Praxis Dr. Inselfisch

Psychologie, Philosophie und Programmierung

23. August 2019
von admin
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Da freut sich das Buchhalterkind

Ich bin in einem Buch­führungs­büro aufgewach­sen und habe schon in früh­ester Jugend gel­ernt, Papiere mit Sys­tem zu ord­nen und alles so zu beschriften, dass man seinen Papierkram im Fall des Fall­es auch wiederfind­et. Das ist näm­lich gar nicht so triv­ial, gelocht und abge­heftet ist schnell was, bloß in welchem Ord­ner find­et man es wieder, wenn man es braucht?

Da sam­melt sich im Laufe eines ganz nor­malen Erwach­se­nen­lebens doch ein gross­er Haufen Doku­mente an, die man notge­drun­gen aufheben muss, weil man sie immer wieder mal braucht. Ich habe bei meinem let­zten Umzug vor ein paar Jahren meine Ablage mal gründlich durch­sortiert und eingedampft und gnaden­los alles weggeschmis­sen, was ich nicht mehr aufheben musste. Übrig geblieben sind unge­fähr 10 Ord­ner, in denen hat alles seinen Platz. Nur der offizielle Kram wohlge­merkt, für meine pri­vate Ablage (Kochrezepte, Strick­muster, Möbel­bau usw.) habe ich nochmal 20 Ord­ner im Ein­satz.

Aber bleiben wir mal beim offiziellen Kram. Da gibt es zwei Sorten von Abla­gen. Ein­mal die Archive, in denen hebt man wichtige Doku­mente auf, die man über viele Jahre hin­weg wiederfind­en muss. Zeug­nisse, Miet- und Arbeitsverträge, Ver­sicherungspo­li­cen, Garantiebelege, KFZ-Briefe und so weit­er und so fort. Zu den Archiv­en kom­men rel­a­tiv sel­ten neue Papiere hinzu, die dienen haupt­säch­lich der Wieder­auffind­barkeit wichtiger Doku­mente.

Und dann gibts noch die Jour­nal-Ord­ner, in denen legt man alles ab, was irgend­wie pro Jahr zusam­menge­hört. Lohn-und Gehaltsabrech­nun­gen, Kon­toauszüge, Rech­nun­gen, Unter­la­gen fürs und vom Finan­zamt und sowas, die sam­melt man pro Jahr und beschriftet die Jour­nale auch dementsprechend. Wenn man die unter­schiedlichen Ein­satzge­bi­ete von Archiv und Jour­nal ein­mal verin­ner­licht hat, das ist schon die halbe Miete.

Jour­nalord­ner wer­den am Jahre­sende abgeschlossen, und ein neuer Ord­ner fürs neue Jahr angelegt. Wenn man nicht viele Papiere pro Jahr abzule­gen hat (so wie ich als Rent­ner­in), kann man selb­stver­ständlich mehrere Jahre Jour­nal in einem Ord­ner able­gen, dann beschriftet man halt das Reg­is­ter entsprechend. Aber für einen nor­mal beruf­stäti­gen Men­schen, der auch noch jedes Jahr eine Steuer­erk­lärung abgeben muss, ist ein Ord­ner pro Jahr eine sin­nvolle Ein­teilung.

Damit ich mit 10 Ord­nern auskomme, habe ich immer mehrere ver­wandte The­men in einem Ord­ner unterge­bracht und die Ord­ner auf dem Rück­en­schild entsprechend beschriftet. Ca. 5 The­men pro Ord­ner sind genug, bei mehr wirds leicht unüber­sichtlich. Es gibt zum Beispiel einen Ord­ner “Haushalt” mit den Reg­is­tern “Rechnungen&Garantien Haushalts­geräte”, “Stadtwerke”, “GEZ”, “Telefon&Internet”, “Handy”.  Das reicht, mehr kommt da nicht rein, son­st blickt man nicht mehr durch. Zur Woh­nung gehört noch ein zweit­er Ord­ner: “Miete”. Da ist nicht nur der Mietver­trag drin, son­dern auch sämtliche Kor­re­spon­denz mit der Hausver­wal­tung, die Heiz- und Betrieb­skostenabrech­nun­gen, Handw­erk­er­rech­nun­gen und über­haupt alles son­st, was die Woh­nung bet­rifft. Sehen sie das Prinzip? Rück­en­schild mit dem Titel des Ord­ners beschriften, auf dem Rück­en­schild die Reg­is­terüber­schriften notieren, im Ord­ner ein beschriftetes Reg­is­ter ver­wen­den.

Falls sie ein­mal etwas abzule­gen haben, was in keines der vorhan­de­nen Reg­is­ter passt, leg­en sie nicht nur ein neues Reg­is­terblatt an und beschriften es entsprechend, sie vergessen auch nicht das neue Reg­is­ter auf dem Rück­en­schild des entsprechen­den Ord­ners zu ver­merken. Wenn man das nicht macht, kommt man ganz schnell in Teufels Küche, da lan­den dann Papiere unwiederfind­bar in irgendwelchen Ord­nern, und wenn man sie wieder braucht, kann man die ganze Ablage durch­forsten. Das ist eine ganz böse Falle, damit kann man sich das ganze Sys­tem ruinieren!

Eben­so stre­ichen sie auf dem Rück­en­schild des Ord­ners das betr­e­f­fende Reg­is­ter aus, wenn sie es nicht mehr brauchen und die zuge­höri­gen Papiere ins Alt­pa­pi­er kom­men. Sowas kommt immer wieder mal vor, ich habe zum Beispiel kür­zlich die Unter­la­gen zu meinem ersten D2-Handy entsorgt. Auch die Kon­toauszüge von vor über 10 Jahren muss ich eigentlich nicht mehr aufheben, das wären auch so Kan­di­dat­en zum Entsor­gen und Ausstre­ichen.

Wenn man sich an diese paar Grun­dregeln hält, ste­ht ein­er Ablage, mit der man vernün­ftig arbeit­en kann und in der man auch alle Papiere wiederfind­et, eigentlich nichts mehr im Wege. Wie oft man seinen Postein­gang dann wirk­lich bear­beit­et und in die Ablage ein­sortiert hängt davon ab, wie hoch das Papier­aufkom­men im Haushalt ist, ein­mal im Monat reicht wahrschein­lich dicke, ich komme mit ein­mal im Viertel­jahr gut hin.

Dafür sollte man sich allerd­ings angewöh­nen, einzu­sortierende Papiere auch wirk­lich nur an ein­er Stelle im Haushalt zu lagern. Bei mir wird die Post sofort aufgemacht, wenn ich sie aus dem Briefkas­ten geholt habe. Ich habe dafür zwei Kör­bchen im Regal ste­hen, eins ist das To Do für unerledigte Vorgänge, das zweite ist für die Ablage für erledigte Dinge oder Sachen, die man bloß aufheben muss. Woan­ders kom­men bei mir keine Papiere hin, nicht auf den Schreibtisch und nicht in irgendwelche Schubladen oder Schachteln. Das erfordert etwas Diszi­plin, und bei hohem Kor­re­spon­den­za­ufkom­men wird das To-Do-Kör­bchen auch recht schnell voll, dann muss man halt zwis­chen­durch mal sortieren und die Ablage füt­tern. Aber es erle­ichtert die Arbeit unge­mein, wenn man sich die Papiere nicht in der ganzen Bude zusam­men­su­chen muss, son­dern sie an genau ein­er Stelle find­et. Dann geht einem auch nichts durch die Lap­pen, noch zu bezahlende Rech­nun­gen fliegen dabei eben­so auf wie noch zu beant­wor­tende Schreiben oder Tele­fonate.

Ich ver­merke übri­gens auf jed­er abzuhef­ten­den Rech­nung, wann und wie ich sie bezahlt habe: erledigt online am “Datum”.

Ich notiere eben­so durch Tele­fon erledigte Vorgänge mit “erledigt tele­fonisch am “Datum” gesprochen mit Herrn/Frau XY”.

Das der Voll­ständigkeit hal­ber, es dient der Nachvol­lziehbarkeit von Vorgän­gen unge­mein.

