Es gibt im bairischen einen schönen Ausdruck: “Ich hab grad an Strahl”, das heißt soviel wie eine Glückssträhne haben, dass einem alles gelingt, auf Neudeutsch würde man wahrscheinlich sagen mat hat einen “Flow”. Wenn man einen Strahl hat, gelingt alles was man anfaßt, sei es ein Gewinn im Kartenspiel, Glück in der Liebe oder sonst eine positive Wendung des Schicksals. Wenn ich einen Strahl habe, gelingen auch Dinge auf die ich scheinbar gar keinen Einfluß habe, das regeln dann die kosmischen Mächte für mich.
Ein Beispiel: ich möchte am Sonntag Kuchen backen, hab aber vergessen Zucker einzukaufen, wie doof. Wenn ich einen Strahl habe, sind in der Zuckerdose meines Teeservice noch genau die 200 Gramm Zucker drin, die ich für den Kuchen brauche und das Unternehmen Kuchenbacken kann gelingen!
Woher weiss das Schicksal, dass ich genau 200 Gramm Zucker brauche? Ganz einfach, es liegt an meiner Einstellung. Wenn in der Zuckerdose nämlich keine 200 Gramm weisser Zucker mehr drin sind, habe ich garantiert im Vorrat noch 200 g braunen Rohrzucker und nehme den. Dann wird der Kuchen sogar ganz besonders fein, weil der braune Zucker so schön nach Karamell schmeckt. Und wenn gar kein Zucker mehr da ist, mache ich einen Brandteig, für den braucht man überhaupt keinen Zucker, sondern nur schöne frische Eier und ein bisschen Butter. Daraus backe ich fluffige, knusprige Windbeutel und fülle sie mit köstlichem Bounty-Quark, der wird mit Honig gesüßt, da brauch ich auch gar keinen Zucker.
Habe ich mich klar und verständlich ausgedrückt? Ein Strahl ist die Fähigkeit, aus allem was uns das Schicksal zuteilt das Beste zu machen, und wenn es nur so Kleinigkeiten wie ein vergessener Zucker-Einkauf sind.
Deswegen habe ich auch immer den einen passenden Briefumschlag für eine bestimmte Sendung, mir reicht immer die Wolle auch für den zweiten Socken oder den zweiten Handschuh, ich hab immer genug Knöpfe für die nötige Anzahl Knopflöcher an einer Weste oder Jacke. Wenn ich Perlen für Ohrringe sortiere gehen sie immer paarweise passend zusammen — und wenn doch eine einzelne Perle überbleibt, mache ich aus der einen ganz besonders schönen Solitaire-Anhänger. Oder einen einzelnen Ohrring für meine Lieblingsnichte, die trägt nämlich nur an einem Ohr Ringerl und hat Verwendung für die Einzelnen 🙂
Man könnte ganz nüchtern sagen, das ist alles Einstellungssache, aber ich finde einen Strahl schöner, so wie ein Sonnen- oder Mondstrahl, so wie man am Himmel bei einem besonders schönen Sonnenaufgang oder ‑Untergang Strahlen sehen kann, das ist etwas ganz wunderbares und macht glücklich. Man muss nur sehr achtsam sein, das Glück auch zu erkennen und nicht muffelig oder krittelig mit kleinen Missgeschicken umgehen, sondern an den braunen Zucker oder den Löffel Honig denken, dann wird’s schon. Und so ein paar Windbeutel mit Bounty-Quark sind ja auch was ganz Köstliches!