Praxis Dr. Inselfisch

Psychologie, Philosophie und Programmierung

Mein kleines Museum der Zeitgeschichte

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Als ich ein Teenag­er war, hat­te ich eine sehr klare Vorstel­lung davon, was ich ein­mal wer­den wollte: Restau­ra­torin. Ich wollte eine Lehre als Kirchen­ma­lerin, Ver­golderin oder Möbelschreiner­in machen, und dann die staatliche Aus­bil­dung zur Restau­ra­torin drauf­set­zen. Es hat nicht sollen sein, meine Eltern bestanden darauf dass ich das Abitur mache und studiere, und let­z­tendlich hat mir das auch nicht geschadet, denn so bin ich in der IT-Branche gelandet und habe einen Beruf gefun­den, den ich auch sehr liebe. Aber der Traum von der Restau­ra­torin ist mir immer geblieben, und eins mein­er lieb­sten Hob­bies ist es, alte Sachen zu restau­ri­eren und ihnen einen neuen Platz und neuen Glanz zu geben.

Ich habe in mein­er schnuck­e­li­gen kleinen Bude ganz viele Erb­stücke ste­hen, die ich eigen­händig vor dem Sper­rmüll gerettet habe, und die ich eigen­händig wieder auf Hochglanz gebracht habe. Der Schreibtisch, auf dem mein Lap­top ste­ht, ist ein Schreib­maschi­nen­tisch aus den 40er Jahren mit zauber­haftem Nußbaum-Spiegel­furnier, den ich vor gut 20 Jahren aus ein­er Woh­nungsauflö­sung gerettet habe. Der ele­gant geschwun­gene Stuhl auf dem ich sitze stammt von meinen Großel­tern väter­lich­er­seits und ist min­destens 80 Jahre alt. Im Win­ter­garten draussen ste­ht die Armeetruhe meines All­gäuer Opas, mit der ist er durch den ersten Weltkrieg gezo­gen, da sind meine Motor­rad­klam­ot­ten drin. Daneben ste­ht die kleinere Holztruhe, die mir mein ander­er Opa für mein Jugendz­im­mer geschrein­ert hat, in der hat meine Schallplat­ten­samm­lung ihren Platz gefun­den. Der dre­itürige schön furnierte Klei­der­schrank in meinem Schlafz­im­mer ist auch schon min­destens 60 Jahre alt, aber so sta­bil gefer­tigt und mit so hochw­er­ti­gen Mon­tageschlössern verse­hen, dass da nichts wack­elt und sich nichts ver­zo­gen hat in all den Jahren, der ste­ht da wie neu. Vorne am Ein­gang ste­ht eine zier­liche Frisierkom­mode aus der Nier­en­tisch-Ära, in deren Spiegel gucke ich mich jedes­mal an, bevor ich aus dem Haus gehe.

Kom­men wir langsam zur Neuzeit: meine Ord­ner ste­hen in den sel­ben Ikea Ivar-Regalen, die ich schon in meinem Jugendz­im­mer in den 70er Jahren hat­te, und die Stehlampe an meinem (eben­falls selb­st ren­ovierten) Wohnz­im­mer­tisch stammt auch aus dieser Zeit. Das hüb­sche Küchen­büf­fet aus mas­sivem Kiefern­holz, das so gut zu den Ikea-Regalen passt, habe ich von mein­er Mama geerbt, die hat­te es auch schon min­destens 20 Jahre. Mein guter Dual-Plat­ten­spiel­er ist so alt wie meine Schallplat­ten, also etwa aus den 80er/90er Jahren, und funk­tion­iert noch ein­wand­frei.

Auch in mein­er Küche tum­meln sich die Antiq­ui­täten, da ste­ht die orange Knödelschüs­sel von der Oma neben dem Elek­tro­grill aus den 60er Jahren, in dem ich so gerne meine Grill­spezial­itäten zubere­ite. Der Fleis­chwolf — Qual­ität von Rit­ter-Werke — stammt auch von der Oma, der kriegt immer wieder mal eine neues Mess­er und funk­tion­iert 1a. Die Nudel­mas­chine hat mir die Sig­no­ra Fani­ni aus Verona geschenkt, bei der war ich in den 70er Jahren auf Schüler­aus­tausch zu Gast. Mein ele­gantes Tee- und Kaffe­ser­vice aus cre­me­far­ben­em Porzel­lan mit Gol­drand habe ich von der Mama eines Kom­mili­to­nen geerbt, das war in den 80er Jahren, und da war das Ser­vice schon alt, das ist eine echte Antiq­ui­tät.

Meine älteste Strick­mas­chine (ich habe 3) und meine wun­der­bare Näh­mas­chine sind unge­fähr gle­ich alt, so ca. 40 Jahre. Bei­de sind fein­mech­a­nis­che Meis­ter­w­erke und funk­tion­ieren Dank guter Wartung und Pflege wesentlich bess­er als alle mod­er­nen Maschi­nen, die ich bish­er aus­pro­biert habe. Meine grosse Schnei­der­schere hab ich vom Opa geerbt, und das Nadelmäp­pchen mit der zauber­haften Petit-Point-Stick­erei von der Oma. Meinen Schmuck bewahre ich in mehreren kleinen, kun­stvoll mit Intar­sien verzierten Holzschat­ullen auf, die meine Omas schon von ihren Omas geerbt haben, das sind Jugend­stil­w­erke und mit­tler­weile echt wertvoll, aber ich geb sie nicht her.

Ich kön­nte noch lange so weit­er­erzählen, in meinem Haushalt tum­meln sich wirk­lich die Antiq­ui­täten allerorten und wer­den nach wie vor ver­wen­det, ein­fach weil sie zweck­mäs­sig, halt­bar und zuver­läs­sig sind und ihre Auf­gaben bestens erfüllen. Das enthebt mich der Notwendigkeit, mir einen Haufen Zeug neu zu kaufen, weil die alten Geräte auf Dauer­haftigkeit und Lan­glebigkeit gebaut sind, und bei guter Pflege ihren Dienst tun wer­den, bis ich sie eines Tages mal weit­er vererbe. Bis dahin lebe ich mit dem ganzen “Oidn Graf­fel” und liebe es, wenn mir meine alten Sachen ihre täglichen Geschicht­en von damals erzählen. Von unseren Eltern, und Omas und Opas und Urgroßel­tern, die ganze Fam­i­lie hat sich bei mir ver­sam­melt und leis­tet mir im täglichen Leben Gesellschaft. Ich bin gerne Kura­torin in meinem kleinen Muse­um der Zeit­geschichte, und die Leitung der Restau­ra­toren­werk­statt habe ich oben­drein. So habe ich mir den Beruf­swun­sch mein­er Jugend let­z­tendlich doch noch erfüllt.

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