Es ist tückisch. Es kommt ohne Vorwarnung. Es erwischt auch die Besten unter uns. Es lauert boshaft hinter der nächsten Runde des Sekundenzeigers, zack, auf einmal ist es da und überfällt dich ohne Gnade — das Motivationsloch.
Das Einzige was man halbwegs berechnen kann ist, dass das gemeine Motivationsloch meistens dann auftritt, wenn man ein Projekt (egal welcher Art) abgeschlossen hat und sich seine wohlverdiente Pause gönnt, dann schlägt es ganz besonders gern zu. Gerade war man noch beschwingt und guten Mutes, und bereit die nächste Aufgabe anzugehen — und Zack! da schlägt es zu. Puff, die Motivation ist weg. Und zwar komplett. Ganz egal was man als nächstes anfangen wollte, auf einmal gehts nicht mehr. Unlust überschattet alle erreichbaren Tätigkeiten, Null Bock macht sich breit, dazu kann eine gemeine, weil alles verdunkelnde Langeweile auftreten. Mehr noch, man wird von einem Augenblick auf den anderen zum Schwarzseher, egal was man als nächstes machen wollte, jetzt ist es auf einmal keine gute Idee mehr, das will man NICHT machen, auf gar keinen Fall… man will auch nichts anderes machen. Man will rumhängen und leiden und Trübsal blasen.
Das kann fatal enden: in diesem Zustand ist man besonders anfällig für Zeit verbrennende Zerstreuungen wie Games, Glotze konsumieren, Sudoku oder Kreuzworträtsel bis zum Abwinken und dergleichen nutzlose und sinnfreie Beschäftigungen mehr. Ist auch eine Lösung, dem nachzugeben und über den Tag ein Ei drüber zu hauen, aber zufrieden macht es nicht, und das Motivationsloch wird einen noch die ganze Nacht verfolgen und keine besonders angenehmen Träume hervorrufen, ich weiß das aus Erfahrung. Ausserdem verdirbt man sich den Appetit aufs Abendessen 😉
Es besteht auch durchaus die Gefahr, dass sich das Motivationsloch zu einer ausgewachsenen depressiven Phase aufbläst, wenn man ihm Futter gibt. Ich hab aber was gegen Depri, ich leide nicht gerne und tu mir auch nicht gern selber leid, deswegen habe ich mir Strategien gegen das Motivationsloch eingeübt, die es verjagen oder zumindest soweit abmildern, dass ich den Tag noch mit Anstand zu Ende bringen kann.
In milderen Fällen hilft der Griff zum Strickzeug; Stricken ist eine simple mechanische Tätigkeit, bei der ich den Kopf abschalten und mich darauf konzentrieren kann, dass das Strickzeug Masche für Masche und Reihe für Reihe wächst und etwas Sichtbares bei meiner Beschäftigung herauskommt. Das beruhigt mich, und oft fällt mir dabei ein, was ich als Nächstes tun könnte, und der Tag ist gerettet.
Wenn ich in so einer Situation keine Lust zum Stricken habe, ist Alarmstufe Orange angesagt. Dann suche ich mir etwas, bei dem ich Dinge sortieren und in Ordnung bringen kann. Das kann sowas Simples sein wie das Wohnzimmer oder die Küche aufräumen, auch den Posteingang auf Vordermann zu bringen hilft immer gut, allernötigstenfalls sortiere ich auch schon mal Perlen oder Büroklammern nach Farbe, Form und Grösse. Buchhalterkinder lieben es, Material zu sortieren!
Wenn ich mal noch nicht einmal Lust zum Sortieren haben sollte, ist das Alarmstufe Rot. Dann hole ich mir Hilfe von aussen, dafür habe ich mein eigenes soziales Netzwerk. Freundinnen und Freunde, Familie, meine wunderbare Hausärztin — irgend jemand ist immer erreichbar, per Telefon oder auch per E‑Mail. Die kennen mich alle, und wenn ich sage “Motivationsloch” wissen die, wovon ich rede. Und erinnern mich daran, dass ich etwas dagegen tun kann — egal was, Hauptsache eine produktive Beschäftigung, und sei es nur, einen Kuchen zu backen. Meistens hilft es dann, ein paar Minuten zu quatschen und das grosse böse Motivationsloch dorthin zu verbannen, wo es hingehört — auf die Müllkippe, und nicht in mein Leben. Dann tu ich was, eigentlich ziemlich egal was, Hauptsache produktive Beschäftigung — und o Wunder, es hilft. Es hat noch immer geholfen, da kann ich mich gottseidank drauf verlassen.
Diese Strategie hilft mir, mit dem Motivationsloch fertig zu werden, wann immer es auftritt. So ganz läßt es sich nämlich nicht vermeiden, irgendwann findet es immer wieder mal ein Schlupfloch und will sich dadurch in meinem Leben breit machen. Aber ich lasse es nicht die Überhand gewinnen, dazu ist mir meine Lebenszeit einfach zu schade. Ausserdem bin ich viel lieber lustig als depressiv, und das ist etwas, das das grosse böse Motivationsloch ganz und gar nicht vertragen kann. Wenn man es nämlich ordentlich durch den Kakao zieht und kräftig auslacht, ergreift es panisch die Flucht, und läßt sich so schnell nicht wieder blicken 🙂