie fleis­sig und uner­müdlich hier für gute Zwecke gehan­dar­beit­et wird.

Dabei darf man nicht vergessen, dass schöne Han­dar­beit­en nicht nur eine erhe­bliche Zeit zur Her­stel­lung benöti­gen, son­dern das Mate­r­i­al auch nicht ger­ade bil­lig ist. Die meis­ten frei­willi­gen Helferin­nen bezahlen ihre Wolle aus eigen­er Tasche, die hereink­om­menden Gar­nspenden machen nur einen Bruchteil der Pro­duk­tion aus und sind meis­tens schnell weg. Wenn man sich über­legt, dass ein Knäuel Wolle selb­st im toll­sten Son­derange­bot sel­ten unter 2–3 € zu haben ist, geht da ganz schön Geld weg. Rech­net man dann noch die einge­set­zte Zeit, kommt man hier auf erstaunliche Werte.

Was bewegt diese frei­willi­gen Han­dar­beits­fre­undin­nen zu solch­er Großzügigkeit?

Ein Dankeschön, und die Bestä­ti­gung, dass ihre Werke auch dort ankom­men, wo sie gebraucht wer­den. Wenn ich nach ein­er Über­gabe Bericht erstat­te, dass sich die Senioren und Senior­in­nen im Alter­sheim sehr über die schö­nen war­men Sachen gefreut haben, das ist meinen Mädels Dank genug, da brauchts kein gross­es Brim­bo­ri­um. Sie geben gerne, mit war­men Herzen. Ich glaube, dass das die Empfän­gerin­nen und Empfänger der schö­nen Han­dar­beit­en spüren. Die Geschenke sind eben mit Liebe selb­st­gemacht, und wär­men deswe­gen noch ein biss­chen bess­er 🙂

25. November 2018
von admin
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Ich bin ein Dopamin-Junkie

Vor etwa 30 Jahren fing das an: damals war Lotus Notes die erste Win­dows-Soft­ware, die einen mit diesen net­ten kleinen Benachrich­ti­gungs­fen­sterchen und einem musikalis­chen Klin­geln darauf aufmerk­sam machte, wenn eine neue Nachricht eingetrudelt war. Immer. Sofort. Egal in welchem Pro­gramm man ger­ade arbeit­ete, das Fen­sterchen ging auf und Klin­geling! — wer kann da schon wider­ste­hen? Ich nicht, und ich bin seit­dem ein Junkie. Neue Emails nicht sofort anschauen? Undenkbar! Eine neue Forum­snachricht ignori­eren? Nie und nim­mer, das muss ich gle­ich anschauen. Eine SMS nicht sofort öff­nen? Das Blinken des ABs ignori­eren, nicht aufs Dis­play des Tele­fons guck­en ob das nicht Anrufe in Abwe­sen­heit aneigt? Jamais! Ich bin da wirk­lich voll der Junkie… Gott­sei­dank hab ich kein Smart­phone, ich würde ja nur noch am Tropf hän­gen.

In einem sehr erhel­len­den Artikel auf Psy­chol­o­gy Today wer­den die biol­o­gis­chen Hin­ter­gründe dieses Phänomens beleuchtet, das ist sehr auf­schlussre­ich und macht auch ein wenig nach­den­klich:

https://www.psychologytoday.com/us/blog/brain-wise/201209/why-were-all-addicted-texts-twitter-and-google

Das ver­track­te daran ist, dass das Dopamin, das die Lust-Zen­tren in unserem Gehirn anregt, schon bei der Erwartung eines neuen Reizes flutet, da ist die Vorah­nung der Beloh­nung schon anre­gen­der als am Ende die Beloh­nung selb­st. Deswe­gen lan­det man als Dopamin-Junkie auch in dieser End­loss­chleife, wo es let­ztlich egal ist ob die erwartete Nachicht jet­zt wirk­lich wichtig, gut, inter­es­sant oder son­st irgend­wie pos­i­tiv ist. Nein, die Ankündi­gung der Nachricht ist es, die der Sucht Stoff liefert, und das ist dann doch ziem­lich fatal, denn hier set­zt kein Lern­ef­fekt ein. Ganz egal ob man ger­ade dreimal Junk-Email wegge­drückt hat, bei der näch­sten Ankündi­gung “sie haben 1 neue Nachricht” set­zt der Reflex wieder genau­so ein, es kön­nte ja dies­mal wichtig sein, oder erfreulich, oder uns glück­lich machen. Deswe­gen ist mein Com­put­er auch den ganzen Tag an, wenn ich zuhause bin, ich kön­nte ja — Gott bewahre! — eine Nachricht ver­passen und meinen Dopamin-Fix nicht rechtzeit­ig bekom­men. Da hil­ft mir nur, dass ich ver­dammt schnell bin, und erstens ank­om­mende Nachricht­en mit einem Blick klas­si­fizieren kann, und dass ich zweit­ens beim Antworten auch ver­dammt schnell bin und nicht viel Zeit darauf ver­schwen­den muss, auf eine Nachricht auch zu reagieren.