So, aber jet­zt haben wir das Rüstzeug für eine funk­tion­ierende Ablage. Wenn man sich ein­mal ein funk­tion­ieren­des Sys­tem erstellt hat, kann man jahre­lang in Ruhe damit arbeit­en. Manch­mal kommt ein neuer Ord­ner hinzu, manch­mal kön­nen alte Papiere auch zum Alt­pa­pi­er, aber im grossen und ganzen hat man jet­zt seine Ruhe, und eine Ablage, in der man auch alles wiederfind­et. Das erle­ichtert das Leben und min­imiert den Zeitaufwand, den man auf den lei­di­gen Papierkram ver­schwen­den muss. Schliesslich gibt es wichtigere Dinge im Leben, auch wenn Buch­hal­terkinder da manch­mal ander­er Ansicht sind 😉

22. August 2019
von admin
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Dolce far niente muss man auch erstmal können

Ich habe einen grossen Teil mein­er Teenagerzeit in Ital­ien ver­bracht, da hat­te ich ein­fach unver­schämt Glück und bin in einem Schüler­aus­tausch­pro­gramm der Städte München und Verona zu ein­er Fam­i­lie gekom­men, mit der ich mich her­vor­ra­gend ver­standen habe, beson­ders mit der Mam­ma, der wun­der­baren Sig­no­ra Fani­ni. Die Fam­i­lie besass einen grossen Gut­shof und aus­gedehnte Län­dereien, auf denen vor allen Din­gen Obst ange­baut wurde. Ich ver­brachte während mein­er Gym­nasialzeit alle Som­mer­fe­rien bei den Fani­nis, und verin­ner­lichte dort nicht nur die Sprache und die Kochkun­st, son­dern auch die ital­ienis­che Leben­sart. Die Fani­nis waren wohlhabend, aber sie waren auch fleis­sig. Die Plan­ta­gen erforderten das ganze Jahr lang viel und harte Arbeit, und nicht nur die Lohnar­beit­er langten kräftig hin, auch die Fam­i­lie schaffte nach Kräften in der Land­wirtschaft mit. Das ging während der Sai­son bei Son­nenauf­gang los, spätestens um fünf traf man sich in der Küche auf einen Espres­so, und dann ging es raus auf die Felder.

Sig­no­ra Fani­ni kochte jeden Tag ein währschaftes Mit­tagessen für alle, die auf dem Gut­shof arbeit­eten, und es sassen pünk­tlich um Zwölf die ganze Fam­i­lie und alle Arbeit­er an der lan­gen Tafel in der herrschaftlichen Vil­la. Da wurde gemein­sam geschlemmt, denn die Sig­no­ra war eine fan­tastis­che Köchin. Und nach dem Essen wurde geruht, im Som­mer bis die grösste Tageshitze vor­bei war, also min­destens bis um vier Uhr. Dafür zog sich jede und jed­er in sein Schlafz­im­mer zurück, hin­ter ver­schlossene Fen­ster­lä­den, die die grösste Hitze abhiel­ten. Erst gegen frühen Abend kamen alle wieder her­aus, und dann gab es nochmal einen frischen Espres­so oder auch gle­ich einen Caf­fé cor­ret­to (Espres­so mit einem Schuß Grap­pa) für die Manns­bilder. Danach ging es nochmal auf die Plan­ta­gen, aber eigentlich wur­den jet­zt nur noch abschliessende Arbeit­en geleis­tet, bere­its gepack­te Obst­steigen einge­sam­melt, gejätetes Unkraut weggekar­rt, die Bewässerung für den Abend eingestellt. Dann wurde die heutige Ernte noch zum Grosshändler gefahren, das war die wichtig­ste Arbeit zum Tagesab­schluss. Da wurde es dann schon sieben, acht Uhr und später, ehe man Feier­abend machen kon­nte.

Den Feier­abend ver­bracht­en die Arbeit­er und die Män­ner der Fam­i­lie mit gross­er Begeis­terung auf der Piaz­za des kleinen Ortes, da gab es eine Sports­bar und eine Trat­to­ria und ein Eis­cafe. Man ass ein Sand­wich und trank un Bic­chiere di Vino oder auch una Bir­ra Grande dazu, viel Hunger hat­te kein­er, weil Mit­tags so geschlemmt wor­den war. Wenn man ein Glas getrunk­en und einen kleinen Imbiss gegessen hat­te, übte man sich in der typ­isch ital­ienis­chen Abendbeschäf­ti­gung, die das Leben jed­er Piaz­za Cen­trale ist: “fare la passegia­ta”. Man spaziert, rund um die Piaz­za, man sieht wer son­st noch aller da ist und grüßt sich mit aus­ge­suchter Höflichkeit, man bleibt am Cafe oder an der Bar auf ein Schwätzchen ste­hen, man zieht sich für per­sön­liche Gespräche mit Fre­un­den auf eine Bank unter den Pla­ta­nen zurück.  Man disku­tiert das Tages­geschehen und was heute in der örtlichen Zeitung stand, man unter­hält sich über den Stand der Land­wirtschaft und über die Obst­preise, der Bürg­er­meis­ter informiert aus erster Hand über die Lokalpoli­tik, und der Herr Pfar­rer tut das selbe aus Sicht der katholis­chen Kirche — spätestens jet­zt müssten Ihnen die wun­der­baren alten Don-Camil­lo-Filme in den Sinn kom­men. So läuft — oder lief — der Feier­abend in einem kleinen Land­städtchen in Ober­i­tal­ien, alle trafen sich auf der Piaz­za, und es wurde gere­det, gelacht und schon auch mal gestrit­ten, aber auch wieder ver­söh­nt. Bis etwa gegen Mit­ter­nacht, dann wurde es höch­ste Zeit heim und ins Bett zu gehen, denn am näch­sten Mor­gen ging es wieder bei Son­nenauf­gang raus.

Beson­ders während der Obst­sai­son wurde auf der Plan­tage wirk­lich lang und hart gear­beit­et, aber es wurde auch darauf geachtet, dass man Zeit zur Erhol­ung fand. Die aus­gedehnte Sies­ta nach dem gemein­samen Mit­tagessen glich den kurzen Nachtschlaf aus, und fare la Passegia­ta am Abend deck­te die Bedürfnisse nach Kom­mu­nika­tion und das Zusam­menge­hörigkeits­ge­fühl im Städtchen ab. Das ist jet­zt vierzig Jahre her, ich weiss nicht ob der Leben­srhyth­mus im ländlichen Ober­i­tal­ien noch den alten, bewährten Mustern fol­gt. Aber ich erin­nere mich gut daran, dass die Men­schen in San Gio­van­ni Lupa­to­to (so hiess das Städtchen) durch die Bank fre­undlich, höflich und aus­geglichen waren. Work-Life-Bal­ance heisst das Geheim­nis dieser Aus­geglichen­heit auf Neudeutsch, und in unser­er schnel­llebi­gen Leis­tungs­ge­sellschaft find­et man sie sel­ten. Im Land­städtchen San Gio­van­ni bei Verona war sie ein Teil der Leben­sart, und ich hat­te wirk­lich aus­ge­sprochen gross­es Glück, daran teilzuhaben. Wer weiss, wäre ich ein paar Jahre älter gewe­sen, hätte ich vielle­icht einen passenden jun­gen Mann aus dem Städtchen ken­nen­gel­ernt — die Passegia­ta ist auch ein Heirats­markt — und wäre dort geblieben, wo die Uhren anders gehen und die Leben­szeit bekömm­lich­er eingeteilt wird.

21. August 2019
von admin
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…und was ist aus ihren guten Neujahrsvorsätzen geworden?

Das Jahr ist schon mehr als halb rum, und ich habe bis­lang noch nicht berichtet, was aus meinen guten Vorsätzen zu Sil­vester gewor­den ist. Mehr Geduld wollte ich üben, und mir mehr Zeit für die wirk­lich wichti­gen Dinge im Leben nehmen (genau nach­le­sen kann man es in diesem Artikel)…

Na, mir gehts wohl wie den Meis­ten: es klappt manch­mal, aber nicht immer. Geduld ist noch immer meine starke Seite nicht, und ich bin im Abwarten und Füße still­hal­ten nicht so gut wie im Los­ga­lop­pieren. Dabei bin ich durch widrige Umstände wieder mal zum Abwarten gezwun­gen und kann noch lange nicht so losle­gen wie ich gerne möchte, ich ers­pare mir und Ihnen mal die Details. Es sei nur gesagt, dass ich erst zum Win­terse­mes­ter starten kann, und da ist es noch ein paar Wochen hin. Grum­mel. Es fällt mir sehr schw­er, bei der neuer­lichen erzwun­genen Wartezeit die gute Laune nicht zu ver­lieren.

Pos­i­tiv zu ver­merken ist: ich bin seit Jan­u­ar Nich­traucherin. Nicht rück­fäl­lig gewor­den, auch wenn hier noch zwei ungeöffnete Schachteln Zigaret­ten und einige Feuerzeuge liegen. Ich kön­nte, wenn ich wollte, aber ich tu nicht. Drück­en sie mir die Dau­men, dass ich das weit­er so gut durch­halte.

