Praxis Dr. Inselfisch

Psychologie, Philosophie und Programmierung

18. November 2018
von admin
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Bekenntnisse eines Morgenmuffels

Ich bin ein entset­zlich­er Mor­gen­muf­fel. Ich brauche in der Früh unge­fähr zwei Stun­den, um auf Betrieb­stem­per­atur zu kom­men, und wehe wenn mich jemand dabei stört — Ansprechen auf eigene Gefahr! Beson­ders ätzend ist das, wenn ich mich unmit­tel­bar nach dem Auf­ste­hen mit ein­er Lerche abgeben muss, also einem echt­en Mor­gen­men­schen. Meine Mama war eine rein­ras­sige Lerche, und was habe ich als Kind gelit­ten, wenn sie mich schon mor­gens um sechs beim Weck­erklin­geln angezwitschert hat!

Der Witz ist: meine Umwelt hält auch mich für eine Lerche, weil ich anscheinend schon am frühen Mor­gen putz­munter und aktiv bin. Was die alle nicht wis­sen: ich hat­te dann schon min­destens zwei Stun­den Vor­lauf. Ich stelle mir keinen Weck­er, ich wache von sel­ber nach 6–7 Stun­den Schlaf auf und hab genug gepen­nt. Da ich meis­tens sehr früh ins Bett gehe, kann es also dur­chaus sein, dass ich schon mor­gens um vier aus dem Bett krieche, nur von einem einzi­gen süchti­gen Gedanken getrieben: Kaf­fee! Das Einzige was mich jet­zt ret­ten kann ist Kaf­fee!

Dann tapere ich in die Küche, und schon das Auf­schrauben, Befüllen und wieder Zuschrauben des Espres­sokän­nchens erfordert alle meine mech­a­nis­chen Fähigkeit­en. Dann sitze ich wie gelähmt da, bis das entzück­ende Blub­berg­eräusch des fer­tig durchge­brüht­en Espres­sos aus dem Kän­nchen wie Sphären­musik meine Ohren erfreut. Beseel­igt tän­zle ich wieder in die Küche, schenke mir mein Haferl Caffe Lat­te ein — Zuck­er nicht vergessen — und die erste Hürde ist geschafft, die Welt ist doch nicht so ein gräßlich­er Ort, wie ich anfangs befürchtet habe. Der erste Schluck des köstlichen Gebräus weckt meine Geschmack­n­er­ven, ich bevorzuge Lavaz­za Rossa, der ver­set­zt mich geschmack­stech­nisch unmit­tel­bar nach Bel­la Italia. Nach dem zweit­en oder drit­ten Schluck verge­ht das pelzige Gefühl auf mein­er Zunge, nach der ersten hal­ben Tasse des her­rlichen Gebräus lichtet sich auch der wat­tige Nebel in meinem Gehirn. Nach der ersten ganzen Tasse sehe ich allmäh­lich auch mehr als nur nebel­hafte Schemen, der Blick wird klar­er, ich brauche also doch keine neue Brille, gott­sei­dank!

Dann bin ich allmäh­lich bere­it für ein­fache motorische Tätigkeit­en. Ich stelle mir mein zweites Haferl Caffe Lat­te bere­it, nehme ein ein­fach­es Strickzeug in die Hand und stricke und schlürfe und schlürfe und stricke, bis das zweite Haferl alle ist. Der­weilen ist seit dem Auf­ste­hen lock­er eine Stunde ver­gan­gen, und so allmäh­lich schle­icht sich der Gedanke an ein früh­es Früh­stück in meine doch noch etwas neb­ulösen Gehirn­win­dun­gen. Ich stelle mir dann ein Schüsserl Hafer­flock­en mit Milch und Honig hin, und während die ein paar Minuten durchziehen dür­fen, geh ich mal Zäh­neputzen und mir das Gesicht waschen. Dann löf­fle ich mein Müs­li, und mein Magen nimmt das mit einem wohli­gen Schnur­ren zur Ken­nt­nis und sig­nal­isiert, dass er jet­zt auch langsam wach wäre. Etwas erfrischen­des käme jet­zt ger­ade recht, und ich schenke mir ein gross­es Glas Saft oder Schor­le ein, und nuck­le das genüsslich aus, während ich mich weit­er meinem Strickzeug widme.

