Von meinen amerikanischen HandarbeitsfreundInnen habe ich einige Vokabeln
übernommen, die ich witzig und besonders treffend finde. Eine davon
ist das UFO. Ausgeschrieben: "UnFinished Object" = unvollendetes
Objekt. Ich finde, daß das ein wenig netter klingt als "unfertiges
Strickzeug" (kann auch genauso treffend auf Häkel- Stick- und
allerlei andere Arbeiten angewendet werden).
Ein UFO ist nicht ein Strickzeug, das man gerade eben erst angefangen
hat (das wäre ein "project in progress", PIP). Nein, ein
UFO ist eines von denen, die aus irgendeinem Grund niemals fertig werden.
Haben Sie nicht? Wow, bewundernswerte Disziplin. Aber alle handarbeitenden
Leute, die ich kenne, haben UFOs. Meistens deutlich mehr als eins. Das
ist vollig normal bei uns Fiberholics (Am., analog zu "Workaholic";
"Fiber" = Faser, Stoff, Garn, Wolle etc... ich hör ja schon
auf mit den Vokabeln!)
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Ich zum Beispiel habe eine Ärmelsammlung. Einzelne,
zum Teil komplett fertiggestellte Ärmel, ohne dazu passende Pullover.
Wie sowas kommt? Weil man für Ärmel nicht so erschreckend
viele Maschen wie z.B.ein ganzes Vorderteil anschlagen muß,
und schneller fertig wird. Deswegen fange ich, wenn ich mir nicht
sicher bin, gern zunächst mal einen Ärmel an. |
Die drei da oben im Bild geben schon eine Menge Aufschluß darüber,
wie ein an sich frohgemut begonnenes Strickstück zum UFO mutiert.
Man hat sich's anders vorgestellt
Das ist bei dem schachbrettartig gemusterten, blaugrün-grundigen
Ärmel links passiert. Ratz-fatz auf der Maschine gestrickt, und vorher
nicht darüber nachgedacht, wie die Farben am Ende wirklich miteinander
wirken würden. Mir gefällt es so wie es ist nicht wirklich,
und das ist somit ein klarer Fehlversuch.
Abhilfe: Irgendwann wird das aufgeribbelt und anderweitig vearbeitet.
Man hat die Anleitung verschmissen
Der tannengrüne Zopfmusterärmel in der Mitte ist ein Opfer von
sowas. Ich hatte ausgerechnet, die Mustereinteilung ausgetüftelt,
schriftlich festgehalten in welcher Reihenfolge Zunahmen zu machen waren
- und jetzt finde ich diesen verflixten Zettel nicht mehr! Und ich weigere
mich absolut, mich mit der Lupe hinzusetzen und in mühevoller Kleinarbeit
nachzuzählen, wieviele Maschen und Reihen und so weiter das nun wirklich
sind.
Abhilfe: Abwarten. Aus schmerzvoller Erfahrung habe ich gelernt,
niemals handgeschriebene Arbeitsnotizen wegzuwerfen. Irgendwann wird das
Ding schon wieder auftauchen, und dann vollende ich dieses Meisterstück
in Zopfkunst.
(Oft geübte Variante dieses Themas: man hat sich's nicht aufgeschrieben,
weil man sich so Kleinigkeiten wie "in jeder 4. und 6. Reihe je eine
Masche zunehmen, dabei folgerichtig das Muster ergänzen und gleichzeitig
in jeder 6. Reihe verzopfen" ganz locker merken kann. HAH!!!
Abhilfe: wir lernen daraus, s. Arbeitsnotizen)
Man weiß nicht so recht
Der apricotfarbene Ajourmusterärmel rechts wird davon an der Fertigstellung
gehindert. Die Wolle (feinstes Merino) ist traumhaft, diese Farbe, die
auf dem Bild leider nicht so schön herauskommt wie sie wirklich ist,
steht mir hervorragend, und Ajourmuster mag ich sowieso. Ich habe nicht
die geringste Idee, warum ich da nicht vorankomme.
Abhilfe: Liegenlassen und abwarten. Wolle wird ja nicht kaputt
beim Lagern (Gottseidank!). Da fehlt wahrscheinlich bloß eine einzige
zündende Idee. Wird schon noch kommen... ich meine, wer hetzt mich
denn?
Letzter Tip: Schöne UFOs, also Sachen, von denen man eigentlich
überzeugt ist, daß sie toll aussehen würden wenn sie nur
mal fertig werden täten, sollte man nicht zu tief in den Schränken
verbuddeln. Manchmal reicht es, wenn so ein UFO dann z.B. zufällig
in die Nähe einer farblich dazu passenden Lieblingshose gerät,
und man nicht mehr übersehen kann, wie super das zusammen aussehen
würde. Schon kriegt die Motivation einen Kickstart, und dann strickt
sich's wie von selbst.
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