Was ist mit mehr Zeit für die wirk­lich wichti­gen Dinge? Das ist mir so teils teils gelun­gen. Ich pflege meine Fre­und­schaften und Fam­i­lien­beziehun­gen und nehme mir auch Zeit für meine wichtig­sten Wegge­fährten, aber da wir lei­der so ziem­lich durch Deutsch­land ver­streut sind und die Beziehun­gen haupt­säch­lich tele­fonisch geführt wer­den, ist das gar nicht so leicht. Wenn ich wenig­stens ein, zwei Fre­undIn­nen hier in München hätte, mit denen man ab und zu was unternehmen kann, wäre es ein­fach­er. Aber neue Fre­unde find­en sich nicht so leicht — schon gar nicht, wenn man älter und zugegeben eigen­bröt­lerisch­er wird. Mal sehen, ob sich da an der Uni was ändert, da bin ich schon sehr ges­pan­nt.

Eine wichtige Fre­und­schaft habe ich reak­tiviert. Ich war wegen ein­er per­sön­lichen Sache sauer auf die betr­e­f­fende Per­son, und habe mich ein halbes Jahr lang nicht mehr gemeldet. Dann ist es mir zu blöd gewor­den, ich hab angerufen und gesagt: sind wir wieder gut? Du fehlst mir! Und wir sind wieder gut, ohne unnötiges Nachtarock­en und ohne unnützes Aufwär­men alter Geschicht­en. Ich freu mich wie Bolle dass das so gut geklappt hat!

Was war da noch an wichti­gen Din­gen, für die ich mir mehr Zeit nehmen wollte? Ganz all­ge­mein es ruhiger ange­hen zu lassen, und das Leben ins­ge­samt etwas relax­ter zu sehen. Gelang mir bis­lang mit­telgut. Am Besten hab ichs noch hingekriegt, wenn das Wet­ter so schön war, dass sich ein Aus­flug zum See lohnte, da war ich heuer im Früh­som­mer ganz viel und hab Faulen­z­ertage genossen. Was ich da gemacht habe? Nix. In der Sonne oder an sehr heis­sen Tagen auch im Schat­ten gele­gen, gebadet, Nick­erchen gemacht. Auf dem Heimweg auf ein leicht­es Weizen im Bier­garten vor­beigeschaut, und mir danach zuhause noch ein leck­eres Aben­dessen zubere­it­et. Son­st: nix gemacht, nur entspan­nt. Diese Poli­tik habe ich im Juli im Urlaub weit­er­ver­fol­gt, ich hab da auch sehr erfol­gre­ich nix gemacht auss­er den ganzen Tag das Wet­ter beobachtet, Baden gegan­gen und Abends Essen zubere­it­et. Ich hab noch nicht ein­mal ein Strickzeug in die Hand genom­men, so faul war ich. War pri­ma! 🙂

Bei schlechterem Wet­ter, wenn ich notge­drun­gen zuhause bleiben musste, ist das mit dem Relax­en lange nicht so leicht gewe­sen. Ich kann ein­fach nicht auf dem Sofa sitzen und nichts tun, ich muss mich immer irgend­wie beschäfti­gen, wenn ich daheim bin. Han­dar­beit­en oder Com­put­ern,  Basteln oder Handw­erk­ern oder in der Küche werkeln, irgend­was muss ich immer machen. Dabei ver­brösel ich mich lei­der oft, immer dann wenn ich an zu vie­len Pro­jek­ten gle­ichzeit­ig arbeite, dann bricht hier in der Woh­nung gern mal das Chaos aus, und ich muss die Not­bremse ziehen und erst mal wieder klar Schiff machen. Ich wollte ja mit meinen Ren­ovierungsar­beit­en in der Woh­nung weit­erkom­men, aber daraus ist noch nicht viel gewor­den, ich hab das Wohnz­im­mer umge­baut und entrüm­pelt, und das wars erst­mal. Wenig­stens habe ich schon einen Plan, wie es im Schlafz­im­mer weit­erge­ht, ich werde eins mein­er zeitrauben­deren Char­i­ty-Pro­jek­te sachte entschlafen lassen, ich hab ein­fach nicht den Platz, die Sachen immer hier zwis­chen­zu­lagern. Das habe ich mir jet­zt für den Herb­st vorgenom­men, mal sehen wie ich es am besten löse.

Das mit dem Abwarten üben wir noch, da bin ich noch nicht wirk­lich gut. Na ja. Die paar Wochen bis zum Win­terse­mes­ter krieg ich auch noch rum, und dann sehen wir weit­er. Ich werde bericht­en!

19. August 2019
von admin
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Meine heimische Manufaktur: warum ich so oft in Serien arbeite

Ich bin im zweit­en Beruf Kün­st­lerin. Ich male nicht nur, ich fer­tige auch aller­hand schöne Dinge in den ver­schieden­sten Tech­niken. Tex­tiles Han­dar­beit­en ist mein am häu­fig­sten aus­geübtes Kun­sthandw­erk, ich bin nie ohne mehrere ange­fan­gene Strick- oder Häke­lar­beit­en, an denen ich abwech­sel­nd arbeite. In mein­er Woh­nung lagern wun­der­volle Wol­lvor­räte für zukün­ftige Pro­jek­te, und meine fer­ti­gen Strick-Pro­duk­te find­en in mein­er Fam­i­lie und bei meinen Fre­undIn­nen reis­senden Absatz.

Han­dar­beit­en hat in unser­er Fam­i­lie Tra­di­tion, ich habe es schon als ganz kleines Mäd­chen von Mami und Oma abgeschaut und mir die Fin­ger­fer­tigkeit und das Kön­nen angeeignet, nicht nur nach Anleitung Strick­en und Häkeln zu kön­nen, son­dern meine eige­nen Mod­elle zu entwer­fen. Da war vor allen Din­gen die Oma eine fan­tastis­che Lehrerin, sie war ja Schnei­derin (Modis­tin! Ja, Oma, hast ja recht!) und wusste alles über Maßnehmen und Paß­form von selb­st­genäht­en Klei­dungsstück­en.

Der größte Schatz in Omas Ate­lier war ihr Fun­dus von selb­st gefer­tigten Papier­schnit­ten. Da gab es für jede ihrer Kundin­nen eine ganze Samm­lung von her­vor­ra­gend passenden Schnittmustern, für einen Blaz­er und einen Man­tel, für eine Bluse und eine Weste und einen Cardi­gan, für Hosen, Röcke, Dirndl und Abend­klei­der. Meine Oma kaufte auch jeden Monat die Bur­da, das war ihre Quelle der Inspi­ra­tion, aber Nähen tat sie nicht  nach den Bur­daschnit­ten, son­dern nach denen, die sie sel­ber angepaßt und nach den Massen ihrer Kundin­nen bear­beit­et hat­te.

Da wurde nicht jedes­mal das Rad neu erfun­den, da kam zum Beispiel das Fräulein Het­ty und brauchte einen marineblauen Blaz­er im Matrosen­stil für den Urlaub in Süd­frankre­ich. Pri­ma, sagte die Oma, ging in ihren Fun­dus und holte den erprobten Blaz­er­schnitt für Fräulein Het­ty aus ihrer Samm­lung. Dafür nehmen wir einen marineblauen Woll­gabar­dine, den gibts bei Weipert, und Goldl­itze sowie Mess­ingknöpfe zum Aus­putzen, die holen wir bei Beck am Rathauseck.

Das Fräulein Het­ty wurde dann nur zur Sicher­heit nochmal ver­messen, für den Fall dass sie unbe­merkt ein paar Pfund zu- oder abgenom­men haben sollte, und die Maße mit dem Schnitt ver­glichen. Passte alles, dann legte die Oma los, und spätestens nach ein­er Woche war der neue Marineblaz­er für Fräulein Het­ty fer­tig zur ersten Anprobe.

Die Oma arbeit­ete also immer zumin­d­est in Klein­se­rien, statt jedes­mal einen nagel­neuen Schnitt an die Kundin anzu­passen, nahm sie Bewährtes und gut Passendes, und vari­ierte es mit ihrem Geschick und ihrem stil­sicheren Mode-Empfind­en nur in Details. Die Paß­form blieb, das Revers zum Beispiel sah bei jedem Mod­ell anders aus, Län­gen und Ärmel­vari­anten wur­den angepasst, und natür­lich wirk­te schon jed­er Stoff wieder anders, da kam garantiert keine Langeweile auf. Damit pflegte sie auch die immer langjähri­gen Beziehun­gen zu ihren Kundin­nen, bei Oma Lat­ta gab es maßgeschnei­derte Cou­ture zu fam­i­lien­fre­undlichen Preisen, eben weil sie nicht für jedes Stück das Rad neu erfind­en musste.