Ich habe allerd­ings beim Nach­denken über den Artikel aus Psy­cholo­gie Today auch fest­gestellt, dass ich von anderen Men­schen erwarte, dass sie genau­so schnell auf meine Nachricht­en reagieren wie ich auf ihre. Ich kann es zum Beispiel abso­lut nicht ver­ste­hen, wenn jemand nicht zurück­ruft, obwohl ich eine Nachricht auf seinem AB hin­ter­lassen habe, wenn auf E‑Mails tage­lang keine Antwort kommt, wenn jemand seine Anrufe in Abwe­sen­heit auf dem Handy ignori­ert. Damit tue ich mir sehr schw­er, und muss auf­passen dass ich da nicht ange­fressen reagiere.

Da ziehe ich aber auch eine per­sön­liche Gren­ze. Wenn ich eine Anfrage an jeman­den gestellt habe, auf die ich aus welchem Grund auch immer wirk­lich eine Antwort brauche, hake ich nach einiger Zeit nach, wenn keine Antwort kommt. Sei es wegen ein­er Auskun­ft von ein­er Behörde oder von der Hausver­wal­tung, wegen eines Arzt-oder son­sti­gen Ter­mins, wegen Infor­ma­tio­nen die ich für meine Arbeit benötige oder Rück­fra­gen wegen offen­er Baustellen sowohl geschäftlich­er als auch pri­vater Natur, ich lasse es nicht durchge­hen, wenn jemand ein­fach nicht antwortet. Das ist aber eine andere Baustelle, das hat mit dem schnellen Dopamin-Fix jet­zt nicht wirk­lich etwas zu tun, son­dern mehr mit ein­fach­er Höflichkeit und den Grun­dregeln der men­schlichen Kom­mu­nika­tion.

Immer­hin habe ich aber meine Dopamin-Sucht soweit im Griff, dass ich sie mir nur im Laufe des (Arbeits-)Tages erlaube und den Com­put­er, meine Haup­tquelle für den Sucht­stoff, prinzip­iell spätestens nach dem Aben­dessen auss­chalte. Und ich weiß schon, warum ich kein Smart­phone habe und mir auch keines zule­gen will, das würde der Sucht zuviel Raum geben, das will ich gar nicht erst riskieren. Mir reicht es völ­lig, wenn die blaue Zahl in meinem Thun­der­bird (x) unge­le­sene Nachricht­en anzeigt — hui­ii, ich eile, ich fliege! Kön­nte ja was weiß ich was Tolles dabei sein, und nicht nur Junk und uner­wün­schte Newslet­ter. Aber Gott­sei­dank betreibe ich elek­tro­n­is­che Kon­ver­sa­tion mit ein­er Menge net­ter Men­schen, die mir wirk­lich etwas zu sagen haben, und über deren Nachricht­en man sich auch immer freuen kann. Das reis­sts raus, denn son­st wäre die Dopamin-Sucht ein trau­riges Kapi­tel. So ist’s nur eine Macke, auf die man ein biss­chen ein Auge haben muss. Hoffe ich zumin­d­est mal — aber jet­zt muss ich schnell mal weg, ich habe 1 neue Nachricht! 🙂

 

24. November 2018
von admin
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Computer Ethics: die 10 Gebote für Programmierer

Bei meinen täglichen Newslet­tern war heute ein sehr erhel­len­der Artikel über die jährliche Umfrage von Stack­Over­flow, der sei jedem emp­fohlen, der sich für den Sta­tus und die Befind­lichkeit der pro­gram­mieren­den Zun­ft heute inter­essiert:

https://medium.freecodecamp.org/stack-overflow-2018-developer-survey-faac8d3eb357

Es haben dieses Jahr über 100.000 Entwick­ler aus aller Her­ren Län­der an der Umfrage teilgenom­men, das war ein Reko­rd, und macht die Umfrage zur weltweit grössten im Bere­ich Soft­ware Devel­op­ment.

Mich hat hier beson­ders ein Pas­sus inter­essiert: die Fra­gen zum The­ma Com­put­er-Ethik. Die Frage:

“Wür­den sie Code zu unethis­chen Zweck­en pro­gram­mieren ?”

…haben nur erschreck­ende 58,8 % mit Nein beant­wortet. 36,6 % gaben an, es käme darauf an was es ist, und 4,8 % antworteten mit Ja.

Das finde ich ehrlich gesagt ham­mer­hart. Die näch­ste Frage:

“Wer ist ver­ant­wortlich wenn Code zu unethis­chen Zweck­en pro­gram­miert wird?”

