Die Geschichte vom Regenbogenkistl

Von Evi Silvia Leu © Tapir Verlag 2012/2018

Joschi geht durch den Schlossgarten zur Schule

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 Von einem ehemaligen Zauberlehrling, der in einem Schloss wohnt
  2. Kapitel 2 Von Zeugnissen und Geschenken
  3. Kapitel 3 Von einem ganz besonderen Besuch in den großen Ferien
  4. Kapitel 4: Vom suchen und Finden im Internet, und von einer von Joschi’s guten Ideen
  5. Kapitel 5: In dem der Joschi sich traut, und in dem ein Versehen passiert
  6. Kapitel 6: In dem eine Email an Meister Zauberer geschrieben werden soll, was gar nicht so einfach ist
  7. Kapitel 7: In dem eine Antwort vom Meister Zauberer kommt, und Joschi ein Problem von Madame Babette löst
  8. Kapitel 8: In dem Joschi dem Ritter Rollbert einen großen Gefallen tut
  9. Kapitel 9: In dem ein Tag nachdenklich anfängt und Joschi ganz unerwartet einen tollen Wunsch hat
  10. Kapitel 10: In dem fleißig geübt wird, Joschi eine unerwartete Nachricht von höchster Stelle erhält und sich entscheiden muss
  11. Kapitel 11: In dem Lexi etwas neues lernt und in dem ein Ausflug geplant wird
  12. Kapitel 12: In dem Joschi und Lexi zum Spielplatz fahren und Joschi wieder mal eine gute Idee hat
  13. Kapitel 13: In dem Lexi so richtig in Fahrt kommt, und Joschi am Ende des Tages eine Überraschung erlebt
  14. Kapitel 14: In dem Joschi Lexi das Eisessen beibringt, und in dem sonst noch allerhand passiert
  15. Kapitel 15: In dem das Regenbogenkistl befragt wird, (fast) alle zum Baden gehen und der Tag erst stürmisch, dann besonders schön endet
  16. Kapitel 16: In dem die Ferien weitergehen und eine Kleinigkeit Lexi ans Wasser bringt
  17. Kapitel 17: In dem Joschi wieder mal eine gute Idee hat und eine tolle Grillparty gefeiert wird
  18. Kapitel 18: In dem ein Picknick im Grünen stattfindet
  19. Kapitel 19: In dem eine kleine Bootsfahrt mit unerwarteten Nebenwirkungen unternommen wird
  20. Kapitel 20: In dem der Tag ein bisschen knatschig anfängt, und dann ein Ausflug zur Roseninsel unternommen wird
  21. Kapitel 21: In dem erst mal Brombeeren gepflückt werden, und später noch viel auf dem Wasser passiert
  22. Kapitel 22: In dem nicht nur das Grüne Leuchten passiert und ein Delfin eine wichtige Rolle spielt
  23. Kapitel 23: In dem alles gut wird, wie es sich gehört

1. Kapitel: Von einem ehemaligen Zauberlehrling, der in einem Schloss wohnt

Es war einmal ein ehemaliger Zauberlehrling, der hieß Joschi. Joschi war früher einmal bei einem berühmten Zauberer in die Lehre gegangen, aber das ist eine andere Geschichte. Und Joschi war ja auch ein ehemaliger Zauberlehrling, jetzt ging er ganz normal in die Schule wie andere Kinder auch. Das war so, weil er beim Meister Zauberer einmal nicht aufgepasst und getan hatte was man ihm sagte, sondern einen Besenzauber selber probiert und prompt vermasselt hatte. Das hatte eine Riesenschweinerei im Zauberschloss gegeben, und der Meister Zauberer war richtig sauer auf Joschi gewesen, aber das ist wie gesagt eine andere Geschichte und gehört eigentlich gar nicht hierher. Man muss nur wissen, dass sich der Joschi mit Zauberern recht gut auskannte, und dass er selber einmal ein Zauberlehrling gewesen war. Denn er kam oft auf Ideen, auf die andere Kinder nicht kamen, und das kam davon dass er eben einmal angefangen hatte, das Zaubern zu lernen.

Der Joschi ging also jetzt in die Schule wie andere Kinder auch, und lernte ganz normal Lesen und Schreiben und Rechnen und andere Dinge. Und weil er nicht bloß fleißig war, sondern auch oft recht gute Ideen hatte, bekam Joschi gute Noten. Er strengte sich aber auch besonders an, denn der Meister Zauberer hatte ihm versprochen, wenn er ein Zeugnis mit lauter guten Noten heimbrachte, dann würde er ein Geschenk bekommen. Vielleicht wurden es sogar zwei Geschenke, denn Joschi hatte auch noch am Anfang der großen Ferien Geburtstag, und der Meister Zauberer hatte so etwas angedeutet. Denn der Meister Zauberer war nicht nachtragend und war nicht mehr sauer auf seinen ehemaligen Lehrling, sondern passte auf dass der Joschi etwas Gescheites lernte. Der Meister Zauberer hatte auch dafür gesorgt, dass der Joschi in der Hauptstadt in die Schule gehen durfte. Und wohnen durfte der Joschi sogar in einem Seitenanbau des königlichen Schlosses, denn der Meister Zauberer hatte beste Beziehungen in die Hauptstadt und kannte die oberste Beschließerin und Küchenchefin, die hoch geachtete Madame Babette, sowie den ehrenwerten Ritter Rollbert, den Chef der königlichen Garde, höchstpersönlich und hatte diese beiden hochstehenden Persönlichkeiten gebeten, ein bisschen auf den Joschi acht zu geben.

Madame Babette und Ritter Rollbert

Das war vollkommen in Ordnung für den Joschi, denn die Madame Babette war eine ganz liebe und gemütliche Frau, die unter anderem auch ganz hervorragend Kuchen backen konnte. Und der Herr Ritter Rollbert war trotz seines militärischen Aussehens ein sehr umgänglicher Mann, den man alles Mögliche fragen konnte, und der nichts lieber tat als Schach oder Siedler oder andere Strategiespiele zu spielen, wenn er nicht gerade mit der königlichen Garde beschäftigt war oder Privatstunden für die königlichen Kinder gab. Der Ritter Rollbert war nämlich nicht nur Ritter, sondern auch königlicher Privatlehrer für höhere Mathematik und Strategie. Genauso war die Madame Babette auch königliche Privatlehrerin im Nebenberuf, sie lehrte Rechnen und Logistik, also die Wissenschaft davon, was wovon wie viel wann und wo gebraucht wird. Das hört sich ganz schön kompliziert an und ist es auch, aber die Madame Babette war da wirklich Expertin. Der König bekam nämlich immer viel Besuch, und für die Verpflegung der vielen Gäste war die Madame Babette zuständig. So musste sie ständig so Sachen ausrechnen, wie viele Eier zum Beispiel für Marmorkuchen für 200 Personen gebraucht wurden, wenn für 1 Kuchen 6 Eier nötig waren, und man aus einem Kuchen 14 Stücke schneiden konnte. Das waren ganz schön anspruchsvolle Rechnungen und gar nicht so einfach, aber Joschi lernte besonders gern bei Madame Babette, weil er vom Kuchen immer ein Stück abbekam.

Wohnen tat der Joschi also wie gesagt in einem Seitenanbau des königlichen Schlosses, in einem komfortablen Turmzimmer nicht weit von der Küche. Unten im Turm war ein Bad mit Dusche und WC, und oben hatte Joschi ein schönes großes Zimmer, in dem genug Platz war für ein gemütliches Bett, einen praktischen Schreibtisch, einen großen Schrank für die Klamotten und eine wunderbare geräumige Holztruhe für die Spielsachen. Joschi konnte schon sehr zufrieden sein mit dem Turmzimmer, es war nämlich auch noch hell und freundlich, und vor den Fenstern hingen wie überall im Schloss die schönsten Blumenkästen, die pflegte die königliche Hofgärtnerei, und die waren sehr stolz auf ihre prächtigen Geranien und Rosen und Stiefmütterchen. Und obendrein hatte der Joschi einen sehr schönen Schulweg, mitten durch den königlichen Schlosspark, am Seeufer entlang und unter hohen Bäumen hindurch. Dem Joschi ging es also richtig gut im Seitenanbau vom königlichen Schloss, und er ging auch gern in die Schule und hatte keinen Grund, sich zu beschweren. Das Essen war gut und reichlich, zum Spielen hatte er im Zimmer und im Schlosspark und am See wirklich genug Platz, und wenn er mal Unterhaltung brauchte oder auch Hilfe bei den Hausaufgaben, die Madame Babette und der Herr Ritter Rollbert hatten eigentlich immer Zeit für ihn. Nur manchmal wünschte sich Joschi, es wären mehr Kinder im Schloss. Denn die Kinder des Königs waren erstens schon viel älter als der Joschi und zweitens nie da, auch wenn sie eigentlich ganz nett waren. Und die Kinder aus der Stadt, mit denen er in die Schule ging, trauten sich immer nicht so recht ins Schloss zum Joschi zum Spielen zu kommen.

Der Joschi wünschte sich also wenn überhaupt etwas dann jemand zum Spielen und zur Unterhaltung. Da man sich so was aber ganz schlecht zum Zeugnis oder zum Geburtstag wünschen kann, überlegte Joschi lange, was er sich denn eigentlich wünschte. Einen Fernseher vielleicht, für die Unterhaltung, oder ein Haustier zum Spielen, das wäre ganz in Ordnung gewesen. Obwohl so ein Haustier auch Arbeit machte, und wer sollte denn auf einen Hund oder eine Katze oder auch bloß einen Hamster aufpassen, wenn der Joschi in die Schule ging? Das war alles nicht so einfach mit dem Wünschen. Andererseits zerbrach sich der Joschi darüber auch nicht unnütz den Kopf, denn der Meister Zauberer war ein sehr kluger Mann und würde sich schon etwas einfallen lassen. Der Joschi lernte also lieber fleißig soviel es ihm Spaß machte, und schaute dass er gute Noten bekam, und wartete ansonsten einfach ab, denn bis zu den Zeugnissen und zu den großen Ferien war es jetzt nicht mehr lange hin.

2. Kapitel: Von Zeugnissen und Geschenken

Der letzte Schultag kam endlich, und da gab es natürlich auch Zeugnisse. Der Joschi war gar nicht unzufrieden mit seinem, nur der Dreier in Deutsch wurmte ihn, weil er in allen anderen wichtigen Fächern mindestens Zweier bekommen hatte. Dass es in Deutsch nicht weiter als bis zu einem Dreier gereicht hatte, hatte allerdings einen Grund: der Joschi konnte seit der Sache mit dem schief gegangenen Zauberspruch nicht mehr so gut auswendig lernen, da hatte er einfach eine Sperre. Das wusste die Lehrerin, und es stand auch in der Zeugnisbemerkung, dass der Joschi ein Problem mit dem Auswendiglernen hatte. Aber trotzdem, ein Dreier war halt nur ein Dreier und keine wirklich gute Note. Dafür hatte er aber in Logistik eine glatte Eins, weil er mit der Madame Babette und ihren Kuchenrezept-Rechnungen so fleißig geübt hatte, und darauf war er richtig stolz, denn Logistik war echt ein schwieriges Fach. Alles in allem gesehen konnte der Joschi sein Zeugnis schon vorzeigen, und die Madame Babette lobte ihn sogar ordentlich und versprach ihm zum Geburtstag – der am Samstag nach dem letzten Schultag war – einen besonders schönen Kuchen, und dazu wahrscheinlich Besuch. Die Madame Babette tat sehr geheimnisvoll was den Besuch anging, aber so schwer war das nicht zu erraten. Als auch noch der Ritter Rollbert etwas in seinen Bart brummelte, dass ein Gast sich angekündigt hatte, der das Zeugnis wohlwollend zur Kenntnis nehmen würde, war der Fall für Joschi klar. Und jetzt konnte er seinen Geburtstag kaum noch erwarten, wo doch sehr wahrscheinlich der Meister Zauberer auf Besuch kommen sollte!

An dem bewussten Samstag war es schönstes Sommerwetter, und die Madame Babette deckte nach dem Mittagessen den Geburtstagstisch gleich hinter den weit offenen Türen der Hofküche, so dass man fast im sonnigen Innenhof saß, aber der Kuchen schön im Schatten blieb, weil man nicht genau wusste wann der Besuch kam.. Der Schokoladenguss auf dem prächtigen Geburtstagsgugelhupf wäre nämlich in der Sonne schnell weich geworden, und das wäre ja zu schade gewesen. So lange musste allerdings niemand warten, denn kaum hatte die Madame Babette den Kaffee für sich und Ritter Rollbert und den heißen Kaba für Joschi auf den Tisch gestellt, als schon ein frischer Windhauch durch den Innenhof fegte, und auf einmal der Meister Zauberer in der Tür stand, prächtig anzusehen mit dem blauen Gewand und Zauberhut, und mit wehendem Reisemantel. Unter dem Arm trug er so etwas wie eine Reise-Aktentasche, und in der Hand so etwas wie einen Vogelkäfig, der mit einem rotweißkarierten Tuch abgedeckt war.

Der Meister Zauberer im Reisemantel

„Wie ich höre, hat es Zeugnisse gegeben“ sagte der Meister Zauberer und lachte fröhlich. “Und noch dazu hat heute jemand Geburtstag, und die verehrte Madame Babette hat Kuchen gebacken. Einen schönen guten Tag zusammen wünsche ich!“ „Guten Tag, Meister Zauberer!“ rief der Joschi und linste eifrig nach dem Vogelkäfig, ob er etwas darin erkennen konnte. Sollte er doch ein Haustier kriegen? Das wäre ja gar nicht schlecht. Es war aber nichts zu sehen, und der Meister Zauberer stellte den Vogelkäfig auch erst mal unter dem Tisch ab und setzte sich hin, nachdem er auch Madame Babette und Ritter Rollbert begrüßt hatte. „Guten Tag, Joschi. Wie schaut es mit dem Zeugnis aus?“ „Ganz gut, glaube ich.“ Sagte Joschi, der jetzt doch ein wenig verlegen wurde. Es waren halt nicht nur und ausschließlich gute Noten. „Nur der Dreier in Deutsch...“ „Ich weiß schon, „ sagte der Meister Zauberer. „Wegen der Sache mit dem Auswendiglernen, davon habe ich schon gehört. Jetzt zeig mal her.“ Joschi reichte das Zeugnis hinüber und versteckte sich ein bisschen hinter seiner Kabatasse, bis der Meister Zauberer die Sache auch gelesen hatte. „Mhm, mal sehen...“ brummelte der. „Ein Einser in Logistik, das ist ja ganz ausgezeichnet, und sonst sehe ich ganz viele Zweier... das ist ein richtig gutes Zeugnis, Joschi, das muss man schon mal ganz ehrlich sagen. Da hast du dir die Geschenke richtig verdient, die ich mitgebracht habe.“ „Geschenke?“ Der Joschi machte große Augen. “Gleich mehrere?“ „Zwei, um genau zu sein. „ sagte der Meister Zauberer. „Und es sind natürlich besondere Geschenke. Hier hätten wir einmal: „ und der Meister Zauberer machte eine effektvolle Pause, während er das Etwas, das wie ein Vogelkäfig aussah, auf den Tisch stellte, das Tuch lüpfte und die Tür aufmachte.

„Eine Maus!“ rief der Ritter Rollbert. „Oha, eine Glasmaus!“ sagte gleichzeitig die Madame Babette, die sich ein wenig mit Zaubersachen auskannte. „Bernhard!“ rief Joschi überglücklich. „Bernhard Brockhaus, die klügste Glasmaus der Welt! Was machst du denn hier, Bernhard?“ Denn Bernhard Brockhaus, die Glasmaus, war ein alter Bekannter vom Joschi. Sie kannten sich aus dem Zauberschloss, wo Bernhard auch Lehrling gewesen war – Zaubertierlehrling natürlich – und in der Schlossbibliothek gewohnt hatte. Er hatte auch sämtliche Bücher gelesen, oder zumindest fast alle, und war deshalb trotz seiner geringen Größe unheimlich schlau.

„Ich komme auf Besuch, für die großen Ferien zumindest.“ Sagte Bernhard und verneigte sich artig. „Guten Tag auch allerseits, und alles Gute zum Geburtstag, Joschi!“ „Das ist ja großartig, dann habe ich in den Ferien jemand zum Spielen!“ sagte Joschi, der sich unheimlich über den kleinen Überraschungsbesuch freute. Und: „Oh wie nett!“ sagte die Madame Babette, die den Unterschied zwischen einem Glasmaus-Zauberlehrling und einer gewöhnlichen Maus sehr wohl kannte. Sie war sicher erfreut, dass Bernhard keinen Dreck machte und nicht alles anknabberte wie eine normale Maus, sondern sehr reinlich war und höchstens ein paar Kuchenkrümel verdrückte, wegen des feinen Geschmacks. „Also, das ist ja schon mal ein großartiges Geschenk, Meister Zauberer, vielen herzlichen Dank!“ rief Joschi. „Und das ist noch nicht alles. „ sagte der Meister Zauberer. Aber das andere Geschenk braucht eine längere Erklärung, und ich habe Hunger und Durst.“ „Dann darfst du jetzt den Kuchen anschneiden, Joschi!“ sagte die Madame Babette, und sie schenkte auch für den Meister Zauberer eine Tasse Kaffee ein.

So aßen sie erst mal in Ruhe den köstlichen Geburtstagsgugelhupf, und die Grossen tranken Kaffee, und Joschi seinen Kaba dazu, und dabei unterhielt er sich schon mal ein wenig mit Bernhard, denn sie hatten sich doch eine ganze Weile nicht gesehen. Als sie schließlich mit dem Kuchen essen fertig waren, räumte der Meister Zauberer Teller und Tasse beiseite, stellte die Reise-Aktentasche auf den Tisch und machte sie auf. Heraus kam ein flaches graues Kistchen, nicht viel größer als ein großes Buch. „Oho, ein Computer!“ sagte der Ritter Rollbert.

Joschi machte noch größere Augen als vorher. Ein richtiger, kleiner, tragbarer Computer? Für ihn? „Ja, mhm, das ist so etwas wie ein Computer. „ sagte der Meister Zauberer nachdenklich. „Aber nur so ungefähr, denn schließlich ist es ein Zaubergeschenk. Ich nenne es ein Regenbogenkistl, und warum das so ist, das erkläre ich gleich.“ Der Meister Zauberer klappte das Kistl auf und drückte auf den Einschaltknopf, und nach ein paar Sekunden wurde der Bildschirm hell. „Man kann mit dem Regenbogenkistl allerhand Sachen tun, die man auch mit einem normalen Computer tun kann, Bilder anschauen zum Beispiel, und Dinge im Internet suchen, und Rechnen natürlich auch. Aber man kann noch mehr damit anfangen, wenn man gelernt hat wie es geht, Ideen testen zum Beispiel.“ „Wie, Ideen testen?“ fragte der Joschi, der sich darunter überhaupt nichts vorstellen konnte. „Ideen testen, ob sie gut sind. „ sagte der Meister Zauberer. „Da habe ich ein bisschen hineingezaubert, weil ich weiß, dass du immer so viele Ideen hast. Wenn du lernst, dem Regenbogenkistl die richtigen Fragen zu stellen – und dabei kann Bernhard dir helfen, denn der hat bei mir einen Grundkurs gemacht – wenn du also die richtigen Fragen stellst, dann kann dir das Regenbogenkistl ganz gute Antworten geben. Das sieht dann zum Beispiel so aus.“ Und der Meister Zauberer machte eine magische Handbewegung. Da leuchtete der Bildschirm des Regenbogenkistls in allen Farben des Regenbogens auf, und es erklang ein angenehmer leiser Klingelton.

„Ah!“ machte der Joschi, der noch nicht viel verstanden hatte, aber die Farben waren sehr schön anzusehen, da war ein „Ah!“ schon angebracht, auch wenn man noch lange nicht alles kapiert hatte. „Und wie funktioniert das genau?“ fragte der Ritter Rollbert, der ein Interesse an allem Technischen hatte. „Das muss der Joschi erst lernen, und wie gesagt, Bernhard kann ihm dabei behilflich sein, der weiß wie man so etwas anfängt.“ „Das ist ja hochinteressant, „ sagte der Ritter Rollbert. „Können wir vielleicht einmal ein Beispiel sehen?“ „So einfach ist das leider nicht, man braucht erst einmal eine gute Frage.“ Erwiderte der Meister Zauberer. „Und was wäre denn eine gute Frage?“ fragte der Ritter Rollbert hartnäckig. „Das gehört schon zum Lernprogramm. „ sagte der Meister Zauberer. „Aber vielleicht hat der Joschi ja eine gute Frage für uns?“ Au weia... woher sollte der Joschi jetzt eine Frage nehmen, einfach so ohne Vorbereitung, und woher sollte er wissen, ob die Frage gut war? Da hatte er auf einmal eine Idee, und vielleicht war ja die gut. „Was kann ich denn das Regenbogenkistl fragen?“ fragte er neugierig. Der Meister Zauberer schmunzelte. „Ist das schon deine Frage?“ „Ja klar, „ sagte der Joschi. „Ich möchte gerne wissen, was ich das Regenbogenkistl fragen kann, das ist meine Frage. „ „Alles.“ Sagte der Meister Zauberer. „Und was für Antworten werde ich kriegen?“ „Das kommt auf die Fragen an.“ Sagte der Meister Zauberer. „Ich sehe schon, „ sagte der Joschi, „das ist wie ein Spiel mit bestimmten Spielregeln, und die muss ich erst herausfinden, nicht wahr?“ Das Regenbogenkistl klingelte melodisch und leuchtete schön in Regenbogenfarben, und Bernhard klatschte in die Pfoten und deutete auf den Bildschirm. „Da schau hin! 100 Prozent richtig steht da! Das war eine klasse Frage, Joschi, bravo!“

Das Regenbogenkistl meldet 100 Prozent

„Hmm,“ machte die Madame Babette. „So wie ich das sehe, muss der Joschi ja richtig daran arbeiten, die richtigen Fragen zu stellen – und jetzt sind aber Ferien!“ „Ach Madame Babette, das ist doch keine Arbeit, das macht doch richtig Spaß!“ rief der Joschi. „Und außerdem habe ich ja den Bernhard zum Helfen. Darf ich noch eine Frage stellen? Als Test sozusagen, um zu sehen was ich für eine Antwort kriege?“ „Aber klar, Joschi:“ sagte der Meister Zauberer. „Also, dann frage ich das Regenbogenkistl: darf der Bernhard wirklich die ganzen Ferien hier bleiben?“ Insgeheim hielt der Joschi seine Daumen für sich selber gedrückt und hoffte, dass das wirklich eine gute Frage war, denn wenn ja, dann hatte er das Grundprinzip verstanden. Das Ergebnis war wieder ein heller Klingelton, und „100% richtig!“ stand auf dem Bildschirm. „Hah, ich hab’s verstanden!“ freute sich Joschi. „Wetten, ich kriege auch noch eine falsche Frage hin?“ „Wie willst du das denn schaffen?“ fragte die Madame Babette zweifelnd. Sie schien noch nicht davon überzeugt, dass das Regenbogenkistl nicht zuviel Arbeit für die Ferien machte.

„Oh bitte, Meiste Zauberer, darf ich?“ bettelte Joschi, denn er fand das gar keine Arbeit, sondern sehr, sehr spannend. „Eine Frage noch, Joschi, nicht mehr, denn dann muss ich noch etwas erklären“ antwortete der Meister Zauberer. „Also, schieß los.“ „Dann frage ich das Regenbogenkistl: möchtest du auch ein Stück Kuchen?“ fragte der Joschi aufgeregt. Und prompt kam nur ein schwache Funzeln, und eine Fehlermeldung. “Ein – Schrägstrich – Ausgabefehler, was heißt denn das?“ buchstabierte der Joschi, und Bernhard hüpfte wieder auf und ab vor lauter Aufregung. „Das war aber auch eine echt prima falsche Frage, Joschi! Das war ein Eingabefehler oder ein Ausgabefehler, eins von beiden.“

„Heißt das, dass ein Regenbogenkistl keinen Kuchen essen kann, und deswegen die Frage komplett falsch gestellt war?“ fragte die Frau Babette, und als diesmal prompt der helle Klingelton kam und die Regenbogenfarben leuchteten, lachten alle. „Genau das heißt es. „ sagte der Meister Zauberer. „Und jetzt ist es für’s erste genug, denn mit dem Regenbogenkistl kann man zwar auch spielen, aber man muss aufpassen, dass das nicht in Arbeit ausartet, da hat die Madame Babette schon recht.“ Und er drückte den Ausschaltknopf und klappte das Regenbogenkistl wieder zu. „Außerdem muss ich noch etwas erklären, wie ich bereits vorher sagte. Joschi, hör gut zu, das ist wichtig. Denn das Regenbogenkistl ist ein Zaubergeschenk, und wie bei allen Zaubergeschenken gehört da eigentlich dazu, dass man drei Wünsche frei hat. Aber damit solltest du sehr vorsichtig umgehen, Joschi. Denn die drei Wünsche gelten für immer, nicht bloß für die großen Ferien, und wenn ein Wunsch weg ist, ist er weg, für immer. Deswegen habe ich einen Zauber eingebaut, der verhindert dass du versehentlich mit einer schlechten Frage einen Wunsch verpulverst. Denn du musst dir schon sehr sicher sein und mit dem Regenbogenkistl schon recht gut umgehen können, bevor du dir einen echten Wunsch überlegen kannst, der auch in Erfüllung gehen kann und wo nicht bloß ein rechter Schmarrn dabei herauskommt.“ „Ich glaube ich verstehe. „ sagte der Joschi ernsthaft. „ Ein echter Wunsch wäre so was wie die Antwort auf eine echt schwierige Frage, nicht wahr?“ „Das ist ein sehr gutes Beispiel, Joschi. Ich sehe, du hast mir gut zugehört, da kann ich dir das Regenbogenkistl ruhig dalassen. Und falls du mal wirklich einen echten Wunsch haben solltest, kannst du eine Nachricht an mich schicken. Auch dabei kann dir der Bernhard helfen, der weiß, wie das geht.“ „Das ist prima!“ sagte der Joschi. „Dann bin ich extra-vorsichtig mit den Wünschen, und schicke lieber erst eine Nachricht, das ist gut so. Darf ich dann jetzt Bernhard das Turmzimmer zeigen? Er weiß ja noch gar nicht, wie schön ich hier wohne.“ „Das ist eine sehr gute Idee, Joschi. „ sagte der Meister Zauberer. „Lauft zu, ihr beiden! Ich verabschiede mich schon mal, denn ich werde bald abreisen.“ „Dann auf Wiedersehen, Meister Zauberer, und vielen herzlichen Dank für die wunderbaren Geschenke!“ „Auf Wiedersehen Joschi, Bernhard!“ antwortete der Meister Zauberer. Und Joschi und Bernhard liefen hinüber zum Turm, wo Joschi dem Bernhard sein schönes Zimmer zeigen konnte. Denn schließlich würde Bernhard in den großen Ferien beim Joschi wohnen, da interessierte ihn das schon sehr.

3. Kapitel: Von einem ganz besonderen Besuch in den großen Ferien

Der Joschi ging auch in den großen Ferien ziemlich oft seinen schönen Schulweg durch die Schlossgartenanlage. Wenn er in die Stadt zum Spielplatz ging, zum Beispiel, oder den Weg zum See hinunter bis zum Bootsanleger. Dabei kam er auch jedes Mal an der großen Springbrunnenfontäne vorbei, da wo der Schlossgarten fast am schönsten war und wo weiße Marmorbänke unter den hohen Bäumen standen. Auf einer dieser Bänke saß eines Tages ein Mädchen. Joschi dachte zuerst, es sei eines von den Königskindern, denn das Mädchen hatte ein sehr feines Kleid an und sah insgesamt recht vornehm aus, wenn auch ziemlich dünn. Aber die Königskinder kannte er eigentlich alle, von denen sah das Mädchen keinem ähnlich. Und es saß auch ganz still da, wie es die lebhaften Kinder des Königs nie lange taten. Das Mädchen saß da auf einer Bank vor dem Springbrunnen, war still und warf ab und zu einen Kieselstein ins Wasser.

Das Mädchen sitzt an der Fontäne

Der Joschi hätte gerne „Hallo, Guten Tag!“ gesagt, weil das Mädchen ungefähr in seinem Alter war und sehr nett aussah, wenn auch ein bisschen arg ernst und ruhig. Aber er traute sich nicht, weil sie gar so still dasaß. Vielleicht war sie ja in Gedanken und mochte nicht gestört werden. So winkte er nur ganz vorsichtig im Vorbeigehen und war sich nicht sicher, ob sie ihn überhaupt gesehen hatte. Später, als er Bernhard von dem Mädchen erzählte, überlegten sie erst ob sie das Regenbogenkistl befragen sollten. Aber: „ Ach nein, dabei kommt bestimmt nichts Gescheites heraus.“ Meinte Bernhard, und Joschi stimmte ihm zu. Woher hätte denn das Regenbogenkistl wissen sollen, wer alles im Schloss wohnte? Da mussten sie schon jemand fragen, der sich mit der Königsfamilie und ihren Gästen auskannte, die Madame Babette oder den Ritter Rollbert, oder am besten beide.