Dieses Prinzip, dass man ein funk­tion­ieren­des Grund­mod­ell hat, von dem man immer wieder Vari­anten fer­ti­gen kann, übertrug Oma auch auf ihre son­sti­gen Han­dar­beit­en, und ich habe es von ihr über­nom­men. Ich habe einige Ord­ner voll mit selb­st­geschriebe­nen Anleitun­gen zum Strick­en, Häkeln und Nähen, und greife immer wieder auf Bewährtes zurück. Sock­en aus Regia in mehreren Größen, die immer beliebten Rip­pen­schals auf der Strick­mas­chine, Babysnif­ferchen für meine Char­i­ty-Pro­jek­te, die beliebten Herb­st­blat­tl-Hand­stulpen, noch ’ne Weste im Muschel­muster — ich habe ‑zig Grund­muster, von denen ich immer wieder mit grossem Erfolg Vari­anten her­stelle. Das hat ganz viel damit zu tun, dass ich Han­dar­beit­en als Handw­erk­skun­st ver­ste­he und ausübe, und meinen Fun­dus an funk­tion­ieren­den Anleitun­gen als Betrieb­skap­i­tal anse­he. Wie zum Beispiel auch ein Möbelschrein­er  sein Grund­wis­sen über die Fer­ti­gung  von Tis­chen, Stühlen und Schränken ein­set­zt, und nicht jedes­mal wieder eine Tür­pas­sung oder eine Arm­lehne neu erfind­en muss.

Ich nehme auch manch­mal dieses Strick­muster von jen­er Jacke, die Länge und Weite von dieser Weste, die Knopfleiste von diesem Stück und den Hal­sauschnitt hier­von. Ich kupfere bei mir sel­ber ab was das Zeug hält, und fer­tige daraus Neues und Passendes. Aber wesentlich öfter nehme ich mir ganz relaxed ein funk­tion­ieren­des Grund­mod­ell, arbeite es so wie ich es schon ‑zig mal gemacht habe, und freue mich wenn es wieder mal pri­ma funk­tion­iert. Puris­ten mögen da in Frage stellen, inwieweit es eine kreative Leis­tung ist, wenn man immer wieder das selbe macht, aber ich sehe das nicht so eng. Ich freu mich wenn etwas Gescheites her­auskommt bei meinen Han­dar­beit­ereien, und meine Kund­schaft (Familie&Freunde) freut sich über Selb­st­gemacht­es aus mein­er Werk­statt, immer wieder.

Das geht sog­ar noch einen Schritt weit­er: ich be-han­dar­beite meine Kund­schaft schon seit vie­len, vie­len Jahren, und mit der Zeit nagt dann doch deren Zahn an manchem Lieblingsstück. Da kommt dann oft der Hil­fer­uf: ach Evi, kannst du mir nicht nochmal so eine/n (Dings­bums) strick­en, der/die/das Alte geht lei­der kaputt! Dann bin ich froh, wenn ich in meinen Aufze­ich­nun­gen eine Doku­men­ta­tion finde, wie ich besagtes Lieblingsstück damals gew­erkt habe. Ein exak­tes Dup­likat ist zwar in den sel­tensten Fällen möglich, meis­tens gibts die Wol­lqual­ität und/oder die Farbe nicht mehr. Aber die Machart lässt sich meis­tens duplizieren, und ich finde in meinen Vor­räten meis­tens ein Mate­r­i­al, das dem Orig­i­nal zumin­d­est nahekommt. Boah, wenn ichs hingekriegt habe ist die Freude gross! Und das faden­scheinig gewor­dene Orig­i­nal wird in den wohlver­di­en­ten Ruh­e­s­tand ver­set­zt.

Notiz am Rande: Lieblingsstrick­sachen wer­den in unser­er Fam­i­lie übri­gens durch die Bank getra­gen und benutzt, bis sie kom­plett löcherig und faden­scheinig sind, und mit kein­er Fin­ger­fer­tigkeit der Welt mehr zu richt­en. Da hil­ft dann nur die kom­plette Rep­lika­tion, mit Restau­rierung ist da meis­tens nichts mehr zu machen. Na, paßt schon — ein guter Handw­erk­er beherrscht im Not­fall auch die Kun­st des sachgerecht­en Neubaus 🙂

17. August 2019
von admin
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Schreibzeug statt Tablet: Back to the Roots

Eigentlich wollte ich mir für die Uni ein schniekes kleines Tablet zule­gen, mit Blue­tooth-Tas­tatur und Touch­pad. Die Idee dabei war, immer mein elek­tro­n­is­ches Büro dabei­haben zu kön­nen und z.B. Vor­lesungsmitschriften gle­ich im Anschluss einzu­tip­pen, solang ich die Sachen noch frisch im Kopf habe.

Dann habe ich mich etwas einge­hen­der mit e‑learning bzw. Ler­nen am Com­put­er beschäftigt, wie bere­its im vorigen Artikel nachzule­sen ist: E‑Learning: Erken­nen oder Erin­nern

Ergeb­nis der Nach­forschun­gen und mehrerer inter­es­san­ter Diskus­sio­nen mit meinen guten Fre­undin­nen und Fre­un­den: ich pro­biers anders. Um nicht in die e‑learn­ing-Falle zu tap­pen, näm­lich das Wis­sen zwar auf der Fest­plat­te gespe­ichert zu haben, aber nicht im Kopf, gehe ich es anders an. Ich hab mir ein schönes Schreib­set gekauft, einen Kuli und einen Druck­bleis­tift in fein­er Qual­ität und edler Optik. Dazu Schreib­blocks und Ring­buchein­la­gen, Ring­büch­er habe ich noch (orig­i­nal 80er Jahre Design) und Reg­is­ter und Trennblät­ter auch, da bin ich gut aus­ges­tat­tet.

Dann hab ich gle­ich mal geübt: ein Strick­muster hand­schriftlich ent­wor­fen, probegestrickt und hand­ko­r­rigiert, bis es gepaßt hat. Erst dann habe ich es in den Com­put­er reingek­lopft, und damit war ich nul­lkom­manix fer­tig, weil ich es schon auswendig kon­nte.

So, denke ich mir, klappt das mit dem Ler­nen wahrschein­lich bess­er. Ich werde meine Mitschriften hand­schriftlich ins Reine schreiben, und nur in den Com­put­er tip­pen, wenn es unbe­d­ingt sein muss. Über den Weg Auge-Hirn-Hand-Papi­er bleibt halt doch deut­lich mehr hän­gen.

Natür­lich wird heutzu­tage ver­langt, dass Hausar­beit­en etc. in elek­tro­n­is­ch­er Form ver­fasst und sauber aus­ge­druckt abgegeben wer­den. Aber das  ist was anderes, da ist die saubere For­matierung der let­zte Schliff, die Arbeit muss man sich schon machen. Dafür kann man dann auch die Rechtschreibprü­fung nutzen, das kann ich schon gut gebrauchen, weil ich ein biss­chen Kraut und Rüben schreibe, was das Englis­che ange­ht: British und US in bunter Mis­chung, das geht natür­lich für die Uni nicht. Da muss ich mich für eine Vari­ante entschei­den und dann dabeibleiben.

Vielle­icht stellt sich im Lauf des Semes­ters ja auch her­aus, dass ein Tablet zum Tex­ter­fassen doch Sinn macht, dann kann ich mir immer noch eins holen. Aber ich fang jet­zt mal hand­schriftlich an, und sehe wie weit ich komme. Back to the Roots — ich habe eigentlich schon immer gerne mit der Hand geschrieben. Und wenn ich ein biss­chen übe, ist meine Hand­schrift auch hüb­sch leser­lich, auch wenn sie keinen Schön­heit­spreis gewin­nt. Das wird eine span­nende Sache — ich werde bericht­en!

12. August 2019
von admin
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E‑Learning: Erkennen oder Erinnern

Ler­nen ohne Com­put­er ist heutzu­tage fast undenkbar. Schon in der Grund­schule wird gegooglet was das Zeug hält, und da geht es schon los mit der Tücke der Meth­ode: Lösun­gen wer­den abge­spe­ichert und bei Bedarf wieder aufgerufen, man merkt es sich nicht im Kopf, man benutzt den Com­put­er als externe Mem­o­ry fürs eigene Gehirn. Die Smart­phone- und Tablet­nutzer wer­den immer jünger, und sie sind nur mit roher Gewalt von ihrem mobilen Inter­net­zu­gang zu tren­nen. Ich rede hier mal noch gar nicht von Social Media, es geht schon damit los dass für jede noch so triv­iale Frage die Lösung zuerst im Inter­net gesucht wird, statt das eigene Erin­nerungsver­mö­gen einzuschal­ten.