Allmäh­lich wird der Kopf und der Blick klar­er, und man kön­nte mich jet­zt wahrschein­lich sog­ar schon ansprechen, ohne ein übel­lau­niges Knur­ren zu hören. Ist aber gott­sei­dank nie­mand da, ich kann noch ein wenig ungestört herumtritscheln und stricke noch ein Weilchen, während ich mir über­lege, mit was ich den Tag anfange. Typ­is­cher­weise checke ich dann zuerst mal meine E‑Mails, ich hab ja am vorigen Abend den Com­put­er schon recht früh aus­geschal­tet, und viele mein­er Fre­unde und Ver­wandten schreiben erst später am Abend, die hole ich jet­zt ab.

Beim Beant­worten der E‑Mails kommt mein Hirn dann auf Touren, und auch meine Fin­ger gewin­nen beim Tip­pen allmäh­lich wieder ihre fein­mo­torische Fer­tigkeit. Mit­tler­weile sind seit dem Auf­ste­hen etwa zwei Stun­den ver­gan­gen, und ich kann jet­zt endlich ohne zu Lügen behaupten: guten Mor­gen, ich bin jet­zt wach!

Dann koche ich mir noch Kaf­feenach­schub, kof­fe­in­freien wegen dem Flat­ter­mann, und fange mit der Tage­sar­beit an. Meis­tens tele­foniere ich schon früh zwis­chen sechs und sieben mit mein­er besten Fre­undin, und wir bequatschen alle anliegen­den Angele­gen­heit­en und helfen uns ein biss­chen gegen­seit­ig mit der Tage­s­pla­nung. Dann gehts aber echt los, jet­zt begin­nt meine kreativste Tage­sphase, der Mor­gen und der Vor­mit­tag! Da wird pro­gram­miert, geblog­gt, geplant, da wer­den Kon­tak­te gepflegt und neue Ideen geprüft und was nicht noch alles, da geh ich so richtig in die Vollen… aber da hat­te ich ja auch schon ein paar Stun­den Vor­lauf.

Und weil mich meine Umwelt nur in dieser Phase erlebt — vorher ist a) noch kein­er wach und ich bin b) noch nicht kom­mu­nika­tions­fähig — denken alle, ich wäre eine Lerche. Pfif­fkas, ich bin ein gräßlich­er Mor­gen­muf­fel — es merkt nur kein­er! 😉

17. November 2018
von admin
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Vorgekaut, vorverdaut, vorgespiegelt — der grosse Irrtum von der Wahlfreiheit im Web

Ich habe ger­ade einen inter­es­san­ten Artikel von Tris­tan Har­ris gele­sen, mit dem Titel:

“How Tech­nol­o­gy is Hijack­ing Your Mind ” — “wie Tech­nolo­gie ihren Geist ent­führt”. Dabei ist “hijack­ing” eigentlich ein wesentlich stärk­er­er Aus­druck als das deutsche Wort “ent­führen”, es wird immer im Zusam­men­hang mit Gewalt und Pira­terie gebraucht. Hier ist erst­mal der Link zum Artikel:

https://medium.com/thrive-global/how-technology-hijacks-peoples-minds-from-a-magician-and-google-s-design-ethicist-56d62ef5edf3

Har­ris stellt sehr überzeu­gend dar, das alles was uns im Web begeg­net ein Menü ist, im Sinne von ein­er vorge­fer­tigten Auswahl, die einem keine wirk­liche Wahl­frei­heit läßt. Wenn ich in der Stammkneipe täglich blin­d­lings das Menü ordere, set­zt mir der Wirt vor was ihm ger­ade an diesem Tag einge­fall­en ist, und ich habs auf dem Teller, ob ich jet­zt wirk­lich Appetit darauf habe oder nicht.