Das taten sie auch, als es Zeit zum Abendessen geworden war und sich alle in der Küche trafen. Die Madame Babette hatte Wurstbrote und Salat gerichtet, und es sah wieder einmal alles sehr appetitlich aus. „Madame Babette, das Abendessen schaut aber wieder richtig lecker aus.“ Sagte der Joschi höflich. „Darf ich aber noch was fragen, bevor wir anfangen?“ „Aber sicher doch“ antwortete Madame Babette freundlich und stellte noch einen Krug mit Apfelschorle auf den Tisch. „Im Park bei der großen Springbrunnenfontäne ist heute ein Mädchen gesessen, auf einer von den Steinbänken. Sie hat ein ganz feines Kleid angehabt und sehr vornehm ausgesehen – ist das ein Besuch von Familie König?“ „Das kann schon sein, Joschi, in den Ferien ist immer besonders viel Besuch da, aber genau weiß ich es auch nicht. „ sagte Frau Babette. „Vielleicht weiß der Ritter Rollbert mehr?“ Der war nämlich auch gerade gekommen und schenkte sich ein Radler zum Abendessen ein. „Ein junges Mädchen in einem feinen Kleid? Das ist ein ganz besonderer Besuch, von weit her. Das ist das junge Fräulein vom Meer.“ „Das junge Fräulein vom Meer?“ staunte Joschi. „Wer ist denn das? Und warum ist sie so still und so dünn und schaut so ernst aus?“ „Das weiß ich auch nicht, Joschi.“ Entgegnete der Ritter Rollbert. „Aber man sollte ja nicht zu neugierig sein, das darf man auch nicht vergessen.“ „Ich fand es nur so schade, dass sie gar nicht mal hergeschaut hat. „sagte der Joschi kleinlaut. „Schließlich ist sie ungefähr in meinem Alter, und vielleicht wäre ihr ein bisschen Gesellschaft recht, oder jemand zum Spielen. Neugierig wollte ich natürlich nicht sein.“ „Rollbert, sei nicht so streng, ein wenig Neugier ist da durchaus angebracht.“ Mischte sich die Madame Babette ein. „Es würde mich selber interessieren, wer das junge Fräulein denn nun genau ist, und vielleicht möchte sie ja den Joschi gern kennen lernen – und den Bernhard womöglich auch, denn der ist ein pfiffiges Kerlchen und sehr lustig. Ich werde mich erkundigen, Joschi, morgen weiß ich sicher mehr. Aber jetzt gibt es Abendessen, meine Herren, bitte zu Tisch!“

Als der Joschi am nächsten Morgen zum Frühstück in die Küche kam, rief ihn die Madame Babette gleich zu sich, und sie machte eine ernste Miene. “Ich habe nachgefragt wegen dem jungen Fräulein vom Meer, Joschi. Das ist ein ganz besonderes junges Fräulein, und ein ganz besonderer Besuch bei Familie König. Das junge Fräulein war früher einmal eine kleine Seejungfrau, aber jetzt lebt sie an Land und ist für die großen Ferien hier zu Besuch. Sie lebt sehr still und zurückgezogen, und das sollten wir respektieren.“ Der Joschi machte kugelrunde Augen. „Eine kleine Seejungfrau? So wie in dem Märchen?“ fragte er. „Genau so, Joschi.“ Sagte Madame Babette. “Ich denke, damit wissen wir jetzt genug über das Fräulein vom Meer, und wenn sie ihre Ruhe haben möchte, dann ist das halt so.“ „Ich verstehe.“ Sagte Joschi traurig. Denn es schien ihm jetzt recht unwahrscheinlich, dass das junge Fräulein vom Meer Gesellschaft zum spielen wünschte, und das fand er schade. „Ich habe jetzt leider keine Zeit mehr für euch. „ sagte Madame Babette, „ Ich muss Kuchen für 60 Personen vorbereiten, und das braucht eine ganze Weile. Sei nicht traurig, Joschi, du hast ja Bernhard zum spielen, und vielleicht erfährt man ein andermal mehr über das Fräulein. Jetzt muss ich mich aber sputen!“ „Das ist schade. „ sagte Joschi, der gern noch mehr über das Fräulein vom Meer gehört hätte. Aber: „Komm zum Frühstück!“ piepste neben ihm Bernhard. „Ich denke, wir müssen uns noch ein wenig unterhalten.“ Und das taten sie in aller Ruhe, weil die Madame Babette ja schon wieder woanders in der Küche beschäftigt war.

„Das Märchen von der kleinen Seejungfrau habe ich natürlich gelesen. „ sagte Bernhard mit wichtiger Miene. „Dass sie so gerne wie ein Mensch sein wollte, und deshalb ein großer Zauber von einer Meerhexe nötig war, der aus der Seejungfrau ein Menschenkind machte.“ „Ich kann mich auch an die Geschichte erinnern. „sagte Joschi. „Aber ist dabei in dem Märchen nicht etliches schief gelaufen?“ „Wenn du mich fragst, bei dem Zauber war kein Meister am Werk.“ Sagte Bernhard verschwörerisch. „Aber das bleibt natürlich unter uns. Da muss wirklich einiges schief gegangen sein dabei. Dass sie nicht mehr sprechen konnte seit der Verwandlung in ein Menschenmädchen, zum Beispiel, und dass ihr andauernd die Füße wehtaten.“ „Das ist aber gar nicht schön. „ sagte Joschi. “Aber wenn das so ist verstehe ich, warum das Mädchen so still und so ernsthaft aussieht. Kann man denn da gar nichts machen?“ „Ich wüsste nicht, was.“ Antwortete Bernhard. „Aber lass uns mal ernsthaft darüber nachdenken, vielleicht fällt uns ja noch etwas ein. Vielleicht sollten wir auch mal das Regenbogenkistl fragen – nach dem Frühstück.“ „Das sollten wir tun.“ Sagte Joschi und nahm sich noch eine frische Semmel. Bernhard bekam davon die Krümel, die mochte er besonders gern. „Aber am liebsten hätte ich die Madame Babette noch weiter ausgefragt, die weiß bestimmt noch mehr. Zu schade, dass sie jetzt keine Zeit hat.“ “Lass uns jetzt erst mal zu Ende frühstücken,“ piepste Bernhard,“ nachher suchen wir wenigstens mal im Internet nach kleinen Seejungfrauen, vielleicht bringt uns das weiter.“

4. Kapitel: Vom suchen und Finden im Internet, und von einer von Joschi’s guten Ideen

Der Joschi hatte von Bernhard schon gelernt, wie man mit dem Regenbogenkistl Dinge im Internet suchen konnte, und das fand er sehr spannend. Da konnte man zum Beispiel alles über Formel-Eins-Autos herausfinden und tausend Bilder dazu finden, oder auch über andere interessante Dinge. Fast zu jedem Thema fand das Regenbogenkistl etwas, das jemand anderes dazu geschrieben hatte, und besonders die Bilder, die andere Leute hineingestellt hatten, die machten richtig Spaß. Das Internet, so hatte es Bernhard dem Joschi erklärt, das war wie die größte Bibliothek der Welt. Jeder konnte alles hineinstellen, was ihn interessierte, und jeder andere konnte das dann auch finden, wenn er nur lang genug suchte. Die Sache hatte nur einen Haken. Zum einen konnte man da natürlich nur Dinge finden, die schon drin waren. Das heißt, über Themen die viele Leute interessierten, wie Formel Eins oder Fußball zum Beispiel, konnte man jede Menge finden, weil eben viele Leute schon etwas dazu hineingetan hatten. Das hieß aber zum anderen auch, zu Themen die nur sehr wenige Leute interessierten, über die fand man gar nichts, und wenn man noch so lang suchte. Das hatte der Joschi schnell begriffen, und so hatte er auch schon eine recht gute Ahnung, bei welchen Fragen es ihm etwas nützen würde im Internet zu suchen, und bei welchen nicht. Zu kleinen Seejungfrauen im Allgemeinen hoffte er schon etwas zu finden, schließlich war das Märchen recht bekannt, da hatten sich bestimmt andere Leute auch schon Gedanken dazu gemacht und Bilder zusammengetragen. Zum Fräulein vom Meer im Besonderen würde er aber wahrscheinlich gar nichts finden, denn schließlich interessierte sich sicher kaum jemand außerhalb des königlichen Schlosses für sie, und wer außer Joschi selber mit seinem Regenbogenkistl hatte hier schon mit Computern zu tun? Und so war es dann auch. Bernhard und Joschi suchten nach Informationen über die kleine Seejungfrau, und das Regenbogenkistl gab jede Menge schöne Bilder her und sogar den Text des Märchens in mehreren Fassungen, mit langen und kurzen Kommentaren, und mehr oder weniger klugen Anmerkungen. Aber über das Fräulein vom Meer fanden sie rein gar nichts, und das war auch zu erwarten gewesen.

Eine Seejungfrau sitzt auf einem Felsen

„Jetzt wissen wir also soviel über kleine Seejungfrauen: „ sagte Joschi schließlich. „ Sie sind normal zur Hälfte ein Mensch und zur Hälfte ein Fisch, so wie zum Beispiel ein Mädchen mit einem Fischschwanz statt zwei Beinen eben. Und wenn sie ganz wie ein Menschenkind sein möchten, ohne Fischschwanz und mit Beinen, dann ist dazu ein großer Zauber nötig, und das ist nicht ungefährlich und kann ganz schön schief gehen, so dass sie sich am Ende in Meerschaum auflöst.“ „In Meerschaum auflösen, das kommt ja wohl gar nicht in Frage!“ rief Joschi erschrocken. „Nein, so darf die Geschichte nicht ausgehen, das wäre ja schlimm. Weißt du was, Bernhard, ich glaube ich habe eine Idee.“ „Was denn? Wie du dem Fräulein vom Meer helfen kannst?“ fragte Bernhard interessiert, denn er kannte Joschi und seine Ideen schon und fand, dass er manchmal sehr gute Ideen hatte. „Noch nicht direkt. „ antwortete der Joschi nachdenklich. „Und vielleicht ist die Idee fast schon ein Wunsch, aber das muss ich mir noch echt gründlich überlegen. Jedenfalls darf sich das Fräulein vom Meer nicht in Meerschaum auflösen, das kommt wirklich überhaupt nicht in Frage, auf gar keinen Fall. Und ich habe eine Idee, wie man da etwas tun könnte. Wenn man etwas findet das ihr eine Freude macht, worüber sie vielleicht lächelt, dann löst sie sich doch bestimmt nicht auf, oder?“ fragte Joschi. Und plötzlich erklang ein melodischer Klingelton, und das Regenbogenkistl leuchtete in den schönsten Farben. Bernhard hüpfte auf und ab, wie er das immer tat, wenn er aufgeregt war. „Ach schau doch Joschi, hundert Prozent richtig steht da! Das Regenbogenkistl hat deine Frage beantwortet! Mensch, das war aber auch wirklich eine klasse Frage!“ „Mhm.“ machte Joschi nachdenklich und schaute den schönen Regenbogen auf dem Bildschirm an. „Jetzt muss man nur noch etwas finden, das ihr Freude macht. Und darüber sollten wir noch eine Weile gründlich nachdenken.“ Das taten die beiden Freunde, und schauten sich dabei noch einmal die vielen schönen Bilder von kleinen Meerjungfrauen an, die das Regenbogenkistl für sie gefunden hatte.

„Ich hab’s!“ sagte Joschi plötzlich. „Meinst du, es macht ihr Spaß, sich Bilder anzuschauen?“ „Aber sicher doch, jeder Mensch schaut gern schöne Bilder an!“ antwortete Bernhard. „Aber wie willst du das denn machen?“ „Mit dem Regenbogenkistl natürlich!“ sagte Joschi überzeugt. „Du willst mit dem Regenbogenkistl zu ihr hingehen?“ fragte Bernhard. „Im Prinzip ja, aber darüber muss ich noch mal eine Weile nachdenken. „ entgegnete Joschi. „Das wird nämlich ganz schön schwierig, da muss ich das Fräulein ja ansprechen, und wie ich mich das trauen soll, das weiß ich noch nicht. Vielleicht sollte ich doch noch mal mit Madame Babette darüber reden, vielleicht hat die eine Idee, wenn mit dem Kuchenbacken fertig ist.“ „Das halte ich auch für eine gute Idee. „ sagte Bernhard.“

Als die Madame Babette später wieder Zeit hatte, kam sie zu den beiden herüber und fragte ob sie etwas interessantes gemacht hätten mit dem Regenbogenkistl. „Oh ja!“ platzte Bernhard heraus, der schon wieder ein bisschen ungeduldig hüpfte. „Alles über kleine Seejungfrauen herausgefunden, was es herauszufinden gibt.“ Joschi erklärte: „Wir haben das Märchen recherchiert, und viele Bilder gefunden. Dabei bin ich auf eine Idee gekommen: ob es dem Fräulein vom Meer wohl Spaß machen würde, Bilder anzuschauen?“ „Das halte ich für durchaus möglich, Joschi.“ Antwortete Madame Babette. „Aber Bilder von kleinen Seejungfrauen vielleicht nicht gerade, das könnte sie womöglich noch trauriger machen.“ „Oh je, das habe ich nicht bedacht. „ sagte Joschi erschrocken. „Das ist wohl wahr, da muss man wahrscheinlich andere Bilder nehmen. Aber bloß welche? Es gibt so unendlich viele, und ich weiß ja nicht, was sie interessiert.“ „Da kannst du bloß auf gut Glück raten, Joschi.“ Sagte Madame Babette. „Vielleicht irgend etwas, das ihr gemeinsam habt?“ „Au weia, das wird schwierig.“ Grübelte Joschi. „Wir haben doch gar nichts gemeinsam außer... hmm... das könnte gehen. Gar nichts, außer dass wir beide in einem Schloss wohnen. Ich wette, Bilder von Schlössern gibt es eine ganze Menge, da gehe ich gleich mal suchen.“ „Nicht mehr vor dem Mittagessen, Joschi!“ sagte Madame Babette streng, aber sie lächelte auch gleich wieder und setzte hinzu: “Du hast heute schon genug Zeit mit dem Regenbogenkistl verbracht, denke ich, ihr solltet heute Nachmittag etwas anderes spielen. Jetzt geht euch mal die Hände waschen, in ein paar Minuten gibt es Essen.“ „Wird gemacht!“ sagte Joschi und sauste davon. Königsschlösser! Das war bestimmt eine hervorragende Idee, da fand er gewiss ganz viele schöne Bilder, das wollte er gleich morgen früh ausprobieren.

5. Kapitel: in dem der Joschi sich traut, und in dem ein Versehen passiert

Der Joschi hatte in der Früh schon Bilder von Königsschlössern gesucht und auch reichlich gefunden, und er und Bernhard übten solange, bis beim Suchen gleich auf Anhieb die schönsten Bilder herauskamen. Und dann packte er das Regenbogenkistl ein und ging hinaus in den Park. Das Fräulein vom Meer saß auch an diesem Tag wieder auf der Steinbank bei der großen Springbrunnenfontäne und warf Kieselsteine ins Wasser, und Joschi ging erst mal vorbei und winkte unauffällig. „Das war zu unauffällig!“ piepste Bernhard, „Sie hat dich gar nicht gesehen!“ „Ich weiß. „ sagte Joschi. „Aber ich trau mich nicht, ich weiß gar nicht was ich sagen soll.“ „Das haben wir doch ausführlich besprochen.“ Sagte Bernhard. „Jetzt kehr um, und probiere es noch einmal.“ „Das redest du so leicht.“ Seufzte Joschi und ging den Weg wieder ein Stück zurück. Diesmal blieb er nicht weit von der großen Fontäne stehen und sah das Fräulein unauffällig an, das da so still auf der Bank saß. „Los, noch mal!“ piepste Bernhard aufgeregt und sprang hoch und zupfte Joschi am Hosenbein. Und weil Bernhard nun mal eine Glasmaus war, blinkte er beim Hüpfen in der Sonne, und das Fräulein vom Meer schaute zu ihnen her.

Joschi fasste sich ein Herz und ging noch ein paar Schritte näher. „Guten Tag. „ sagte er höflich. „Ich bin Joschi, und das hier ist Bernhard die Glasmaus. Dürfen wir dir ein wenig Gesellschaft leisten?“ Das Mädchen nickte und lächelte fast ein bisschen, aber nur fast. Es war schon traurig anzusehen, dass sie offensichtlich wirklich nicht reden konnte, auch wenn sie gewollt hätte. Joschi nahm noch einmal seinen ganzen Mut zusammen. „Das hier ist mein Regenbogenkistl“ sagte er und zeigte auf seine Tasche. „Das ist so etwas wie ein Computer, man kann prima Bilder damit anschauen – würde dir das Spaß machen?“ Das Mädchen nickte wieder und machte eine einladende Handbewegung, und der Joschi packte das Regenbogenkistl aus, stellte es auf die Steinbank und schaltete es ein. „Ich hab mir gedacht, Bilder von Königsschlössern könnten dich interessieren, da habe ich einige vorzuzeigen. “ Es waren nicht nur einige, es waren sehr viele, und weil auch immer Texte mit dabei waren konnte Joschi auch viel dazu erzählen, von Schloss Linderhof und Nymphenburg und Herrenchiemsee und wie sie alle hießen. Sogar Bernhard war artig still und muckste sich nicht und schaute interessiert zu, und so verging eine ganze Weile recht angenehm, und das Mädchen schaute sich die Bilder an und hörte an, was Joschi dazu zu sagen hatte. Das ging so lange gut, bis der Joschi auf einmal versehentlich ein Bild zuviel wegklickte, und auf einmal statt den Königsschlössern nur noch eines von den Bildern von gestern übrig war, das eine kleine Seejungfrau zeigte. Joschi wollte es auch schnell wieder wegklicken, aber da hatte das Mädchen die Hand bewegt, deutete erst auf den Bildschirm und dann auf sich selbst, und sie sah sehr traurig aus dabei.

Eine kleine Meerjungfrau

Das tat dem Joschi entsetzlich leid, aber jetzt war es auch schon passiert. „Ich weiß. „ sagte er mitfühlend. „Du warst einmal so, eine kleine Seejungfrau, deswegen war ich ja neugierig und habe nach Bildern von Seejungfrauen gesucht gestern. Das hier ist davon noch übrig geblieben. Tut mir leid, ich wollte dich nicht traurig machen.“ Das Mädchen schüttelte den Kopf und seufzte, und was das heißen sollte, konnte Joschi nicht gleich erraten, aber er versuchte es zumindest. „Möchtest du denn lieber wieder eine Seejungfrau sein?“ Das Mädchen schüttelte wieder den Kopf und sah Joschi noch trauriger an. „Ich glaub ich verstehe. „ sagte der langsam. „Du möchtest lieber wie andere Kinder sein, hab ich recht?“ Jetzt nickte das Mädchen einmal, und eine Träne rollte über ihre Wange. „Ach herrjeh, das wollte ich wirklich nicht!“ sagte Joschi erschrocken. „Ich wollte dich wirklich nicht traurig machen, ehrlich! Was mache ich denn jetzt bloß!“

Das Mädchen deutete erst auf das Regenbogenkistl und dann auf sich selber. „Aber Bilder von dir habe ich keine!“ sagte Joschi verzweifelt, und das Mädchen schüttelte den Kopf und deutete noch einmal. Jetzt verstand Joschi endlich. „Willst du die anderen Bilder von der kleinen Seejungfrau auch noch sehen?“ Ein Nicken war die Antwort. “ Aber nur, wenn dich das nicht zum Weinen bringt.“ Ein Kopfschütteln, und dann holte Joschi die anderen Bilder von kleinen Seejungfrauen auch wieder her, und sie schauten sie zusammen an. Das Mädchen weinte nicht, wie versprochen, und die Bilder waren ja auch alle sehr schön. Aber der Joschi wurde selber immer trauriger. Es war einfach nicht fair, da waren diese ganzen hübschen Bilder von einem Wesen, das halb Mädchen, halb Fisch war und lustig im Wasser schwamm, und hier neben ihm saß ein genauso hübsches Mädchen und konnte nichts sagen, und war zwar nicht mehr zur Hälfte ein Fisch, aber noch lange nicht so wie andere Kinder. Da müsste man etwas dagegen tun... nur was? Joschi zermarterte sich den Kopf, aber ihm wollte und wollte nichts Gescheites dazu einfallen. „Wenn man nur den ganzen Zauber wieder rückgängig machen könnte!“ seufzte er unwillkürlich, und in dem Moment leuchtete das Regenbogenkistl hell auf und klingelte leise und angenehm.

Das Mädchen schaute genauso überrascht wie der Joschi und lächelte sogar ein ganz kleines bisschen, als sie die Regenbogenfarben anschaute. „Fünfzig Prozent richtig!“ piepste Bernhard neben ihnen. „Wo ist das denn jetzt hergekommen?“ „Du hast nicht aufgepasst!“ sagte Joschi, „Ich hab doch gesagt, man müsste den Zauber wieder rückgängig machen können, und da hat es geklingelt. Aber nur mit fünfzig Prozent, da fehlt also noch die Hälfte.“ Das Mädchen sah ihn verdutzt an, und so musste Joschi kurz erklären, wie das Regenbogenkistl funktionierte. „Es ist zum Testen von Ideen geeignet, dafür hat der Meister Zauberer etwas hineingezaubert. Wenn ich dem Regenbogenkistl eine Idee sage, kriege ich eine Fehlermeldung die mir sagt, ob die Idee gut ist. Die hier war anscheinend gar nicht so falsch, nur fehlt wohl noch die andere Hälfte.“ Jetzt klingelte es ganz wunderbar melodiös, und die Regenbogenfarben strahlten ganz hell. „Hundert Prozent richtig!“ piepste Bernhard aufgeregt. „Aber wie soll ich das denn anfangen!“ sagte Joschi verzweifelt. „ Ich kann doch nicht zaubern, ich bin doch bloß ein ehemaliger Zauberlehrling. Ich glaube, da müsste ich den Meister Zauberer um Rat fragen.“ Und prompt klingelte das Regenbogenkistl noch einmal mit Hundertprozent richtig.

„Dann tun wir das eben.“ Sagte Joschi entschlossen. „Bernhard, weißt du noch wie das geht, mit der Botschaft an den Meister Zauberer?“ „Da muss ich erst etwas tüfteln.“ Sagte Bernhard kleinlaut. „Das weiß ich nicht mehr auf Anhieb.“ „Und wir sollten uns auch gut überlegen, was wir schreiben.“ Setzte Joschi ernsthaft hinzu. „ Den Meister Zauberer belästigt man nicht einfach so, das will gut überlegt werden. Fräulein vom Meer, entschuldigst du uns für heute? Der Bernhard und ich, wir müssen jetzt ein wenig arbeiten, glaube ich. Wir kommen morgen wieder hierher, wenn es dir recht ist. “ Und das Mädchen lächelte so herzlich, dass dem Joschi ganz warm ums Herz wurde. „Dann ist es ja gut – wir gehen jetzt, und ich hoffe, das Bilder anschauen hat Spaß gemacht!“ Das Mädchen nickte, und als Joschi sein Regenbogenkistl wieder eingepackt hatte, winkte sie nett zum Abschied. Das machte den Joschi so froh, dass er mit ganz leichtem Herzen davonging. Er und Bernhard, sie würden sich schon etwas einfallen lassen.

6. Kapitel: in dem eine Email an Meister Zauberer geschrieben werden soll, was gar nicht so einfach ist

Joschi und Bernhard saßen den ganzen Nachmittag im Turmzimmer. Während Bernhard tüftelte, wie denn die Nachricht an den Meister Zauberer zu schreiben war, überlegte sich Joschi, was er denn schreiben wollte. Das war gar nicht so einfach, denn eigentlich war es eine sehr, sehr lange Geschichte. Es waren genau genommen sogar zwei Geschichten, denn das Märchen von der kleinen Seejungfrau gehörte auch mit dazu, wenn man alles ganz genau erklären wollte. Und dazu noch die Geschichte vom Fräulein vom Meer, die zu Besuch im Schloss war, da hätte Joschi lange Seiten zu schreiben gehabt. Das war zu viel, da wurde er einfach nicht fertig damit, und selbst wenn, der Meister Zauberer hatte bestimmt keine Zeit, eine so ellenlange Geschichte zu lesen. „Stimmt!“ hatte ihm Bernhard diese Überlegung auch noch bestätigt. „Das hier ist für kurze Nachrichten gedacht, nicht für endlose Geschichten. Da müssen wir eine Abkürzung finden.“ „Was denn für eine Abkürzung?“ hatte Joschi gefragt. Aber hier wusste Bernhard auch nicht weiter, obwohl er doch so ein schlauer kleiner Kerl war.

„Ich glaube, ich habe eine Idee.“ Sagte Joschi nach langem Nachdenken. „Erst so eine kleine halbe Idee, aber immerhin.“ „Und ich hab das mit der Nachricht heraus, schau!“ sagte Bernhard stolz. „Guck mal hier, das hier ist ein Email-Fenster. Wenn du da die richtige Adresse eingibst, kannst du eine Nachricht an den Meister Zauberer schreiben.“ „Toll!“ sagte Joschi. „Und woher weiß ich die richtige Adresse?“ Denn er hatte einfach nicht die leiseste Ahnung, von was Bernhard redete. „Die können wir mit etwas Glück im Adressbuch nachschlagen. „ antwortete Bernhard. „Warum tust du das dann nicht?“ fragte Joschi ungeduldig. „Weil ich vergessen habe, wie es geht. „ gab Bernhard kleinlaut zu. „Können wir nicht das Regenbogenkistl direkt fragen? So was müsste es doch wissen, oder?“ „Wir können es zumindest probieren. Regenbogenkistl: wie heißt die Email-Adresse vom Meister Zauberer?“ Diesmal gab es nur einen ganz kurzen Klingelton, aber prompt erschien ein Meldungsfenster auf dem Bildschirm. „Aha!“ machte Joschi. „Da steht’s doch... aber was ist das für ein komisches Zeichen, wie ein a mit einem Kringel drum?“ „Jetzt weiß ich es wieder!“ freute sich Bernhard. “Das habe ich gesucht, das ist ein At-Zeichen, manche Leute sagen auch Klammeraffe dazu. Das gehört in jede Email-Adresse mit hinein, hier, genau so. „ Er las sorgfältig laut vor: „ Email – at – Meister – Punkt – Zauberer ... das ist es! Und was wollen wir schreiben?“ „Das weiß ich doch noch nicht richtig! Ich habe dazu leider erst eine halbe Idee.“ „Wie schade.“ Sagte Bernhard enttäuscht. Jetzt war er doch so stolz gewesen, das mit der Email endlich richtig herausgetüftelt zu haben. „ Ich weiß nur, dass es so wie es ist nicht stimmt mit dem Fräulein vom Meer, und ich wünschte das könnte man ändern, aber ich habe eben keine Ahnung wie ich das anfangen soll.“ Seufzte Joschi. „Ach Bernhard, jetzt weiß ich nicht weiter. Was sollen wir bloß an den Meister Zauberer schreiben?“ „Mit fällt leider auch rein gar nichts ein.“ piepste Bernhard unglücklich. Und der Joschi sagte: „Ach, ich wünschte der Meister Zauberer wäre hier, dann könnten wir das alles mit ihm bereden.“ In dem Moment klingelte das Regenbogenkistl ganz laut, und auf dem Bildschirm tanzten die Regenbogenfarben durcheinander.

Das Regenbogenkistl meldet Wunschalarm

„Was ist denn das?“ rief der Joschi erschrocken, und Bernhard hüpfte hoch und deutete aufgeregt auf den Bildschirm. „Da, da steht es, das ist ein Wunsch-Alarm!“ Und in der Tat, mitten auf dem Bildschirm blinkte es in rot und mit drei Ausrufezeichen: „Achtung Wunsch-Alarm!!!“ „Ah, ich verstehe!“ sagte Joschi.“ Weil ich mir gerade gewünscht habe, der Meister Zauberer wäre hier!“ „Genau!“ sagte Bernhard. “Und das hat den Alarm ausgelöst, weil du dir ja einen Wunsch ganz genau überlegen sollst.“ „Das ist aber gut so!“ sagte Joschi. „Sonst wären ja die drei Wünsche in Nullkommanix weg.“ „Und der Meister Zauberer ist ein viel beschäftigter Mann,“ sagte Bernhard ernsthaft. „da muss schon ganz was besonderes vorliegen, damit der einfach so herkommt.“ „Das stimmt.“ nickte Joschi genauso ernsthaft.“ Wie gut, dass der Wunsch-Alarm so prima funktioniert, das hat mich jetzt auf andere Gedanken gebracht. Und weißt du was ich glaube? Der Meister Zauberer ist ja auch unheimlich schlau und weiß ganz viel, ich glaube, da muss ich gar nicht lange herumerklären. Kannst du das Email-Fenster noch mal herholen, Bernhard?“ „Aber klar, hier bitte“ sagte Bernhard. „Lieber Meister Zauberer, „ schrieb Joschi. “Wie kann ich dem Fräulein vom Meer helfen, damit sie wie andere Kinder werden kann? Vielen Dank und viele Grüße, dein Joschi.“ „Das ist richtig gut!“ piepste Bernhard. Und „Ja, ich glaube jetzt habe ich es richtig hingekriegt. „ sagte Joschi. „Was mache ich jetzt? Einfach auf den Kopf „Abschicken“ klicken?“ „Ja genau“ sagte Bernhard, und Joschi klickte. Jetzt kam wieder ein leiser angenehmer Klingelton, und das Regenbogenkistl meldete „1 Nachricht versandt!“ „Das ist ja wirklich nicht schwer.“ Sagte Joschi. „Und was meinst du Bernhard, wann bekommen wir eine Antwort?“ „Schwer zu sagen“ sagte Bernhard. “Ich glaube aber, dass der Meister Zauberer immer spätestens am Abend seine Emails beantwortet.“ „Dann schauen wir nach dem Abendessen noch mal nach. Da ist es zwar noch eine Weile hin, aber vorher könnten wir noch ein bisschen im Schlosshof spielen, und außerdem könnte ich jetzt ein Apfelschorle vertragen, das war harte Arbeit hier.“ „Gute Idee!“ sagte Bernhard, “Wir haben uns jetzt wirklich eine Pause verdient.“

Aber nach dem Abendessen war noch keine Nachricht vom Meister Zauberer da, und Joschi und Bernhard waren zuerst ein wenig enttäuscht, aber dann piepste Bernhard: “Mach dir nichts draus, Joschi, der Meister Zauberer arbeitet oft bis spät in die Nacht, und jetzt ist es erst acht Uhr. Wart’s ab, morgen früh ist bestimmt eine Antwort da.“ „Na gut, „ meinte Joschi, “dann warten wir eben bis morgen, du hast ja recht, für einen Erwachsenen ist es noch früh am Abend, dann schalten wir das Regenbogenkistl halt für heute aus. Ich bin auch schon ganz schön müde, die ganze Nachdenkerei heute war sehr anstrengend.“ „Finde ich auch. „sagte Bernhard, „Da können wir heute ruhig mal früh schlafen gehen.“ „Sehr richtig!“ sagte Joschi und suchte schon mal seinen Schlafanzug heraus, und Bernhard hüpfte auf den Nachttisch, wo er ein Nest aus einem von Madame Babettes feinen leinenen Geschirrtüchern hatte. Das durfte er natürlich nur benutzen, weil er als Glasmaus eben viel reinlicher war als gewöhnliche Mäuse, und nicht alles vollkrümelte. Bernhard liebte sein feines weißes Bettzeug und war meistens schon eingeschlafen, sobald er sich darin zusammengerollt hatte. „Gute Nacht, Joschi!“ piepste er noch schläfrig, dann war er weg.