Im Englis­chen gibt es dafür zwei sehr fein unter­schei­dende Begriffe, Recog­ni­tion und Recall, das sind Wieder­erken­nung und Entsin­nen. Recog­ni­tion ist das, was beim Googlen am schnell­sten greift. Man erken­nt anhand von Satzfrag­menten und Wort­fet­zen sehr schnell, ob der Google-Ein­trag eine Lösung für mein aktuelles Prob­lem bieten kön­nte, und wenn dem so ist, set­ze ich ein Book­mark, damit ich die Lösung auch wiederfinde, wenn ich sie brauche.

Recall funk­tion­iert anders. Dabei nimmt man sich konzen­tri­ert einen Augen­blick Zeit, geht in das eigene Erin­nerungsver­mö­gen und fördert Wis­sen zutage, das man sich durch Übung, Erfahrung und Wieder­hol­ung erwor­ben hat. Dieses Wis­sen ist ein Schatz, und auch ganz ohne Inter­net nutzbar. Jed­er hat da seine eige­nen Schätze, ich zum Beispiel habe eine ganze Daten­bank voller Kochrezepte in meinem Ober­stübchen abge­spe­ichert, eine mein­er besten Fre­undin­nen hat hun­derte von Gedicht­en auswendig parat, und das sind nur winzige Bruchteile dessen, was das men­schliche Gehirn so abspe­ich­ern kann. Sprachen und Vok­a­beln spe­ichert man dort oben ab, auch Pro­gram­mier­sprachen, wobei hier die Gren­zen fliessend sind.

Ich habe in den 1980er Jahren meine erste Pro­gram­mier­sprache Stan­dard-Pas­cal gel­ernt, damals noch mit Lochkarten und schriftlich­er Aus­gabe an Decwriter-Ter­mi­nals. Der Unter­richt fand zum grössten Teil the­o­retisch statt, wir lern­ten Daten­typen und Sprachele­mente von der Pike auf, den Unter­schied zwis­chen for.. next und do…while, repeat…until und do…case haben wir uns reinge­zo­gen bis wir es im Schlaf beherrscht­en. Denn die Rech­n­erzeit war knapp bemessen und teuer, wir kon­nten es uns nicht erlauben bei der Eingabe viele Fehler zu machen oder gar durch aus­pro­bieren Fehler auszumerzen, das musste möglichst schon im ersten Anlauf klap­pen.

Von dieser soli­den Basis habe ich mein ganzes Beruf­sleben lang prof­i­tiert, ich habe neue Pro­gram­mier­sprachen immer auf das alte Fun­da­ment auf­bauen kön­nen, ohne jemals die Grund­la­gen nochmal nach­schla­gen zu müssen. Die habe ich parat in meinem Gehirn, das sitzt und ist bei Bedarf sofort abruf­bar. Ein Array ist ein Array, ein Inte­ger und ein Float sind in jed­er Pro­gram­mier­sprache ähn­lich definiert, man macht immer gerne Off­set-by-One-Fehler, und die Son­der­be­hand­lung der deutschen Umlauts ist fast über­all ein Kapi­tel für sich. Ob Pas­cal oder C#, Visu­al Basic, PHP oder Javascript, der Wieder­erken­nungswert ist hoch, am ehesten macht einem noch die Gram­matik und Inter­punk­tion zu schaf­fen. Kommt am Zeile­nende ein ; oder ein <br>, wie benen­nt man Vari­able ($test, test01) und Kon­stan­ten, nimmt man bei Strings dop­pelte ” oder ein­fache ’ Hochkom­ma­ta, das sind so die kleinen Stolper­steine, wenn man zwis­chen unter­schiedlichen Pro­gram­mier­sprachen wech­selt. Anson­sten: ich bekenne mich schuldig, neue Pro­gram­mier­sprachen lerne ich per Google und Copy&Paste, und mir reicht es wenn ich weiß wo ich eine Lösung gespe­ichert habe, ich muss nicht alles auswendig kön­nen.

Ich habe allerd­ings in fast 30 Jahren Beruf­sleben nur ein­mal (in der IHK-Prü­fung zum Fach­in­for­matik­er) eine Klausur schreiben müssen, in der man keinen Com­put­er benutzen durfte, und die hab ich auch nur mit Ach und Krach geschafft. Den prak­tis­chen Teil der Prü­fung, ein Pro­gram­mier­pro­jekt, hab ich dafür mit 100 von 100 Punk­ten abgeschlossen, das hats dann wieder aus­geglichen. Aber die theoretisch/schriftliche Prü­fung war ein Desaster, ich hat­te ja den Stoff nicht im Kopf, son­dern nur auf meinem Note­book abge­spe­ichert. Das blüht jedem, der auss­chliesslich am Com­put­er lernt: kein Com­put­erzu­griff, keine Erin­nerung, Prü­fung versem­melt.

Das ist jet­zt im richti­gen Leben, speziell im Beruf­sleben, nicht wirk­lich ein Bein­bruch. Im Nor­mal­fall hat man ja am Arbeit­splatz immer Com­put­er- und Inter­net-Zugriff, und es wird auch nicht erwartet dass man auf den Schlag Prob­lem­lö­sun­gen wie Kar­nick­el aus dem Zauber­hut zieht. Im Regelfall wird man erst­mal recher­chieren, dabei aus mehreren Lösun­gen die prak­tik­a­bel­ste aus­suchen und auf die aktuellen Prob­leme anpassen. Anders gehts auch gar nicht mehr, nie­mand hat mehr die Zeit neue Pro­gram­mier­sprachen, Konzepte und Stan­dards von der Pike auf zu ler­nen. Man springt eigentlich immer ins kalte Wass­er, mit Tante Google als Ret­tungsleine. Ohne die unzäh­li­gen Sup­port­foren und Online-Tuto­rien, ohne Code­samm­lun­gen und Pro­gramm­bib­lio­theken kann in der IT heutzu­tage nie­mand mehr arbeit­en. Nie­mand kann das alles im Kopf haben, dazu gibt es zu schnell zu viel Neues auf allen Gebi­eten.

Das erfordert aber noch eine ganz andere Fähigkeit: man muss in der Lage sein, Lösun­gen auch wiederzufind­en. Und das geht nur mit Diszi­plin und Selb­stor­gan­i­sa­tion — es hil­ft sehr, wenn man sich mal eine sin­nvolle Struk­tur von Desk­top und Fest­plat­te (auch externe bzw. Serververze­ich­nisse) über­legt hat, und sich dann auch daran hält. Und alle paar Jahre mal sollte man Großreinemachen… ich habe sehr sel­ten Pro­gramm­bib­lio­theken noch ein­mal gebraucht, wenn sie ein­mal älter als 10 Jahre waren. Ein guter Zeit­punkt dafür ist es, wenn man sich einen neuen PC zulegt, dann kann man bei der Datenüber­nahme gle­ich mal Großputz machen. Ich lagere sel­ten benutzte Soft­ware dann gern auf eine externe Fest­plat­te aus, damit ich im Not­fall doch wieder dran kann, habe das allerd­ings noch kaum gebraucht. In der extrem schnel­llebi­gen Branche, die ich mir aus­ge­sucht habe, darf man auch get­rost vieles ein­fach wieder vergessen, weil man es garantiert nie wieder braucht.

Bei der stetig steigen­den Infor­ma­tions­flut, die tagtäglich auf jeden von uns nieder­pras­selt, muss man sog­ar gezielt das schnelle Vergessen üben, damit man sich das Gehirn nicht mit nut­zlosem Schrott ver­stopft.

