Verschwende nichts, und du wirst keinen Mangel leiden. So etwa heißt das puritanische Sprichwort auf Deutsch. Schon meine Oma hat mich gelehrt, dass man aus Resten noch wunderbare Dinge zaubern kann, und mir beigebracht dass man es sich dreimal überlegt, ehe man etwas auf den Müll wirft. Aus altem Brot werden Semmelknödel oder ein leckerer Kirschenmichel oder Ofenschlupfer, aus Fleischresten und ein paar übergebliebenen Knödeln oder Kartoffeln wird ein schmackhaftes Gröstl. Aus Stoffresten werden Kinder- und Puppenkleider oder (hohe Kunst!) Patchworkdecken und Kissen. Küchenabfälle kommen auf den Kompost und werden gute Gartenerde, Papier- und Holzreste werden eingeschürt, Joghurtbecher werden zu Aussaattöpfchen, gut erhaltenes Geschenkpapier und ‑Bänder wird sorgfältig zusammengelegt und wiederverwendet.
Das läßt sich heutzutage leider nicht mehr ganz so machen, ich habe keinen Holzofen und keinen Komposthaufen, aber ich trennne brav meinen Müll und bringe mein Altpapier in die blaue Tonne. Schwer sündigen tu ich beim Altglas, das kippe ich zum Restmüll, weil mir der Container zu weit weg ist, seit ich kein Auto mehr habe. Na ja, nobody is perfect.
Ein anderes Beispiel: die Karriere eines 100-Gramm-Knäuels Wolle in meiner Handarbeitsstube. Wenn ich ein paar Socken in mittlerer Größe stricke, brauche ich ca. 2/3 des Knäuels.
Gut 30 Gramm bleiben übrig. Wenn ich die mit den ebenfalls übriggebliebenen 30 Gramm von einem anderen Knäuel kombiniere, kommt ein Pärle wunderbarer Handwärmer dabei heraus.
Es ist aber immer noch Wolle übrig, so etwa 20 Gramm, daraus stricke ich noch zwei bis drei Snifferle:
Wenn dann noch etwas übrig ist, werden draus bunte Ohren für Snifferle, das brauche ich für ein Paar Öhrchen ca. 40 cm Wolle. Und was davon noch übrigbleibt.…
…landet in meiner Wollrestetüte und wird gesammelt, bis ich wieder mal ein paar kleine Grolle stricke.
Kleine Grolle müssen nämlich was aushalten und sollen auch gelegentlich mal durch die Gegend gepfeffert werden, da sind die Wollreste als Füllung genau richtig stabil und schwer. Ausserdem kann man sie prima waschen, wenn der kleine Groll mal in der Kaffeetasse gelandet ist, was öfter vorkommen soll als man denkt 🙂
Und schon ist von meinem 100 Gramm Knäuel schönster Sockenwolle ratzfatz gar nix mehr übrig!
Ich bin auch ein bekennender Zahnpastatuben-Aufschneider und sammle Eierkartons extra, die wirft dann mein Freund in die Papiertonne wenn er sie sieht. An der Sache mit den Essensresten arbeite ich noch, ich kaufe immer noch zuviel ein, es könnten ja überraschend Gäste kommen… von wegen, es kommt immer nur mein Freund zum Essen, was brauche ich da Vorräte für eine halbe Armee? Aber das ist ein anderes Thema, da mach ich mal einen extra Artikel drüber. Na ja, jedenfalls hab ich immer Essen für die ganze Woche übrig, wenn ich einmal beim Einkaufen war.
Ich übe noch. Oma steht mir zur Seite und redet mir gut zu, dass ich nicht schon wieder zum Einkaufen gehen muss, wenn ich doch noch so leckere Vorräte im Kühlschrank habe. Ich koche ja meistens nur für mich, da kommt man schon mit sehr wenig Rohmaterial aus. Ausserdem ist es der Stolz jeder guten Köchin, auch aus wenig und preiswerten Sachen ein gutes Essen auf den Tisch zu zaubern! Ich habe im Inselfisch-Kochbuch kürzlich einen Leitartikel über Oma’s Küche geschrieben, der herausstellt wie gut, gesund und zeitgemäß wir mit Oma’s Rezepten heutzutage kochen können. In diesem Sinne — fröhliches Resteverwerten und guten Appetit!