Kennen sie das auch: mitten in der Nacht ist man plötzlich hellwach, an Weiterschlafen ist nicht zu denken — und es ist erst halb vier Uhr Morgens, noch Stunden, bis der Wecker klingelt. Der Kopf brummt als ob man am Abend vorher gezochen hätte, die Zunge ist pelzig und man hat einen scheusslichen Geschmack im Mund. Insgesamt eine gräusliche Verfassung, man fühlt sich elend.
Was tun?
Zuallererst mal: keine Panik. Ein gesunder Erwachsener kommt mit ca. 6–7 Stunden Schlaf aus, aber 4–5 können auch mal reichen. Bei Vollmond zum Beispiel, oder auch wenn das Wetter umschlägt, oder wenn man aus irgendeinem Grund Streß und viele Gedanken im Kopf hat, dann kann die Nacht schon mal extrem kurz sein. Aber, wie gesagt, kein Grund zur Panik.
Erste Massnahme: aufstehen, aus dem Fenster schauen, ob man den Mond sieht, (sehr wahrscheinlich ja) und mal nach den Sternen gucken — man sieht sie jetzt besonders schön. Licht anmachen, kräftig durchatmen und mal gut strecken.
Zweite (nahezu lebensrettende) Massnahme: man kocht sich einen schönen Milchkaffee, ich bevorzuge Espresso mit heisser Milch, aber ein guter Bohnenkaffee tuts auch. Mit Milch, weil das magenfreundlicher ist, und mit ein bisschen Zucker, weil das den Blutzuckerspiegel in die Gänge bringt. Bis der Kaffee durchgelaufen ist, putzt man sich die Zähne mit einer erfrischenden Pfefferminz-Zahnpasta, davon geht der schlechte Geschmack im Mund weg. Dann geniesst man seine erste Tasse Kaffee. Das Koffein geht sofort ins Blut, es erweitert die Blutgefäße im Kopf, der Druck und das Brummen gehen nach wenigen Minuten weg, auch ohne Aspirin. Milch und Zucker machen ein angenehmes Gefühl im Magen, und auch die Wärme des Kaffees tut wohl. Schlürfen sie ihren ersten Morgenkaffee mit bewusstem Genuss, das tut jetzt gut und bringt ihr Verdauungssystem und ihren Kreislauf auf Vordermann.
Dritte Massnahme: essen sie eine Kleinigkeit, bevorzugt etwas mit Fruchtzucker drin. Das kann ein Müsli mit Obst sein, ein Fruchtjoghurt, oder auch ein Marmeladebrot — ich nehme gern ein Scheibchen frischen Toast mit leckerer Orangenmarmelade oder selbstgekochtem Zwetschgenmus, das ist eine Delikatesse am frühen Morgen. Es kann durchaus sein, dass sie auf die süsse Kleinigkeit noch mehr Appetit kriegen, weil ihr System auf den Zucker positiv reagiert. Ja prima! Dann machen sie doch gleich mal richtig Frühstück, ruhig mit einem Frühstücksei, Brot und Wurst und Käse, oder noch mehr Marmelade oder auch Honig, was ihnen schmeckt und so wie sie es gern mögen. Trinken sie dazu ein Glas Saft, oder auch eine Multivitamin- oder Magnesiumbrause, die Flüssigkeit tut dem System gut und macht einen klaren Kopf.
Bis sie fertig gefrühstückt haben, dürfte es jetzt schon eine Stunde oder mehr nach dem Aufstehen sein, und das ist eine wunderbare Zeit! Wer morgens um 5 schon hellwach ist (und nach dem guten Frühstück sind sie das) hat im Normalfall noch ungefähr zwei Stunden Zeit bis der Wecker klingelt, und die nutzen wir jetzt für uns selber, das ist geschenkte Zeit! Machen sie etwas Schönes, etwas für sich selber, etwas das ihnen Freude macht. Malen sie ein Bild, schreiben sie ein Gedicht (oder einen Blog-Beitrag 🙂 …), stricken sie oder basteln sie etwas, je nachdem was sie gerne tun und für was sie sonst wenig Zeit finden. Wenn ihnen gar nichts anderes einfällt, können sie auch ihre E‑Mails von gestern beantworten, oder etwas für die Arbeit tun — ich kann so früh am Morgen besonders gut programmieren und habe schon so manches kniffelige Problem am Computer früh um halb fünf gelöst.