Eine beliebte Meth­ode ist es, sich alles irgend­wie (als Link, Book­mark, Screen­shot…) abzus­pe­ich­ern, wenn man glaubt es irgend­wann wieder gebrauchen zu kön­nen. Das ver­stopft Fest­plat­ten und USB-Sticks, das geht Mega- und Giga­byteweise in die Cloud und treibt da im Zweifels­fall die Kosten hoch, und kein Men­sch find­et jemals etwas wieder. Vergesst es ein­fach — min­destens 99% von dem ganzen Schot­ter inter­essiert in ein paar Tagen (oder Wochen, Monat­en, Jahren) kein Schwein mehr. Da ist es oft schlauer, neu zu googlen, als in der end­losen Spe­icher­platzwüste etwas wiederfind­en zu wollen. Mut zum Vergessen — und es ist sog­ar wahrschein­lich, dass es inzwis­chen eine schlauere Lösung für ein bes­timmtes Prob­lem gibt. Zum Beispiel eine neue Pro­gram­mier­sprache, einen neuen Stan­dard, eine neue Methodik. Und dann frisch auf, wir ler­nen etwas ganz Neues — das macht Spaß und ist Gehirn­jog­ging vom Fein­sten. Ich nehme mir die Frei­heit, weit­er mit ein­er Kom­bi­na­tion aus Recall (Grund­la­gen­wis­sen) und Recog­ni­tion (ergooglete Lösun­gen und Codesnip­pets) zu arbeit­en. Zumin­d­est am Arbeit­splatz. Wenn ich wieder mal in die Ver­legen­heit kom­men sollte, eine Klausur ohne Com­put­er schreiben zu müssen, werde ich anders ler­nen müssen, dann muss der Stoff ins Gehirn, nicht auf die Fest­plat­te. Wenn man sich das klar macht, kann man andere Lern­strate­gien ein­set­zen, und dann klappts auch mit der Prü­fung. Mal sehen — zum Aben­teuer Ler­nen wird es hier sich­er noch ein paar Artikel geben, da hab ich noch viel vor. Bis dann viel Spaß beim Abspe­ich­ern und Wiederfind­en! 🙂

1. Januar 2019
von admin
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Good things come to those who wait: meine kleine Neujahrsansprache

Ich machs auch nicht anders als die meis­ten: zum Start eines neuen Jahres fasse ich gute Vorsätze, ein­fach weil es eine gute Zeit ist, Resümee zu ziehen und dies zu tun. Mein Hauptvor­satz für 2019: ich will mehr Geduld üben. Muss ich auch ganz prag­ma­tisch, weil meine Pläne fürs neue Jahr jet­zt erst mal eine Wartezeit erfordern, ich muss noch cir­ca drei Monate lang die Füsse still hal­ten, ehe es mit einem neuen, grossen Pro­jekt weit­erge­ht.

Geduld ist meine starke Seite nicht, noch nie gewe­sen. Ich bin ja sel­ber von der schnellen Truppe und erledi­ge viele Dinge wenn es geht sofort, ratz­fatz und schnack­bumm­bäng 🙂 Das muss man in meinem Beruf auch kön­nen, das Arbeit­stem­po in der IT ist hals­brecherisch, da hat man nie Zeit sich erst­mal in aller Ruhe zu über­legen, wie man etwas ange­ht, da muss man ohne Gezeter ran an die Bulet­ten und Lösun­gen liefern, möglichst schon Vorgestern. Damit wird es einem zwar nie lang­weilig, aber so richtig gesund ist dieses Höl­len­tem­po auf die Dauer auch nicht, das artet nor­maler­weise in Stress aus und in viele Über­stun­den und Woch­enend­schicht­en. Das hält auch der hart­ge­sot­ten­ste alte ITler nicht jahre­lang aus, das geht oft ger­aden­wegs in den Burnout. Da ich allerd­ings jet­zt in der glück­lichen Lage bin, mir meine Pro­jek­te sel­ber steuern zu kön­nen, ist der Einzige der mir Druck macht ich sel­ber, und genau da will ich die Bremse anziehen.

Ich hab da heute einen net­ten Artikel von Hen­ry Lath­am über die Geduld, und wie wir sie in unser­er Zeit ver­lernt haben gele­sen, hier ist der Link:

https://medium.com/the-polymath-project/societys-problem-with-patience-a6b54a51b365

Er bringt unter anderem ein schönes Zitat von Leo Tol­stoj:

“Die bei­den mächtig­sten Krieger sind Geduld und Zeit.”

Das haben wir in unserem schnellebi­gen Zeital­ter fast alle vergessen. In Zeit­en von Instant Infor­ma­tion & Instant Grat­i­fi­ca­tion muss alles sofort passieren: wir wollen sofort Infor­ma­tio­nen ergooglen, wollen sofort am Smart­phone errre­ich­bar sein, und sofort ein Star oder ein erfol­gre­ich­er Start­up wer­den ist auch so eine Seifen­blase, der Mil­lio­nen hin­ter­her­hecht­en, weil es von den Medi­en so gepusht wird. Sendun­gen wie “The Voice of Ger­many” gaukeln einem vor, dass man über Nacht zum Star wer­den kann, und lassen die Jahre der Vor­bere­itung und der harten Arbeit bewusst aussen vor. Ein Fin­ger­schnip­pen muss genü­gen und dann muss sofort passieren was wir uns wün­schen, so sieht das heutzu­tage in den Medi­en aus.

Es gibt ein nettes altes amerikanis­ches Sprich­wort, das lautet: “Good things come to those who wait”, wörtlich: “Gute Dinge kom­men zu denen, die warten kön­nen.” Das möchte ich mir mehr zu Herzen nehmen. Nathan Sykes hat ein hüb­sches Lied mit einem sehr ein­fühlsamen Text daraus gemacht, hier ist ein schnuck­e­liges Video davon:

Es fängt an mit dem Text (sin­ngemäss): “Es ist kein Not­fall, keine Sire­nen vor mir, nichts hält mich davon ab, meinen Weg zu gehen…”

Die Lyrics han­deln davon, dass man an seinem Platz bleiben und in aller Ruhe abwarten kann, dass man sich nicht abhet­zen muss, weil es sowieso nichts bringt, dass man kurz gesagt mit Geduld eher weit­erkommt als mit hek­tis­chem Aktion­is­mus. Das Lied ist ein schön­er Ohrwurm, und die Mes­sage ver­suche ich mir zu Herzen zu nehmen.

Da ich aber im Nicht­stun und nur Abwarten ganz,  ganz schlecht bin, werde ich noch viel üben müssen. Ich hab ja Tausend Klein­pro­jek­te im Bere­ich Kun­st, Hob­by und Handw­erk, ich werde denen mehr Raum geben, solange ich noch abwarten muss mit der grossen neuen IT-Her­aus­forderung. Ich hab ja sog­ar ein recht ehrgeiziges neues pri­vates Pro­gram­mier­pro­jekt, mit dem ich mich sich­er viele Stun­den und Tage beschäfti­gen kön­nte, aber die ganze Zeit nur am Com­put­er zu sitzen ist auch nicht gesund. Das lim­i­tiere ich mir auf wenige Stun­den pro Tag, und anson­sten werde ich mich in der näch­sten Zeit jet­zt eher den schö­nen Kün­sten wid­men — und mein­er Woh­nung, die ist näm­lich noch nicht fer­tig ren­oviert. Und anson­sten werde ich Geduld haben, die paar Monate gehen auch vor­bei. Es tut meinen Fre­und­schaften und Bekan­ntschaften sich­er auch gut, wenn ich mal nicht wie eine Wilde vorneweg galop­piere, son­dern mal einen Zack­en langsamer fahre und auch mal drauf schaue, ob die anderen auch mitkom­men. Das über­sieht man näm­lich sehr gerne, wenn man das Leben auf der Über­hol­spur fährt: es wird ganz schnell ein­sam da vorne.

Dann lieber abwarten und Tee trinken.… und auch mal gute Fre­unde dazu ein­laden. Denn, so ste­ht es sehr wahr auf mein­er schön­sten Wei­h­nacht­spostkarte: es sind die Begeg­nun­gen mit Men­schen, die unser Leben lebenswert machen. Und das passt per­fekt zu meinem guten Vor­satz fürs neue Jahr. Mehr Geduld üben, mehr Zeit für die wirk­lich wichti­gen Dinge des Lebens nehmen. Ich pro­biers mal — und ich werde bericht­en, wie es mir gelingt.

Ich wün­sche allen ein wun­der­bares neues Jahr, und mögen eure guten Vorsätze so wahr wer­den, wie ihr es euch wün­scht!

prostneujahr

prost­neu­jahr

23. Dezember 2018
von admin
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20.000 mal am Tag — wie schnell schalten sie?

Wenn man den gängi­gen Unter­suchun­gen und Stu­di­en glauben soll, trifft ein Men­sch in unser­er heuti­gen Zeit unge­fähr 20.000 Entschei­dun­gen am Tag, manche sagen auch 30.000 und mehr. Das ist ein Haufen Holz — zig­tausend Mal ja oder nein, oder dies oder das, oder gar auch noch mehrere Möglichkeit­en zur Auswahl. Logisch, dass da die meis­ten Entschei­dun­gen blitzar­tig und ohne gross­es Nach­denken gefällt wer­den, dafür haben wir unseren Instinkt, unsere erwor­be­nen Erfahrun­gen und unser Bauchge­fühl. Wenn man sich näm­lich lange mit gedanklichen Abwä­gun­gen aufhält, kommt man gar nicht durch den Tag, das muss alles in ein­er affe­nar­ti­gen Geschwindigkeit passieren. Vieles davon ist auch triv­ial und anscheinend ohne grosse Kon­se­quen­zen. Anscheinend.