Bernhard schläft auf einem weissen Geschirrtuch

7. Kapitel: in dem eine Antwort vom Meister Zauberer kommt, und Joschi ein Problem von Madame Babette löst

Natürlich schaltete Joschi am nächsten Morgen als allererstes das Regenbogenkistl ein, und prompt kam ein Glöckchenton und ein Meldungsfenster „Du hast 1 neue Nachricht!“ „Bernhard, aufwachen!“ rief er, „Da ist eine Nachricht!“ Joschi klickte mal versuchsweise auf die Meldung, und das Emailfenster ging auf. „Warte auf mich!“ rief Bernhard und hüpfte vom Nachttisch auf den Schreibtisch, wo das Regenbogenkistl stand. „Au ja! Die ist vom Meister Zauberer!“ „Hallo lieber Joschi, „ stand da. “Du bist schon auf dem richtigen Weg. Viele liebe Grüße, dein Meister Zauberer.“ „Oh, das ist aber nicht gerade viel.“ Sagte Bernhard enttäuscht. „Doch doch!“ rief Joschi. “Das ist sogar jede Menge! Dann war es also doch eine gute Idee, mit dem Regenbogenkistl zum Fräulein vom Meer zu gehen, damit sie Bilder anschauen kann. Das machen wir heute wieder, Bernhard, sie hat so eine Freude dran.“ „So gesehen hast du natürlich recht.“ meinte Bernhard, der noch ganz schläfrig aussah. Joschi lachte ihn aus, und sagte fröhlich: “Du bist heute genau so ein Morgenmuffel wie der Ritter Rollbert!“ „Das stimmt doch gar nicht!“ rief Bernhard. “Außerdem hast du ja recht, was der Meister Zauberer da schreibt ist doch sehr ermutigend. Ich schätze, wenn du dich weiterhin auf deine guten Ideen und das Regenbogenkistl verlässt, fällt dir bestimmt noch etwas anderes ein, wie man dem Fräulein vom Meer helfen könnte.“ „Genau so sehe ich das auch. „ sagte Joschi. „Aber jetzt gehen wir erst mal frühstücken!“

Die Madame Babette deckte immer einen wunderbaren Frühstückstisch, es gab frische Semmeln und Butterkipferl, und mindestens drei Sorten Marmelade, und Honig, und für jeden der wollte ein Frühstücksei, und Kaffee für die Erwachsenen und Kaba für Joschi. Auch Bernhard schlemmte beim Frühstück immer richtig, weil es so viele wunderbare Krümel für ihn gab von den Semmeln und Kipferln, die kriegte er meistens gar nicht alle weg. Der Ritter Rollbert schätzte besonders Kipferl mit Honig, und Joschi aß am liebsten Kipferl mit Nutella oder Semmeln mit Erdbeermarmelade. „Und die Orangenmarmelade hat wieder niemand angerührt!“ sagte Madame Babette, nachdem sie alle fertig gefrühstückt hatten. „Mir schmeckt aber die hausgemachte Erdbeermarmelade viel besser!“ sagte Joschi, und „Ist halt nicht jedermanns Geschmack.“ brummelte der Ritter Rollbert. „Ach, ich weiß das ja.“ Sagte Madame Babette. „Es ist nur so, dass die Englische Verwandtschaft von Familie König jedes Jahr eine ganze Kiste voll davon schickt, ich weiß gar nicht mehr wohin damit, mein Vorratsschrank platzt schon aus allen Nähten. Die Familie König isst nämlich auch keine Orangenmarmelade.“

Ein ganzer Schrank voll mit Orangenmarmelade

„Kann man denn nicht irgend etwas anderes damit anfangen, außer zum Frühstück essen?“ fragte Joschi. „Ganz bestimmt“ sagte Madame Babette. „Ich müsste halt mal meine ganzen Kochbücher durchsuchen, ob es da nicht doch Rezepte mit Orangenmarmelade gibt, aber für so was habe ich einfach nicht die Zeit, mit dem Haus voller Gäste.“ „Hmm.“ machte Joschi nachdenklich. „Da wäre jetzt eine Stichwortsuche praktisch.“ „Eine was?“ fragte Madame Babette verdutzt. „So wie wenn ich mit dem Regenbogenkistl was im Internet suche, da müsste man einfach das Stichwort „Orangenmarmelade“ eingeben, und schon könnte man alle Rezepte sehen, in denen Orangenmarmelade vorkommt.... aber was soll’s, mit den Kochbüchern funktioniert das ja doch nicht.“ „Das habe ich jetzt nicht ganz verstanden.“ Sagte die Madame Babette, und gleich darauf piepste Bernhard aufgeregt: „Und es funktioniert doch!“ „Was meinst du denn, Bernhard, gibt es da irgendeinen Trick den ich noch nicht kenne?“ fragte Joschi, und Bernhard schüttelte kräftig den Kopf. „Kein Trick, aber ich weiß dass es im Internet Tausende und Abertausende von Rezepten gibt – der Meister Zauberer ist doch ein großer Feinschmecker und kann selber ganz hervorragend kochen, ich habe ihm oft genug dabei zugesehen, wie er sich neue Rezepte herausgesucht hat. Das können wir auch, Joschi!“ „Ja, wenn das so einfach ist, das probieren wir sofort aus!“ sagte Joschi erleichtert, und Madame Babette sagte freundlich dazu:“ Ich verstehe zwar immer noch kein Wort, aber wenn ihr zwei meint – seid ihr fertig mit Frühstück? Dann lauft ruhig los.“ „Fertig mit Frühstück!“ riefen Joschi und Bernhard im Chor, und der Ritter Rollbert brummelte ihnen nach: “Na, ob dabei etwas gescheites herauskommt.“ Aber der Ritter Rollbert, das wusste man, war ein entsetzlicher Morgenmuffel, darauf musste man nichts geben, und die beiden flitzten hinauf ins Turmzimmer.

Der Joschi hatte sofort das Regenbogenkistl eingeschaltet und bei der Suche „Rezept“ und „Orangenmarmelade“ eingegeben, und dann saßen sie beide erst mal ziemlich ratlos da, denn als Suchergebnis bekamen sie Hunderte von Rezepten dafür, wie man Orangenmarmelade kochte, und das war nun wirklich nicht das, was sie brauchten. Orangenmarmelade war ja wohl mehr als genug vorhanden. „So ein Mist“ sagte Joschi, „ ganz so einfach wird das wohl doch nicht. “Wir brauchen doch Rezepte mit Orangenmarmelade, nicht für Orangenmarmelade.“ „Haargenau!“ stimmte Bernhard zu. „Aber wahrscheinlich muss man das bei der Suche anders hinschreiben, da fehlt wohl noch etwas.“ Und prompt klingelte das Regenbogenkistl fröhlich und zeigte die Meldung „100% richtig!“ „Ja, aber was?“ grübelte Joschi. “Wenn ich jetzt genauer wüsste nach was ich eigentlich suche wäre es vermutlich ganz einfach.“ Und wieder klingelte das Regenbogenkistl und zeigte die 100%-Meldung. „Also, ich sitze heute richtig auf der Leitung.“ Sagte Bernhard betrübt, aber Joschi lachte auf einmal: “Hah, jetzt habe ich eine Idee! Die Madame Babette kann doch so toll Kuchen backen, vielleicht gibt es ein Rezept für Kuchen mit Orangenmarmelade... ich probier’s gleich mal aus!“ Und Joschi tippte ein “Rezept“ und „Kuchen“ und „Orangenmarmelade“, und prompt klingelte das Regenbogenkistl melodiös und lieferte eine lange Liste von Kuchenrezepten. „Wow!“ sagte Bernhard, und „Toll!“ sagte Joschi, und dann schauten sie sich gemeinsam ein paar von den Rezepten an, und das war sehr appetitanregend, weil bei den meisten schöne Bilder dabei waren von wohl gelungenen Kuchen. Besonders eines hatte es dem Joschi angetan, das zeigte einen wunderschönen runden Kuchen mit leckerem Zuckerguss obendrauf. Kuchen mit Orangenmarmelade „Das ist es!“ sagte der Joschi. „Das zeigen wir der Madame Babette als erstes! Und wenn ihr das nicht gefällt, kann sie sich immer noch was anderes aussuchen.“ Und er klappte das Regenbogenkistl zusammen, damit er es in die Tragetasche stecken konnte. “Vielleicht backt sie ja auch gleich einen Kuchen, und wir können test essen ob er auch gut ist!“ „Au ja, das wäre prima!“ piepste Bernhard, und dann rannten sie beide wieder die Treppe hinunter in den Schlosshof.

Der Ritter Rollbert war schon verschwunden, aber die Madame Babette saß noch da am abgeräumten Tisch und schrieb in ihr großes Haushaltsbuch. Dabei durfte man sie normalerweise nicht stören, aber sie sagte gleich: “So aufgeregt wie ihr beide ausseht, habt ihr sicher etwas gefunden!“ „Kuchenrezepte jede Menge!“ Sagte Joschi begeistert. „Und alle mit Orangenmarmelade!“ piepste Bernhard. Madame Babette legte ihr Haushaltsbuch zur Seite und rückte ihre Lesebrille zurecht. „Na, dann lasst mal sehen.“ „Also, uns hat das hier am besten gefallen!“ sagte Joschi und zeigte ihr zuerst das Rezept von dem appetitlichen runden Kuchen mit Zuckerguss. Madame Babette las das Rezept durch. „Mhm, das klingt ja schon mal ganz gut! Aber hast du nicht gesagt, ihr habt viele Rezepte gefunden?“ Joschi zeigte ihr die lange Liste, und Madame Babette staunte nicht schlecht, wie viele das waren. Und dann zeigte er ihr wie man durch die Rezepte durchblättern und die Bilder anschauen konnte, und das fand sie ganz toll und sagte es auch: „ Das ist ja hochinteressant, Joschi, da kriegt man doch gleich einen anderen Eindruck mit den Bildern, da möchte ich mir schon einige Rezepte genauer anschauen. Es ist zu schade, dass ich jetzt nicht so viel Zeit habe, aber ich muss das Mittagessen vorbereiten, und da habe ich ganz schön zu tun mit dem Haus voller Gäste.“ „Das macht gar nichts“ sagte der Joschi. „Die Rezepte finde ich jederzeit wieder, Madame Babette, du kannst sie dir dann eben ansehen wenn du mehr Zeit hast.“ „Das ist prima, dann machen wir das nach dem Mittagessen!“ sagte Madame Babette, und: „Das habt ihr gut gemacht, ihr beiden. Erstaunlich, was in dem kleinen Regenbogenkistl alles steckt. „ „Manchmal ist es nur ein bisschen knifflig auch herauszubekommen was man sucht. „ sagte Joschi. „Ihr beiden tüftelt doch aber gerne.“ Lachte Madame Babette. „Und was habt ihr heute vor? Ich muss nämlich gleich in die Küche.“ „Wir besuchen jetzt wieder das Fräulein vom Meer.“ Sagte Joschi, und Bernhard piepste dazu „Sie schaut sich so gerne Bilder an auf dem Regenbogenkistl.“ „Sehr gut, da hat das Kind wenigstens ein bisschen Unterhaltung. „ sagte Madame Babette. „Lauft zu, ihr beiden, aber zum Mittagessen seid ihr wieder da!“

Das ließen die beiden sich nicht zweimal sagen, und Joschi packte das Regenbogenkistl ein, und sie machten sich auf den Weg hinüber zur großen Fontäne. Da wartete auch schon das Fräulein vom Meer, und Joschi sagte „Hallo!“, und Bernhard piepste „Hallo!“, und das Mädchen lächelte nett und hob die Hand zum Gruß. „Sollen wir heute noch mal Bilder anschauen?“ fragte Joschi und schaltete schon mal das Regenbogenkistl ein. Sie nickte nachdrücklich und schaute schon gespannt auf den Bildschirm. Da standen noch zuallererst die Kuchenrezepte für Madame Babette, und Joschi dachte sich „Wer weiß, vielleicht interessiert sie das.“ und machte das Rezept mit dem besonders appetitlichen Bild auf. „Schau mal,“ sagte er. „Das habe ich heute für Madame Babette gefunden! Sieht der nicht toll aus?“ Das Fräulein vom Meer sah den Kuchen an und seufzte leise, und sie sah irgendwie traurig aus dabei. Joschi wusste gar nicht was er sagen sollte. Womöglich mochte das Fräulein vom Meer gar keinen Kuchen? Aber selbst wenn das so war, das war doch noch lange kein Grund so traurig auszusehen – oder? Vielleicht mochte sie schon Kuchen, und durfte aus irgendeinem Grund keinen essen? Das wäre ja wirklich schlimm! Aber da traute sich Joschi jetzt nicht nachzufragen, weil er irgendwie den Verdacht hatte, das könnte zusammenhängen damit, dass das Fräulein vom Meer so schrecklich dünn war. Der Joschi war selber gerade ziemlich dünn, weil er im letzten Jahr soviel gewachsen war dass ihm sämtliche Hosen zu kurz geworden waren. Aber er war halt nur ziemlich dünn, nicht viel zu dünn wie das Fräulein vom Meer, die im Gesicht ganz spitzig aussah vor lauter dünn-sein. Nun, jedenfalls wollte er da wirklich nicht weiter nachfragen und sagte: “Wir sehen uns noch ein paar Königsschlösser an, ist das in Ordnung?“ Das Fräulein vom Meer nickte, und ihr Gesicht sah ein bisschen fröhlicher aus dabei. Joschi klickte schnell die Rezeptbilder weg und suchte nach mehr Königsschlössern. Davon gab es noch reichlich und genügend, wenn sie wollten konnten sie noch tagelang Schlösser und Schlossparks und königliche Gärten anschauen. Die waren zwar schön anzusehen, aber in seinem Hinterkopf überlegte Joschi, ob man denn nicht auch einmal etwas anderes machen könnte. Er kam aber nicht allzu weit mit seinen Überlegungen, weil er so mit vorlesen beschäftigt war, und dann war es auch schon gleich wieder Mittag, und sie mussten Schluss machen für heute. „Ich muss jetzt zum Mittagessen.“ Sagte Joschi. „Wir treffen uns morgen Vormittag wieder hier!“ Das Fräulein vom Meer nickte und lächelte, und Joschi sagte: „Dann auf Wiedersehen bis morgen!“ Und „Bis Morgen!“ piepste Bernhard, und da lächelte das Fräulein vom Meer noch netter, beugte sich hinunter und streichelte den kleinen Kerl über den Kopf. Bernhards Ohren wurden tief dunkelblau, das ist bei einer Glasmaus das selbe wie wenn die Ohren bei unsereinem dunkelrot werden. Der Joschi verkniff sich das Lachen, weil er seinen kleinen Freund nicht auslachen wollte, aber es war schon ein sehr drolliger Anblick. Bernhard ließ sich von seinen leuchtendblauen Ohren auch nicht weiter stören, er verneigte sich artig und piepste: “Auf Wiedersehen!“ Und dann mussten sich die beiden beeilen, damit sie zum Mittagessen nicht zu spät kamen.

Bernhard mit dunkelblauen Ohren

Heute gab es Fleischpflanzerl mit Kartoffelbrei und Lauchgemüse, und obwohl Joschi die besonders gern mochte, war er beim Essen nachdenklich und sagte nicht viel. Ihm ging immer noch im Kopf um wie das Fräulein vom Meer den leckeren Kuchen so traurig angeschaut hatte, und er überlegte hin und her, was er denn davon halten sollte. Schließlich fragte Madame Babette: „Was ist denn los, Joschi, hat dir irgendwas den Appetit verdorben? Du hast erst ein einziges Fleischpflanzerl gegessen!“ Joschi schaute die Madame Babette erst groß an, weil er in Gedanken ganz woanders war, aber dann schnipste er mit den Fingern und sagte: “Ich hab’s! Jemand hat ihr den Appetit auf Kuchen verdorben, das muss es sein!“ „Ach so,“ sagte Madame Babette „Du sprichst wohl vom Fräulein vom Meer – deswegen bist du mit dem Kopf ganz woanders. Aber nimm doch noch ein Fleischpflanzerl!“ „Gerne, die sind nämlich wirklich lecker.“ Sagte Joschi. “Aber sag mal, Madame Babette, glaubst du, ich habe recht? Ich habe ihr nämlich das Bild von dem Kuchen gezeigt, und da ist sie ganz traurig geworden.“ „Das glaube ich gerne.“ Sagte Madame Babette. „Das mit dem Essen ist nämlich ein Problem beim Fräulein vom Meer. Sie hat einfach keinen Appetit und isst wie ein Spatz, und wenn ich mich noch so bemühe und immer die feinsten Speisen für sie zubereite, das meiste davon kommt unberührt zurück.“ Dem Joschi blieb fast das Fleischpflanzerl im Hals stecken. „Sie hat überhaupt keinen Appetit? Oh je, deswegen ist sie so dünn! Aber, das ist ja schrecklich!“ „Das ist wirklich nicht schön“ sagte Madame Babette. “Und das arme Kind wird ja auch immer dünner.“ „Und wenn sie noch dünner wird, dann löst sie sich möglicherweise doch noch in Meerschaum auf!“ rief Joschi erschrocken. „Das müssen wir verhindern!“ „Ach Joschi,“ sagte Madame Babette. “Nun denk doch nicht gleich an das Schlimmste, soweit wird es schon nicht kommen. Ich glaube, wenn du ihr mit deinem Regenbogenkistl eine Freude machst, damit ist schon viel gewonnen.“ „Aber Madame Babette,“ sagte Joschi unglücklich. “was können wir mit dem Regenbogenkistl schon groß machen, außer Bilder anschauen?“ „Ich bin mir sicher, dass dir da noch etwas anderes einfällt.“ Sagte Madame Babette. „Aber Bilder anschauen ist doch schon ein guter Anfang, wenn ihr das Spaß macht. Denn das macht sie ein bisschen fröhlicher, und ein fröhlicher Mensch hat normalerweise mehr Appetit als ein trauriger.“ „Ach, so meinst du das! Na ja, wir tun was wir können, der Bernhard und ich.“ „Und das,“ sagte Madame Babette“ ist, glaube ich, gar nicht so wenig. Und wenn ihr beide aufgegessen habt, magst du mir dann die Sache mit den Rezepten noch mal zeigen?“ „Aber gerne!“ sagte Joschi.“ Nur ein Fleischpflanzerl noch, dann machen wir das!“ „Gut!“ sagte Madame Babette, „Dann esst ihr mal in Ruhe auf, ich koche mir inzwischen einen Kaffee.“

Weil die Madame Babette eine ziemlich kluge Frau war, hatte sie das mit dem Blättern in den Rezepten und sogar das mit dem Suchen ziemlich schnell heraus, und ihre Augen funkelten vergnügt hinter der Lesebrille, als sie durch die vielen, vielen Rezepte blätterte und dazu genüsslich ihren Kaffee trank. „Das hätte ich wirklich nicht gedacht, Joschi.“ Sagte sie nach einer Weile. „Dieses Internet ist ja wie das größte Kochbuch der Welt!“ „Ich schätz es, es ist das größte Kochbuch der Welt.“ Sagte Joschi, der ihr zugesehen hatte wie sie immer mehr und mehr Rezepte fand, und nicht nur welche für Kuchen. „Ja, wahrscheinlich ist das so. „ sagte Madame Babette. „Man darf sich nur nicht durcheinander bringen lassen von allen diesen Rezepten. Wie komme ich denn noch mal auf euer Kuchenrezept zurück?“ „Nach „Rezept Orangenmarmelade Kuchen“ suchen“ sagte Joschi, dann müsste es ganz obenauf stehen.“ Madame Babette tippte flink und sagte dann gleich darauf.“ Ah ja, ich hab es wieder. Das sieht aber wirklich besonders gut aus, das notiere ich mir gleich.“ „Jetzt wäre ein Drucker wirklich praktisch!“ sagte Joschi.“ Ich wünschte, wir hätten einen!“ In dem Moment klingelte das Regenbogenkistl laut, und die Regenbogenfarben auf dem Bildschirm tanzten wild durcheinander. In der Mitte stand in großen roten Buchstaben „Achtung, Wunschalarm!“ „Ach herrjeh, „ sagte Madame Babette, „Was ist denn jetzt passiert?“ „Ein Wunsch-Alarm! Das hat der Meister Zauberer eingebaut!“ piepste Bernhard.“ Wegen den drei Wünschen, und der Joschi hat sich doch gerade einen Drucker gewünscht.“ „Das ist schlau gemacht vom Meister Zauberer,“ sagte Joschi. “Sonst sind die drei Wünsche nämlich wirklich ratzfatz weg, wenn ich nicht aufpasse. Also gut, dann wünsche ich mir eben keinen Drucker.“ „Ich verstehe zwar wieder mal nur die Hälfte,“ sagte Madame Babette. „ Aber ich glaube nicht, dass wir einen Drucker wirklich dringend brauchen. Das Rezept schreibe ich mir doch einfach ab, da ist ja nicht viel dran. Dafür muss man wirklich keinen von deinen drei Wünschen verschwenden, Joschi. Und jetzt hole ich mir schnell einen Notizblock und einen Stift, dann ist die Sache gleich erledigt.“ Sagte Madame Babette und ging rasch davon. „Puh, bin ich froh dass der Alarm rechtzeitig losgegangen ist!“ sagte Joschi zu Bernhard, und Bernhard piepste: “Ich auch, ganz ehrlich! Man weiß ja schließlich nicht, für welche wirklich wichtigen Dinge du die Wünsche noch brauchst!“ Aber da kam auch schon die Madame Babette zurück, und sie notierte flugs ihr Kuchenrezept. „Vielen Dank euch beiden!“ sagte sie. „Das hat Spaß gemacht mit all diesen Rezepten, da käme ich gern noch einmal darauf zurück, Joschi. Wenn ich wieder einmal ein ausgefallenes Rezept brauche, helft ihr mir dann wieder?“ „Aber klar, Madame Babette!“ sagte Joschi, und „Mit dem allergrößten Vergnügen!“ piepste Bernhard und reckte stolz die Nase in die Höhe, denn schließlich hatte er die Idee mit dem Rezept suchen gehabt. „Dann vielen Dank für diesmal.“ Sagte Madame Babette. „Und falls zufällig jemand ein Stück Apfelkuchen möchte, es ist von gestern noch welcher übrig.“ Das ließen sich die beiden nicht zweimal sagen, denn der Apfelkuchen von Madame Babette war immer köstlich.

8. Kapitel: In dem Joschi dem Ritter Rollbert einen großen Gefallen tut

An einem schönen Sommerabend wie diesem saßen Joschi, Bernhard, Madame Babette und der Ritter Rollbert abends oft noch lange draußen. Die Madame Babette hatte oft ihr Strickzeug dabei, und sie unterhielten sich, oder spielten die verschiedensten Spiele. Madame Babette spielte gern Rommee, und weil Bernhard zu klein war um die Karten zu halten saß er dabei bei Joschi und gab ihm wertvolle Tipps. Ritter Rollbert spielte am liebsten Siedler, und auch da halfen Joschi und Bernhard zusammen und gewannen sogar manchmal, auch wenn der Ritter Rollbert richtig gut war. Oder sie spielten alle zusammen Mensch-ärgere-dich-nicht, und es sah sehr putzig aus wenn Bernhard seine Spielfiguren auf dem Brett hin- und herschubste. Jedenfalls ging es immer sehr lustig und gemütlich zu, und die Zeit verging immer wie im Flug.

Heute allerdings war der Ritter Rollbert nicht so recht bei der Sache beim Rommee, er legte andauernd falsche Karten heraus und brummelte dann unleidlich in seinen Bart. „Warum bist du denn so unkonzentriert, Rollbert?“ fragte ihn die Madame Babette nach einer Weile. „Geht dir etwas anderes im Kopf herum?“ „Das kann man wohl sagen!“ antwortete Ritter Rollbert.“ In vierzehn Tagen ist das große Schachturnier der Palastwachen, eigentlich sollte ich dafür trainieren! Tut mir leid wenn ich hier so einen Mist zusammenspiele, aber ich habe den Kopf wirklich woanders.“ „Ah, jetzt verstehe ich!“ sagte Madame Babette. „Und hier bei uns hast du keinen Gegner zum üben, ist es das? Ich selber spiele leider gar kein Schach, und der Joschi ist noch Anfänger, soweit ich weiß.“ „Genau das ist das Problem,“ sagte der Ritter Rollbert. “ Ich könnte höchstens gegen mich selber spielen, aber das ist einfach kein richtiges Training. Was mir fehlt ist der richtige Gegner.“ „Ich glaube, ich habe da eine Idee!“ piepste auf einmal Bernhard. „Wie wäre es denn mit einem Computer als Gegner?“ Joschi machte große Augen und sagte: „Sag bloß das Regenbogenkistl kann auch Schach spielen?“ Und Ritter Rollbert machte ein hochinteressiertes Gesicht und sagte: “Braucht man dazu nicht einen speziellen Schachcomputer?“ „Nein, dafür man braucht heutzutage keinen speziellen Computer mehr. “piepste Bernhard. „Man braucht nur ein Schachprogramm. Ich habe dem Meister Zauberer oft genug beim Spielen zugeschaut, es würde mich wundern wenn das Schachprogramm nicht mehr drauf ist. Wir müssen es nur finden, wie es funktioniert, glaube ich, weiß ich noch.“ Jetzt machte auch der Ritter Rollbert große Augen. „Also, da bin ich jetzt aber mal richtig gespannt!“ Und die Madame Babette lächelte und holte ihr Strickzeug heraus. „Sieh an,“ sagte sie, „Dieses Regenbogenkistl ist doch immer wieder für eine Überraschung gut. Na dann lauft mal zu, ihr beiden, und seht nach ob ihr das Schachprogramm für Rollbert findet.“ „Bin schon unterwegs!“ rief Joschi und setzte Bernhard vom Tisch herunter auf den Boden, damit sie zusammen ins Turmzimmer flitzen konnten.

Joschi klappte das Regenbogenkistl auf und sagte: „Komm, Bernhard, streng dein Gedächtnis ein bisschen an, nicht dass wir uns blamieren.“ „Ich denke ja schon nach wie verrückt!“ sagte Bernhard und strich sich nachdenklich die Schnurrbarthaare. „Aber mir fällt gerade nichts ein, leider.“ „Eigentlich kann das gar nicht so schwer sein.“ Sagte Joschi und fragte: „Regenbogenkistl, kannst du Schach spielen?“ Klingeling, machte es, und zeigte die Meldung „100% richtig!“ „Na, das war’s noch nicht ganz.“ Sagte Joschi. “Das war wahrscheinlich die falsche Frage. Ich probiere es noch mal. Regenbogenkistl, zeig mir bitte dein Schachprogramm!“ Diesmal ertönte eine kleine Fanfare, und dann stand auf einmal ein schwarzweißes Spielfeld auf dem Bildschirm, das einen regenbogenfarbigen Rand hatte. Darüber stand in großen Buchstaben „Schach“. „Das ist es!“ jubelten Bernhard und Joschi gleichzeitig. Das Schachprogramm „Und wie spielt man das jetzt?“ fragte Joschi. Bernhard hüpfte näher an den Bildschirm und deutete. “Da steht „Hilfe = F1“, das heißt, wenn du auf die Taste F1 drückst, dann kommt eine Erklärung.“ „Dann tun wir das doch!“ sagte Joschi und drückte die Taste mit der Beschriftung F1. Und siehe da, auf einmal stand links und rechts von dem Spielfeld jede Menge Text. Der war aber nicht schwer zu lesen, wenn man ein bisschen was vom Schachspielen verstand, und ein bisschen was verstand jeder von den beiden, Bernhard weil er beim Meister Zauberer zugeschaut hatte, und Joschi, weil ihm der Ritter Rollbert zumindest die Grundregeln des Schachspiels beigebracht hatte. „OK, ich glaube ich hab’s !“ sagte Joschi nach kurzer Zeit, und Bernhard nickte nachdrücklich dazu. “Ja, mit dem Hilfetext ist es echt ganz einfach! Hast du gesehen? Man kann sogar den Schwierigkeitsgrad einstellen, das wird dem Ritter Rollbert sicher gefallen.“ „Aber ganz bestimmt!“ sagte Joschi. „Und jetzt komm, wir gehen wieder hinunter.“

„Wir haben das Schachprogramm gefunden!“ verkündete Joschi und stellte das Regenbogenkistl so vor den Ritter Rollbert hin, dass er das Spielfeld gut sehen konnte. „Erstaunlich!“ sagte der Ritter Rollbert. Und als ihm Joschi die Sache mit der Hilfe-Anleitung erklärt und ihm gezeigt hatte, wie man den Schwierigkeitsgrad einstellen konnte, sagte er sogar „Donnerwetter!“. Und dann sagte er noch: „Aber so eine Schachpartie kann eine ganze Weile dauern, und musst du nicht bald ins Bett?“ „Ach wo, „ sagte Joschi, “ Es ist ja noch ganz hell, so schnell gehe ich noch nicht ins Bett. Und außerdem brauche ich das Regenbogenkistl heute eh nicht mehr, du kannst ruhig Schach spielen so lange du magst. Morgen früh hätte ich es halt gerne wieder.“ „Das ist aber großzügig von dir, vielen Dank!“ sagte der Ritter Rollbert. „Dann probiere ich jetzt einmal eine Partie!“ Die Madame Babette, die auch ein sehr interessiertes Gesicht gemacht hatte sagte: „Ich nehme das Regenbogenkistl nachher mit hinein, dann hast du es zum Frühstück wieder.“ „Das ist einwandfrei in Ordnung.“ Sagte Joschi. „Dann spiele ich jetzt mit Bernhard noch ein paar Runden Mühle, und danach gehen wir ins Bett. Viel Spaß beim Schach, Ritter Rollbert!“ Aber der war schon so in sein Spiel vertieft, dass er nichts mehr hörte und sah, und Bernhard und Joschi zwinkerten sich zu, und die Madame Babette schmunzelte auch.

9. Kapitel: in dem ein Tag nachdenklich anfängt und Joschi ganz unerwartet einen tollen Wunsch hat

Wolkenlos blau, wie man es sich für die großen Ferien nur wünschen konnte, fing auch der nächste Tag an. Joschi war früh auf den Beinen weil es so schönes Wetter war, und eigentlich hätte er heute auch auf den Spielplatz gehen oder sogar zum Baden im See können. Aber er hatte ja dem Fräulein vom Meer versprochen, dass er sich heute wieder mit ihr treffen würde, und das Versprechen nahm er sehr ernst. Sie machte nämlich nicht den Eindruck, als ob sie außer dem Bilder schauen viel Spaß hatte. Und das ging dem Joschi nicht aus dem Kopf, so dass er beim Frühstück erst mal ziemlich schweigsam war. „Madame Babette, darf ich dich was fragen?“ sagte er schließlich, und Madame Babette sagte: “Aber natürlich, Joschi. Was beschäftigt denn deine Gedanken heute? Du schaust mir recht nachdenklich aus.“ “Bin ich auch.“ Sagte Joschi. „Ich denke über das Fräulein vom Meer nach. Was macht sie denn am Nachmittag?“ „Da ist sie in ihrem Zimmer und ruht sich aus.“ Sagte Madame Babette. “Ich glaube sie wird so schnell müde weil sie so dünn ist, und dann ist da noch die Sache mit ihren Füßen, das darf man auch nicht vergessen.“ „Ach herrjeh, natürlich!“ sagte Joschi bestürzt. „Das ist natürlich richtig gemein, wenn einem bei jedem Schritt die Füße weh tun! Aber ist das nicht furchtbar langweilig, wenn sie den halben Tag nur auf ihrem Zimmer sitzt?“ “Das befürchte ich auch.“ Sagte Madame Babette. „Obwohl ich gehört habe dass sie sehr viele Bücher liest, das ist doch immerhin etwas.“ „Hmm.“ machte Joschi nachdenklich. “Sie liest also gern – vielleicht sollte ich ihr ein paar von meinen Büchern mitbringen?“ „Das ist lieb gedacht von dir, Joschi!“ sagte Madame Babette. “Aber sie hat doch die ganze königliche Bibliothek zur Auswahl!“ „Ja, wenn das so ist.“ Sagte Joschi unglücklich. „Mir fehlt einfach die richtige Idee, Madame Babette. Ich möchte doch so gern, dass sie ein bisschen fröhlicher wird.“ „Sei nicht traurig, Joschi! Ich denke, wenn ihr euch ein bisschen besser kennen lernt kommt das von selber.“ Sagte Madame Babette. „Das hoffe ich aber schwer.“ Sagte Joschi und machte sich wieder an sein Frühstück, er hatte nämlich vor lauter Nachdenken erst eine halbe Semmel gegessen. Aber irgendwie ging ihm die Sache mit dem Lesen nicht mehr aus dem Kopf, auch später nicht, als er neue Bilder von Schlössern für das Fräulein vom Meer zusammensuchte. Wenigstens gingen ihnen da die Bilder noch lange nicht aus, weil Joschi schon längst auf die Idee gekommen war auch nach Schlössern in fernen und exotischen Ländern zu suchen, da gab es noch genug zum anschauen. Und mit der Sache mit dem Lesen, da musste er einfach abwarten, vielleicht bekam er ja noch eine gute Idee.