Wenn ich mir in den Social Media Kon­tak­te vorschla­gen lasse, seien es Stel­lenange­bote, poten­tielle Sex­u­al­part­ner, Blind Dates, Fre­und­schaftsvorschläge oder son­stige vor­sortierte Lis­ten, bekomme ich das, was  der jew­eilige Anbi­eter für mich aus­gewählt hat, auf welchem Wege auch immer. Die meis­ten Auswahlver­fahren sind heutzu­tage automa­tisiert, da wer­den Pro­file abge­grif­f­en und nach bes­timmten pro­gram­mges­teuerten Kri­te­rien ver­glichen, und wer die meis­ten Match­es hat, lan­det dann in mein­er Kon­tak­teliste ganz oben. Das hat jet­zt rein gar nichts mehr damit zu tun, ob ich diesen Men­schen auch im richti­gen Leben gerne ken­nen­ler­nen möchte. Erstens wird beim Aus­füllen der Pro­fil­frage­bö­gen gel­o­gen dass sich die Balken biegen, schließlich möchte ja jed­er möglichst gut wegkom­men in den soge­nan­nten sozialen Net­zw­erken. Und zweit­ens bes­timmt und steuert der kom­merzielle Anbi­eter ganz genau, was ich zu sehen kriege und was nicht.

Das geht sog­ar noch weit­er: zunehmend kriegt man nicht nur noch Men­schen zu sehen, die ein inter­net­mächtiger Anbi­eter aus­ge­sucht hat, man kriegt auch nur noch Dinge — Wer­bung! — zu sehen, die bere­its vor­sortiert und nach meinen ver­meintlichen Vor­lieben berech­net wer­den. Unter anderem mit dem Ein­satz von ver­fol­gen­den Cook­ies wird so sichergestellt, dass ich nur noch Stel­lenange­bote eines bes­timmten Per­sonal­dien­stleis­ters in den Wer­be­plätzen zu sehen kriege, wenn ich ein­mal auf sein­er Seite war. Wenn ich mir ein­mal einen Mer­cedes oder BMW im Car Con­fig­u­ra­tor zusam­mengestellt habe, kriege ich nur noch Wer­bung für Mer­cedes oder BMW zu sehen, nicht mehr für andere Automarken. Wenn ich in einem Onli­neshop etwas kaufe, werde ich danach oft mit Newslet­tern bom­bardiert, die mir “ähn­liche” Pro­duk­te unter­jubeln wollen, nach dem Mot­to “Das kön­nte sie auch inter­essieren”.

Die Liste ließe sich beliebig fort­set­zen, es arbeit­en ja Mil­lio­nen von Techies an per­son­al­isiert­er Wer­bung und dem soge­nan­nten indi­vidu­ellen User-Erleb­nis, Stich­wort UI/UX. Alles wird vorgekaut, alles wird uns durch die aus­gek­lügel­ten Werbe­strate­gien der Anbi­eter in ver­meintlich leichtver­daulichen Häp­pchen hüb­sch vor­sortiert und nett gar­niert serviert. Denn alles, aber auch alles dient nur einem Zweck: dem Prof­it. Verkaufen wollen sie alle, egal was. Pfui Deibel, mir verge­ht dabei der Appetit, aber schon kom­plett.

Ich mag keine Fer­tig­gerichte, auch nicht im Web. Ich koche lieber mein eigenes Süp­pchen, mit Zutat­en die ich sel­ber aus­gewählt und nach meinen eige­nen Rezepten sorgfältig ver­ar­beit­et habe. Ich hänge an meinem alt­modis­chen Fire­fox, weil da der Adblock­er so gut funk­tion­iert. Wenn ein Newslet­ter nervt — sie haben X gekauft, dür­fen wir ihnen Y auch noch andrehen? — wird er ganz schnell abbestellt. Ver­fol­gende Cook­ies kann man auss­chal­ten, Fre­und­schaftsvorschläge von Face­book, Stayfriends und wie sie alle heis­sen ignoriere ich kom­plett.