Hau ich mor­gens meinem Weck­er nochmal auf die Snooze-Taste? OK, aber dann fehlen mir nach­her die fünf Minuten beim Früh­stück, und es reicht nicht mehr für die zweite Tasse Kaf­fee, weil ich aus dem Haus muss. Das hat zur Folge, dass mein Gehirn noch nicht ganz wach ist beim Aut­o­fahren, und ich die Entschei­dung, ob ich bei der Ampel bei Gelb noch anhalte oder ob ich weit­er­fahre nicht rechtzeit­ig fälle — und prompt Rot und den fre­undlichen Blitzer erwis­che. Was wiederum zur Folge hat, dass ich schon verärg­ert und ange­fressen im Büro erscheine und den Kol­le­gen, der jet­zt in der Früh schon etwas von mir will erst­mal anblaffe, statt ihm zuzuhören — dabei hätte der eine wichtige Lösung für ein Prob­lem, an dem wir schon tage­lang herumkauen. Deswe­gen musss ich dem Chef, der wenig später nach dem Stand der Dinge fragt, lei­der mit­teilen dass wir noch keinen Schritt weit­er sind, und der entschei­det prompt, das dem Kun­den auch so mitzuteilen und schlechte Pub­lic­i­ty für unser Team zu pro­duzieren. Ganz davon abge­se­hen dass der Abga­beter­min für das Pro­jekt nochmal ver­schoben wer­den muss, und die Buch­hal­tung entschei­den muss dass vor­läu­fig noch keine Rech­nung gestellt wer­den kann.… und das alles bloss, weil ich auf die Snooze-Taste gehauen habe!

Ich hab das jet­zt nicht wirk­lich über­trieben, so laufen Entschei­dungs­ket­ten nun­mal ab — sobald men­schliche Gehirne involviert sind, kann man keine strikt logis­che Kausalkette mehr berech­nen wie es zum Beispiel beim Ablauf eines Com­put­er­pro­gramms der Fall ist. Men­schen entschei­den oft aus nicht ratio­nalen Grün­den, das müssen sie tun, weil sie so unter Zeit­druck ste­hen. Ganz beson­ders schlimm aus­geprägt ist das in mein­er Branche, der Infor­matik. IT-Pro­jek­te ste­hen notorisch unter Voll­dampf und hät­ten immer gestern schon fer­tig sein müssen,weil irgend jemand bei der Ein­schätzung des voraus­sichtlichen Zeitbe­darfs und Arbeit­saufwan­des kom­plett falsch entsch­ieden hat. Das kommt daher, weil man sich in den meis­ten Fällen mit neuen und uner­probten Tech­nolo­gien herum­schla­gen muss und nicht auf Bewährtes und jahre­lang Geübtes zurück­greifen kann, deswe­gen gehen so viele Pro­jek­tentschei­dun­gen in der IT auch kom­plett in die Hosen.

Hätte ich meinen Jugend-Beruf­swusch ver­wirk­licht und Möbelschrein­er gel­ernt, würde ich ganz anders arbeit­en kön­nen. Das Schrein­er­handw­erk ist ein tra­di­tion­sre­ich­er, altehrwürdi­ger Beruf, und ein Tisch oder Stuhl aus Holz wird heute nicht viel anders gefer­tigt als vor vie­len hun­dert Jahren schon. Es gibt erprobte Bemas­sun­gen und Arbeitsweisen — wie hoch soll die Sitzfläche oder die Tis­chhöhe sein, welche Verzap­fung ver­wen­det man für eine gefugte Rück­en­lehne, wie mon­tiert man die Tis­chbeine an der Zarge so dass sie nicht wack­eln und sta­bil bleiben. Man kann auf einen Jahrhun­derte alten Erfahrungss­chatz zurück­greifen, das wird jedem Lehrling beige­bracht und jed­er junge Meis­ter ver­fein­ert und ver­vol­lkomm­net das altüber­lieferte Wis­sen, ehe er es mit seinen eige­nen Ideen anre­ichert und sein Meis­ter­stück anfer­tigt. Die Werkzeuge — Säge, Bohrer, Hobel, Schleifgerät — sind auch seit Jahrhun­derten die sel­ben, nur wird heute vieles elek­trisch angetrieben, was man früher mit Dampf, mit Wasserkraft oder mit reinem Irx­en­schmalz (bayr. für Muskelkraft) machte. In tra­di­tionell geführten Werk­stät­ten arbei­t­ende Möbelschrein­er lei­den höchst sel­ten unter Stress, und Burnout ist ein nahezu unbekan­ntes Phänomen in der Branche. Bei den ITlern erwis­chts nahezu jeden früher oder später, deswe­gen gibt es so wenige ältere Arbeit­nehmer in der Branche, die habens alle schlicht aufgegeben und haben die Branche gewech­selt, oder sind aus gesund­heitlichen Grün­den in Frührente geschickt wor­den

Nach ein­er Studie der Prono­va BKK lei­den 87% der deutschen Arbeit­nehmer unter Stress, jed­er zweite (!) fühlt sich vom Burnout bedro­ht. Als Haup­tur­sache für den Dauer­stress wird der ständi­ge Ter­min­druck genan­nt — und da sind wir wieder bei unseren Entschei­dun­gen gelandet. Zeit­druck ver­langt noch schnellere Reak­tions­fähigkeit, noch schnelleres Umschal­ten, noch schnellere Tre­f­fer­quote bei allem was wir tun… und das geht bei Dauer­stress nie gut, wer gestresst ist neigt zu Panikreak­tio­nen und Fehlentschei­dun­gen. Wer ständig nur noch defen­siv Prob­leme niederknüp­peln muss, kann nicht pro­duk­tiv arbeit­en, und das haut auch dem Stärk­sten schnell auf die Gesund­heit, dann macht der Beruf uns krank.

Was hil­ft dage­gen?

Ganz offen­sichtlich nur eins: Stress reduzieren. Mehr Zeit zum Nach­denken haben. Pro­jek­te in Ruhe pla­nen und wohlüber­legt durchziehen.  Reak­tio­nen und Antworten bess­er abwä­gen, wichtige Entschei­dun­gen gut über­denken. Wenn das immer so ein­fach wäre… oft geht es nur mit einem Job­wech­sel, und ob es dann in der neuen Fir­ma wirk­lich bess­er ist, darauf kann man sich auch nicht ver­lassen. Arbeit­szeit reduzieren ist auch ein gutes Mit­tel gegen Dauer­stress, wer sich nur noch halb­tags mit dem täglichen Wahnsinn auseinan­der­set­zen muss, hat mehr Zeit zum erholen dazwis­chen und ist dem Dauer­stress meis­tens bess­er gewach­sen. Lei­der ist das noch nicht wirk­lich zu unseren Arbeit­ge­bern durchge­drun­gen, meis­tens sind 40+ Wochen­stun­den die Regel. Teilzeit­stellen wer­den höch­stens noch im öffentlichen Dienst ange­boten, die sind da etwas fortschrit­tlich­er, das kommt daher dass sie bei gle­ich­er Eig­nung auch Arbeit­nehmer mit Hand­i­cap ein­stellen müssen, die sind halt nicht Full­time belast­bar.

Am Ende muss jed­er sel­ber entschei­den, was er gegen die tägliche Entschei­dungs­flut untern­immt, und ob er das sein­er Gesund­heit noch zumuten kann und will. Die Angst vor der Arbeit­slosigkeit dürfte dabei der stärk­ste Entschei­dungs­fak­tor sein, deswe­gen arbeit­en ja auch so viele Men­schen bis zum Umfall­en, bis sie krank wer­den und ein­fach nicht mehr kön­nen. Da ist was faul in unserem Staat, aber das ist eigentlich schon ein ganz anderes The­ma, das lasse ich jet­zt mal so ste­hen.

Und wün­sche ihnen eine stress­freie Zeit, wenig­stens über die Feiertage — machen sie mal langsam. Die wichtig­ste Entschei­dung ist jet­zt, ob ich erst ein Vanillekipferl oder erst einen Lebkuchen esse, und ob ich mir einen Milchkaf­fee oder einen schö­nen Earl Grey dazu koche. Und dann entschei­de ich noch, ob heuer Lamet­ta an den Christ­baum kommt oder nicht, und ob ich rote oder gelbe Kerzen auf­stecke. Das sind jet­zt wirk­lich wichtige Dinge, die wohl abge­wogen wer­den möcht­en — meinen sie nicht auch?

frohe_weihnachten

Fro­he Wei­h­nacht­en

 

23. Dezember 2018
von admin
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Der Mond ist mein Freund — mein Rezept bei Schlafstörungen

Ken­nen sie das auch: mit­ten in der Nacht ist man plöt­zlich hellwach, an Weit­er­schlafen ist nicht zu denken — und es ist erst halb vier Uhr Mor­gens, noch Stun­den, bis der Weck­er klin­gelt. Der Kopf brummt als ob man am Abend vorher gezochen hätte, die Zunge ist pelzig und man hat einen scheus­slichen Geschmack im Mund. Ins­ge­samt eine gräus­liche Ver­fas­sung, man fühlt sich elend.