Wie immer wartete das Fräulein vom Meer auf ihrem Platz unter der Fontäne, und sie lächelte zur Begrüßung so voller Freude, dass Joschi selbst ganz froh wurde. „Ich habe Bilder aus Indien und anderen Ländern ganz weit weg gefunden, die werden dir gefallen!“ sagte er, und das Fräulein vom Meer klatschte in die Hände und nickte lächelnd. Da fand es Joschi wieder völlig in Ordnung, dass sie wieder nur zusammen schöne Bilder anschauten, und holte das erste Bild auf den Bildschirm. Er konnte sich aber doch eine Frage nicht verkneifen, so sehr war sein Kopf noch mit der Sache mit dem Lesen beschäftigt: “Den Text dazu könntest du doch eigentlich selber lesen, stimmt’s?“ Sie sah ihn erst mit großen Augen an, dann nickte sie und hob aber gleich drauf die Hand, deutete auf Joschi, hielt sich dann die Hand hinter’s Ohr als ob sie lauschen würde und nickte noch einmal, mit einem kleinen Lächeln. Joschi wurde ein bisschen verlegen, denn das sollte wohl heißen dass sie ihm gern zuhörte, und das war natürlich ziemlich schmeichelhaft. „Oh, mir macht es nichts aus dir das alles vorzulesen, das mach ich doch gern.“ Sagte er. „Das ist vollkommen in Ordnung so.“ Und dann überlegte er erst einen Moment ernsthaft, bevor er doch noch sagte: “Manchmal wünsche ich mir schon, wir könnten mal etwas anderes unternehmen, aber das ist wohl nicht so einfach.“ Das Fräulein vom Meer dachte auch erst einen Augenblick lang nach, aber dann deutete sie auf ihre Füße, verzog schmerzlich das Gesicht und seufzte schwer. „Ach herrjeh, „ sagte Joschi, „ich wollte dir doch nicht die Laune verderben!“

In dem Moment piepste Bernhard: “Darf ich auch mal was sagen? Ich habe da nämlich eine Idee!“ Seine Augen glänzten, und die Schnurrhaare zitterten aufgeregt. „Schieß los, Kleiner!“ sagte Joschi, der ja wusste auf wie gute Ideen sein kleiner Freund manchmal kam. „Ich würde sagen, ihr habt ein Kommunikationsproblem!“ sagte Bernhard, „ Und vielleicht habe ich eine Idee, was man dagegen tun könnte!“ „Wir haben ein was?“ fragte Joschi, noch gänzlich ratlos. „Ein Kommunikationsproblem“ erklärte Bernhard. „Das ist wenn sich zwei Leute unterhalten wollen und es aus irgendeinem Grund nicht richtig können.“ „Na ja, es ist aber auch schwer.“ Sagte Joschi.“ Wenn das Fräulein vom Meer aber doch nicht sprechen kann!“ „Aber sicher kann sie schreiben, jemand der gut lesen kann, kann immer schreiben!“ sagte Bernhard und hüpfte dabei vor lauter Aufregung. Das Fräulein vom Meer nickte bloß ganz vorsichtig und sah noch ziemlich verwirrt aus. „Bernhard, du bist wirklich die klügste Glasmaus der Welt!“ rief Joschi begeistert, und: “Regenbogenkistl, wir brauchen jetzt bitte das Schreibprogramm!“

Das Regenbogenkistl klingelte eine kleine Melodie, und dann stand eine leere Seite auf dem Bildschirm. „Komm ruhig näher, Fräulein vom Meer!“ sagte Joschi, der auch schon so aufgeregt wie Bernhard war. “Es ist eigentlich ganz einfach, du kannst einfach irgendwas hineinschreiben, und das erscheint dann auf dem Bildschirm.“ Das Fräulein vom Meer sah aber noch sehr zögerlich aus, und da machte es Joschi ihr vor. „Hallo ich bin Joschi“ tippte er, und genau das war in schönen leserlichen Buchstaben auf dem Bildschirm zu sehen. „Und jetzt bist du dran!“ sagte er zum Fräulein vom Meer, die ihm konzentriert über die Schulter geschaut hatte. Sie tippte ganz langsam und vorsichtig mit zwei Fingern, aber sie machte nicht einen einzigen Fehler. „Hallo ich bin Lexi“ stand da auf dem Bildschirm, und Joschi und Bernhard riefen „Hurra!“ und klatschten vor Begeisterung. “Super, Lexi!“ „Das hast du ganz toll gemacht, Lexi!“ Und das Fräulein vom Meer tippte noch einen Satz, langsam zwar, aber ohne zögern und zaudern. „Ich danke euch beiden herzlich!“ Und sie beugte sich hinab und streichelte Bernhard über den Kopf, worauf dieser prompt wieder mal leuchtend dunkelblaue Ohren bekam.

Der Joschi allerdings war wieder ein bisschen nachdenklich geworden. Wenn nur die Sache mit dem Reden genauso einfach wäre wie das mit dem Schreiben , dachte er– das wäre toll! Aber dafür bräuchte man wahrscheinlich Zauberei. Da klingelte das Regenbogenkistl auf einmal, und es erschien eine Meldung. “Du hast 1 neue Nachricht!“ Joschi schrak aus seinen Gedanken auf. Was das jetzt wohl sein mochte? „Da ist eine neue Nachricht, Bernhard, schau doch bloß!“ Joschi machte die Nachricht auf, und der Absender war tatsächlich der Meister Zauberer! „Hallo Joschi,“ stand da „Du hast einen ganz ausgezeichneten Wunsch gewünscht, der wird dir ohne weiteres gewährt. Macht weiter mit dem Schreibprogramm und benutzt fleißig die F13-Taste! Viele Grüße, Dein Meister Zauberer.“

„Jetzt bin ich aber baff.“ Sagte Joschi. „Welcher Wunsch denn, außer...“ Er hatte schon so einen Verdacht, aber weil er sich noch nicht sicher war und die Lexi direkt neben ihm stand und alles auf dem Bildschirm lesen konnte, sagte er lieber im Moment nichts mehr dazu. “Bernhard, hast du eine Ahnung, was es mit dieser F13-Taste auf sich hat?“ „Nur ein ganz kleines bisschen – das ist eine Spezialtaste, die der Meister Zauberer selbst programmiert hat. Soweit ich weiß funktioniert die auch nicht überall, nur an Stellen die der Meister Zauberer vorgesehen hat.“ Antwortete Bernhard. „Im Schreibprogramm, hat er geschrieben, und da sind wir gerade!“ sagte Joschi. „Dann probieren wir es doch einfach aus!“ und er drückte die F13-Taste. Es ging ein kleines Fenster auf, und Joschi las vor: “Bitte zuerst Text markieren, steht da – na, dann machen wir das doch! „ und er markierte den Satz, den er vorhin geschrieben hatte, und drückte noch einmal auf die F13-Taste. Und siehe da, aus dem Lautsprecher klang vernehmlich eine helle Stimme, die sagte „Hallo ich bin Joschi!“ „Ui, das ist toll!“ sagte Joschi, „Mein Regenbogenkistl kann sogar sprechen – willst du auch mal probieren, Lexi?“ Sie nickte eifrig, und Joschi zeigte ihr ganz genau wie sie ihren Text markieren musste, und ließ sie dann selber die F13-Taste drücken. Und dann passierte etwas ganz wunderbares. Lexi lauschte konzentriert der Stimme aus dem Lautsprecher und hob einen Finger vor die Lippen zum Zeichen, dass die anderen ruhig sein sollten. Und dann machte sie den Mund auf und sagte mit leiser, aber klarer Stimme: “Hallo ich bin Lexi.“ Das waren genau die Worte, die sie vorher geschrieben hatte, und die ihr das Regenbogenkistl mit der F13-Taste vorgesagt hatte.

Lexi benutzt die F13-Taste

Jetzt war dem Joschi klar, welcher Wunsch in Erfüllung gegangen war, und das fand er einfach ganz, ganz toll. Er hatte sich gewünscht, dass das mit dem Sprechen so einfach wie das Schreiben wäre, und es hatte geklappt. Er klatschte vor Begeisterung in die Hände und rief: “Lexi, das war super! Schreib doch noch was und probiers noch mal!“ Das Mädchen hatte ganz große glänzende Augen, und sie lächelte, wenn auch noch recht vorsichtig. Diesmal dauerte es etwas länger bis sie ihren Satz getippt hatte, und Joschi wartete gespannt. Wieder ließ sie das Regenbogenkistl vorlesen, und dann sagte sie selber: “Eigentlich heiße ich Alexia, aber Lexi ist mir lieber.“ Und sie lächelte strahlend dabei. „Ist gebongt, Lexi!“ sagte Joschi begeistert, und auch Bernhard piepste fröhlich: “Alles klar, Lexi! Mach weiter so!“ Und Lexi tippte fröhlich ihren nächsten Satz ein.

So verging der Vormittag wie im Fluge, Lexi tippte, ließ sich vorsprechen und sagte die Sätze einwandfrei nach. Nach einer Weile war sie sogar soweit, dass sie einfache Sätze ohne vorsprechen sagen konnte. Anscheinend war es so: wenn sie ein Wort einmal gesagt hatte, dann konnte sie es ab da ohne noch mal vorsprechen. Und so musste sie manchmal nur ein, zwei Wörter tippen, die ihr noch fehlten für einen ganzen Satz, und das ging so natürlich immer schneller. Trotzdem sah sie am Ende des Vormittags allmählich ziemlich geschafft aus, und Joschi fragte: “Das ist anstrengend für dich, nicht wahr?“ „Sehr anstrengend!“ sagte Lexi. „Du hast aber heute auch schon viel geschafft!“ sagte Joschi. “Ist das in Ordnung wenn wir morgen Vormittag weitermachen?“ „Das ist in Ordnung. Noch mal Danke, Joschi und Bernhard!“ sagte Lexi, und dann brauchte sie doch noch mal das Regenbogenkistl für ein paar Wörter. „Ihr seid zwei prima Freunde, einfach die Besten die man sich vorstellen kann!“ Joschi bekam rote Ohren bei so viel Lob, und auch Bernhards Mäuseohren schimmerten wieder verdächtig dunkelblau. „Ich glaube, wir können uns auch beim Meister Zauberer bedanken.“ Sagte Joschi. „Aber das mache ich später, jetzt müssen wir uns schon wieder beeilen, dass wir nicht zu spät zum Mittagessen kommen. Bis Morgen, Lexi!“ „Ja, bis Morgen!“ piepste auch Bernhard, und dann packte Joschi das Regenbogenkistl zusammen und sie sausten davon. „Bis Morgen, Joschi und Bernhard!“ sagte Lexi und winkte ihnen noch lange nach.

Als sie in den Schlosshof sausten, stand die Madame Babette schon da und hielt nach ihnen Ausschau. „Ah, da seid ihr ja endlich!“ rief sie. „Habt ihr heute länger Bilder angeschaut, Joschi?“ „Wir haben heute keine Bilder angeschaut, Madame Babette.“ Sagte Joschi. “Wir haben was viel tolleres gemacht!“ „Genau!“ piepste Bernhard. “Und der Meister Zauberer hat uns geholfen!“ „Jetzt setzt euch doch erst mal hin,“ sagte Madame Babette “und redet nicht beide gleichzeitig, sonst verstehe ich gar nichts. Und die Würstl werden auch kalt, wenn sie nicht bald gegessen werden.“ Es gab nämlich Würstl mit Kartoffelsalat und frische Semmeln dazu, so dass auch für Krümel für Bernhard gesorgt war. Joschi hatte schon ordentlich Hunger, aber er musste langsam essen, weil er ja zwischendurch erzählen musste: wie sie entdeckt hatten, dass das Fräulein vom Meer hervorragend schreiben konnte, wie der Joschi sich gewünscht hatte, dass das sprechen so einfach wie das reden wäre, und wie das mit der F13-Taste funktionierte. Das fand die Madame Babette so toll, dass sie in die Hände klatschte und sagte: „Nein, ist das wunderbar! Das habt ihr aber gut gemacht! “ „Ich muss mich noch beim Meister Zauberer für den Tipp mit der F13-Taste bedanken.“ Sagte Joschi. „Nach dem Essen!“ sagte Madame Babette. „Jetzt lasst es euch erst mal schmecken. Sind genug Krümel für Bernhard da?“ „Reichlich und genügend, danke!“ sagte Bernhard ein bisschen undeutlich, denn er kaute mit vollen Backen.

Nach dem Essen schrieb Bernhard seine Nachricht an den Meister Zauberer, und dann schaltete er das Regenbogenkistl zuerst einmal aus, weil er mit Bernhard zum See hinuntergehen wollte. Sein kleiner Freund ging zwar nicht mit ihm zum Schwimmen, dafür war er nämlich wirklich zu klein, aber er war nicht wasserscheu und planschte gern in der Brandung am Ufer herum, bis Joschi vom Schwimmen wieder zurückkam. Und sie saßen beide gerne in der Sonne und schauten den Enten und den Möwen zu, da machten sie sich einen richtig gemütlichen Nachmittag.

10. Kapitel: in dem fleißig geübt wird, Joschi eine unerwartete Nachricht von höchster Stelle erhält und sich entscheiden muss

Joschi, Bernhard und Lexi trafen sich auch an den nächsten Vormittagen, und Lexi übte und übte das Sprechen so fleißig, dass sie jeden Tag Mittags richtig geschafft war. Aber sie machte große Fortschritte, und brauchte das Regenbogenkistl von Tag zu Tag weniger und schließlich nur noch für ganz einzelne Wörter. Dabei erfuhr der Joschi sehr viel über sie, denn über irgendwas mussten sie sich ja schließlich unterhalten. So wusste er jetzt, dass sie sich an die Zeit bevor sie zu Familie König kam gar nicht richtig erinnern konnte, und dass sie Angst vor dem Wasser hatte, weil sie nicht schwimmen konnte, und dass sie gerne einmal etwas anderes sehen würde als nur den Schlosspark und ihr Zimmer und deshalb so gern Bilder von Sehenswürdigkeiten und fernen Ländern anschaute, weil sie selber ja nicht woanders hingehen konnte, nicht einmal in die Stadt hinüber, weil ihr die Füße beim Gehen so weh taten. Und Joschi zerbrach sich den Kopf darüber wie er es anstellen konnte, dass sie wenigstens einmal mit bis zum Spielplatz kommen konnte, aber bislang war ihm noch nichts Gescheites dazu eingefallen – er konnte sie ja nicht tragen.

Da kam eines Tages unerwartet der Ritter Rollbert zum Mittagessen vorbei, und das war schon sehr ungewöhnlich, weil er ja schließlich den ganzen Tag Dienst hatte und sonst immer erst zum Abendessen wieder auftauchte. Der Ritter Rollbert machte ein sehr offizielles Gesicht und sagte: “Entschuldigt dass ich beim Essen störe, aber ich habe eine Botschaft von seiner Majestät an Joschi.“ „Wow!“ sagte Bernhard, und „Von seiner Majestät!“ sagte die Madame Babette. Joschi selber sagte erst mal gar nichts, weil er sich an einem Stück Reiberdatschi verschluckt hatte. „Seine Majestät sind hocherfreut über die Fortschritte, die das Fräulein vom Meer mit dem Sprechen macht – dank deiner Hilfe, Joschi.“ Sagte Ritter Rollbert mit gewichtiger Miene.“ Und seine Majestät möchte sich dafür gerne erkenntlich zeigen. Seine Majestät schlägt vor, dass du dir aus dem königlichen Spielsachenfundus etwas aussuchst, das dir gefällt.“ „Aus dem königlichen Spielsachenfundus?“ fragte Joschi, der sein Stück Reiberdatschi endlich hinuntergeschluckt hatte. „Im Fundus sind alle abgelegten Spielsachen der königlichen Kinder“ erklärte Ritter Rollbert. “Und glaub mir, das sind richtig viele, weil die Königskinder natürlich immer viele Geschenke bekommen. Das meiste davon ist noch nicht mal gebraucht.“ „Das ist ja fantastisch!“ sagte Joschi. „Das ist ja gerade so als dürfte ich mir noch mal was zum Geburtstag wünschen!“ „Ja, genau so. Und wenn du fertig gegessen hast, nehme ich dich mit und zeige dir den Fundus.“ „Möchtest du einstweilen auch eine Portion Reiberdatschi, Rollbert?“ fragte Madame Babette, die gerade eine frische Pfanne voll gebacken hatte. „Mit Apfelmus!“ „Nun, ich bin zwar eigentlich im Dienst...“ brummelte Rollbert zuerst, „Aber herzlich gerne doch!“ sagte er dann, als ihm der appetitliche Duft in die Nase stieg, und nahm Platz. “Ein Portiönchen geht schon, ich muss ja doch auf den Joschi warten.“

Der königliche Spielsachenfundus

Der königliche Spielsachenfundus war in einem Kellergewölbe untergebracht, und Joschi staunte nicht schlecht was es hier alles an Spielsachen gab. Puppen und Plüschtiere in jeder vorstellbaren Größe und Form, Puppenhäuser, Ritterburgen, Rennbahnen, Baukästen und Malkästen und Spiele jeder erdenklichen Art und und und – es war wie ein unheimlich großes Spielwarengeschäft, und Joschi kam zuerst ganz durcheinander, weil er nicht wusste, wo er zuerst hinschauen sollte. „Das ist ja unglaublich!“ sagte er mit großen Augen. „Ich habe noch nie so viele Spielsachen auf einmal gesehen!“ „Und das ist noch nicht einmal alles!“ sagte Ritter Rollbert. „Die sperrigeren Dinge – Schaukeln, Klettergerüste und Fahrräder und so was – sind im nächsten Gewölbe untergebracht!“ „Das ist alles viel zu viel.“ Sagte Joschi verdattert. „Wie soll man sich denn da entscheiden können?“ „Da hast du völlig recht.“ Sagte Ritter Rollbert. „Und deswegen musst du dich auch gar nicht heute entscheiden, du kannst dir alles ansehen und dann in Ruhe überlegen, was du haben möchtest. Komm, wir schauen uns noch die großen Spielsachen drüben an, und dann gehen wir wieder zurück.“ Joschi wünschte, sein kleiner Freund Bernhard wäre mitgekommen, aber für den galt die Einladung in den königlichen Spielsachenfundus nicht, deswegen war er bei Madame Babette zurückgeblieben. „Uff, also das muss ich mir wirklich alles noch mal durch den Kopf gehen lassen.“ Sagte Joschi schließlich nach einer Weile, und der Ritter Rollbert sagte: “Das ist vollkommen in Ordnung so, es hat keine Eile. Überleg dir nur gut, was du haben möchtest.“ „Und ich könnte mir echt auch etwas richtig großes wünschen, wie zum Beispiel eine Schaukel?“ fragte Joschi. „Aber natürlich.“ Sagte Ritter Rollbert. „Da wird man natürlich sehen müssen wo sich ein Platz dafür findest, aber das geht schon.“ „Das ist aber richtig großzügig von seiner Majestät!“ sagte Joschi beeindruckt. „Das finde ich auch.“ Sagte der Ritter Rollbert. „Aber ich muss jetzt zurück zum Dienst. Überleg dir gut, was du haben möchtest – wir können ja auch morgen noch mal herkommen, wenn du dich noch nicht entscheiden kannst.“ „Vielen Dank, Ritter Rollbert!“ sagte Joschi, und dann gingen sie zusammen die Treppe hinauf. Ritter Rollbert ging nach links zum Schloss weiter, und Joschi bog nach rechts in den Schlosshof ab.

Die Madame Babette saß wie immer nach dem Essen mit einer Tasse Kaffee da und schrieb in ihrem großen Haushaltsbuch, aber das legte sie gleich beiseite als sie Joschi kommen sah. „Und? Wie war der Spielsachenfundus?“ „Viel zu viel auf einmal.„ sagte Joschi und setzte sich an seinen Platz. Bernhard, der ein bisschen gedöst hatte nach dem Essen, blinzelte schläfrig zu ihm hinauf. „Und? Was hast du dir gewünscht?“ „Noch gar nichts. „ sagte Joschi. „Das muss ich mir erst gut überlegen. Obwohl mir ja ein Chemiekasten zum Beispiel schon gefallen würde, oder eine Rennbahn.“ „Ich will dir ja nicht dreinreden, Joschi.“ sagte Madame Babette nachdenklich. „Aber wäre es nicht netter du würdest dir irgendwas für draußen wünschen, jetzt im Sommer? Vielleicht auch irgendwas, das du mit dem Fräulein vom Meer zusammen spielen kannst?“ „Daran habe ich auch schon gedacht.“ Sagte Joschi. „Aber mir brummt jetzt erst einmal der Kopf, ehrlich gesagt – so viele Spielsachen auf einem Haufen, da wird man ganz wirr davon.“ „Vielleicht möchtest du erst mal ein Stückchen Erdbeerkuchen und noch ein Glas Apfelschorle?“ fragte Madame Babette. „Der kleine Bernhard hat den Kuchen schon getestet und für gut befunden.“ „Absolut einwandfrei!“ lachte Bernhard und putzte sich die Schnurrhaare. “Super Krümel, ganz hervorragend!“ „Au ja, das hätte ich jetzt wirklich gerne!“ sagte Joschi. Es war nämlich so, dass Madame Babette zwar immer ein super Mittagessen machte, aber wer sich auskannte aß niemals zuviel davon, sondern immer nur soviel, dass nachher noch ein Stückchen Kuchen hineinpasste, denn Kuchen gab es auch jeden Tag zur Kaffeezeit. Joschi also aß vergnügt sein Stückchen Erdbeerkuchen und trank Apfelschorle dazu, und Bernhard vernichtete sorgfältig alle Krümel. Und danach fühlte Joschi sich schon erheblich frischer. „Weißt du was, Bernhard? Ich glaube, wir brauchen jetzt das Regenbogenkistl.“ Sagte Joschi. „Wozu das denn?“ fragte Bernhard und schaute aufmerksam drein. „Hast du vielleicht schon wieder irgendwelche Ideen?“ „Haargenau!“ sagte Joschi. „Und die sollten wir testen.“ „Ihr wollt aber nicht den ganzen Nachmittag drinnen sitzen?“ fragte Madame Babette und runzelte ein bisschen die Stirn dabei. „Aber nein, nicht den ganzen Nachmittag – höchstens eine Stunde oder so.“ sagte Joschi, dem schon ein paar Ideen durch den Kopf purzelten. „Und danke für den Kuchen, der war richtig lecker!“ Und dann flitzten Bernhard und Joschi ins Turmzimmer hinauf.

„Also, wir haben ein paar Bedingungen.“ Sagte Joschi, nachdem er das Regenbogenkistl eingeschaltet hatte. “Und ich glaube, die schreiben wir erst mal auf.“ „Au ja!“ sagte Bernhard. „Und dann könnten wir ein Brainstorming machen!“ „Ein was?“ fragte Joschi. „Ein Brainstorming, das ist wenn jeder einfach sagt, was einem zu einem bestimmten Thema gerade einfällt. Nachher sucht man sich dann die besten Ideen zusammen, und meistens kommt dabei sogar etwas gescheites heraus.“ „Das hört sich gut an!“ sagte Joschi. „Aber ich schreib jetzt erst mal die Bedingungen hin. „ Und er rief das Schreibprogramm auf und tippte erst mal: „Wir suchen ein Spielzeug 1. Es soll für draußen sein 2. Lexi soll mitspielen können 3. Man soll nicht gehen oder laufen müssen.“ „Und jetzt sage ich einfach, was mir in den Kopf kommt?“ fragte Joschi, und Bernhard nickte eifrig. „Eine Schaukel!“ sagte Joschi. „Ein Karussell!“ sagte Bernhard. „Das ist viel zu groß!“ lachte Joschi, „so eins gibt’s nur auf dem Spielplatz!“ „Und die Schaukel ist groß genug?“ fragte Bernhard. “Ich meine ja nur, ihr seid doch beide schon ziemlich große Kinder.“ „Da hast du recht, Bernhard, die Schaukel die ich da gesehen habe wäre ein bisschen klein, da gibt’s auf dem Spielplatz eine viel schönere, größere.“ Sagte Joschi. „Aber ihr könnt ja nicht auf den Spielplatz gehen, weil Lexi doch immer die Füße so weh tun.“ Sagte Bernhard traurig, und in dem Moment klingelte das Regenbogenkistl und meldete: „100% richtig!“ „Ach jemineh, das weiß ich selber“ sagte Joschi enttäuscht. “Ich würde ihr ja so gern den Spielplatz zeigen, aber ich habe keine Idee, wie wir da hinkommen sollen.“ „Vielleicht mit einem Tretauto?“ sagte Bernhard und hatte auf einmal ganz glänzende Äuglein. Klingeling, machte das Regenbogenkistl, und meldete „50% richtig!“ Joschi wollte erst etwas anderes sagen, aber dann überlegte er noch mal und sagte: “Du bringst mich auf eine ganz andere Idee, Bernhard! Wenn Lexi nicht auf den Spielplatz gehen kann, dann müssen wir eben fahren!“ „Sag ich doch!“ sagte Bernhard stolz, und setzte etwas geknickter hinzu: „Aber Tretauto war wohl nicht ganz das richtige.“ „Nein, weil Tretauto mit Beifahrersitz hab ich noch keines gesehen.“ sagte Joschi. „Aber Fahrräder gab es da auch jede Menge, und da könnte sie auf dem Gepäckträger mitfahren!“ ... und das Regenbogenkistl klingelte „100% richtig!“ „Geniale Idee, Joschi!“ rief Bernhard. „Da hätte ich aber auch früher draufkommen können!“ sagte Joschi. „Die Idee mit dem Fahrrad hat mir wahrscheinlich bisher gefehlt, weil mir mein eigenes Radl schon letztes Jahr zu klein geworden ist, und weil es mir nichts ausmacht, alles zu Fuß zu gehen. Wenn ich mir jetzt ein größeres Radl mit einem extra-stabilen Gepäckträger wünsche, dann kann die Lexi das mal ausprobieren, und dann sehen wir schon, ob wir bis zum Spielplatz kommen.“ „Völlig richtig!“ sagte Bernhard. „Und so ein Brainstorming macht mit dem Regenbogenkistl zusammen richtig Spaß, findest du nicht auch, Joschi?“ „Ja, da waren wir jetzt richtig blitzschnell!“ sagte Joschi zufrieden. „Das hat echt prima funktioniert – aber jetzt gehen wir raus, es scheint so schön die Sonne. Und ich wünsche mir ein Fahrrad, juhu!“

Als der Ritter Rollbert zum Abendessen kam, saßen Joschi und Bernhard schon da und warteten auf ihn. Mit der Madame Babette hatte Joschi schon gesprochen wegen dem Fahrrad, und sie hielt das für eine sehr gute Idee. Der Ritter Rollbert nickte auch anerkennend als Joschi ihm erzählte dass er sich ein Fahrrad wünschte, und warum. „Ausgezeichnete Idee, Joschi, wirklich ganz ausgezeichnet.“ Sagte der Ritter Rollbert. „ Wir können gern nach dem Abendessen noch einmal hinuntergehen in den Spielsachenfundus und dir ein passendes Radl aussuchen, dann kann ich dir gleich noch helfen den Sattel richtig einzustellen und zu schauen ob das Licht und die Klingel richtig funktionieren und lauter solche Sachen.“ „Also, das wäre ja richtig super!“ sagte Joschi ganz baff. „Es muss aber wirklich nicht heute schon sein, und du hast ja auch schon Feierabend.“ „Das macht mir gar nichts aus, und es ist ja auch noch lange hell heraußen, da kann man das gut machen. Du weißt ja, ich schraube und bastle gerne.“ Sagte Ritter Rollbert. Und dann sagte er erfreut:“ Ah, und da kommt ja auch unsere Madame Babette mit dem Abendessen! Wurstsalat, wenn ich mich nicht täusche!“ „Sogar Schweizer Wurstsalat mit extra Käse!“ sagte Madame Babette. „Da mag der Bernhard sicher auch etwas davon.“ „Aber sehr gerne, Madame Babette!“ piepste Bernhard, und dann sagten sie erst mal alle „Guten Appetit“ und waren fürs erste mit dem Essen beschäftigt.

Nach dem Essen ging der Ritter Rollbert mit Joschi noch einmal hinunter in den königlichen Spielsachenfundus, und sie schauten die Fahrräder durch, ob eins für Joschi dabei war. Der Ritter Rollbert ließ den Joschi auf ein paar Fahrräder draufsetzen wegen der Größe, und so dauerte es nicht lange bis sie auch ein passendes gefunden hatten. Es war schön blitzblau und hatte einen richtig stabilen Gepäckträger, und Joschi freute sich richtig riesig darüber. „Und es sieht noch ganz nagelneu aus!“ rief er begeistert. „Das ist wirklich nicht viel gefahren worden, man sieht’s an den Reifen.“ Sagte Ritter Rollbert, der sich ja mit so was bestens auskannte. „Das ist ein prima Fahrrad, Joschi, da wirst du viel Freude dran haben.“ Der Ritter Rollbert trug das Radl die lange Kellertreppe hinauf und schob es in den Schlosshof, und dann ging er seinen Werkzeugkasten holen. In der Zwischenzeit begutachteten Madame Babette und Bernhard das blitzblaue Radl. „Da hast du aber eine gute Wahl getroffen! “ sagte Madame Babette, und Bernhard piepste: „Und so eine schicke Farbe auch noch!“ „Es sieht richtig klasse aus, nicht wahr?“ sagte Joschi und strahlte über das ganze Gesicht, und da war auch schon der Ritter Rollbert wieder da mit seinem Werkzeugkasten. „Da müssen wir nur den Sattel richtig einstellen, der Rest passt!“ Sagte er und machte sich ans Werk. Dann schmierte er noch schnell die Kette und ölte an ein paar Stellen, und dann sagte er: „Bereit zur Probefahrt, Joschi! Und mach mal den Dynamo an, damit man sieht ob das Licht geht!“ Joschi fuhr ein paar mal über den Schlosshof und probierte auch die Bremsen aus. „Es funktioniert alles wunderbar, danke, Ritter Rollbert!“ „Gern geschehen“ sagte der Ritter Rollbert. „Technisch alles einwandfrei in Ordnung, das sieht man gerne.“ „Es fährt sich auch prima!“ sagte Joschi. „Meinen allerherzlichsten Dank an seine Majestät, ich freue mich sehr darüber!“ „Den Dank werde ich morgen ausrichten.“ Sagte Ritter Rollbert. „Und jetzt hätte ich gern ein Radler, und dann würde ich gern noch ein wenig Schach spielen. Leihst du mir wieder dein Regenbogenkistl, Joschi?“ Der Ritter Rollbert fand nämlich das Schachprogramm wirklich klasse, und trainierte damit jeden Abend. „Aber klar doch!“ sagte Joschi. „Ich hole es gleich! Wo soll ich denn das Radl hinstellen?“ „In der Ecke neben dem Turm hat es gut Platz. „ sagte Madame Babette, da steht es nicht im Weg herum.“

So räumte Joschi erst mal sein niegelnagelneues Radl auf, dann holte er das Regenbogenkistl für Ritter Rollbert, und dann setzte er sich zu Bernhard und Madame Babette. „Das ist eine feine Sache mit dem Radl!“ strahlte er. „Jetzt müssen wir nur noch die Lexi fragen, ob sie sich auch mitfahren traut!“ „Ich denke schon,“ sagte Bernhard. „Sie möchte doch auch mal was anderes sehen, da traut sie sich bestimmt!“ „Das glaube ich auch,“ sagte Joschi, „Aber mir fällt da noch ganz was anderes ein: sie braucht ja auch noch andere Klamotten! Mit ihren feinen Kleidern kann sie schlecht auf dem Radl mitfahren.“ „Das ist überhaupt kein Problem, Joschi.“ Sagte die Madame Babette. „In der königlichen Kleiderkammer findet sich bestimmt was. Aber jetzt fragt ihr sie morgen erst einmal, ob sie überhaupt mitfahren möchte, und dann sagt ihr mir Bescheid. Ich finde dann schon etwas praktischeres zum anziehen für das Fräulein Lexi vom Meer.“ „Super, Madame Babette!“ sagte Joschi, und „Klasse!“ sagte Bernhard, und dann spielten sie noch Mensch-ärgere-dich-nicht zusammen bis es Zeit war ins Bett zu gehen.