Aber ich bin wahrschein­lich eine Aus­nahme, ich bin seit Jahren beken­nen­der radikaler Kon­sumver­weiger­er und kaufe nur Dinge, die ich mir sel­ber wegen der Qual­ität und dem akzept­ablen Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis aus­ge­sucht habe. Das geht bei Lebens­mit­teln los, über Dinge des täglichen Bedarfs bis hin zu KFZ und Urlaub­sreisen. Ich habe lange an mein­er Immu­nität gegen Wer­bung gear­beit­et, und ich werde grantig wenn ich jet­zt im Inter­net wieder zum kon­sum­ieren einge­seift wer­den soll, dann klicke ich schneller weg als man “kauf mich!” sagen kann. Ich mag nicht jeden Tag Menü essen, ich mag noch nicht mal jeden Tag in die Kneipe zum Essen gehen. Meis­tens koche ich lieber sel­ber — und das ist jet­zt genau das richtige Stich­wort. Zeit fürs Aben­dessen! Bonne Soirée, werte Leser 😉

17. November 2018
von admin
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Nix tun muss man erst mal können

Zat Rana hat auf Design Luck einen sehr inter­es­san­ten Artikel geschrieben, in dem er einige Gedanken des Math­e­matik­ers und Philosophen Blaise Pas­cal ver­ar­beit­et. Hier ist der Link:
https://designluck.com/most-important-skill/

Der Artikel heißt im Orig­i­nal “The most impor­tant skill nobody taught you” also frei über­set­zt: “Die wichtig­ste Fähigkeit, die dir nie­mand beige­bracht hat.” Er han­delt davon, dass wir Men­schen soviel Angst vor der Leere, Ein­samkeit und Langeweile haben, dass wir leicht in blind­en Aktion­is­mus fall­en und unser Leben mit aufge­blase­nen Zeit­fressern und man­is­ch­er Betrieb­samkeit füllen.

Ein Pas­cal-Zitat hat mir beson­ders gefall­en:

All of humanity’s prob­lems stem from man’s inabil­i­ty to sit qui­et­ly in a room alone.

“Alle Prob­leme der Men­schheit stam­men daher, dass ein Men­sch nicht alleine still in einem Raum sitzen kann.”

Und jet­zt mal echt — wer kann das schon? In ein­er Zeit von ständi­ger Erre­ich­barkeit, von Smart­phones und Hotspots und Instant Infor­ma­tion at your Fin­ger­tips, von affe­nar­tig schnellem Kon­sum und und dem ständi­gen Zwang zum Enter­taine­ment…

…wer kann und mag da schon allein in einem leeren Raum sitzen? Ist das nicht todeslang­weilig, geht da nicht die Welt an einem vor­bei, ver­paßt man da nicht den ganzen Spaß?

Ich arbeite daran, und werde immer bess­er. Zuerst bekam der Fernse­her die rote Karte, den habe ich ein­fach nicht mehr eingeschal­tet, und jet­zt habe ich gar keinen mehr. Dann habe ich die vie­len amerikanis­chen Best­seller-Romane in ein ver­steck­tes Regal ver­ban­nt, die ich früher fast jeden Tag zur Unter­hal­tung gele­sen habe. Dann habe ich mein Wohnz­im­mer umgekrem­pelt und mir eine freie Wand geschaf­fen, an der ich meine Augen aus­ruhen kann. Eine ganze, leere Wand, an der noch nicht ein­mal ein Bild hängt, auf der ruhe ich abends meine Augen aus.