… beant­worteten 57,5% mit : “Das Man­age­ment”, 22,8 % schoben es auf: “Den­jeni­gen, der die Idee hat­te” und nur 19,7 % hiel­ten “Den Entwick­ler, der es pro­gram­miert hat” für ver­ant­wortlich.

Immer­hin 79,6 % sind der Mei­n­ung, dass ein Entwick­ler die ethis­chen Gesicht­spunk­te seines Codes berück­sichti­gen sollte.

Uff! Noch nicht ein­mal 20 % wür­den also die Ver­ant­wor­tung dafür übernehmen, wenn Code zu unethis­chen Zweck­en pro­duziert wer­den soll. Das finde ich eine erschreck­ende Zahl. Und man fragt sich natür­lich, woher das kommt. Wenn man sich den Rest der Sta­tis­tiken genauer anschaut, find­et man schnell her­aus dass die über­wiegende Mehrzahl der Devel­op­er jung (unter 35), männlich und kinder­los ist, dass die wenig­sten eine for­male Aus­bil­dung absolviert haben, dass sie sich über­wiegend auf eigene Faust weit­er­bilden. Das heisst aber auch, dass die wenig­sten Entwick­ler so etwas wie ethis­che Prinzip­i­en oder auch nur Handw­erk­sregeln ihres Berufes mit­gekriegt haben. Kun­st­stück, die Branche ist noch so jung, dass es so etwas wie Tra­di­tio­nen noch nicht gibt, höch­stens in Ansätzen im Rah­men der Infor­matik-Stu­di­engänge. Ich habe selb­st während mein­er Aus­bil­dung zur Fach­in­for­matik­erin nie auch nur ein Ster­benswörtchen von so etwas wie Beruf­sethos gehört, und bedau­re dies sehr.

Was man nicht vergessen darf: ein Großteil der pro­gram­mieren­den Zun­ft ist in Bere­ichen tätig, in denen es um Prof­it geht — man nehme nur ein­mal das Inter­net, diese furchte­in­flössende Mar­ket­ing­mas­chine, als Beispiel. Und wo es um viel Geld geht, kip­pen ethis­che Prinzip­i­en immer am schnell­sten über Bord. Verkauft wird mit allen Mit­teln, auch mit so unethis­chen wie Black Pat­terns und glat­ten Mar­ket­inglü­gen, aber ich will das hier gar nicht weit­er ver­tiefen, son­dern stattdessen eine Lanze für Ethik in der Pro­gram­mierung brechen.

Das Com­put­er Ethics Insti­tute (CEI) in Wash­ing­ton ist nur eines von vie­len Insti­tuten, die sich Ethik in Devel­op­ment und Pro­gram­mierung auf die Fah­nen geschrieben haben. Ihr Mot­to ist es, einen moralis­chen Kom­pass für den Ozean der Infor­ma­tion­stech­nolo­gie zur Ver­fü­gung zu stellen. In diesem Geiste haben die Experten des CEI die Zehn Gebote für Com­put­er Ethik ver­fasst, die auch in viele Sprachen über­set­zt wur­den und inter­na­tion­al hohe Anerken­nung find­en. Ich zitiere hier die deutsche Fas­sung von http://computerethicsinstitute.org/german.html:

  1. Du sollst nicht Deinen Com­put­er benutzen, um anderen Schaden zuzufü­gen.
  2. Du sollst nicht ander­er Leute Arbeit am Com­put­er behin­dern.
  3. Du sollst nicht in ander­er Leute Files stöbern.
  4. Du sollst nicht den Com­put­er zum Stehlen benutzen.
  5. Du sollst nicht den Com­put­er benutzen, um falsches Zeug­nis abzule­gen.
  6. Du sollst nicht Soft­ware benutzen oder kopieren, für die Du nicht gezahlt hast.
  7. Du sollst nicht ander­er Leute Ressourcen ohne deren Erlaub­nis ver­wen­den.
  8. Du sollst nicht ander­er Leute geistig Werk als Deines aus­geben.
  9. Du sollst über die sozialen Kon­se­quen­zen Dein­er Pro­gramme nach­denken.
  10. Du sollst den Com­put­er so benutzen, daß Du Ver­ant­wor­tung und Respekt zeigst.

Dem habe ich nicht mehr viel hinzuzufü­gen, auss­er: ich wün­sche mir, dass sich diese 10 Gebote in die Wahrnehmungswelt der erfol­gre­ichen, jun­gen, männlichen, kinder­losen Mehrheit der Entwick­ler bess­er durch­set­zen, und dass es immer mehr wer­den, die auf keinen Fall Soft­ware zu unethis­chen Zweck­en pro­duzieren wür­den. Nicht nur klägliche nicht ein­mal 20 %.