11. Kapitel: in dem Lexi etwas neues lernt und in dem ein Ausflug geplant wird

Als Joschi und Bernhard am nächsten Tag nach dem Frühstück losziehen wollten, um Lexi zu treffen, wollte Joschi eigentlich gleich mit dem Radl fahren, obwohl es zum Platz an der großen Fontäne wirklich nicht weit war. Dabei stellten sie allerdings fest, dass es für Bernhard auf dem Radl keinen Platz gab, wo er bequem und sicher mitfahren hätte können. Er war nämlich viel zu klein um sich auf dem Gepäckträger richtig festhalten zu können. „Ja, was machen wir denn jetzt?“ grübelte Joschi. “Ich kann dich höchstens vielleicht in die Hosentasche stecken!“ „Das wäre viel zu unbequem!“ piepste Bernhard, „Und außerdem könnte ich herausfallen, das möchte ich nicht riskieren. Nein, nein, da laufe ich lieber hinterher, den Weg kenne ich ja!“ „Kommt überhaupt nicht in Frage, wir gehen zusammen.“ sagte Joschi. “Dann schiebe ich halt das Radl, der Weg ist ja wirklich nicht weit.“ „Sehr schön, ich gehe ja auch lieber mit dir zusammen.“ sagte Bernhard, und sie machten sich auf den Weg.

Lexi wartete schon auf sie, an ihrem Platz auf der Steinbank, und winkte ihnen schon von weitem zu. „Guten Morgen, ihr beiden!“ rief sie fröhlich, und Bernhard und Joschi riefen auch „Guten Morgen, Lexi!“ „Was habt ihr denn heute dabei?“ fragte sie, als Joschi sein Radl neben der Bank abstellte. „Das ist mein neues Fahrrad!“ sagte Joschi stolz. „So etwas habe ich schon einmal gesehen.“ Sagte Lexi. “Aber, fährt man denn nicht darauf?“ „Ich habe nur geschoben, damit Bernhard mitkommt.“ Sagte Joschi. „Der ist nämlich zu klein, um auf dem Gepäckträger mitzufahren.“ „Was ist ein...?“ fragte Lexi, machte das angestrengte Gesicht das sie immer machte, wenn sie ein Wort nicht sagen konnte, und schnipste ungeduldig mit den Fingern. „Gepäckträger.“ half Joschi aus. „Das Teil hier, da kann man Gepäck drauf transportieren, oder sich draufsetzen, wenn man groß genug ist.“ „Gepäckträger!“ sagte Lexi und sah ganz erleichtert aus. „Lexi, das war Spitze!“ piepste Bernhard, hüpfte auf und ab vor Begeisterung und klatschte in die Pfoten. Joschi brauchte erst noch einen Moment, dann kapierte er es auch. „Lexi, du hast ein neues Wort gesagt, und wir haben das Regenbogenkistl noch nicht einmal eingeschaltet!“ sagte er dann begeistert. „Das ist ja toll!“

Lexi sah erst noch ein bisschen verdattert aus, dann lächelte sie auf einmal strahlend. “Stimmt, das war ja ein ganz neues Wort für mich – Gepäckträger! Und ich wette ich weiß auch wie man es schreibt!“ sagte sie. “Aber, Joschi, wie ist das denn auf einmal gegangen? Normal muss ich doch ein neues Wort erst schreiben und mir dann vorlesen lassen, bevor ich es auch sagen kann.“ „Ganz genau weiß ich das auch nicht,“ sagte Joschi. „Aber ich glaube es hat etwas damit zu tun dass du schon so viel gelernt hast.“ „Darf ich auch mal etwas sagen?“ fragte Bernhard und machte ein kluges Gesicht. „Aber klar doch!“ sagte Joschi, und „Ja, bitte!“ sagte Lexi. „Also, ich glaube ja, dass wir es geschafft haben mit vielen kleinen Zauberschrittchen einen großen bösen Zauber rückgängig zu zaubern.“ Sagte Bernhard und sah dabei ganz stolz aus. “Natürlich hat der Meister Zauberer dabei geholfen: wenn er die F13-Taste nicht mit ein wenig Zauberei programmiert hätte, hätte das nie funktioniert! Aber so haben wir es alle zusammen hingekriegt, dass Lexi wieder richtig gut sprechen kann, und die böse Meerhexe hat davon wahrscheinlich noch nicht einmal etwas mitbekommen.“ „Auweia, die böse Meerhexe hätte ich fast vergessen! „ flüsterte Joschi, und Lexi sah auf einmal ganz käsig aus. „Aber keine bange, Lexi!“ sagte Joschi schnell. „Der Bernhard hat schon recht, die hat bestimmt nichts mitgekriegt! Und je weniger wir von ihr reden, um so besser.“

Es ist nämlich so, und das lernt jeder Zauberlehrling im ersten Lehrjahr, dass alle Zauberer und Hexen es merken, wenn jemand einen ihrer größeren Zauber rückgängig zu zaubern versucht. Einen genauso großen Gegenzauber kriegen sie mit, wenn sie gut aufpassen, und dann kann es richtig Ärger geben. „Ich glaube, du musst echt keine Angst haben, Lexi!“ sagte Joschi beruhigend, denn das Mädchen sah immer noch ganz blass aus. „Warte, ich schalte schnell das Regenbogenkistl ein, dann können der Bernhard und ich testen, ob wir die richtigen Ideen haben.“ „Das wäre prima, Joschi, weil ich ein ganz komisches Gefühl im Bauch habe.“ Sagte Lexi und schaute ganz unglücklich.

„Hallo Regenbogenkistl!“ sagte Joschi und dachte einen Augenblick nach, bis er die richtige Frage zusammen hatte. „Ist die Lexi bei uns in Sicherheit?“ Und ihm fiel ein Stein vom Herzen, als das Regenbogenkistl prompt fröhlich klingelte und anzeigte „100 % richtig!“ „Siehst du, Lexi, du musst dir keine Sorgen machen.“ Sagte er nachdrücklich. „Ja, aber die böse...“ fing Lexi an, und Joschi unterbrach sie schnell. „Schsch, je weniger wir von der sprechen, um so weniger kann sie uns anhaben.“ Das lernt man nämlich auch als Zauberlehrling im ersten Lehrjahr. „Ist gut, Joschi.“ Sagte Lexi. “Ich sag ja schon nichts mehr.“ „Ich habe auch eine gute Frage, glaube ich.“ piepste Bernhard. „Nur zu!“ sagte Joschi, und Bernhard hopste vom Boden hoch auf die Bank und stellte sich vor das Regenbogenkistl hin. „Regenbogenkistl, beschützt uns der Meister Zauberer?“ Es klingelte, und auch Bernhard bekam ein „100% richtig!“ auf seine Frage. „Siehst du, Lexi, dir kann gar nichts passieren! Bist du jetzt beruhigt?“ fragte Joschi. „Ein bisschen.“ Sagte Lexi und schaute nun nicht mehr so ängstlich aus. „Dann ist es ja gut!“ sagte Joschi. “Ich muss dir nämlich erzählen, was es mit dem Fahrrad auf sich hat. Wie ich vorher schon gesagt habe, auf den Gepäckträger kann man sich draufsetzen und mitfahren, wenn man groß genug ist und nicht so klein wie Bernhard zum Beispiel.“ „Dann kann man mitfahren?“ fragte Lexi und schaute ein bisschen zweifelnd. “Ist das nicht gefährlich, ich meine, kann man da nicht herunterfallen?“ „Du müsstest dich natürlich gut festhalten.“ Sagte Joschi. “Aber richtig gefährlich ist es nicht, und ich würde ja auch nicht schnell fahren. Außerdem probieren wir das natürlich erst einmal hier aus, bevor wir eine größere Strecke fahren.“ „Was für eine größere Strecke denn?“ fragte Lexi. „Zum Spielplatz!“ riefen Joschi und Bernhard gleichzeitig im Chor. „Ach, das wäre toll!“ sagte Lexi und klatschte in die Hände. „Aber erst ausprobieren, ja? Ich weiß doch noch gar nicht ob ich das kann, auf so einem Gepäckträger mitfahren.“ „Keine Bange, „ sagte Joschi, “wir üben ja zuerst mal.“ „Also, probieren möchte ich es schon.“ sagte Lexi. „Bestens!“ sagte Joschi. “Dann ist es also abgemacht! Ich sage der Madame Babette noch Bescheid, die besorgt dir dann ein paar praktischere Klamotten, du kannst dich ja schlecht mit deinem feinen Kleid auf den Gepäckträger setzen. Und morgen probieren wir die Sache dann erst mal aus.” „Oh prima!“ sagte Lexi. „Da freue ich mich jetzt schon drauf.“

12. Kapitel in dem Joschi und Lexi zum Spielplatz fahren und Joschi wieder mal eine gute Idee hat

Joschi staunte nicht schlecht, als er mit seinem Fahrrad am nächsten Tag zum Platz an der Fontäne kam. Denn da saß Lexi und sah so verändert aus, dass er sich direkt die Augen reiben musste. Sie hatte eine praktische Latzhose an und ein lustig rot-weiß geringeltes T-Shirt, und statt der Samtpantöffelchen Turnschuhe an den Füssen, genau solche wie sie Joschi selber trug. „Guten Morgen, Lexi!“ rief Joschi „Prima siehst du aus!“ „Guten Morgen, Joschi!“ antwortete Lexi. „Meinst du wirklich? Ist mir die Hose nicht zu groß?“ „Aber nein, die gehört so, die muss doch bequem sein.“ sagte Joschi. Und außerdem sah man bei der weiten Hose nicht so sehr, wie dünn sie war, aber das dachte sich Joschi nur, das sagte er nicht laut. „Wie schaut’s aus, bist du bereit für einen Versuch?“ „Ja schon, aber du fährst wirklich nicht schnell, bitte!“ sagte Lexi. „Keine Bange, ich fahre ganz langsam. “Joschi überlegte einen Moment, worauf es ankam, dann sagte er: “Das Wichtigste ist, dass du dich gut festhältst, am besten hier bei mir um den Bauch herum. Und dann musst du noch die Füße vom Boden weg halten. Komm, setz dich schon mal drauf, dann zeige ich dir, wie.“ Lexi kam mit ihren vorsichtigen kleinen Schritten herüber zu Joschi und seinem Fahrrad, setzte sich hinten drauf und hob die Füße vom Boden weg. „So etwa?“ fragte sie. „Das machst du genau richtig!“ antwortete Joschi. “Jetzt noch gut festhalten, und dann geht’s los!“

Weil es ja wirklich nur ein kurzes Stück war von der Fontäne bis zum Schlosshof, waren sie gleich da, und da saß der kleine Bernhard und wartete auf sie. „Guten Morgen Lexi!“ piepste er. “Das sieht doch schon mal nicht schlecht aus! Und schicke Klamotten hast du an!“ „Guten Morgen, Bernhard!“ antwortete sie. „Das ging jetzt ganz gut, ja, nur ein bisschen hart unter dem...“ und sie schnipste mit den Fingern, wie immer, wenn ihr ein Wort nicht gleich einfiel. „Unter dem Popo!“ lachte Joschi. „Dagegen kann man was machen. Wir brauchen ein kleines Kissen oder so was... ah, da kommt ja die Madame Babette! Die können wir fragen.“ Madame Babette gab ihnen eins von den weißblau karierten Stuhlkissen, das war praktisch weil es gleich Bänder zum festbinden dran hatte. Und dann gab sie Lexi noch eine kleine Umhängetasche. „Hier, das kannst du nehmen, das ist nicht schwer. Ich hab euch nur ein bisschen Brotzeit eingepackt.“ „Oh danke, Madame Babette!“ sagte Joschi begeistert, denn Madame Babettes Brotzeiten waren immer besonders lecker. „Vielen Dank!“ sagte auch Lexi, und dann ging es los, und Bernhard und Madame Babette winkten ihnen nach und riefen „Viel Spaß!“

Joschi und Lexi fahren mit dem Fahrrad zum Spielplatz

Joschi fuhr ganz gemütlich, aber Lexi hielt sich noch sehr ordentlich fest bei ihm. „Keine Bange, Lexi, es ist nicht weit.“ Sagte Joschi. “Höchstens zehn Minuten, auch wenn ich ganz langsam fahre. Aber wenn du eine Pause machen willst, sag einfach, dann halten wir an.“ „Ist gut, Joschi, es geht schon.“ antwortete Lexi und lockerte ihren festen Griff um Joschis Mitte ein wenig. Sie rollten jetzt über den breiten Kiesweg am Seeufer entlang, und links und rechts blühten die schönsten Blumen in den gepflegten Beeten des Schlossparks. Wenig später lösten smaragdgrüne Rasenflächen die Blumenbeete ab. „Wir sind jetzt im hinteren Teil des Schlossparks.“ Sagte Joschi. „Da vorne, wo die großen Bäume aufhören, geht es auf den Feldweg hinaus, und das ist schon die halbe Strecke.“ „So schnell geht das?“ sagte Lexi. “Dann brauche ich keine Pause, ich sitze noch ganz bequem.“ „Prima, dann fahren wir durch bis zum Spielplatz.“ Sagte Joschi. „Siehst du da vorn das Stadttor? Da müssen wir durch, und dann links, und dann sind wir gleich da.“ Sie fuhren jetzt an den letzten von den großen Bäumen des Schlossparks vorbei, und dann ging es zwischen blühenden Wiesen weiter. “Sind das aber viele Blumen!“ staunte Lexi. “Weißt du, wie die heißen?“ „Ich kenne bloß Löwenzahn, das sind die großen gelben.“ Antwortete Joschi, hielt an und zeigte ihr einen Löwenzahn. „Aber ich wette, wenn wir das Regenbogenkistl nach „Wiesenblumen“ fragen, da kommt einiges heraus. Können wir heute Nachmittag machen, wenn du Lust hast.“ „Prima Idee, Joschi!“ sagte Lexi, und dann rollten sie weiter. Rechts glitzerte der See in der Sonne, und vereinzelte Segelboote fuhren langsam in der leichten Brise. Dann hatten sie aber schon das Stadttor erreicht, und Joschi bog links ab und fuhr die kleine Strasse entlang, die zum Spielplatz führte, und hinein durch einen steinernen Torbogen unter hohen Bäumen. „Da sind wir!“ sagte Joschi und blieb stehen, und überlegte erst mal wo sie anfangen sollten. „Das sind aber schöne alte Bäume!“ sagte Lexi. „Die sind ja mindestens so groß wie die im Schlosspark!“ „Ja, die Bäume sind schon toll.“ Sagte Joschi. „Und im Schatten ist es auch sehr angenehm an heißen Tagen. Aber jetzt fahren wir erstmal zum Karussell hinüber, das wird dir gefallen.“

Auf dem Karussell kletterten schon ein paar kleinere Kinder herum, und Joschi sagte „Alle hinsetzen, dann schiebe ich euch an!“ „Au ja!“ riefen die Kinder, und „Prima!“, und Joschi gab Lexi, die unentschlossen neben ihm stand, einen kleinen Stups. „Na los, setz dich mit rein, Karussell fahren ist lustig!“ „Meinst du wirklich?“ „Na los, trau dich!“ „Also schön.“ Sagte Lexi und ging mit ihren kleinen Trippelschritten zum Karussell und setzte sich hin. „Alle gut festhalten, es geht los!“ rief Joschi, und dann schob er kräftig an. Das Karussell war nicht schwer zu schieben, und so hatte er bald ein flottes Tempo drauf. Die kleineren Kinder quietschten vor Vergnügen, und Lexi hielt sich mit beiden Händen fest und lächelte recht vorsichtig. „Bin ich zu schnell?“ fragte Joschi. „Nein!“ und „Schneller!“ riefen die Kleinen, und „Nein, ist prima so!“ rief Lexi und lachte diesmal richtig. „Gut, weiter geht’s !“ sagte Joschi und schob noch mal kräftig an, und sie drehten noch einige flotte Runden bis Joschi die Puste ausging. „Puh, jetzt brauch ich aber eine Pause.“ Sagte Joschi und setzte sich mit auf das Karussell, das langsam ausdrehte. „Na, Lexi, alles klar bei dir?“ „Ja, prima!“ „Fein, dann lass mich mal verschnaufen, und ich überlege mir, was wir als nächstes machen. Aber ich denke, ich habe schon eine Idee.“ Ein bisschen später verabschiedeten sie sich von den kleineren Kindern, und Lexi setzte sich wieder auf den Gepäckträger. „Wir fahren zur großen Schaukel hinter.“ Sagte Joschi. „Was ist eine – Schaukel?“ fragte Lexi. „Das wirst du gleich sehen. Es ist nicht weit.“ Antwortete Joschi und fuhr los.

Die große Schaukel stand auf einer sonnigen Lichtung auf einem Sandplatz, und ringsherum gab es Bänke und Tische an schattigen und halbschattigen Plätzchen. Da saßen auch schon einige Eltern mit Kindern und machten Brotzeit, und man hörte Lachen und fröhliche Stimmen. An der großen Schaukel aber war niemand, und Joschi fuhr mit dem Radl ganz nahe ran, damit Lexi nicht weit gehen musste. „Bitte absteigen, wir sind da!“ sagte Joschi, und Lexi schaute an den hohen Balken entlang hinauf und sagte erstaunt: “Oh, ist die aber groß!“ „Lass dich davon nicht abschrecken.“ Sagte Joschi. „Du musst nur so hoch schaukeln, wie es dir Spaß macht. Hier, setz dich mal hin. Und gib mir die Brotzeittasche, die lege ich in den Schatten.“ Lexi setzte sich auf das Schaukelbrett und ließ die Beine baumeln und hielt sich an den Seilen fest, das machte sie schon ganz richtig. „Ich schubse dich jetzt an!“ sagte Joschi. “Du musst gar nichts machen, nur festhalten und aufpassen, dass deine Füße nicht auf dem Boden schleifen. Achtung, es geht los!“ Und er gab ihr einen vorsichtigen kleinen Schubser. Lexi saß ganz steif auf dem Schaukelbrett und rührte sich überhaupt nicht. Joschi gab ihr noch einen Schubser, diesmal ein bisschen kräftiger. Die Schaukel schwang schön nach vorne aus, und Lexi quietschte: „Huch!“ Joschi bremste ihren Schwung aus und sagte: “Du musst nicht so steif da drauf sitzen, es kann gar nichts passieren. Am besten, du gehst einfach mit dem Schwung mit. Wenn die Schaukel nach vorn schwingt, kannst du dich ein bisschen zurücklehnen, und wenn sie nach hinten schwingt, lehnst du dich nach vorn. Ein kleines bisschen nur, das reicht für’s erste.“ „Ich weiß nicht ob ich das kann.“ Sagte Lexi und machte ein betrübtes Gesicht. „Was ist, wenn ich herunterfalle?“ „Von einer Schaukel fällt man nicht einfach so herunter, und ich pass ja auch auf.“ Antwortete Joschi. „Und selbst wenn, dann landest du im weichen Sand.“ „Wenn du das sagst, Joschi – also gut, wir probieren’s noch mal.“ Sagte Lexi. Und Joschi gab ihr wieder einen eher vorsichtigen Schubs. Diesmal saß sie schon nicht mehr ganz so steif auf dem Schaukelbrett und lehnte sich ein wenig in den Schwung, genauso wie er es ihr erklärt hatte. Joschi gab ihr noch ein paar kräftigere Schubser, und da schwang die Schaukel schon ganz schön hoch hinaus. „Ja, ich glaub ich hab’s!“ rief Lexi und lachte vergnügt, und Joschi schubste an und lachte auch fröhlich „Ganz prima machst du das! Noch höher?“ „Au ja!“ antwortete Lexi, und Joschi schubste an bis sie so hoch schwang, dass er sie gar nicht mehr erwischte. Dann trat er beiseite und ließ sie ausschwingen.

Die grosse Schaukel

„Toll! Das hat Spaß gemacht!“ sagte Lexi, und sie hatte ganz glänzende Augen. „Prima!“ antwortete Joschi und freute sich sehr, dass sie so glücklich aussah. „Dann pass aber mal auf, ich zeige dir jetzt wie man selber schaukelt, ohne anschubsen.“ „Ist das schwer?“ fragte Lexi, und Joschi schüttelte den Kopf. „Gar nicht, das kriegen sogar kleine Kinder hin.“ Und er setzte sich auf das zweite Schaukelbrett und zeigte ihr, wie man sich erst vom Boden abstieß, und wie man dann mit den Beinen Schwung holte und immer höher kam. Lexi hatte den Bogen schnell raus, und wenn sie auch nicht so hoch schaukelte wie Joschi, schwang sie doch auch schön hoch hinaus und strahlte über das ganze Gesicht dabei. „Das ist ja wie fliegen!“ rief sie, und Joschi lachte zurück und sagte „Und es ist kinderleicht, hab ich doch gesagt!“ „Ja, man muss sich nur trauen!“ Sie schaukelten noch eine Weile vergnügt nebeneinander, dann bremste Joschi ab und sagte: “Also, ich hab jetzt Appetit bekommen. Wollen wir mal sehen, was die Madame Babette uns eingepackt hat?“ „Hmm.“ Machte Lexi. “Ein ganz klein bisschen Appetit habe ich vielleicht auch. Ja, lass uns mal nachsehen.“

Sandwichbrotzeit

Sie setzten sich in den Schatten unter dem Baum wo auch das Radl stand, und Joschi packte aus. Sauber in eine blau karierte Serviette eingepackt waren da: zwei duftende Pfirsiche, zwei Schokoriegel, zwei Päckchen Orangensaft mit Strohhalmen und zwei in Butterbrotpapier eingeschlagene größere Päckchen. „Mmm lecker.“ sagte Joschi, „ Das sieht nach Sandwich aus!“ Und er machte eins der Päckchen auf und schaute hinein. “Tatsache! Sandwich mit kaltem Braten und Madame Babettes Spezial-Relish, super!“ „Was ist Spezial-Relish?“ fragte Lexi „Oh, so was wie eine kalte Soße, wenn du Madame Babette fragst, sagt sie dir sicher was alles drin ist. Schmeckt endslecker und macht die Sandwich schön saftig. Probier einfach mal, du wirst schon sehen wie gut das schmeckt!“ Und er machte auch das zweite Päckchen auf und reichte es Lexi hinüber. „Guten Appetit!“ „Guten Appetit, Joschi!“ sagte Lexi, und dann knabberte sie ihr Sandwich erstmal vorsichtig an einer Ecke an. Oh je, dachte Joschi, und wenn sie jetzt doch wieder keinen Appetit hat? Aber Lexi knabberte noch ein bisschen mehr an ihrer Ecke, kaute, schluckte und sagte dann: „Hast recht, Joschi, das ist wirklich spitzenmäßig lecker!“ Und sie machte den Mund weit auf und biss kräftig von ihrem Sandwich ab. Am Ende aß Lexi ihr Sandwich ratzeputz auf, und dann noch einen halben Pfirsich, die andere Hälfte aß Joschi. Die Schokoriegel hoben sie sich für später auf. Jetzt hatten sie erstmal klebrige Finger vom Pfirsichsaft, und Joschi sagte: „Komm, wir fahren zum Brunnen, da können wir uns die Hände waschen.“

Der Brunnen lag ganz hinten auf einem schattigen runden Platz, und rundherum standen Holzbänke. Da setzten sich Joschi und Lexi erstmal hin, nachdem sie sich die Hände gewaschen hatten, und ruhten ein bisschen, denn die gute Brotzeit hatte sie beide ein bisschen schläfrig gemacht. „Was sind das für seltsame Geräusche?“ fragte Lexi nach einer Weile. „Was für Geräusche?“ fragte Joschi, der fast ein bisschen eingedöst war. „So ganz komisch, als ob etwas rollt, und dann scheppert es ab und zu. Die kommen von da hinten, glaube ich.“ Sagte Lexi und deutete. „Ach, die Geräusche!“ sagte Joschi. „Das sind die Kids vom Funpark, das ist der neuere Teil vom Spielplatz. Die fahren da in den Pipes mit ihren Skateboards und Bikes und machen die tollsten Tricks – sollen wir mal rüberschauen?“ „Ich habe zwar nur die Hälfte von dem verstanden was du gesagt hast, aber es klingt interessant.“ Sagte Lexi. „Ach entschuldige, das sind die ganzen Englischen Wörter! Wir fahren am besten rüber und schauen uns das an, dann erkläre ich es dir genauer.“ Sagte Joschi, und sie machten sich auf den Weg. Ganz am hintersten Ende des Spielplatzes ging ein Weg durch ein Tor hinaus auf eine riesengroße Wiese, und da in der Mitte lag ein asphaltiertes Gelände mit einem Zaun drum herum. Auf dem Asphalt standen große, seltsam geformte Metallbauten, und auf denen wimmelte es nur so von großen und kleineren Kindern auf den unterschiedlichsten Gefährten, die hinauf und hinunter und durcheinander fuhren.

Die grosse Halfpipe

Vor dem Zaun gab es ein paar große Steinbrocken, auf denen man sitzen konnte, und dahin fuhr Joschi. Lexi setzte sich hin und schaute mit großen Augen auf den Funpark. „Da ist ganz schön was los!“ „Ja, in den Ferien ist immer ordentlich Betrieb hier.“ Sagte Joschi. „Ist das nicht gefährlich, wenn die alle so durcheinander fahren?“ fragte Lexi, und Joschi sagte: „Ach wo, die passen schon ganz genau auf, und außerdem gibt es ganz klare Vorfahrtsregeln. Aber jetzt erkläre ich dir erstmal, was was ist.“ Und er zeigte ihr die Halfpipe und die Quarterpipe, und ein Skateboard und ein Snakeboard und ein Funbike und einen Inlineskater, und Lexi machte ein ganz verdattertes Gesicht und sagte: „Nicht so schnell, das kann ich mir nie merken!“ „Musst du ja auch gar nicht! Schau einfach eine Weile zu, da kannst du die tollsten Kunststücke sehen.“ Sagte Joschi und setzte sich auf den Stein daneben und schaute selber. Lexi bekam immer größere Augen, und sie sagte mehrfach „Hast du das gesehen!“ und „Oh, was macht der denn da!“ und „Oh weh, das wäre beinah schief gegangen!“ „Ich glaube“ sagte Joschi nach einer Weile „Das ist hier zu aufregend für dich.“ „Oh nein, nein!“ protestierte Lexi. „Ich finde das ganz toll was die Kinder alles können – solange ich nicht selber mitmachen muss.“ „Musst du ja auch nicht! Und glaub mir, die Kinder, die die tollen Tricks fahren, haben ganz lang dafür geübt, die können das auch nicht einfach so.“ sagte Joschi beruhigend. In dem Moment kam eine kleine Gruppe Mädchen zur Tür herein, und jede von ihnen hatte einen chromglänzenden Roller dabei. Sie warfen ihre Taschen und Rucksäcke auf einen Haufen neben den Zaun, und dann rollten sie los, die einen zur Slalomspur, die anderen zur Quarterpipe, und die restlichen einfach nur um den Platz herum. „Da schau mal Lexi!“ rief Joschi und deutete. “Was die Mädchen da fahren, das sind Scooter, oder Roller auf Deutsch. Das geht ganz einfach!“ „Sieht einfach aus, ja. „ antwortete Lexi. „Oh, oder doch nicht!“ denn eins der Mädchen war in den Slalom gefahren und schwang sich rasant um die Kurven. „Na ja, du musst ja nicht gleich Tricks probieren.“ Sagte Joschi und dachte dann erstmal hastig nach. Er war ganz sicher dass er im königlichen Spielsachenfundus auch mindestens einen Scooter gesehen hatte. Er war sich ziemlich sicher, dass Lexi es lernen konnte mit so einem Roller umzugehen. Er war nicht ganz so sicher ob sie da nicht Probleme mit ihren schmerzenden Füßen bekommen würde, aber eigentlich taten ihr die ja nur beim Gehen weh, und beim Fahren nicht. Das mussten sie einfach ausprobieren!

„Ach schau mal, Joschi!“ sagte Lexi aufgeregt und stupste ihn am Arm. „Das eine Mädchen ist jetzt ganz oben auf der Halfpipe! Die wird doch da nicht etwa runterfahren wollen!“ „Runter, und ich wette, auf der anderen Seite wieder hinauf.“ Sagte Joschi zuversichtlich, denn das Mädchen sah nicht aus als ob sie auch nur einen Funken Angst hätte. Und prompt fuhr sie los, senkrecht die gewölbte Wand hinunter, und schob kräftig an dabei. Hui war sie die gegenüberliegende Wand auch schon wieder oben, und mit einem eleganten kleinen Sprung über die Kante. „Toll!“ rief Lexi. „Oh, das möchte ich auch können!“ „Wir werden sehen.“ Sagte Joschi gedankenvoll, aber Lexi schien ihn gar nicht zu hören, die war noch ganz hin und weg vor Begeisterung. Nicht viel später schlug Joschi vor, dass sie sich allmählich auf den Rückweg machten, und Lexi nickte und meinte, dass sie jetzt doch schon recht müde wäre. „Wir fahren ganz gemütlich.“ Sagte Joschi. „Und es ist ja wirklich nicht weit.“ Wenig später lieferte er Lexi an ihrem gewohnten Platz unter der Fontäne ab. „Vielen Dank, Joschi!“ sagte Lexi. „Das war ein ganz prima Ausflug!“ „Wir können morgen wieder fahren, wenn du Lust hast.“ Sagte Joschi. „Oder... vielleicht machen wir auch was anderes. Soll ich dich wieder in der früh hier abholen?“ „Herzlich gerne! Und ich möchte unbedingt noch mal auf die große Schaukel, das war ganz toll.“ Antwortete Lexi. „Aber jetzt muss ich mich wirklich ausruhen.“ „Dann mach das. Bis morgen, Lexi!“ „Bis morgen, Joschi! Und noch mal danke!“ Und Joschi sah Lexi nach, wie sie mit ihren seltsamen kleinen Trippelschritten auf dem Pfad unter den Bäumen verschwand.