Den Com­put­er schalte ich meis­tens spätestens um 19:00 nach dem Aben­dessen aus, und nur manch­mal höre ich danach noch etwas Musik im Radio oder von Plat­te oder CD. Meis­tens aber lasse ich am Abend sämtliche elek­tro­n­is­chen Unter­hal­tungsme­di­en abgeschal­tet, sitze ein­fach da und lasse meine Gedanken schweifen. Nor­maler­weise habe ich ja tagsüber so viel und so viele unter­schiedliche Dinge getan, dass es in meinem Kopf noch ordentlich rund geht, das muss ich alles erst mal sortieren. Manch­mal nehme ich auch noch schöne Dinge zur Hand und freue mich an ihnen, das kann eine Han­dar­beit sein, ein Bild, das ich heute gemalt habe, oder ein Schmuck­stück aus eigen­er Pro­duk­tion. Aber nicht immer, meis­tens sitze ich wirk­lich nur da und gebe Ruhe. Gebe mir Ruhe, weil es son­st unmöglich wäre herun­terz­u­fahren und mich auf das Schlafen vorzu­bere­it­en. Oft schaue ich auch nur von meinem Win­ter­garten in den Ster­nen­him­mel, das ist genü­gend Unter­hal­tung für meinen Geschmack.

Dieses Ruhe-geben am Abend sorgt bei mir für einen gesun­den Schlaf, angenehme Träume und ein erfrischt­es Erwachen am näch­sten Mor­gen. Ausser­dem hil­ft es mir dabei, mir klarzuw­er­den welche Dinge in meinem Leben wirk­lich wichtig sind, und auf was ich leicht­en Herzens verzicht­en kann. Denn die wirk­lich wichti­gen Sachen, die echt­en Wün­sche und wahren Träume, die schwim­men in diesen Ruhep­hasen ganz nach oben in meinem Bewußt­sein, und wer­den nicht durch bil­li­gen Unter­hal­tungslärm gestört. Das hil­ft mir sehr dabei, den Fokus zu behal­ten und mich auf das zu konzen­tri­eren, was ich wirk­lich tun will.  Und das wiederum hil­ft mir dabei, meinen eige­nen Weg zu gehen und mich auf meine Ziele zu konzen­tri­eren. Sowas nen­nt man Selb­stver­wirk­lichung, und glauben sie es oder nicht: man lebt glück­lich­er damit 🙂

17. November 2018
von admin
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Der Scheideweg zwischen Sollen und Wollen

Ich habe let­zte Woche einen ganz entzück­enden Artikel von Stel­la Luna gele­sen, betitelt “The Cross­roads of Should and Must”, hier ist der Link:

https://medium.com/@elleluna/the-crossroads-of-should-and-must-90c75eb7c5b0

Sie schreibt nicht nur sehr gescheit über das The­ma, sie hat ihren Artikel auch mit kleinen Kunst­werken illus­tri­ert, die ich aus­ge­sprochen fröh­lich und lebenssprühend finde, dick­es Kom­pli­ment an die Kün­st­lerin. Schauen sie sich den Artikel unbe­d­ingt im Orig­i­nal an, auch wenn ihr Englisch vielle­icht nicht so fliessend ist (dafür kann ihr Brows­er über­set­zen). Stel­la Lunas Bilder sind wirk­lich ganz beson­ders reizend!

“The Cross­roads of Should and Must” han­delt von den Entschei­dun­gen, die ein Men­sch tagtäglich fällen muss, und von den Hand­lungsmöglichkeit­en, die ihm offen ste­hen. “Should” ist das was man tun sollte, also das was andere und die Gesellschaft von einem erwarten. “Must” ist das, was man tun muss, oder bess­er gesagt: tun will, also das, was einem selb­st wichtig ist, das, was man aus inner­er Überzeu­gung her­aus ver­tritt.