Was sie auch tun: tun sie es in aller Ruhe, die frühen Morgenstunden sind geschenkte Zeit, die gehören ihnen selber, niemand steht hinter ihnen und treibt sie an, und niemand mault rum, dass sie um diese gottlose Tageszeit doch ins Bett gehören — also tun sie es selbst auch nicht. Es ist ausdrücklich erlaubt, sich die Nacht zum Freund zu machen, wenn man nicht mehr schlafen kann. Und wenn der Vollmond durch meinen Wintergarten hereinscheint, grüße ich ihn fröhlich und sage: wir beide, alter Freund, wir sind jetzt wach wenn alle anderen schlafen. Lass uns die Zeit nutzen!
Wenn dann die erste Morgendämmerung heraufscheint, habe ich schon ein paar Stunden Vorlauf, bin glockenwach und kann den Morgen mit frischer Kraft begrüssen. Manchmal lege ich mich auch nochmal für ein Stündchen hin, bis der Wecker klingelt, aber das kommt eher selten vor, meistens starte ich in der Früh schon durch und beginne den Tag mit Schwung und gutem Mut. Das geht nur, weil ich keine Angst habe, dass mir der wenige Schlaf den Tag kaputtmacht. Das lasse ich nämlich nicht zu, siehe allererste Massnahme: nur keine Panik! Schlafstörungen regeln sich im Normalfall von selber, wenn man sich nicht verrückt macht. Und wenn sie letzte Nacht wirklich nur 4–5 Stunden geschlafen haben, ja und? Dann werden sie eben ein Mittagsschläfchen machen, wenn es geht, oder sich nach Feierabend zur Siesta aufs Sofa zurückziehen. Und sie werden in der folgenden Nacht sehr wahrscheinlich mehr und länger schlafen, unser System regelt sowas normalerweise automatisch.
Ein ernstes Wort zum Schluss: lassen sie sich nicht dazu verleiten, mitten in der Nacht Schlaftabletten zu nehmen, die wirken dann zur falschen Zeit und machen sie genau dann am kaputtesten, wenn der Wecker klingelt, dann wird der Tag die Hölle. Schlaftabletten sollten ohne ärztlichen Rat überhaupt nicht genommen werden, und auch dann nur im Ausnahmefall, denn sie machen sehr schnell abhängig und zerstören den natürlichen Schlaf/Wachrythmus. Ich weiss leider aus Erfahrung, dass manche Ärzte (besonders in Krankenhäusern und Kliniken) sehr schnell mit dem Verschreiben von Schlaftabletten zur Hand sind, aber das ist eine gefährliche Angelegenheit. Man will eben nicht, dass die Patienten nachts um vier durch die Klinik geistern, und stellt sie lieber ruhig.
Ich habe da meine eigenen Erfahrungen gemacht: hab die Tabletten in der Klinik nicht geschluckt, bin um vier in der Früh in den Aufenthaltsraum gegangen und hab mir einen Instant-Kaffee gekocht und ein paar Kekse geknabbert, und mich mit dem netten Nachtpfleger unterhalten, der sich freute dass er um diese Uhrzeit schon Gesellschaft hatte. Das hab ich ungefähr eine Woche lang durchgezogen, und dann habe ich wieder ganz normal geschlafen, auch ohne Schlaftabletten. Sowas funktioniert, auch für sie. Sie müssen keine Angst haben, denn die Nacht kann auch ein Freund sein.