Als Joschi auf den Schlosshof einbog, saß Madame Babette unter dem Sonnenschirm, trank Kaffee und schrieb in ihrem Haushaltsbuch. „Hallo Joschi!“ rief sie fröhlich, als sie ihn kommen sah. „Na, wie war euer Ausflug?“ „Ganz, ganz prima!“ sagte Joschi und setzte sich mit zu ihr. „Ich habe Lexi beigebracht wie man schaukelt, und dann waren wir noch drüben auf dem Funpark und haben da zugeschaut. Dabei bin ich auf eine Idee gekommen, wie die Lexi vielleicht ein bisschen leichter von hier nach da kommen könnte.“ „Das klingt ja spannend!“ meinte Madame Babette. „Was ist das denn für eine Idee?“ „Ein Roller! Sie könnte mit einem Roller fahren! Und ich bin mir ganz sicher, dass ich im königlichen Spielsachenfundus einen gesehen habe.“ Sagte Joschi aufgeregt. „Weil, so habe ich es mir überlegt, ihre Füße tun beim Gehen weh, und nicht beim Fahren, zumindest nicht beim Radfahren. Und auch nicht beim Schaukeln.“ „Und vielleicht auch nicht beim Rollerfahren.“ Sagte Madame Babette nachdenklich. „Also, das ist auf jeden Fall einen Versuch wert, Joschi. Die ganzen ruhigen Wege hier im Schlosspark sind ja geradezu ideal dafür! Ich werde heute Abend gleich den Ritter Rollbert bitten, in den königlichen Spielsachenfundus hinunter zu steigen und sich nach einem Roller umzusehen.“ „Au prima!“ sagte Joschi froh. “Es darf aber schon ein moderner Roller sein, so ein richtiger Scooter aus Alu, verchromt und mit guten Kugellagern und so.“ „Ich sehe schon, du als Experte musst da mit.“ Lachte Madame Babette. „Dann schicke ich seiner Majestät heute Nachmittag noch eine Notiz und bitte um Erlaubnis, dann kannst du mitgehen und den Ritter Rollbert beraten.“ „Klasse, Madame Babette! Vielen Dank!“ sagte Joschi begeistert. „Gern geschehen!“ sagte Madame Babette. „Und nachdem das geklärt ist, was hältst du von einem Apfelschorle und einem Stückchen Rhabarberkuchen?“ „Kuchen kann ich immer essen!“ strahlte Joschi, „Auch wenn ich eigentlich von dem Sandwich noch recht satt bin. Das war übrigens wieder oberlecker, und die Lexi hat ihres auch ganz aufgegessen!“ „Na, das ist doch ein gutes Zeichen, wenn das Kind Appetit hat.“ Sagte Madame Babette. „Und jetzt hole ich dir deinen Kuchen. Dann wecke ich auch den Bernhard, der ist drinnen auf der Eckbank eingeschlafen. Ihr wollt doch sicher noch zum See hinunter, bei dem schönen Wetter.“ Das machten die beiden Freunde dann auch, und Bernhard löcherte Joschi nach jeder Kleinigkeit ihres Ausflugs und wollte alles ganz genau wissen. Und die Idee mit dem Scooter fand er Klasse. „Ich trau mir wetten, das funktioniert!“ meinte er zuversichtlich. „Meiner Erfahrung nach sind Zaubersprüche immer sehr wörtlich zu nehmen, und wenn ihr...“ er senkte die Stimme zu einem Flüstern“ ... die böse Meerhexe angehext hat, dass sie nicht ohne Schmerzen gehen kann, dann ist das schlimm genug, aber es ist auch nur das und nicht mehr. Ich wette, sie könnte auch Fahrrad fahren, ohne dass sie Probleme mit den Füßen kriegt.“ „Radfahren ist aber gar nicht so leicht zu lernen, wenn man es nicht schon als Kind beigebracht kriegt.“ Hielt Joschi dagegen. „Auch wieder wahr.“ Meinte Bernhard. „Nein, das mit dem Scooter war schon die richtige Idee. Wir werden ja sehen, morgen, wie es ihr damit geht.“ „Genau.“ Sagte Joschi. „Und jetzt gehe ich eine Runde schwimmen!“

13. Kapitel in dem Lexi so richtig in Fahrt kommt, und Joschi am Ende des Tages eine Überraschung erlebt

Es war ein weiterer strahlendblauer Sommertag, und Joschi war schon ewig früh wach, weil er doch ein bisschen aufgeregt war. Der Ritter Rollbert und er hatten am Abend vorher im königlichen Spielsachenfundus noch einen richtig schönen Scooter gefunden, mit ganz leichtgängigen Rädern, und Joschi hatte ihn auf dem Schlosshof ausprobiert. Alles war prima, der Scooter ließ sich auch wirklich leicht lenken und war gut ausbalanciert. Jetzt stand das kleine Gefährt neben Joschis Radl auf dem Schlosshof und wartete auf seinen Einsatz. Da war es aber noch eine Weile hin, es war jetzt erst sieben Uhr früh. Bernhard ruselte noch tief und fest. Joschi ging erstmal Waschen und Zähne putzen, dann zog er Jeans und T-Shirt an und lief in die Hofküche hinunter. Hier herrschte schon rege Betriebsamkeit, um die Zeit wurde das königliche Frühstück vorbereitet, und es duftete nach frischgebackenen Semmeln und Kaffee. Hinten am langen Tisch richteten die Küchenmädchen große Silberplatten mit Wurst und Schinken und Käse her, und verteilten Marmelade, Honig und Butter in Portionsschälchen, stellten Eier in Eierbecher und füllten große Schalen mit Cornflakes und verschiedenerlei Müsli und Quark und Obstsalat. Die Madame Babette holte gerade ein Blech aus dem Ofen, mit goldbraun gebackenen Kipferln darauf, und Joschi lief das Wasser im Mund zusammen. Die Semmeln wurden in aller Herrgottsfrühe vom königlichen Hofbäcker fertig angeliefert, und die waren auch gut, aber die selbstgebackenen Kipferl von Madame Babette waren noch besser, ganz locker und luftig und knusprig, und sie schmeckten fein nach Butter. „Guten Morgen zusammen!“ rief Joschi, und ein vielstimmiges „Guten Morgen, Joschi!“ antwortete ihm. Die Madame Babette drehte sich nur kurz zu ihm um und sagte: “Hallo Joschi, du bist aber heute früh dran! Moment noch, ich muss mich erst um die Kipferl kümmern. Kaba steht auf dem Tisch, in der roten Thermoskanne.“

Das ließ sich Joschi nicht zweimal sagen, er setzte sich auf die Eckbank und schenkte sich erstmal eine Tasse Kaba ein und sah zu, wie die fertig gerichteten Platten eine nach der anderen im Speisenaufzug verschwanden. Manchmal wunderte es ihn schon, wer denn die ganzen feinen Sachen aufaß – aber die ganze Familie König war mit einem gesunden Appetit gesegnet, so sagte zumindest Madame Babette. „So, Joschi, hier ist ein Kipferl für dich.“ Sagte Madame Babette neben ihm. „Aber Vorsicht, es ist noch ganz warm! Lass es lieber noch ein bisschen abkühlen.“ „Kein Problem – ich liebe frische Kipferl!“ sagte Joschi. „Ich weiß!“ lachte Madame Babette. “Und am liebsten magst du sie mit Nutella, das Glas steht da drüben.“ „Super!“ lachte Joschi und testete das Kipferl mal mit den Fingerspitzen, aber es war wirklich noch ganz heiß. „Und jetzt sag mal, Joschi, was hat dich so früh aus dem Bett getrieben?“ fragte Madame Babette. „Ich bin ein wenig aufgeregt wegen der Sache mit dem Scooter für Lexi.“ Sagte Joschi. “Ich möchte so gern, dass es funktioniert!“ „Das werden wir bald wissen. Und wenn es nicht klappt, so kann sie immer noch bei dir auf dem Gepäckträger mitfahren, das ist doch prima gegangen gestern.“ Sagte Madame Babette. „Ja, schon.“ sagte Joschi zweifelnd. „Ich möchte aber so gerne, dass sie was selber machen kann!“ „Da hast du auch wieder recht.“ Wandte Madame Babette ein. „Aber wie dem auch sei, jetzt hilft nur abwarten, und wenn du Lust hast kannst du mir nach dem Frühstück helfen. Ich habe so schöne frische Kirschen hereingekriegt, die muss man waschen und von den Stielen zupfen.“ „Mach ich gerne, Madame Babette!“ sagte Joschi, denn das verhieß Kirschkuchen in naher Zukunft. Außerdem half er gern mal in der Küche, es roch hier immer so gut, und die Küchenmädchen waren immer freundlich zu ihm.

Joschi hatte gerade sein Kipferl mit Nutella verspeist, als es unter dem Tisch piepste. „Du hättest mich ruhig aufwecken können, Joschi!“ Das war natürlich Bernhard, und Joschi bückte sich hinunter und half dem kleinen Kerl auf die Eckbank herauf. „Du hast noch so felsenfest geschlafen – guten Morgen, Bernhard!“ sagte Joschi. „Guten Morgen, Joschi... oh, was rieche ich da!“ Bernhards Schnurrbart zuckte. „Kipferl!“ Joschi rückte ihm den Teller hin. „Hier, da sind noch reichlich Krümel für dich.“ Bernhard hüpfte auf den Tisch und machte sich über den Teller her, bis kein Fitzelchen mehr übrig war. „Mhm lecker! Wirklich erstklassig!“ sagte Bernhard. “Und was machen wir jetzt? Es ist erst halb acht Uhr, so früh waren wir noch nie mit dem Frühstück fertig.“ „Ich helfe der Madame Babette, Kirschen putzen.“ Sagte Joschi. „Ach so – na, dann bleibe ich hier sitzen und warte auf dich. Wenn hier so viel los ist habe ich immer Bedenken, dass ich jemandem unter die Füße gerate.“ Sagte Bernhard, hüpfte auf die gepolsterte Eckbank hinunter und rollte sich zusammen. „Vielleicht mache ich auch noch ein Nickerchen, es ist so gemütlich hier.“ „Mach das!“ sagte Joschi. „Dann bis später!“

Bis Joschi mit seinen Kirschen fertig wurde war es schon fast neun Uhr, und Madame Babette lobte ihn ordentlich, weil er wirklich den ganzen großen Korb voller Kirschen geschafft hatte. „Sehr schön, Joschi!“ sagte sie. “Da kann ich jetzt gleich Kuchen backen, bevor der Trubel mit dem Mittagessen losgeht. Dankeschön, du hast mir sehr geholfen!“ „Gern geschehen, Madame Babette!“ sagte Joschi. „Aber jetzt, glaube ich, gehe ich zu Lexi. Sie kommt ja immer so zwischen neun und halb zehn.“ „Ja, mach das! Und... ich wünsche euch viel Glück!“ sagte Madame Babette. „Danke, das kann nicht schaden!“ sagte Joschi und ging erstmal Bernhard abholen, der in der Tat auf der Eckbank ein Nickerchen machte und erstmal schläfrig blinzelte und piepste: „Wie spät ist es denn?“ „Kurz nach neun.“ Sagte Joschi. „Willst du mitkommen? Ich gehe jetzt gleich zu Lexi.“ „Aber natürlich will ich mitkommen!“ piepste Bernhard. „Bloß, auf dem Scooter ist kein Platz für mich, schätze ich.“ „Dann schiebe ich ihn eben, sind ja nur ein paar Schritte, und du läufst nebenher.“ Antwortete Joschi, und so machten sie es dann auch.

Am Platz an der großen Fontäne war noch niemand, und Joschi und Bernhard setzten sich auf eine Steinbank, stellten den Scooter daneben und warteten. Es dauerte auch gar nicht lang, da hörten sie leise Schritte auf dem Kies, und dann kam Lexi aus dem Seitenweg, der zu den königlichen Privatgärten führte. Sie ging mit winzig kleinen Schritten, und machte ein sehr ernst konzentriertes Gesicht dabei, und Joschi konnte richtig nachfühlen, wie schwer das Gehen für sie war. „Hallo, Lexi!“ sagte er gedämpft, um sie nicht zu erschrecken, und sie blieb stehen und sah auf. „Oh, hallo Joschi! Und Bernhard!“ Ihr Gesicht hellte sich deutlich auf. „Guten Morgen, ihr beiden! Wartet, nur ein paar Schritte noch, dann habe ich es geschafft.“ Und sie setzte sich wieder in Bewegung, mit ihren mühsamen kleinen Schrittchen. Verflixt noch mal, dachte Joschi wütend, das ist aber wirklich ein übler Zauber, den ihr die böse Meerhexe da angehängt hat. Da muss man doch was dagegen tun können! Bloß was?

Dann plumpste Lexi neben ihm auf die Bank, und sie hob die Beine vom Boden weg und schnaufte tief durch. „So, das wäre geschafft.“ Sagte sie erleichtert. „Was machen wir heute, Joschi? Du hast ja dein Fahrrad gar nicht dabei.“ „Nein, aber was anderes.“ Sagte Joschi, und Bernhard piepste aufgeregt: “Was für dich, Lexi!“ „Eine Überraschung?“ fragte sie, und Bernhard rief: “Kann man wohl sagen!“ Joschi machte einen langen Arm, holte den Scooter von dem Platz neben der Bank, wo er halb versteckt gestanden hatte, und stellte ihn vor sich hin. „Das, „ sagte Joschi, „ ist ein richtig schöner moderner Scooter. Der ist aus Aluminium, deswegen ist er ganz leicht. Da vorn ist der Lenker, mit dem kannst du das Vorderrad drehen, wenn du Kurven fahren willst. Da hinten ist die Bremse, sei damit am Anfang noch ganz vorsichtig, die zieht gut an, lass dich lieber langsam ausrollen.“ Lexis Augen waren immer größer geworden. „Wie... ich soll damit fahren? Das kann ich doch nicht!“ „Probiers einfach aus!“ piepste Bernhard, und „Versuchs nur, es ist gar nicht schwer!“ sagte Joschi beruhigend. „Wenn ihr meint.“ Sagte Lexi zögernd, und Joschi stand auf und sagte: “Pass auf, ich zeigs dir einmal. Hier, du stellst einen Fuß auf das Trittbrett, schön in die Mitte, hältst dich mit beiden Händen am Lenker fest, mit dem anderen Fuß schiebst du an, so.“ Er rollte ein Stückchen und blieb wieder stehen, drehte sich nach Lexi um. „Hast du gesehen? Pass auf, ich machs dir noch mal vor.“ Und er fuhr eine Runde um die Fontäne herum. „So, jetzt bist du dran, Lexi!“ sagte Joschi ermunternd. „Meinst du wirklich?“ sagte sie zweifelnd, aber sie kam auf die Füße und legte schon mal die Hände auf den Lenker des Scooters. „Sag mal, Lexi.“ Fragte Joschi nachdenklich. „Beim stehen tun dir die Füße nicht weh, stimmt’s?“ „Nein nur beim gehen.“ Sagte Lexi und guckte ihn komisch an. „Und wenn du den Fuß auf das Trittbrett stellst, auch nicht?“ fragte Joschi, und sie probierte es aus. „Nein, auch nicht!“ Jetzt lächelte sie vorsichtig. „Und beim anschieben?“ fragte Joschi, und Lexi probierte es aus. „Nein, auch nicht!“ war ihre jubelnde Antwort, und sie schob gleich noch mal kräftig an und rollte den Weg am Zaun entlang. Joschi und Bernhard sahen sich triumphierend an, Joschi streckte die Hand aus und Bernhard schlug mit der Pfote ein. „Hurra!“ riefen sie beide, und „Bravo, Lexi, du kannst es!“ Lexi war aber inzwischen schon fast außer Sichtweite, und Joschi sagte: „Hoffentlich kriegt sie das mit dem Bremsen hin, sie legt ja schon ordentlich Tempo vor.“ „Eigentlich kann nicht viel passieren.“ Sagte Bernhard zuversichtlich. “Von einem Scooter fällt man ja nicht so weit herunter wie von einem Fahrrad zum Beispiel.“ „Auch wieder wahr.“ Sagte Joschi, und „Achtung, da kommt sie wieder!“ „Juhu!“ rief Lexi, als sie an ihnen vorbeisauste, und sie strahlte über das ganze Gesicht dabei. Joschi und Bernhard winkten und riefen „Juhu!“ zurück, und lachten sich an. „Voller Erfolg, würde ich sagen.“ Meinte Bernhard, und Joschi nickte nachdrücklich dazu. „Mann, bin ich froh, dass das geklappt hat!“

Lexi fährt auf dem Scooter

Lexi führ noch vier- fünfmal an ihnen vorbei, dann bremste sie vorsichtig und setzte sich wieder auf die Bank zu Joschi und Bernhard. Sie war ein bisschen aus der Puste, aber sie strahlte über das ganze Gesicht. „Toll! Nur das mit dem Bremsen muss ich noch üben,“ sagte sie lachend. „Du hast den ganzen Schlosspark als Übungsgelände.“ sagte Joschi zufrieden. „Stimmt, ich kann ja auf allen Wegen fahren. Oh Joschi, da hast du mir aber eine Riesenfreude gemacht! Vielen, vielen Dank!“ sagte Lexi. „Gern geschehen!“ sagte Joschi. “Du kannst uns jetzt auch auf dem Schlosshof besuchen kommen, wenn du magst.“ „Gute Idee!“ sagte Lexi „Das machen wir doch gleich mal. Ob die Madame Babette wohl etwas zu trinken für mich hat? Ich habe nämlich ganz schön Durst gekriegt.“ „Hundertprozentig.“ Sagte Joschi. „Bei Madame Babette muss niemand Durst oder Hunger leiden, das ist mal sicher.“ Und sie machten sich gleich auf den Weg.

Die Madame Babette war noch mit Kuchen backen beschäftigt, aber sie sagte Joschi er konnte einen Krug Eistee aus dem Kühlschrank holen, und wo die Gläser standen wusste er auch. Er stellte die Sachen auf ein Tablett und trug es hinaus, wo Lexi und Bernhard unter dem Sonnenschirm saßen und auf ihn warteten. Es war nämlich schon ganz schön heiß im Schlosshof, da war es im Schatten angenehmer. Als sie sich alle erfrischt hatten – auch Bernhard bekam ein Gläschen voll, das war für den Kleinen ein winziges Schnapsglas, das Madame Babette extra für ihn reserviert hatte – als sie also alle einen Schluck von dem leckeren kühlen Tee genommen hatten, sagte Joschi: „ Und was machen wir jetzt?“ „Ich“ piepste Bernhard, „würde am liebsten zum Baden gehen. Es ist ja schon richtig heiß heute.“ „Wenn es euch nicht stört, „ sagte Lexi, „Ich würde am liebsten noch ein wenig durch den Park fahren, ich kenne das ja alles noch nicht.“ „Übertreib’s nicht, Lexi!“ sagte Joschi. „Sonst hast du morgen Muskelkater!“ „Was ist Muskelkater?“ fragte Lexi. „Wenn man zuviel Sport gemacht hat, und ist es nicht gewohnt,“ antwortete Joschi, „Dann tun einem am nächsten Tag die Muskeln weh, und das kann richtig unangenehm werden.“ „Ach so, und Scooter fahren ist auch Sport?“ fragte Lexi. „Es geht aber ganz einfach!“ „Das täuscht!“ sagte Joschi. „Und du bist auch ganz schön schnell gefahren, das geht in die Beine.“ „OK, wenn du es sagst.“ Meinte Lexi. „Dann mache ich nachher ein bisschen langsamer. Aber ich würde wirklich gern noch durch den Park fahren.“ „Dann mach’s einfach!“ lachte Joschi sie an. “Du kannst das ja jetzt!“ „Oh ja, und ich find’s einfach toll! Endlich kann ich dahin, wohin ich will.“ „Das war die Idee dabei.“ Schmunzelte Joschi zufrieden. „Und du brauchst uns nicht mal dazu.“ „Aber ich mache auch gern was mit euch zusammen!“ sagte Lexi protestierend. „Können wir morgen wieder machen, wir haben ja die ganzen Ferien Zeit!“ sagte Joschi. „Und was willst du jetzt machen, Joschi?“ piepste Bernhard dazwischen. „Eine Email an den Meister Zauberer schreiben.“ Antwortete Joschi. „Und danach will ich auch zum Baden gehen.“ Und so machten sie es auch.

Als Joschi die Email geschrieben und seine Badesachen gepackt hatte, schaute er noch mal in der Küche vorbei, und da standen auf dem langen Tisch schon die wunderbaren, dunkelrot-saftig glänzenden Kirschkuchen, und die Madame Babette saß auf der Eckbank und machte gerade ein bisschen Pause. „Na Joschi, zufrieden?“ fragte sie lachend. “Ich hab gesehen, wie das Fräulein Lexi hier weggefahren ist, die war ja nicht zu bremsen.“ „Sie ist richtig Feuer und Flamme für ihren Scooter.“ Sagte Joschi. „Und ihr tun die Füße überhaupt nicht weh dabei, das ist das tollste überhaupt!“ „Und sie traut sich, ganz allein zu fahren, das finde ich doch auch schon sehr gut.“ Sagte Madame Babette. „Wir haben gesagt, wir machen morgen wieder was zusammen – wahrscheinlich fahren wir wieder auf den Spielplatz.“ Sagte Joschi. „Ich hätte da auch noch eine Idee.“ Sagte Madame Babette und lächelte. „Ihr könntet den kleinen Umweg über den Marktplatz fahren, und euch beim Rialto ein Eis kaufen.“ „Au ja!“ sagte Joschi begeistert. „Das machen wir, tolle Idee!“ Denn das Eiscafe Rialto hatte das anerkannt beste Eis in der Stadt. „Gut, dann hast du ja einen Plan für morgen.“ Sagte Madame Babette. „Und jetzt, soll ich dir eine Brotzeit zum Mitnehmen richten, oder bleibst du noch zum Mittagessen da?“ „Oh, ich weiß nicht. „ sagte Joschi. „Für richtig essen ist es mir eigentlich zu warm, da hab ich nie so viel Hunger, wenn es so heiß ist. Andererseits...“ und er schaute sehnsüchtig zu den schönen saftigen Kirschkuchen hinüber. „Andererseits wäre so ein Stück Kirschkuchen natürlich was Feines.“ „Dann packe ich euch zwei Stücke ein!“ sagte Madame Babette und lachte fröhlich dabei. „Wusste ich doch, dass du die nicht übersiehst.“

Also bekamen Joschi und Bernhard heute als Proviant feinen Kirschkuchen und Apfelschorle mit, und das ließen sie sich geradezu fürstlich schmecken, als sie sich in der größten Mittagshitze in den Schatten unter dem weit vorspringenden Dach des Bootshauses zurückgezogen hatten. „Köschtlisch!“ nuschelte Bernhard, mit dem Mäulchen voller Krümel. „Da ischt Zimt dran, und Vanille!“ „Mir schmecken die Kirschen so gut!“ sagte Joschi. “Die sind supersaftig!“ Bernhard schluckte seine Krümel hinunter und putzte sich die Schnurrhaare. „Ob Lexi auch was von dem Kuchen abkriegt?“ fragte er. „Der würde ihr sicher auch schmecken.“ „Aber bestimmt! Der ganze restliche Kuchen geht doch zur Familie König, zum Kaffee am Nachmittag. “Joschi dachte daran, mit welchem Genuss Lexi gestern ihr Sandwich verputzt hatte, und lächelte fröhlich. „ Und ich trau mir wetten, wenn sie heute Vormittag noch mit ihrem Scooter durch die Gegend düst, hat sie auch Appetit zum Mittagessen!“ „Aber ganz bestimmt!“ sagte Bernhard. Dann machten sie beide ein Mittagsschläfchen, schön gemütlich im Schatten.

Bernhard und Joschi kamen noch zeitig vor dem Abendessen vom See zurück, weil Joschi nach seiner Email schauen wollte. Und prompt war da eine Nachricht vom Meister Zauberer! Bernhard hüpfte über Joschis Knie hinauf auf den Schreibtisch, so dass er mitlesen konnte. „Er schreibt, du bist immer noch auf dem richtigen Weg!“ piepste Bernhard aufgeregt. „Ja,“ sagte Joschi nachdenklich und las weiter. “Und er schreibt auch, wir sollen nicht ungeduldig sein und Lexi Zeit geben, sich an all das Neue zu gewöhnen. – Das verstehe ich, da müssen wir ihr einfach Zeit lassen. Hm, und hier geht es weiter „Hab Geduld, die Sommerferien sind noch lang. Was meint er damit? Dass ich die ganzen Sommerferien Zeit habe, bis – was?“ “Vielleicht, bis Lexi ganz so wird wie andere Kinder?“ sagte Bernhard zögernd. „Aber das wäre ja zu schön!“ sagte Joschi, und seine Augen leuchteten dabei. „Das wünsche ich mir ja aus ganzem Herzen!“ Und das Regenbogenkistl klingelte, aber nicht so wie bei einem Wunsch-Alarm, sondern anders, dunkler und nicht so melodisch. Und eine Fehlermeldung tauchte auf dem Bildschirm auf. „Funktion leider nicht möglich.“ Stand da, und Bernhard und Joschi lasen es gleichzeitig und schauten sich dann erschrocken an. „Was war das jetzt?“ „Du hast versehentlich gegen einen großen Zauber angewünscht.“ sagte Bernhard. „Und das Regenbogenkistl hat das gemerkt und den Wunsch verhindert.“ „Uff,“ sagte Joschi, „Das hätte auch ins Auge gehen können. Wenn die böse Meerhexe davon was mitgekriegt hat...“ „Das glaube ich nicht!“ sagte Bernhard. „Aber, schreiben wir halt noch mal an den Meister Zauberer, der kann uns da bestimmt helfen.“ Joschi seufzte leise. “Das wird aber eine lange Email. Aber halt, schau mal, da steht F1 für Hilfe, ich drück da mal drauf!“ Und das Regenbogenkistl klingelte wieder, diesmal heller. Dann rauschte es erstmal auf dem Bildschirm, und dann wurde aus dem Rauschen auf einmal ein Bild – ein Bild vom Meister Zauberer.

Der Meister Zauberer ist am Bildtelefon

„Hallo, Joschi!“ klang die Stimme des Meister Zauberer aus dem Lautsprecher, und das Bild bewegte die Lippen dazu. „Oh wow, was ist das denn!“ rief Joschi. „Hallo, Meister Zauberer! Kannst du mich auch sehen?“ „Ja klar.“ antwortete der Meister Zauberer lächelnd. „Ich sehe euch beide klar und deutlich – hallo Bernhard!“ Und Bernhard piepste aufgeregt:“ Hallo Meister Zauberer! Hast du ein Upgrade eingebaut?“ „Ein was?“ fragte Joschi. „Ein Upgrade ist ein neues Programm oder ein neues Bauteil, die einen Computer schneller oder besser machen.“ Erklärte Bernhard, und der Meister Zauberer lachte und sagte: „Haargenau, Bernhard!“ „Ah, verstehe!“ sagte Joschi. “Und dieses Upgrade funktioniert wie ein Telefon mit Bildübertragung? Toll!“ „Manche Dinge kann man besser direkt besprechen, „ sagte der Meister Zauberer. „Email ist eben nicht für alles geeignet. Joschi, du brauchst Hilfe zu einem Wunsch, wenn ich das richtig mitgekriegt habe?“ „Ja genau, Meister Zauberer! Ich hab mir versehentlich gewünscht, dass Lexi ganz so wird wie andere Kinder, und dann kam eine Fehlermeldung.“ Sagte Joschi. „Ah ja.“ Sagte der Meister Zauberer und strich sich den Bart. „Ein „Funktion leider nicht möglich!“ wahrscheinlich.“ „Genau so war das!“ sagte Joschi. „Das ist eine Sicherheitsmaßnahme, die ich eingebaut habe damit ihr euch nicht versehentlich mit der bösen Meerhexe anlegt.“ Sagte der Meister Zauberer. “Kein Grund zur Beunruhigung, das Regenbogenkistl funktioniert da sehr zuverlässig.“ Joschi kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Aber was wäre passiert, wenn das Regenbogenkistl nicht eingeschaltet gewesen wäre?“ „Gar nichts.“ Sagte der Meister Zauberer beruhigend. „Deine Wünsche funktionieren ja nur zusammen mit dem Regenbogenkistl.“ „Ach so, das hätte ich mir ja selber denken können!“ rief Joschi erleichtert. “Dann bin ich jetzt aber wirklich beruhigt.“ „Gut so, Joschi.“ Sagte der Meister Zauberer fröhlich. „Und vergiss nicht: du bist auf dem richtigen Weg. Deine Idee mit dem Scooter war geradezu genial!“ „Ach, sagte Joschi bescheiden, “das war doch eigentlich Lexi’s eigene Idee, wir haben den Kids im Funpark zugeschaut, und da hat sie gesagt Scooterfahren sieht nicht schwer aus.“ „Um so besser!“ sagte der Meister Zauberer. „Nichts hilft so gut gegen Trübsinn wie eigene Ideen! Weiter so, Joschi! Aber sagt mal, wird es für euch beide nicht langsam Zeit zum Abendessen?“ “Ich glaube, „ piepste Bernhard, “Die Madame Babette hat auch schon gerufen.“ „Dann sollten wir uns beeilen. „ sagte Joschi. „Vielen Dank auch, Meister Zauberer, und auf Wiedersehen!“ „Auf Wiedersehen, Joschi und Bernhard!“ sagte der Meister Zauberer, und dann wurde der Bildschirm dunkel.

„Wo bleibt ihr beiden denn!“ rief Madame Babette, als sie über den Schlosshof liefen. “Ich habe euch schon zweimal gerufen, Abendessen ist fertig!“ „Wir haben mit dem Meister Zauberer telefoniert.“ Erklärte Joschi, und Bernhard piepste. “Und das mit Bildübertragung!“ „Wie erstaunlich!“ sagte Madame Babette. „Aber jetzt setzt euch schon mal hin.“ Und der Ritter Rollbert, der schon am Tisch saß und seinen Krug mit Radler vor sich hatte, sagte: “Telefonieren mit Bildübertragung? Ist das eine neue Funktion?“ „Ja, hat der Meister Zauberer ganz neu eingebaut!“ sagte Joschi. „Tolle Sache,“ meinte Ritter Rollbert, und dann waren sie alle erstmal ruhig, denn Madame Babette servierte das Essen. Es gab Ripperl mit Krautsalat und eine kleine Käseplatte, und dazu Brezen und ein schönes knuspriges Bauernbrot. Bernhard war hoch begeistert, denn da waren gleich mehrere seiner absoluten Lieblingsspeisen auf dem Tisch. Er durfte bei Joschi Speckkrümel aus dem Krautsalat mopsen, knabberte an einem knusprigen Brotscherzl und ließ sich von Madame Babette kleine Käseschnipsel zureichen, die er hochzufrieden verdrückte. „Ein Festmahl, Madame Babette!“ sagte er glücklich. „Ein wahres Festmahl!“ Madame Babette lachte und sagte: „Ach wo, das ist doch bloß ein ganz einfaches Abendessen. Aber mich freut’s, wenn es euch schmeckt!“ Joschi war mit Kauen beschäftigt, deswegen sagte er gerade nichts, aber er dachte: „Und ich wette, Lexi würde es auch schmecken!“ Nach dem Essen holte Joschi das Regenbogenkistl für Ritter Rollbert, damit der sein Schach üben konnte, und er und Madame Babette und Bernhard spielten noch ein paar Runden Mensch-ärgere-dich-nicht, bis es Zeit war, ins Bett zu gehen.