Stel­la Luna beschreibt sehr intel­li­gent und auch emo­tion­al ihren eige­nen Weg, wie sie von ein­er 9‑to-5-Arbeits­bi­ene zu ein­er kreativ­en und erfol­gre­ichen Kün­st­lerin und gefragten Autorin wurde. Sie ermutigt ihre Leser in ein­er sehr liebevollen Art und Weise, auf die innere Stimme zu hören, sich von gesellschaftlichen Zwän­gen frei zu machen und den eige­nen Weg zum Glück zu find­en. Ich blät­tere immer wieder in ihrem Artikel, mir gefällt ihre lebens­be­ja­hende und erfrischende Schreibe so gut, dass es wirk­lich ein gross­es Vergnü­gen ist sie immer wieder zu lesen.  Ich möchte einen ihrer klu­gen Sätze hier zitieren:

“If you feel a knot in your stom­ach because you can see the enor­mous dis­tance between your dreams and your dai­ly real­i­ty, do one thing to tight­en your grip on what you want — today”

Frei über­set­zt: “Wenn sich dir der Magen umdreht, weil du die enorme Dis­tanz zwis­chen deinen Träu­men und dein­er täglichen Real­ität sehen kannst, tu eine Sache, die dich dem was du wirk­lich willst näher­bringt — und tu es heute.”

Genau — dem habe ich nichts hinzuzufü­gen. Lesen sie Stel­la Luna selb­st, es lohnt sich!

17. November 2018
von admin
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Logistik für den Hausgebrauch: Just-in-Time und Restentnahme

Restentnahme — was ist das?

Ich bin ein notorisch­er Zah­n­pas­tatuben-Auf­schnei­der. Früher gabs Zah­n­pas­ta in Met­all­tuben, die kon­nte man bis aufs let­zte Restchen aus­quetschen. Heute gibt es sie nur in diesen ver­maledeit­en Plas­tik­tuben, und wenn da vorne trotz allen Quetschens nichts mehr her­auskommt, ist noch Zah­n­pas­ta für min­destens fünf­mal Zäh­neputzen drin. Deswe­gen schnei­de ich die Plas­tik­tuben auf und kratze mit der Zahn­bürste die Reste her­aus, bis wirk­lich nichts mehr drin ist. Das Gle­iche gilt übri­gens auch für Cremes und Body­lo­tions, und für Ketchup und Senf in Plas­tik­tuben ganz genau­so.

Es gab bei der Stiftung War­entest mal ein Qual­ität­skri­teri­um, das hiess “Restent­nahme” und wertete, wie gut man die Reste aus dem jew­eili­gen Cremetöpfchen oder der Zah­n­pas­tatube her­aus­bekam. Das ist in der Indus­trie ein wichtiges Kri­teri­um beson­ders für Hil­fs- und Betrieb­sstoffe, wenn man einen Kanis­ter mit 10 Litern Schmier­stoff gekauft hat und kriegt nur 9,8 Liter her­aus, hat man 0,2 Liter glat­ten Ver­lust, und sowas läp­pert sich ganz schnell, da sind gle­ich ein paar Euros beisam­men.

Deswe­gen bin ich kein Geizkra­gen (doch bin ich schon, aber darüber ein ander­mal mehr) , ich weigere mich nur etwas wegzuschmeis­sen, wenn es noch nicht bis auf den let­zten Rest ver­braucht ist. Schliesslich habe ich ja die ganze Menge bezahlt und nicht nur 90% davon, da möchte ich auch alles auf­brauchen kön­nen, ehe ich Nach­schub ordern muss.

Wann der Nachschub rollt

Das ist mein näch­stes Stich­wort: der Nach­schub, in der Indus­trie “Bestel­lzeit­punkt” genan­nt und eine wichtige logis­tis­che Kenn­zahl. Die mod­erne Logis­tik arbeit­et bevorzugt “Just in Time”, also genau rechtzeit­ig, nicht zu früh (es ist noch Ware auf Lager) und nicht zu spät (Kunde kann nicht beliefert wer­den). Den Spa­gat zwis­chen diesen bei­den Zeit­punk­ten hinzukriegen ist eine Kun­st bzw. eine eigene Wis­senschaft, die nen­nt man Waren­ro­ta­tion.