Was tun?

Zuallererst mal: keine Panik. Ein gesun­der Erwach­sen­er kommt mit ca. 6–7 Stun­den Schlaf aus, aber 4–5 kön­nen auch mal reichen. Bei Voll­mond zum Beispiel, oder auch wenn das Wet­ter umschlägt, oder wenn man aus irgen­deinem Grund Streß und viele Gedanken im Kopf hat, dann kann die Nacht schon mal extrem kurz sein. Aber, wie gesagt, kein Grund zur Panik.

Erste Mass­nahme: auf­ste­hen, aus dem Fen­ster schauen, ob man den Mond sieht, (sehr wahrschein­lich ja) und mal nach den Ster­nen guck­en — man sieht sie jet­zt beson­ders schön. Licht anmachen, kräftig dur­chat­men und mal gut streck­en.

Zweite (nahezu leben­sret­tende) Mass­nahme: man kocht sich einen schö­nen Milchkaf­fee, ich bevorzuge Espres­so mit heiss­er Milch, aber ein guter Bohnenkaf­fee tuts auch. Mit Milch, weil das magen­fre­undlich­er ist, und mit ein biss­chen Zuck­er, weil das den Blutzuck­er­spiegel in die Gänge bringt. Bis der Kaf­fee durchge­laufen ist, putzt man sich die Zähne mit ein­er erfrischen­den Pfef­fer­minz-Zah­n­pas­ta, davon geht der schlechte Geschmack im Mund weg. Dann geniesst man seine erste Tasse Kaf­fee. Das Kof­fein geht sofort ins Blut, es erweit­ert die Blut­ge­fäße im Kopf, der Druck und das Brum­men gehen nach weni­gen Minuten weg, auch ohne Aspirin. Milch und Zuck­er machen ein angenehmes Gefühl im Magen, und auch die Wärme des Kaf­fees tut wohl. Schlür­fen sie ihren ersten Mor­genkaf­fee mit bewusstem Genuss, das tut jet­zt gut und bringt ihr Ver­dau­ungssys­tem und ihren Kreis­lauf auf Vor­der­mann.

Dritte Mass­nahme: essen sie eine Kleinigkeit, bevorzugt etwas mit Fruchtzuck­er drin. Das kann ein Müs­li mit Obst sein, ein Fruchtjoghurt, oder auch ein Marme­lade­brot — ich nehme gern ein Scheibchen frischen Toast mit leck­er­er Orangen­marme­lade oder selb­st­gekochtem Zwetschgen­mus, das ist eine Delikatesse am frühen Mor­gen. Es kann dur­chaus sein, dass sie auf die süsse Kleinigkeit noch mehr Appetit kriegen, weil ihr Sys­tem auf den Zuck­er pos­i­tiv reagiert. Ja pri­ma! Dann machen sie doch gle­ich mal richtig Früh­stück, ruhig mit einem Früh­stück­sei, Brot und Wurst und Käse, oder noch mehr Marme­lade oder auch Honig, was ihnen schmeckt und so wie sie es gern mögen. Trinken sie dazu ein Glas Saft, oder auch eine Mul­ti­vi­t­a­min- oder Mag­ne­sium­brause, die Flüs­sigkeit tut dem Sys­tem gut und macht einen klaren Kopf.

Bis sie fer­tig gefrüh­stückt haben, dürfte es jet­zt schon eine Stunde oder mehr nach dem Auf­ste­hen sein, und das ist eine wun­der­bare Zeit! Wer mor­gens um 5 schon hellwach ist (und nach dem guten Früh­stück sind sie das) hat im Nor­mal­fall noch unge­fähr zwei Stun­den Zeit bis der Weck­er klin­gelt, und die nutzen wir jet­zt für uns sel­ber, das ist geschenk­te Zeit! Machen sie etwas Schönes, etwas für sich sel­ber, etwas das ihnen Freude macht. Malen sie ein Bild, schreiben sie ein Gedicht (oder einen Blog-Beitrag 🙂 …), strick­en sie oder basteln sie etwas, je nach­dem was sie gerne tun und für was sie son­st wenig Zeit find­en. Wenn ihnen gar nichts anderes ein­fällt, kön­nen sie auch ihre E‑Mails von gestern beant­worten, oder etwas für die Arbeit tun — ich kann so früh am Mor­gen beson­ders gut pro­gram­mieren und habe schon so manch­es knif­fe­lige Prob­lem am Com­put­er früh um halb fünf gelöst.

Was sie auch tun: tun sie es in aller Ruhe, die frühen Mor­gen­stun­den sind geschenk­te Zeit, die gehören ihnen sel­ber, nie­mand ste­ht hin­ter ihnen und treibt sie an, und nie­mand mault rum, dass sie um diese got­t­lose Tageszeit doch ins Bett gehören — also tun sie es selb­st auch nicht. Es ist aus­drück­lich erlaubt, sich die Nacht zum Fre­und zu machen, wenn man nicht mehr schlafen kann.  Und wenn der Voll­mond durch meinen Win­ter­garten here­in­scheint, grüße ich ihn fröh­lich und sage: wir bei­de, alter Fre­und, wir sind jet­zt wach wenn alle anderen schlafen. Lass uns die Zeit nutzen!

vollmond

voll­mond

Wenn dann die erste Mor­gendäm­merung her­auf­scheint, habe ich schon ein paar Stun­den Vor­lauf, bin glock­enwach und kann den Mor­gen mit frisch­er Kraft begrüssen. Manch­mal lege ich mich auch nochmal für ein Stünd­chen hin, bis der Weck­er klin­gelt, aber das kommt eher sel­ten vor, meis­tens starte ich in der Früh schon durch und beginne den Tag mit Schwung und gutem Mut. Das geht nur, weil ich keine Angst habe, dass mir der wenige Schlaf den Tag kaputtmacht. Das lasse ich näm­lich nicht zu, siehe allererste Mass­nahme: nur keine Panik! Schlaf­störun­gen regeln sich im Nor­mal­fall von sel­ber, wenn man sich nicht ver­rückt macht. Und wenn sie let­zte Nacht wirk­lich nur 4–5 Stun­den geschlafen haben, ja und? Dann wer­den sie eben ein Mit­tagss­chläfchen machen, wenn es geht, oder sich nach Feier­abend zur Sies­ta aufs Sofa zurückziehen. Und sie wer­den in der fol­gen­den Nacht sehr wahrschein­lich mehr und länger schlafen, unser Sys­tem regelt sowas nor­maler­weise automa­tisch.

Ein ern­stes Wort zum Schluss: lassen sie sich nicht dazu ver­leit­en, mit­ten in der Nacht Schlaftablet­ten zu nehmen, die wirken dann zur falschen Zeit und machen sie genau dann am kaputtesten, wenn der Weck­er klin­gelt, dann wird der Tag die Hölle. Schlaftablet­ten soll­ten ohne ärztlichen Rat über­haupt nicht genom­men wer­den, und auch dann nur im Aus­nah­me­fall, denn sie machen sehr schnell abhängig und zer­stören den natür­lichen Schlaf/Wachrythmus. Ich weiss lei­der aus Erfahrung, dass manche Ärzte (beson­ders in Kranken­häusern und Kliniken) sehr schnell mit dem Ver­schreiben von Schlaftablet­ten zur Hand sind, aber das ist eine gefährliche Angele­gen­heit. Man will eben nicht, dass die Patien­ten nachts um vier durch die Klinik geis­tern, und stellt sie lieber ruhig.

Ich habe da meine eige­nen Erfahrun­gen gemacht: hab die Tablet­ten in der Klinik nicht geschluckt, bin um vier in der Früh in den Aufen­thalt­sraum gegan­gen und hab mir einen Instant-Kaf­fee gekocht und ein paar Kekse gekn­ab­bert, und mich mit dem net­ten Nachtpfleger unter­hal­ten, der sich freute dass er um diese Uhrzeit schon Gesellschaft hat­te. Das hab ich unge­fähr eine Woche lang durchge­zo­gen, und dann habe ich wieder ganz nor­mal geschlafen, auch ohne Schlaftablet­ten. Sowas funk­tion­iert, auch für sie. Sie müssen keine Angst haben, denn die Nacht kann auch ein Fre­und sein.