14. Kapitel in dem Joschi Lexi das Eisessen beibringt, und in dem sonst noch allerhand passiert

Der nächste Morgen brach wieder strahlend sonnig an, und Joschi und Bernhard frühstückten am Gartentisch auf dem Schlosshof draußen. Die Madame Babette hatte ihnen frischen Kaba und ein Tablett voll mit den üblichen Frühstücksleckereien gebracht und war wieder in ihrer Küche verschwunden. Joschi aß Semmel mit Erdbeermarmelade, und für Bernhard hatte er das knusprige Ende von einem Kipferl abgebrochen, der war also auch bestens versorgt. „Und, was habt ihr heute vor?“ fragte Bernhard, als er mit seinem Kipferlstück fertig war. „Wahrscheinlich fahren wir auf den Spielplatz, zur großen Schaukel. „ sagte Joschi. “Und dann lade ich Lexi zum Eisessen ein, aber davon sage ich noch nichts, das ist eine Überraschung.“ „Aus Eis mache ich mir nicht so viel, das kann man so schlecht knabbern. „ sagte Bernhard. “Aber die Waffelhörnchen mag ich gerne!“ „Na ja, mal schauen. Eigentlich dachte ich eher an einen richtigen Eisbecher, mit Sahne und allem drum und dran.“ Sagte Joschi. „Meinst du nicht, das könnte ein bisschen viel werden?“ fragte Bernhard. „Hm, vielleicht hast du Recht.“ Antwortete Joschi. „Und eigentlich muss man ein Eis ja auch schlecken, dann schmeckt es noch besser als wenn man es mit dem Löffel isst.“ „Huch!“ machte Bernhard auf einmal und deutete mit der Pfote. „Schau mal, wer da schon kommt!“ Joschi drehte sich um und schaute in die Richtung, die Bernhard zeigte, und staunte Bauklötze, denn es war noch nicht mal halb neun Uhr. Da kam Lexi auf ihrem Scooter um die Ecke gerollt, und sie winkte ihnen schon von weitem zu. „Huhu! Guten Morgen, Joschi und Bernhard!“ „Guten Morgen Lexi!“ riefen sie im Chor, und dann war sie auch schon bei ihnen, stellte ihren Scooter neben einem freien Stuhl ab und setzte sich hin. „Du bist aber früh dran heute!“ sagte Joschi, und Lexi strahlte ihn an. “Ich bin früh aufgestanden.“ Sagte sie, „Weil ich gesehen habe, dass die Sonne heute wieder so schön scheint. Fahren wir zum Spielplatz? Ich möchte so gern noch mal schaukeln.“ „Klar machen wir das!“ sagte Joschi. „Sobald ich mit dem Frühstück fertig bin. Da gibt es noch Quarkspeise mit Kirschen, die wollte ich probieren – willst du auch was?“ „Nein danke, „ sagte Lexi. “Ich habe heute schon ein ganzes halbes Kipferl gegessen und einen Obstsalat, der Herr Doktor Bromasius war ganz zufrieden mit mir.“ Herr Doktor Bromasius, das war der königliche Leibarzt und ein sehr angesehener Mann. Herr Doktor Bromasius „Was hast du denn mit dem Herrn Doktor Bromasius zu tun?“ fragte Joschi erstaunt. „Normalerweise besucht er mich einmal in der Woche, „ erklärte Lexi. „Dann werde ich gewogen und gemessen und abgehört und abgeklopft, und dann piekst er mich noch in den Finger und misst meinen Blutdruck und stellt mir allerhand Fragen, nach meinem Appetit und wie ich geschlafen habe und so. Heute hat ihn allerdings die Kammerzofe extra gerufen, weil sich meine Beine so komisch angefühlt haben. „ Sie lachte. „Jetzt weiß ich, was Muskelkater ist!“ „Ich hab dir doch gleich gesagt, du sollst es nicht übertreiben!“ sagte Joschi, und Lexi winkte ab. “Ach, ist gar nicht so schlimm. Der Herr Doktor Bromasius hat auch gesagt, ich soll ruhig weiterfahren mit dem Scooter, damit sich die Beinmuskeln an die Bewegung gewöhnen. Und er hat mir eine Salbe gegeben, die hat ganz warm gemacht beim Einreiben und auch gut geholfen.“ „Dann ist es ja gut!“ sagte Joschi erleichtert, und nahm sich eine Schale Quark mit Kirschen.

Nach dem Frühstück stellte Joschi das Geschirr zusammen und trug das Tablett zurück in die Küche, und die Madame Babette sah ihn kommen und holte gleich etwas aus dem Kühlschrank. „Ich hab euch frische Zitronenlimo gemacht, Joschi!“ sagte sie „ Brotzeit gibt es heute keine, ihr wollt ja Eisessen gehen.“ Dann gab sie ihm noch eine Tasche für die Limoflasche und ein bisschen Geld für das Eis, und schickte ihn weiter. “Los, es ist wieder so schön heute! Und das Fräulein Lexi wartet auch schon, wenn ich richtig sehe!“ „Danke, Madame Babette!“ rief Joschi und ging, sein Radl holen.

Joschi und Lexi fuhren auf den Spielplatz, und da war noch gar nichts los, so früh am Tag war es heute noch. Lexi wollte zuerst zur Schaukel, und da hatte Joschi nichts dagegen, er schaukelte nämlich selber gern. Sie schaukelten so hoch sie konnten, und Lexi lachte so schön dabei, dass es Joschi richtig fröhlich machte. Dann machten sie eine Pause und tranken Zitronenlimonade, und Lexi fragte. “Gibt es heute keine Brotzeit?“ „Wieso, hast du schon Hunger?“ fragte Joschi. „Noch nicht so richtig, „ antwortete Lexi. “Ein bisschen Appetit, vielleicht.“ „Dann warten wir, bis du richtig Appetit hast.“ Sagte Joschi geheimnisvoll. „Sollen wir noch zum Funpark hinüberschauen?“ „Ja gerne!“ sagte Lexi, und sie fuhren dahin und setzten sich wieder auf die Steine. Heute war nur eine Handvoll Kinder da, die mit ihren Skateboards Tricks übten, aber Lexi schaute trotzdem ganz fasziniert zu. „Der Junge mit dem blauen T-Shirt, „ sagte sie nach einer Weile, „ Der ist jetzt bestimmt schon zehnmal heruntergefallen, und jedes Mal probiert er’s wieder!“ „Ja, der hat Ausdauer!“ sagte Joschi. „Wenn man einen Trick beherrschen will, muss man eben üben und noch mal üben, irgendwann klappt’s dann schon.“ „Meinst du, ich könnte auch Tricks mit meinem Scooter lernen?“ fragte Lexi, und Joschi antwortete zuversichtlich: „Bestimmt! Das Fahren hast du ja gleich heraus gehabt. Du müsstest halt mit etwas einfachem anfangen, Slalom fahren zum Beispiel.“ „Was ist Slalom?“ fragte Lexi, und Joschi erklärte es ihr.

Nicht viel später sagte Lexi:“ Ich glaube, ich habe jetzt mehr als nur ein bisschen Appetit. Was machen wir jetzt?“ Und Joschi lachte und sagte: „Wart’s ab, Überraschung! Steig auf, wir fahren in die Stadt.“ „Da war ich noch nie!“ sagte Lexi und guckte ein bisschen zweifelnd. „Sind da nicht furchtbar viele Leute, und Autos und so?“ „Nicht da, wo wir hinfahren.“ Beruhigte sie Joschi. „Auf dem Marktplatz dürfen keine Autos fahren, und wir haben einen prima Radlweg bis dorthin.“ „Was machen wir auf dem Marktplatz?“ wollte Lexi wissen, aber Joschi schüttelte bloß den Kopf und lachte. „Das sage ich dir, wenn wir dort sind.“ Lexi schaute jetzt schon sehr neugierig, aber Joschi sagte nichts mehr und wartete bloß, bis sie aufgestiegen war, dann radelte er los. Zuerst zurück zum Stadttor, aber da nicht links und auf die Felder hinaus, sondern rechts zur Altstadt. Da ging es einen kleinen Hügel hinauf, und noch mal durch ein Tor, und schon waren sie da.

„Oh, ist das hübsch hier!“ rief Lexi. “Die ganzen bunten Häuser, und die vielen Blumen!“ „Ja, der Marktplatz macht schon was her.“ Sagte Joschi. „Es heißt, dass hier keine zwei Häuser die gleiche Farbe haben.“ Das hatte ihm die Madame Babette mal erzählt, und soweit er sehen konnte, stimmte es auch. „Warum stehen hier die ganzen Tische und Stühle auf der Strasse?“ fragte Lexi, und Joschi erklärte geduldig: „Damit die Leute bei dem schönen Wetter draußen essen und trinken können. – So, wir sind da, bitte absteigen.“ Joschi hielt direkt neben einem kleinen weißen Tisch, an dem zierliche Holzstühlchen standen, und sagte: “Hier kannst du dich hinsetzen!“ Das tat Lexi, und dann schaute sie sich erst einmal das in verschiedenen Blautönen gestrichene Haus an, vor dem sie angehalten hatten. An der Fassade hing ein großes Schild, auf dem stand in goldenen Lettern „Rialto“. Das Eiscafe Rialto Und Lexi buchstabierte: „R-i-a-l-t-o – was heißt denn das?“ „Das ist der Name der Eisdiele, und italienisch.“ Sagte Joschi. „Eisdiele?“ fragte Lexi, und Joschi lachte über ihren lustigen Gesichtsausdruck. „Ein Geschäft, in dem Eis verkauft wird.“ Erklärte er. „Und wir werden jetzt ein Eis essen. Was hältst du davon?“ „Ich weiß nicht, „ sagte Lexi, ein bisschen kläglich. “Ich hab noch nie ein Eis gegessen.“ „Das darf doch wohl nicht wahr sein – gibt es denn bei Familie König kein Eis?“ fragte Joschi aufgebracht. „Doch, schon.“ Sagte Lexi. „Aber immer erst nach dem Essen, und da bringe ich einfach nichts mehr hinunter.“ „Da soll doch...“ schimpfte Joschi los, aber er beruhigte sich gleich wieder, legte Lexi die Hand auf die Schulter und lächelte ihr aufmunternd zu. „Aber davon lassen wir uns die Laune nicht verderben! Dann kriegst du jetzt eben dein erstes Eis, und ich wette es wird dir wunderbar schmecken. Möchtest du eine Kugel, oder zwei? Und welche Sorte? Da rechts im Fenster, da stehen alle Sorten aufgelistet, lies dich mal durch.“ „Oh, sind das viele!“ staunte Lexi, und Joschi ließ sie erstmal in Ruhe lesen. Nach einer Weile sagte sie: “Ach Joschi, das sind viel zu viele, da kann ich mich nicht entscheiden!“ „Dann nimm was Einfaches.“ Sagte Joschi. „Vanille, zum Beispiel.“ Das war das einfachste Eis, das er kannte. „Vanille klingt prima!“ sagte Lexi. „Und als zweites? Zwei Kugeln schaffst du locker.“ Ermunterte sie Joschi. „Vielleicht Erdbeere? Erdbeeren hab ich schon mal gegessen, die waren lecker.“ Sagte Lexi. „Einmal zwei Kugeln, Vanille und Erdbeere, kommt sofort.“ Sagte Joschi und flitzte hinüber zum Signore Giovanni – das war der Besitzer der Eisdiele -, der hinter seiner Eistheke stand und zu ihnen herüberlächelte.

Als Joschi mit den zwei Eistüten zurückkam, schaute ihn Lexi großäugig an und sagte: „Oh, das ist aber eine ganze Menge Eis, ich weiß nicht, ob ich das schaffe!“ „Probier erstmal, dann werden wir sehen.“ Sagte Joschi und reicht ihr ihre Portion. „Du musst gleichmäßig rundrum abschlecken, sonst tropft es dir auf die Finger.“ Erklärte er und machte ihr vor, wie man an einem Eis richtig abschleckt. „Hast du gesehen?“ „So, mit der Zunge?“ fragte Lexi und probierte es selber. „Hihi, ist das kalt!“ kicherte sie fröhlich. „So richtig schön erfrischend! Das gelbe ist Vanille, richtig? Und Erdbeere ist dann das rosarote. „ Sie probierte als nächstes das Erdbeereis, und machte „Mhm! Das ist aber lecker!“ Joschi lachte über das ganze Gesicht – hatte er doch gewusst, dass ihr das Eis schmecken würde! Dann grummelte er in Gedanken noch ein wenig über die unerhörte Tatsache, dass sie vorher noch nie ein Eis gegessen hatte, aber das war schnell vergessen als er sah, wie begeistert sie an ihrem Eis schleckte. „Willst du mal bei mir probieren?“ fragte er. „Ich hab Schoko und Banane, die sind auch sehr gut.“ „Ach nein, „ fing Lexi an, überlegte es sich dann anders und sagte: “Oder doch, gern! Ich kann mich ja ruhig am Eis satt essen, das ersetzt ja praktisch die Brotzeit.“ „So ist es.“ Sagte Joschi und hielt ihr seine Tüte zum probieren hin. So probierten sie ein paar mal hin und her, und schließlich sagte Lexi: “Also, ich glaube, Erdbeer ist mein Lieblingseis!“ „Und meins ist Schokolade, „ sagte Joschi, „Aber ich mag Schokolade überhaupt sehr gern.“ „Huch, jetzt ist mein Eis ganz in die Tüte gerutscht!“ sagte Lexi. “Was mach ich jetzt?“ „Die Tüte wegknabbern, die kann man nämlich mitessen. Schau, so!“ sagte Joschi und zeigte ihr, wie man mit den Zähnen den Rand der Waffeltüte wegknabberte, und so wieder an das Eis kam.

Kurz darauf hatten sie beide ihr Eis ratzfatz aufgegessen, und Lexi strahlte. „Das war jetzt genau richtig, überhaupt nicht zu viel! Oh Joschi, können wir das öfter machen?“ „Eisessen gehen? Aber sicher! „ lachte Joschi. „Die Ferien sind noch lang, das können wir noch ganz oft machen!“ „Und wenn die Ferien vorbei sind?“ fragte Lexi und schaute ein bisschen unglücklich dabei. „Dann muss ich wieder in die Schule, „ sagte Joschi, „und Hausaufgaben machen und so. Aber nachmittags habe ich dann schon Zeit, keine Bange.“ „Gehst du gerne in die Schule, Joschi?“ fragte Lexi. „Ja, schon.“ Sagte Joschi. “Manchmal ist es zwar ein bisschen lästig, besonders wenn zu viele Exen und Schulaufgaben auf einmal kommen, aber man lernt ganz viele andere Kinder kennen, und kann zusammen was unternehmen, das ist schon klasse.“ „Was sind Exen und Schulaufgaben?“ fragte Lexi interessiert. „Prüfungen.“ Sagte Joschi. „Da wird der Stoff abgefragt, den man neu gelernt hat, weil die Lehrer wissen wollen, ob auch jeder mitkommt. Aber jetzt genug von der Schule, wir haben Ferien! Was wollen wir als nächstes machen? Zurück auf den Spielplatz, oder doch lieber wieder nachhause?“ Lexi überlegte einen Moment lang. „Hm. Wenn wir jetzt nachhause fahren, gibt es wahrscheinlich gerade Mittagessen, und das will ich jetzt wirklich nicht.“ „Wer sagt denn, dass du Mittagessen musst?“ fragte Joschi. „Der Herr Doktor Bromasius.“ Sagte Lexi unglücklich. “Da ist er ganz streng, ich soll bei jedem Essen anwesend sein und von jedem Gang zumindest probieren. Das schaff ich aber gar nicht! Jeden Tag gibt’s kalte Vorspeise, Suppe, warme Vorspeise, Hauptgericht mit Beilagen, einen Käsegang und auch noch Dessert, das ist mir einfach furchtbar viel zu viel!“ „Uff, das wäre mir auch zuviel.“ Meinte Joschi ehrlich. “Da esse ich doch viel lieber, was die Madame Babette für mich und den Ritter Rollbert kocht. Für uns kocht sie immer nur ein Gericht, aber das dann richtig gut.“ Er dachte einen Augenblick nach. “Vielleicht kannst du ja mal zu uns zum Essen kommen?“ fragte er dann. „Oh, schrecklich gerne!“ sagte Lexi. „Aber da muss ich erst fragen, ob ich das darf.“ „Mach das, und ich sag der Madame Babette dann schon mal Bescheid.“ Sagte Joschi. „Aber jetzt müssen wir uns immer noch überlegen, was wir anfangen wollen. Also, für zurück ins Schloss ist es noch zu früh wegen dem Mittagessen. Was könnten wir sonst machen?“ „Wir könnten zurück auf die Wiese fahren, „ sagte Lexi, „und ich könnte mir die ganzen Blumen mal in Ruhe anschauen.“ „Das machen wir!“ sagte Joschi, stand auf und holte sein Radl. „Aufsteigen bitte, wir fahren zur Blumenwiese!“ „Au ja!“ rief Lexi und klatschte fröhlich in die Hände, und dann setzte sie sich auf den Gepäckträger, und Joschi fuhr los.

Es war wieder ganz schön heiß heute, aber vom See her wehte eine leichte Brise, und so war es auf dem offenen Feld doch ganz gut auszuhalten. Joschi hielt am Wegrand an, an einer Stelle wo die vielfarbigen Blumen besonders dicht standen, und sagte zu Lexi: “Am besten, du setzt dich einfach hier mitten hinein, dann kannst du dir schon ein schönes Sträußchen pflücken.“ „Die darf man pflücken?“ fragte Lexi verwundert. „Gehören die nicht irgendjemand?“ „Doch, dem Bauern, dem die Wiese gehört.“ Sagte Joschi. “Aber einen Strauß darf man schon mitnehmen, solang man nicht die ganze Wiese zertrampelt.“ „Wenn das so ist, dann nehme ich gern ein paar mit!“ sagte Lexi, machte ein paar Schrittchen in die Wiese hinein, setzte sich in das raschelnde hohe Gras und schaute sich aufmerksam um. „Toll!“ sagte sie nach einer Weile. “Hier sind mindestens zehn verschiedene Sorten!“ „Weißt du was?“ sagte Joschi, „ nimm einfach so viele verschiedene Sorten mit, wie du sehen kannst. Zuhause holen wir uns dann das Regenbogenkistl, und schauen ob wir Bilder und Namen zu den verschiedenen Blumen finden. Ich bin mir ganz sicher dass es so was im Internet gibt.“ „Au ja, das machen wir!“ rief Lexi begeistert, und fing an sehr sorgfältig einzelne Blümchen abzuzupfen. Joschi ging ein paar Schritte weiter in die Wiese hinein und schaute, ob er noch andere fand, die Lexi noch nicht hatte, und in kurzer Zeit hatten sie einen hübschen bunten Strauß zusammen. „Ich glaube, das genügt!“ sagte Lexi. “Das sind ja mindestens zwanzig verschiedene!“ „Da bin ich mal gespannt, ob wir die auch alle identifizieren können.“ Sagte Joschi. “Obwohl, wir könnten auch zuerst mal die Madame Babette fragen, die kennt sich mit Kräutern und so was aus.“ „Die Madame Babette kennt sich überhaupt mit Vielem aus.“ Sagte Lexi, und Joschi nickte nachdrücklich. „Ja, sie ist unheimlich gescheit. Und unheimlich nett.“ „Das ist wahr!“ stimmte Lexi zu, und dann fragte sie: „Sag mal Joschi, haben wir noch Limonade?“ „Ja klar,“ sagte Joschi. “Die Flasche ist noch halbvoll.“ So tranken sie erst einmal ihr Limo, und wie sie so ruhig saßen, fingen auf einmal die Grillen rund um sie herum an zu zirpen, und ein ganzer Schwarm Schmetterlinge tanzte plötzlich über ihren Köpfen. „Oh Joschi, schau!“ flüsterte Lexi und deutete nach oben. “Über Schmetterlinge habe ich mal ein Buch gelesen, aber ich hab noch nicht viele in echt gesehen. Einen oder zwei mal, im Schlosspark, aber noch nie so viele.“ „Hier draußen gibt’s auch viel mehr.“ Sagte Joschi leise. “Man muss sich halt ruhig verhalten, sonst hauen sie wieder ab.“ Sie sahen den Schmetterlingen noch eine ganze Weile zu. Dann gähnte Lexi auf einmal heftig, und Joschi stupste sie an und fragte: “Was ist? Musst du dich schon ausruhen?“ „Ach nein, ich denke nicht.“ Sagte Lexi. „Aber es ist doch ziemlich heiß hier, ein kühlerer Platz wäre vielleicht nicht schlecht.“ „Dann fahren wir jetzt zurück ins Schloss.“ Sagte Joschi. “Mittagessen ist vorbei, und wir könnten uns auf eine Bank unter den Bäumen in den Schatten setzen.“ „Gute Idee, Joschi!“ sagte Lexi, und dann setzten sie sich wieder aufs Radl und fuhren den restlichen Weg zum Schloss zurück.

Sie erwischten es genau richtig, denn die Madame Babette saß jetzt unter ihrem Sonnenschirm im Schlosshof und trank Kaffee, und sie lächelte ihnen freundlich entgegen. „Und, wie hat das Eis geschmeckt, Fräulein Lexi?“ „Ganz toll, Madame Babette! Besonders das Erdbeer!“ sagte Lexi, stieg ab und setzte sich Madame Babette gegenüber. „Und ich habe Blumen gepflückt – der Joschi hat gesagt, das darf man.“ „Das darf man auch.“ Bestätigte Madame Babette. “Lass doch mal sehen, was du da alles mitgebracht hast.“ Lexi hielt ihr das Sträußchen hin. „Kennen Sie die alle?“ fragte sie. „Alle nicht, „ sagte Madame Babette. “Aber ein paar schon. Löwenzahn, Wilde Möhre, Glockenblume, Ehrenpreis, Margerite, Storchschnabel, Kuckucksnelke, Männertreu, Beinwell ... hm, das hier könnte eine Wicke sein, und das hier eine Platterbse, aber da bin ich mir nicht sicher.“ „Ohhh!“ sagte Lexi und machte große Augen. „Sie kennen ja doch fast alle! Und was für lustige Namen es gibt!“ „Mir gefällt „Männertreu“ am besten!“ lachte Madame Babette. „Aber warte mal einen Augenblick, ich stelle die Blumen schnell ins Wasser, bei der Hitze sind sie sonst schnell verwelkt. Joschi, kommst du mit? Du kannst dann noch ein Limo mit raus tragen.“ „Aber klar, Madame Babette. „ sagte Joschi, und: “ Wo steckt eigentlich Bernhard?“ „Dem war es heraussen zu warm, der macht auf der Eckbank ein Schläfchen.“ Sagte Madame Babette, und dann gingen sie zusammen in die Küche. Da kam ihnen Bernhard aber auch schon entgegengelaufen, und er piepste: “Hallo Joschi, wie war euer Ausflug?“ „Voller Erfolg!“ lachte Joschi und hielt den Daumen hoch. „Lexi hat zwei Kugeln Eis gegessen, und die ganze Waffel.“ „Prima!“ sagte Bernhard. „Und was habt ihr jetzt noch vor?“ „Die Namen von den Blumen herausfinden, die Lexi gepflückt hat.“ Sagte Joschi. “Ich hole dann auch gleich das Regenbogenkistl dafür.“ „Mhm, „ sagte Bernhard und machte ein schlaues Gesicht dazu. “Das könnte interessant werden.“ „Denk ich auch“ sagte Joschi. „Aber ich muss jetzt der Madame Babette helfen, lauf du ruhig schon mal vor.“ Das tat Bernhard, und Joschi holte frische Limo aus dem Kühlschrank, und Gläser, und stellte alles auf ein Tablett. „Was ist denn auf dem großen Teller im Kühlschrank?“ fragte er neugierig, denn das war eindeutig etwas essbares, und er war von dem Eis schon lange nicht mehr satt. „Nimm das ruhig mit!“ sagte Madame Babette, „Das sind Appetitbrötchen, die sind vom Mittagessen übrig geblieben. Vielleicht mögt ihr ja ein paar.“ „Aber gerne doch!“ sagte Joschi und zupfte vorsichtig die Frischhaltefolie von dem Teller. Appetitbrötchen, das war so was wie belegte Brote, nur viel kleiner, so klein, dass man eines mit einem Haps essen konnte.

Madame Babette stellte die Blumen in ihrer Vase auf den Tisch vor Lexi hin, Joschi schenkte Limo ein und verteilte die Gläser, und Bernhard beäugte interessiert den Teller. “Oho, was sehe ich!“ piepste er. „Eine kleine Zwischenmahlzeit!“ „Ein paar Appetitbrötchen.“ Sagte Madame Babette. „Wer möchte, bitte einfach zugreifen.“ „Die sehen aber nett aus!“ sagte Lexi zur allgemeinen Überraschung. „Da würde ich gern eins probieren.“ Madame Babette schob den Teller in ihre Richtung. „Aber gerne! Wir haben Schinken mit Spargel, Salami mit Oliven, rohen Schinken mit Melone, Käse mit Weintrauben und Kirschtomaten mit Frischkäse.“ Erklärte sie und deutete auf die entsprechenden Brötchen. „Nimm dir einfach eins, die kann man so aus der Hand essen.“ „Kirschtomate, glaube ich.“ Sagte Lexi, nahm sich ein Brötchen und steckte es in den Mund, kaute genüsslich. „Oh, sehr lecker!“ „Bravo, Lexi!“ piepste Bernhard und klatschte in die Pfoten, und Joschi und Madame Babette sahen sich an und lächelten zufrieden. Lexi hatte Appetit! Am Ende aß Lexi noch zwei Appetitbrötchen mit Kirschtomaten und zwei mit Schinken und Melone, Bernhard knabberte eins mit Käse weg und Joschi kümmerte sich um den Rest, er hatte nämlich inzwischen ganz schön Hunger gekriegt, so ein Eis ersetzte eben doch kein Mittagessen. Bernhard ißt ein Appetitbrötchen Nachdem sie alles aufgegessen hatten, lief Joschi schnell in sein Zimmer hinauf, um das Regenbogenkistl zu holen, und Madame Babette sagte Lexi inzwischen die Namen der Blumen noch mal, die sie sicher kannte. Bernhard spitzte auch die Ohren und versuchte, sich alles zu merken, denn das Thema sprach seinen Forscherdrang an: Bernhard wusste gern Dinge ganz genau, deswegen war er auch so klug.

Bis Joschi zurückkam, war Madame Babette wieder in die Küche gegangen, es war nämlich Zeit, die königliche Kaffeetafel herzurichten. Joschi schaute Lexi ganz genau an, um die Zeit war sie ja normalerweise schon fort, sich ausruhen. Aber sie machte einen putzmunteren Eindruck und unterhielt sich angeregt mit Bernhard, also war sie wohl heute noch gar nicht müde. Joschi stellte das Regenbogenkistl auf den Tisch und schaltete es ein, und Bernhard kam zu ihm herübergeflitzt. „Wie gehen wir das am schlauesten an?“ fragte Bernhard, und Joschi kratzte sich am Kopf und gab zu: „Das weiß ich noch nicht, aber uns wird schon was einfallen.“ Dann rief er das Programm für die Internet-Suche auf, und suchte mal probeweise nach Bildern von Löwenzahn. „Hui!“ sagte Joschi überrascht. „Seitenweise Bilder von Löwenzahn, und so schöne dabei!“ „Ja,“ sagte Bernhard, aber da hast du den Namen schon vorher gewusst, das hilft uns nicht weiter bei denen, die wir nicht kennen.“ „Das ist auch wieder wahr.“ Sagte Joschi. „Aber warte, ich probier mal was anderes.“ Aber da sagte Lexi: „Warte mal, Joschi! Ich möchte mir die Bilder vom Löwenzahn auch anschauen!“ „Komm, rutsch näher her.“ Sagte Joschi und drehte das Regenbogenkistl so hin, dass sie gut draufschauen konnte. „Oh, da ist ja eins schöner als das nächste!“ staunte Lexi, und dann deutete sie auf eins, auf dem ein blauer Schmetterling auf der dicken gelben Löwenzahnblume saß. „Kannst du das hier irgendwie aufheben? So dass man es wieder findet? Ich finde es so ganz besonders schön.“ „Aufheben?“ Joschi dachte einen Augenblick lang nach; jetzt wäre halt wieder ein Drucker praktisch gewesen, am besten ein Farbdrucker, aber die kosteten ja richtig viel Geld. Aber dann hatte er eine andere Idee. „Ich weiß, was wir machen: wir legen ein Album an!“ „So wie ein Fotoalbum?“ fragte Lexi. „Geht das denn mit dem Regenbogenkistl?“ „Aber ganz leicht!“ sagte Joschi. “Ich mache mit dem Schreibprogramm einen neuen Text auf, und in den kopieren wir uns die Bilder hinein, die du haben willst. Und die Namen von der Pflanze dazu, natürlich. Dann speichere ich das ab, und wenn man es sich wieder anschauen will, kann man es einfach wieder aufmachen.“ „Tolle Idee!“ lachte Lexi. „Dann machen wir uns also unser eigenes Blumenbuch!“ „Genau.“ Sagte Joschi und tippte schon fleißig auf der Tastatur herum. “Und wir fangen einfach mit denen an, wo euch die Madame Babette die Namen schon gesagt hat.“ „Ich hab mir aber nicht alle merken können!“ sagte Lexi, und Bernhard piepste: „Ich auch nicht!“ „Macht nichts. „ sagte Joschi. „Darum kümmern wir uns später. Aber jetzt mal los, ihr sagt die Namen an, und ich suche Bilder.“ Das ging flott voran, Lexi und Bernhard gaben Joschi die Blumennamen, schwupp hatten sie richtig viele Bilder, Lexi suchte sich jeweils eins aus und Joschi kopierte es für sie ins Album.

