Praxis Dr. Inselfisch

Psychologie, Philosophie und Programmierung

Good things come to those who wait: meine kleine Neujahrsansprache

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Ich machs auch nicht anders als die meis­ten: zum Start eines neuen Jahres fasse ich gute Vorsätze, ein­fach weil es eine gute Zeit ist, Resümee zu ziehen und dies zu tun. Mein Hauptvor­satz für 2019: ich will mehr Geduld üben. Muss ich auch ganz prag­ma­tisch, weil meine Pläne fürs neue Jahr jet­zt erst mal eine Wartezeit erfordern, ich muss noch cir­ca drei Monate lang die Füsse still hal­ten, ehe es mit einem neuen, grossen Pro­jekt weit­erge­ht.

Geduld ist meine starke Seite nicht, noch nie gewe­sen. Ich bin ja sel­ber von der schnellen Truppe und erledi­ge viele Dinge wenn es geht sofort, ratz­fatz und schnack­bumm­bäng 🙂 Das muss man in meinem Beruf auch kön­nen, das Arbeit­stem­po in der IT ist hals­brecherisch, da hat man nie Zeit sich erst­mal in aller Ruhe zu über­legen, wie man etwas ange­ht, da muss man ohne Gezeter ran an die Bulet­ten und Lösun­gen liefern, möglichst schon Vorgestern. Damit wird es einem zwar nie lang­weilig, aber so richtig gesund ist dieses Höl­len­tem­po auf die Dauer auch nicht, das artet nor­maler­weise in Stress aus und in viele Über­stun­den und Woch­enend­schicht­en. Das hält auch der hart­ge­sot­ten­ste alte ITler nicht jahre­lang aus, das geht oft ger­aden­wegs in den Burnout. Da ich allerd­ings jet­zt in der glück­lichen Lage bin, mir meine Pro­jek­te sel­ber steuern zu kön­nen, ist der Einzige der mir Druck macht ich sel­ber, und genau da will ich die Bremse anziehen.

Ich hab da heute einen net­ten Artikel von Hen­ry Lath­am über die Geduld, und wie wir sie in unser­er Zeit ver­lernt haben gele­sen, hier ist der Link:

https://medium.com/the-polymath-project/societys-problem-with-patience-a6b54a51b365

Er bringt unter anderem ein schönes Zitat von Leo Tol­stoj:

“Die bei­den mächtig­sten Krieger sind Geduld und Zeit.”

Das haben wir in unserem schnellebi­gen Zeital­ter fast alle vergessen. In Zeit­en von Instant Infor­ma­tion & Instant Grat­i­fi­ca­tion muss alles sofort passieren: wir wollen sofort Infor­ma­tio­nen ergooglen, wollen sofort am Smart­phone errre­ich­bar sein, und sofort ein Star oder ein erfol­gre­ich­er Start­up wer­den ist auch so eine Seifen­blase, der Mil­lio­nen hin­ter­her­hecht­en, weil es von den Medi­en so gepusht wird. Sendun­gen wie “The Voice of Ger­many” gaukeln einem vor, dass man über Nacht zum Star wer­den kann, und lassen die Jahre der Vor­bere­itung und der harten Arbeit bewusst aussen vor. Ein Fin­ger­schnip­pen muss genü­gen und dann muss sofort passieren was wir uns wün­schen, so sieht das heutzu­tage in den Medi­en aus.

Es gibt ein nettes altes amerikanis­ches Sprich­wort, das lautet: “Good things come to those who wait”, wörtlich: “Gute Dinge kom­men zu denen, die warten kön­nen.” Das möchte ich mir mehr zu Herzen nehmen. Nathan Sykes hat ein hüb­sches Lied mit einem sehr ein­fühlsamen Text daraus gemacht, hier ist ein schnuck­e­liges Video davon:

Es fängt an mit dem Text (sin­ngemäss): “Es ist kein Not­fall, keine Sire­nen vor mir, nichts hält mich davon ab, meinen Weg zu gehen…”

Die Lyrics han­deln davon, dass man an seinem Platz bleiben und in aller Ruhe abwarten kann, dass man sich nicht abhet­zen muss, weil es sowieso nichts bringt, dass man kurz gesagt mit Geduld eher weit­erkommt als mit hek­tis­chem Aktion­is­mus. Das Lied ist ein schön­er Ohrwurm, und die Mes­sage ver­suche ich mir zu Herzen zu nehmen.

Da ich aber im Nicht­stun und nur Abwarten ganz,  ganz schlecht bin, werde ich noch viel üben müssen. Ich hab ja Tausend Klein­pro­jek­te im Bere­ich Kun­st, Hob­by und Handw­erk, ich werde denen mehr Raum geben, solange ich noch abwarten muss mit der grossen neuen IT-Her­aus­forderung. Ich hab ja sog­ar ein recht ehrgeiziges neues pri­vates Pro­gram­mier­pro­jekt, mit dem ich mich sich­er viele Stun­den und Tage beschäfti­gen kön­nte, aber die ganze Zeit nur am Com­put­er zu sitzen ist auch nicht gesund. Das lim­i­tiere ich mir auf wenige Stun­den pro Tag, und anson­sten werde ich mich in der näch­sten Zeit jet­zt eher den schö­nen Kün­sten wid­men — und mein­er Woh­nung, die ist näm­lich noch nicht fer­tig ren­oviert. Und anson­sten werde ich Geduld haben, die paar Monate gehen auch vor­bei. Es tut meinen Fre­und­schaften und Bekan­ntschaften sich­er auch gut, wenn ich mal nicht wie eine Wilde vorneweg galop­piere, son­dern mal einen Zack­en langsamer fahre und auch mal drauf schaue, ob die anderen auch mitkom­men. Das über­sieht man näm­lich sehr gerne, wenn man das Leben auf der Über­hol­spur fährt: es wird ganz schnell ein­sam da vorne.

Dann lieber abwarten und Tee trinken.… und auch mal gute Fre­unde dazu ein­laden. Denn, so ste­ht es sehr wahr auf mein­er schön­sten Wei­h­nacht­spostkarte: es sind die Begeg­nun­gen mit Men­schen, die unser Leben lebenswert machen. Und das passt per­fekt zu meinem guten Vor­satz fürs neue Jahr. Mehr Geduld üben, mehr Zeit für die wirk­lich wichti­gen Dinge des Lebens nehmen. Ich pro­biers mal — und ich werde bericht­en, wie es mir gelingt.

Ich wün­sche allen ein wun­der­bares neues Jahr, und mögen eure guten Vorsätze so wahr wer­den, wie ihr es euch wün­scht!

prostneujahr

prost­neu­jahr

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