Die Schnelldreher

Ich drösel es mal für den Haus­ge­brauch auf. Da gibt es die Schnell­dreher, die am sel­ben Tag gekauft und ver­braucht wer­den. Meine Früh­stückssem­mel und die Milch für meinen Caffe Lat­te, die Halbe leicht­es Weizen für Abends und der frische Salat, den ich heute noch esse. Hole ich jeden Tag frisch, da muss man nix ein­lagern, das wird noch am sel­ben Tag ver­braucht und mor­gen wieder frisch geholt.

Die Langsamdreher

Dann gibt es die Langsam­dreher (auch Pen­ner genan­nt), die ich nicht an einem Tag auf­brauche, weil die Gebinde zu gross sind als dass ich sie auf ein­mal ver­brauchen kön­nte. Kaf­fee, sic! die Zah­n­pas­ta, son­stige Toi­let­te­nar­tikel, den Sack Kartof­feln und den Knoblauch und das Olivenöl und der Ace­to Bal­sam­i­co. Die kaufe ich erst neu, wenn ich die vorhan­dene Ware schon so gut wie aufge­braucht habe. Ich mache da keine Vor­rat­slager­hal­tung mehr, das habe ich mir kom­plett abgewöh­nt, und ich habe auch in mein­er schnuck­e­li­gen kleinen Bude gar nicht den Platz, Men­gen an Vor­räten einzu­lagern. Deswe­gen mache ich nicht mehr diese wöchentlichen oder monatlichen Einkauf­s­touren zum Aldi oder zum Real, wo der Kof­fer­raum voll­ge­bunkert wird. Ich geh jeden Tag in der Früh ohne­hin mein Früh­stückssem­merl beim Rewe holen, und da kriege ich auch mein Klopa­pi­er, wenn ich es denn aufge­braucht habe, und drei frische Knoblauchknöllchen wenn der alle ist. Das erspart es mir auch, ständig die Vor­räte über­prüfen zu müssen, ob da nicht schon wieder ein MHD abge­laufen ist oder irgend­was das Gam­meln anfängt.

Das Transportfahrzeug — meine Füße

Und weil ich jeden Mor­gen zu Fuß zum Einkaufen gehe (das ist mein Früh­sport :)) über­lege ich es mir auch dreimal, was ich alles in die Einkauf­s­tasche stecke, schließlich muss ich es ja per pedes heim­tra­gen. Das war ein steil­er Lern­prozess, früher, als ich noch mit dem Auto zum Einkaufen gefahren bin, hab ich die H‑Milch im 12er Kar­ton, das Olivenöl im 3‑Liter-Kanis­ter und die Bar­il­la-Nudeln sack­weise heimgekar­rt. Jet­zt wo ich zu Fuß gehe nehme ich nur noch mit, was ich auch tat­säch­lich in abse­hbar­er Zeit ver­brauchen werde, und was nicht allzu schw­er wiegt. Bis ca. 3 kg trägt sich noch ganz annehm­bar, darüber wirds müh­sam. Da über­lege ich es mir dreimal, ob ich wirk­lich die Flasche Wein UND die Flasche Olivenöl bei­de brauche, hat ja jede fast ein Kilo, und lasse dann eine von bei­den ste­hen.

Lean Production

Das hat so ganz neben­bei meine Haushalt­saus­gaben inner­halb eines Jahres so gut wie hal­biert. Weil ich nur noch kaufe, was ich auch wirk­lich und bald ver­brauche, schmeisse ich lang nicht mehr so viel Lebens­mit­tel weg wie früher, und habe einen wun­der­bar über­sichtlichen und aufgeräumten Kühlschrank. Ich bin bes­timmt kein Geizkra­gen, jeden­falls nicht was die Aus­gaben für den Haushalt bet­rifft, ich koche und esse ja lei­den­schaftlich gern und lasse es mir da auch an nichts fehlen. Aber ich trag nichts Über­flüs­siges mehr heim, und so etwas nen­nt man in der Logis­tik “Lean Pro­duc­tion” — I’m lov­ing it! 🙂