Das Wiesenblumen-Album

„Und jetzt?“ fragte Lexi, als ihnen keine Namen mehr einfielen. „Was machen wir mit den restlichen, die wir nicht wissen?“ „Ich hab da schon so eine Idee.“ Sagte Joschi, und suchte mal nach „Pflanzenlexikon“ Das führte noch nicht so ganz zum gewünschten Ergebnis, jetzt bekam er Verkaufsangebote für ganz viele Bücher zum Thema Pflanzen angezeigt. Bernhard, der ihm auf die Finger geschaut hatte, meinte: „ Und was, wenn du nach „Pflanzenlexikon online“ suchst?“ „Was heißt denn online?“ fragte Lexi, und Bernhard erklärte: „Online heißt, dass es im Internet zu finden ist.“ Joschi startete eine neue Suche, klickte ein bisschen auf den Suchergebnissen herum und sagte dann strahlend: “Das ist es, Bernhard, genau was ich gesucht habe! Hier: einheimische Pflanzen, Bestimmung nach Blütenfarbe, das klingt doch gut, oder?“ „Heißt das, dein Regenbogenkistl kennt alle einheimischen Pflanzen?“ fragte Lexi und machte kugelrunde Augen.“ „Nicht mein Regenbogenkistl, aber irgendein Computer im Internet.“ Erklärte Joschi. “Weißt du noch, wie wir uns die ganzen Bilder von den Königsschlössern angeschaut haben? Die habe ich auch im Internet gesucht.“ „Das mit dem Internet musst du mir irgendwann mal genauer erklären.“ Sagte Lexi. „Sehr gerne,“ sagte Joschi, „aber jetzt möchte ich erstmal das Pflanzenlexikon ausprobieren. Welche Farbe hat die nächste Blume?“ Lexi suchte sich eine aus. „Gelb.“ „Au, das sind aber viele, mindestens dreißig Bilder.“ sagte Joschi, und Bernhard piepste: “Was kann man denn da noch eingeben, da wo „Blütenform“ steht?“ „Ah!“ sagte Joschi. “Das bringt uns wahrscheinlich weiter. Wie viele Blütenblätter hat denn deine Blume, Lexi?“ Sie zählte sorgfältig nach und sagte dann: “Fünf.“ Joschi wählte „5 Blütenblätter„ aus und startete die Suche erneut. „Sehr gut!“ Sagte er dann. „Schau mal genau hin, Lexi, eine von denen muss es sein, das sind jetzt bloß noch sieben, acht Stück.“ „Die hier!“ sagte Lexi und deutete zielsicher auf ein Bild. “Die ist es! Schau, die Blätter sehen auch ganz genau so aus!“ „Hahnenfuß, auch Butterblume.“ Las Joschi vor. „Sehr gut, das kopiere ich uns gleich.“ „Super!“ lachte Lexi, und auch der kleine Bernhard klatschte in die Pfoten und piepste: „Klasse, Joschi!“ Und so suchten und fanden sie eine nach der anderen von Lexis Blumen, und merkten gar nicht wie die Zeit verging.

Dann kam die Madame Babette wieder aus ihrer Küche, und sie rief: “Ja, Fräulein Lexi, was ist denn mit dem Nachmittagsschlaf? In anderthalb Stunden gibt es Abendessen!“ „Ich glaube, das lohnt sich jetzt auch nicht mehr.“ Sagte Lexi. „Und außerdem bin ich gar nicht müde – na ja, ein wenig vielleicht, ist aber nicht schlimm. Dann gehe ich heute einfach ein bisschen früher ins Bett.“ „Das musst du selber wissen, Fräulein Lexi.“ Sagte Madame Babette freundlich. „Aber du siehst mir wirklich noch ganz munter aus. – Was habt ihr denn gemacht, die ganze Zeit?“ „Ein Album mit Blumen! Ist ganz toll geworden!“ piepste Bernhard vorwitzig, und Joschi zeigte der Madame Babette die Seiten mit Bildern und Blumennamen, die sie zusammengestellt hatten. „Das ist ja toll!“ sagte sie bewundernd. “Das ist ja ein richtiges kleines Buch geworden! Und was ihr alles für Namen herausgefunden habt!“ „Das hat auch richtig Spaß gemacht.“ Sagte Joschi zufrieden, und Lexi und Bernhard nickten bestätigend dazu. „Das ist schon immer wieder erstaunlich, was man mit dem Regenbogenkistl alles anfangen kann.“ Sagte Madame Babette. „Trotzdem schlage ich vor, Joschi, dass du es jetzt erstmal wegstellst. Ich habe geeisten Pfefferminztee gemacht, und wer mag kann auch noch ein Stückchen Johannisbeerkuchen dazu haben, nur so für den kleinen Appetit.“ „Oh, sehr gerne!“ sagte Joschi, und Lexi sagte: “Aber ein gaanz kleines!“ Nur Bernhard tätschelte sich das Bäuchlein und piepste: „Nein danke, ich bin noch angenehm gesättigt. Außerdem möchte ich mir den Appetit aufs Abendessen nicht verderben.“ „Was gibt’s denn heute?“ fragte Joschi neugierig. „Panierte Schnitzel mit Kartoffel-Gurken-Salat.“ Sagte Madame Babette. „Au fein!“ rief Joschi, und Bernhard piepste: “Oh lecker, mit knusprigen Bröseln!“ Bloß Lexi schaute ein bisschen unglücklich drein, und Joschi fragte: „Was ist denn los, Lexi?“ „Ach, „ sagte sie. „Ich glaube, ich sollte zum Abendessen wieder im Schloss sein, und da gibt es sicher wieder fünf Gänge mindestens.“ Madame Babette schaute sie aufmerksam an und sagte dann: „Schmeckt dir das Essen an der königlichen Tafel etwa nicht, Fräulein Lexi?“ „Doch, schon, es ist alles sehr gut!“ sagte Lexi. “Es ist nur immer so schrecklich viel, und kaum habe ich von einem Gericht probiert, kommt schon das nächste und das übernächste.“ „Ich verstehe.“ Sagte Madame Babette nachdenklich. “Hm, da muss ich mir etwas einfallen lassen, das ist nicht gut so. Vielleicht, wenn ich extra für dich kleinere Portionen anrichte?“ “Madame Babette!“ platzte Joschi heraus. „Kann Lexi nicht einfach bei uns mitessen?“ „Da müsste ich erst nachfragen.“ Sagte Madame Babette. „Aber keine Bange, wir finden schon eine Lösung. – Und jetzt bringe ich euch erstmal den Johannisbeerkuchen, den lasst ihr euch schmecken.“

Der Johannisbeerkuchen war überaus köstlich, mit einer cremig süßen Schneehaube auf den erfrischend saftigen roten Beeren, und Lexi putzte ihr Stückchen weg wie nix und pickte sogar noch die Krümel von ihrem Teller. „Das war jetzt aber richtig fein!“ sagte sie zufrieden. „Ja, die Madame Babette kann schon ganz toll Kuchen backen.“ Sagte Joschi. „Aber sag bloß, du isst sonst auch keinen Kuchen?“ fragte er, weil Lexi ganz kariert schaute. „Eigentlich nicht, nachmittags ruhe ich mich ja meistens aus.“ Sagte Lexi betrübt. “Außerdem gibt’s Kuchen immer schon so bald nach dem Mittagessen, da hab ich keinen Appetit.“ „Kein Kuchen!“ rief Joschi aufgebracht. „Das ist ja wirklich noch schöner. Also, mich wundert bald nicht mehr, dass du so dünn bist – nichts für ungut, Lexi.“ „Ach, es ist ja wahr.“ Sagte Lexi. „Aber... „ und ihr Gesicht hellte sich deutlich auf.“... heute habe ich schon richtig viel gegessen, Frühstück und Eis und Appetitbrötchen und jetzt das Stück Kuchen, das ist doch eine ganze Menge, oder?“ „Schon.“ sagte Joschi. „Das ist schon ganz ordentlich. Und du musstest dich heute gar nicht ausruhen!“ „Das war so interessant mit dem Pflanzenlexikon, da hatte ich gar keine Zeit um müde zu werden. „ sagte Lexi.

In dem Moment kam Madame Babette zurück, und sie lächelte recht zuversichtlich. „So, Fräulein Lexi.“ Sagte sie „ Jetzt habe ich mit dem Herrn Doktor Bromasius gesprochen, wegen dem Abendessen. Also, er hat prinzipiell nichts dagegen, aber er möchte dich vorher noch mal sehen. Wenn du dich jetzt auf deinen Roller schwingst, bist du ja gleich in deinem Zimmer drüben, er kommt dann zu dir.“ „Oh!“ machte Lexi. “Und dann darf ich zum Abendessen wieder hierher kommen?“ „Wenn der Herr Doktor Bromasius sagt, das ist in Ordnung, dann ist es in Ordnung.“ Sagte Madame Babette. „Juhu!“ rief Joschi und sprang auf. „Warte, ich hol dir schnell deinen Scooter.“ Denn der stand drüben bei Joschi’s Radl in der Ecke neben dem Turm. Als Lexi davon rollerte schaute Madame Babette ihr nach und schmunzelte zufrieden. „Bei dem Schwung, den die junge Dame noch an den Tag legt, „ sagte sie, „werde ich wohl nachher ein Schnitzel mehr braten müssen.“ „Aber ein nettes, kleines!“ lachte Joschi, der sich auch freute weil Lexi noch gar keinen müden Eindruck machte, obwohl sie heute schon ziemlich viel unternommen hatten. „Aber natürlich.“ Sagte Madame Babette. „Weißt du, Joschi, ich glaube das mit den kleineren Portionen für das Fräulein Lexi ist schon ein Schritt in die richtige Richtung. Wir dachten halt, bei der reichhaltigen Auswahl an der königlichen Tafel würde sich schon etwas finden, das ihr schmeckt, und was sie nicht mag kann sie stehen lassen. Dass sich das arme Mädchen von fünf und mehr Gängen einfach überfordert fühlt, daran hat niemand gedacht.“ „Also, mir wäre das auch zuviel.“ Sagte Joschi. “Da würde ich auch die Hälfte übrig lassen.“ „Na ja, „ sagte Madame Babette und lachte ihn an. „Bei deinem gesunden Appetit würde ich da nicht drauf wetten! Aber jetzt muss ich wieder in die Küche. Abendessen gibt’s um sieben, wie immer.“ „Bis dann, Madame Babette!“ sagte Joschi.

Es dauerte keine halbe Stunde, dann kam Lexi auf ihrem Scooter wieder um die Ecke gesaust. „Juhu!“ rief sie schon von weitem. “Ich bin wieder da!“ „Und, was hat der Herr Doktor Bromasius gesagt?“ wollte Joschi wissen. „Ach, gar nicht so viel. „ sagte Lexi. „Er hat mir nur den Blutdruck gemessen und war sehr zufrieden, und er hat gemeint dass mir die Bewegung gut tut. Und dann hat er gesagt, dass ich heute mit euch Abendessen darf, wenn ich nicht zu müde bin.“ „Und, bist du müde?“ fragte Joschi. „Ein ganz kleines bisschen.“ Sagte Lexi. “Aber nicht schlimm, gar nicht so schlapp und kaputt wie ich sonst immer Nachmittags war.“ „Sehr gut!“ sagte Joschi. „Dann setz dich jetzt einfach zu uns und ruh dich aus, bis zum Abendessen ist es noch eine Zeit lang. Was wollen wir denn bis dahin machen?“ Bernhard, der sich auf einem Stuhlpolster zusammengerollt gehabt hatte, hüpfte auf und piepste: “Wie wär’s mit Mensch-ärgere-dich-nicht?“ „Gute Idee!“ sagte Joschi und stand auf. „Was ist das denn, ein Mensch... Mensch ärgere...“ fragte Lexi, und Joschi sagte es ihr noch mal langsam vor: „Mensch-ärgere-dich-nicht. Das ist ein lustiges Würfelspiel, und gar nicht schwer zu lernen. Das hast du gleich raus, wirst schon sehen.“ Und er ging rasch in die Küche, die Spieleschachtel holen.

Der Ritter Rollbert kam um dreiviertel sieben, und er begrüßte Lexi sehr höflich, dann ging er in die Küche um sich sein Radler zu holen. „Was magst du denn zum Abendessen trinken?“ fragte Joschi und räumte das Spiel zusammen, und Lexi zuckte die Schultern. „Keine Ahnung.“ „Ich nehme immer Apfelschorle.“ Sagte Joschi. „Du kannst aber auch ein Karamalz haben.“ Er hatte nämlich irgendwo mal gehört, dass Karamalz gut für Kinder mit schlechtem Appetit war. „Was ist denn ein Karamalz?“ fragte Lexi, und Joschi erklärte: „Ein Malzbier für Kinder, es schmeckt total angenehm, ein bisschen süß und ein bisschen würzig, das magst du bestimmt.“ „Gut, dann nehme ich ein Karamalz, das kenne ich noch nicht.“ Sagte Lexi. Joschi ging Getränke holen, dabei begegnete er der Madame Babette, die ein großes Tablett trug. Darauf waren Teller und Besteck und eine große Schüssel mit Kartoffel-Gurken-Salat. „Schnitzel brauchen noch ein paar Minuten.“ Sagte sie.“ Ich decke mal schnell den Tisch, und du könntest dann schon mal den Kartoffelsalat austeilen.“ „Mach ich, Madame Babette! Ich hole nur noch was zu trinken.“ Antwortete Joschi und ging zum Kühlschrank.

Lexi und Bernhard unterhielten sich angeregt, als Joschi zurückkam, und lachten gerade herzlich über irgend etwas, und Joschi dachte sich im stillen: sie sieht jetzt ganz anders aus als am Anfang, viel hübscher und überhaupt gar nicht mehr so traurig. Er stellte die Getränke hin und schenkte ein, und sagte: “Da, probier mal, Lexi, dein Karamalz!“ „Oh, danke schön!“ sagte sie und nahm einen kleinen Schluck. “Das schmeckt gut!“ „Dann ist es recht!“ sagte Joschi erfreut, und dann teilte er erstmal Salat aus. Je zwei Löffel voll für die Erwachsenen, anderthalb Löffel für ihn selber und einen Löffel voll für Lexi. “Ich geb dir erst mal eine kleine Portion.“ Sagte er zu Lexi. “Wenn es nicht reicht, kannst du immer noch was nachkriegen, es ist genug da.“ Jetzt kam der Ritter Rollbert mit seinem Radler zurück, und er setzte sich zu ihnen und lehnte sich gemütlich zurück. „Ah, Feierabend!“ sagte er und trank einen ordentlichen Schluck von seinem Radler. „Und, was habt ihr heute gemacht, Joschi?“ fragte er. „Oh, alles mögliche!“ fing Joschi an, aber da kam schon die Madame Babette mit einer Platte voller Schnitzel, schön garniert mit Zitronenstückchen, Tomaten und Petersilie. Die teilte sie aus – je ein großes für sie selbst und Ritter Rollbert, ein mittelgroßes für Joschi und ein kleines für Lexi. Dann wünschten sich alle einen guten Appetit und begannen zu essen.

Bernhard knabbert paniertes Schnitzel mit Zitrone

„Tu dir ein bisschen Zitronensaft auf das Schnitzel!“ sagte Joschi zu Lexi und zeigte ihr, wie man die Zitronenstückchen ausdrückte. Sie machte es ihm nach, und dann schnitt sie ein kleines Stück von ihrem Schnitzel ab und kaute langsam. „Sehr lecker!“ sagte sie dann und lächelte zu Madame Babette hinüber. „Außen knusprig und innen ganz zart!“ „Mich freut’s wenn es euch allen schmeckt. „ sagte Madame Babette zufrieden. „Ganz hervorragend!“ sagte der Ritter Rollbert, und Bernhard, der von Joschi ein Stück Panade stibitzt hatte, piepste: „Ganz köstlich!“ Und dann ließen sie sich ganz gemütlich ihr Essen weiter schmecken. Lexi wollte tatsächlich noch einen Nachschlag vom Kartoffelsalat, aber Madame Babette sagte freundlich: „Wenn du dir noch ein bisschen Appetit aufhebst, es gäbe auch noch eine kleine süße Nachspeise.“ „Was gibt es denn?“ fragte Joschi neugierig. „Vanillepudding mit frischen Himbeeren.“ Sagte Madame Babette. „Oh, lecker!“ rief Joschi. “Das wird dir schmecken, Lexi!“ „Ja, das glaube ich auch.“ Sagte Lexi. „Ich glaube, ich mag alles mit Beeren gerne.“ „Dafür ist jetzt genau die richtige Jahreszeit. „ sagte Madame Babette. „Erdbeeren, Johannisbeeren und Himbeeren haben jetzt Saison, und demnächst werden noch Brombeeren und Stachelbeeren reif, und danach Blaubeeren aus dem Wald. Da wird es noch viele feine Kuchen und schmackhafte Desserts mit Beeren geben.“ „Die will ich alle probieren!“ lachte Lexi, und Joschi sagte: „Ich aber auch!“ „Ich stelle mich auch als Verkoster zur Verfügung.“ Sagte der Ritter Rollbert und lachte, und die Madame Babette schaute einmal in die Runde und zwinkerte vergnügt. „Ich sehe schon, es wird Zeit für das Dessert.“ sagte sie amüsiert.

Die Himbeeren waren zuckersüß und aromatisch, und der cremige kühle Pudding dazu schmeckte einfach nur fein. Ritter Rollbert und Joschi nahmen auch noch einen Nachschlag, nur Lexi tätschelte sich den Bauch und sagte: „Jetzt bin ich aber richtig, richtig satt.“ „Es war aber nicht zuviel, oder?“ fragte Madame Babette. „Oh nein!“ sagte Lexi. „Eine kleine Portion und eine kleine Nachspeise, ich glaube das ist genau so viel wie ich mit Appetit essen kann.“ „Mhm.“ Machte Madame Babette. „Das werden wir bei deinem Diätplan in Zukunft berücksichtigen.“ „Darf ich dann auch mal wieder mit euch essen?“ fragte Lexi. „Sicher.“ Sagte Madame Babette. „Halt vielleicht nicht jeden Tag, eher jeden zweiten Tag oder so. Wenn du im Schloss isst, werde ich dir kleinere Portionen anrichten, und auch nicht so viele Gänge. Am besten wird sein, du schaust immer vormittags bei mir in der Küche vorbei, und ich sage dir was ich an dem Tag alles koche. Dann kannst du dir ein Gericht aussuchen, und eine Nachspeise. Oder du lässt die Nachspeise weg und isst nachmittags noch ein Stück Kuchen, das geht auch.“ „Das klingt gut!“ sagte Lexi. Und: “Sie darf jeden zweiten Tag mit uns essen?“ fragte Joschi. „Das werde ich jedenfalls dem Herrn Doktor Bromasius so vorschlagen.“ sagte Madame Babette. „Hauptsache ist doch, dass es ihr schmeckt.“ „Das ist wahr!“ sagte Joschi. „Dann also übermorgen wieder?“ „Nicht so hastig, Joschi.“ Sagte Madame Babette, „Ich muss erst mit dem Herrn Doktor reden.“ „Ja, schon.“ sagte Joschi. „Ich mein ja nur, übermorgen ist Freitag, da gibt’s doch sicher wieder eine leckere Mehlspeise.“ „Was ist eine Mehlspeise?“ fragte Lexi. „Ein süßes Hauptgericht.“ Erklärte Madame Babette. „Pfannkuchen, oder Dampfnudeln, oder Reiberdatschi oder Kirschenmichel oder so etwas. Das kennst du wahrscheinlich alles nicht.“ „Nein, aber es klingt lustig!“ sagte Lexi vergnügt. „Was es nicht noch alles zu probieren gibt!“ Dann gähnte sie auf einmal heftig und blinzelte überrascht. „Oh, jetzt werde ich richtig müde. Ich glaube, ich fahre jetzt lieber zurück.“ „Es war aber auch ein langer Tag!“ sagte Joschi. “Soll ich dich ein Stück begleiten?“ „Mach das, Joschi.“ Sagte Madame Babette und fing an, den Tisch abzuräumen. Lexi verabschiedete sich von Madame Babette und Ritter Rollbert und Bernhard, und dann rollerte sie so langsam zurück dass Joschi noch ganz locker nebenher laufen konnte. „Das war ein ganz klasse Tag, Joschi!“ sagte Lexi nach einer Weile. “Wir haben soviel gemacht, und jetzt noch das gute Essen – das hat alles richtig viel Spaß gemacht!“ „Dann ist’s recht.“ Sagte Joschi. „Das war jetzt aber nicht zuviel auf einmal, oder?“ „Bestimmt nicht!“ sagte Lexi. „Jetzt bin ich zwar müde und freu mich auf mein Bett, aber ich freu mich auch auf morgen. Was wollen wir denn morgen machen?“ „Ich weiß es noch nicht.“ Sagte Joschi. „Aber mir fällt sicher noch was ein. Wir könnten zum Hafen fahren, Schiffe anschauen, oder zum Wildgehege, oder zum Waldspielplatz. Aber das entscheiden wir morgen, würde ich sagen.“ „In Ordnung, Joschi.“ Sagte Lexi, und dann waren sie auch schon an dem Seitentor angekommen, das zu den königlichen Privatgärten und zu Lexi’s Zimmer führte. „Also dann, gute Nacht, Joschi!“ sagte Lexi und lächelte ganz lieb. „Gute Nacht, Lexi, und schlaf schön!“ sagte Joschi und sah ihr nach, wie sie auf dem schattigen Gartenweg davon rollte.

Madame Babette und Ritter Rollbert saßen am Gartentisch und unterhielten sich, als Joschi zurückkam. Es war jetzt schon ziemlich dunkel geworden, und Madame Babette hatte ein paar Citronella-Kerzen angezündet, die dufteten angenehm und hielten die Mücken ab. Es sah sehr gemütlich aus auf dem Schlosshof bei Kerzenschein, und Joschi setzte sich mit an den Tisch und schenkte sich noch ein Apfelschorle ein. „Und, hast du das Fräulein Lexi sicher abgeliefert?“ fragte Madame Babette. „Aber klar, ich hab sie bis zum Seitentor gebracht, und von da aus hat sie’s ja nicht mehr weit.“ Sagte Joschi. „Sehr gut!“ sagte Madame Babette. “Ich hatte ja schon ein bisschen Sorge, dass sie sich vielleicht überanstrengt hat.“ „Das glaube ich nicht.“ Sagte Joschi, und dann sagte er noch etwas, das ihm schon den ganzen Tag im Kopf umgegangen war. “Vielleicht musste sie sich sonst deswegen immer so viel ausruhen, weil ihr nichts Spaß gemacht hat. Das ist doch so, wenn einem nichts Spaß macht, dann wird man trübsinnig, und wenn man trübsinnig wird, dann mag man erst recht nichts machen. Da beißt sich die Katze in den Schwanz, das ist das gemeine daran.“ „Das hätte jetzt der Herr Doktor Bromasius nicht besser formulieren können!“ sagte Madame Babette. “Ich glaube ja auch, dass das Fräulein Lexi einfach sehr viel unter Langeweile gelitten hat. Außerdem kann man’s ja sehen, je mehr ihr beiden zusammen unternehmt, um so fröhlicher wird sie.“ „Das ist in der Tat wahr!“ sagte der Ritter Rollbert. “Das Fräulein vom Meer ist ja bald nicht mehr wieder zu erkennen, sie ist gar nicht mehr so blass und still wie am Anfang, als sie hergekommen ist.“ „Und das ist gut so!“ sagte Joschi. „Blass und still soll sie auch nie wieder werden.“ „Das werden wir zu verhindern wissen!“ piepste auf einmal Bernhard, der unten auf einem Stuhl gesessen war und jetzt auf den Tisch hüpfte. „Wir, und das Regenbogenkistl!“ rief er kämpferisch. Das gefiel Joschi so gut, dass er es wiederholte: „ Wir, und das Regenbogenkistl!“ „Ach, ihr seid mir schon so zwei Musketiere!“ lachte Madame Babette, und der Ritter Rollbert schmunzelte in seinen Bart hinein. „Aber ist doch wahr!“ verteidigte sich Joschi. „Ohne das Regenbogenkistl hätte Lexi nie so schnell sprechen gelernt, und ab da ging auf einmal alles leichter.“ „Das ist wohl wahr. „ sagte Madame Babette. “Dann wollen wir mal hoffen, dass es auch so gut weitergeht.“ „Ja das hoffe ich auch!“ sagte Joschi. „Es gibt nämlich noch einiges zu tun. Die Sache mit ihren Füßen, zum Beispiel, da weiß ich noch gar nicht wie man das richten könnte.“ „Hast du den Meister Zauberer schon mal gefragt deswegen?“ fragte Madame Babette. „So direkt noch nicht. „ sagte Joschi. „Er sagt auch immer nur, ich bin auf dem richtigen Weg, und nie was ich als nächstes machen soll.“ „Nun, „ sagte Madame Babette nachdenklich. „Vielleicht ist es ja auch an dir, das herauszufinden. Mit deinem Regenbogenkistl, denn dafür hast du es, denke ich. Der Meister Zauberer ist ein viel beschäftigter Mann und kann sich nicht um alles persönlich kümmern“ „Ich glaube, Bernhard und ich müssen mal wieder ein Brainstorming machen. „ sagte Joschi und gähnte. „Au ja, ich bin dabei!“ piepste Bernhard eifrig. „Aber heute nicht mehr.“ Sagte Joschi. „Jetzt werde ich nämlich auch müde. Ritter Rollbert, willst du noch Schach spielen? Dann lasse ich dir das Regenbogenkistl wieder da.“ „Aber gerne doch, Joschi.“ Sagte Ritter Rollbert. Und Joschi sagte gute Nacht und ging hinauf in sein Zimmer.

15. Kapitel, in dem das Regenbogenkistl befragt wird, (fast) alle zum Baden gehen und der Tag erst stürmisch, dann besonders schön endet

Am nächsten Morgen kamen Joschi und Bernhard um acht Uhr zum Frühstück herunter, und es war jetzt schon so warm, dass Madame Babette ihnen den Sonnenschirm hinstellte. „Der Wetterbericht hat heute bis 30 Grad gemeldet!“ sagte sie. „Da wollt ihr doch sicher zum baden gehen, oder?“ „Prinzipiell schon.“ sagte Joschi. „Aber die Lexi hat doch Angst vor dem Wasser.“ „Ach, ich vergaß.“ Sagte Madame Babette. „Das ist natürlich schade. Aber vielleicht mag sie mitkommen und sich in den Schatten setzen? Ihr könnt ja die Spielesammlung mitnehmen, damit es nicht langweilig wird.“ „Das ist eine gute Idee, Madame Babette.“ Sagte Joschi und nahm sich eine Semmel. „Hm, was gibt es denn hier Leckeres?“ fragte er und nahm ein kleines Marmeladegläschen vom Tisch. „Himbeergelee, gestern frisch eingekocht.“ Sagte Madame Babette. „Ich hab auch eins zum Frühstück für Fräulein Lexi getan, das mag sie bestimmt.“ „Aber ganz sicher!“ lachte Joschi, „Wo sie doch so ein Beeren-Fan ist.“ Dann schnitt Joschi seine Semmel auf – das gab reichlich Krümel für Bernhard – und tat Butter und Gelee drauf und ließ es sich erstmal schmecken.

Nach dem Frühstück meinte Bernhard: „Was denkst du, Joschi, sollen wir unser Brainstorming jetzt machen?“ „Das wäre wahrscheinlich nicht schlecht, aber sicher taucht Lexi gleich auf.“ Entgegnete Joschi. „Kann schon sein, aber wir könnten zumindest mal anfangen.“ Sagte Bernhard hartnäckig. “Das Regenbogenkistl steht drinnen auf der Eckbank.“ „Na gut, ich hol’s ja schon.“ sagte Joschi und stand auf. Als er das Regenbogenkistl auf den Tisch gestellt und eingeschaltet hatte, kam gleich ein Klingelton und die Meldung: „Sie haben 1 neue Nachricht!“ Die war vom Meister Zauberer, und lautete kurz und knapp: “Bin sehr zufrieden mit euch, weiter so.“ „Ach!“ sagte Joschi. “Ist das schon wieder alles?“ „Jetzt mecker nicht rum, „ sagte Bernhard, „das ist doch eine gute Nachricht.“ „Ja, schon, aber der Meister Zauberer könnte ruhig mal etwas ausführlicher schreiben.“ Sagte Joschi. Bernhard schüttelte den Kopf. „Aber wenn er doch immer so wenig Zeit hat!“ „Na OK.“ Sagte Joschi, „ dann machen wir halt „weiter so“, was immer das auch heißen mag. Was ich jetzt brauche sind ein paar richtige Fragen.“ Joschi konzentrierte sich und dachte nach. „Regenbogenkistl.“ Sagte er dann. „Können wir etwas dagegen tun, dass Lexi die Füße beim gehen wehtun?“ Es klingelte, und die Meldung „100% Richtig“ erschien auf dem Bildschirm. „Na immerhin etwas.“ Sagte Joschi. „Und jetzt?“ „Warte, ich hab’s gleich!“ piepste Bernhard. „Regenbogenkistl: kann man den bösen Zauber schrittweise rückgängig machen?“ Und auch Bernhard wurde mit einer 100%-Meldung belohnt. „Verflixt, ist das knifflig.“ Sagte Joschi. “Regenbogenkistl: kann Lexi selber etwas dazu tun, dass der böse Zauber besiegt wird?“ Wieder eine 100%-Meldung! „Toll!“ piepste Bernhard aufgeregt. „Nur weiter so, Joschi, du schaffst es!“ „Uff, „ stöhnte Joschi, „Das ist aber wirklich nicht einfach. Pass mal auf, ich teste mal was – wetten, da kommt eine falsche Adressierung oder so etwas dabei heraus. Regenbogenkistl: was kann ich tun, damit Lexi die Füße nicht mehr so weh tun?“ Diesmal klang der Klingelton anders, nicht mehr so fröhlich, und es kam eine Meldung, die sie beide noch nicht kannten. „Datenüberlauf.“ Stand da, und Bernhard las es vor. “Zu viele Optionen.“ „Was heißt denn das jetzt?“ fragte Joschi baff, und Bernhard kratzte sich hinter den Ohren. “Optionen heißt Möglichkeiten. „ sagte er dann. „Vielleicht heißt es ja genau das, dass es zu viele Möglichkeiten gibt, den bösen Zauber rückgängig zu machen.“ „Mir würde ja eine einzige reichen.“ Brummelte Joschi. “Ich hab eben nicht die geringste Vorstellung davon, wie wir es anfangen sollen.“ „Der Meister Zauberer hat doch auch gesagt, du sollst Geduld haben.“ Sagte Bernhard. “Und dass die Sommerferien noch lang sind.„ „Na OK.“ Sagte Joschi. „Dann hab ich halt Geduld, aber schwer ist das schon.“

In dem Moment kam Lexi um die Ecke geflitzt, und sie rief „Guten Morgen, ihr zwei!“ und winkte. „Guten Morgen, Lexi!“ riefen Bernhard und Joschi im Chor, und „Setz dich her!“ sagte Joschi und schob das Regenbogenkistl auf die Seite. „Danke, aber ich möchte erst zu Madame Babette, den Menüplan besprechen.“ Sagte Lexi. „Der Herr Doktor Bromasius findet es in Ordnung, wenn ich jeden zweiten Tag mit euch esse, also bin ich heute zum Essen im Schloss, und morgen wieder hier.“ „Prima!“ sagte Joschi, und Bernhard piepste: “Das ist doch super!“ „Das finde ich auch!“ sagte Lexi und lachte fröhlich. „Und jetzt rede ich erstmal mit Madame Babette. Hm, ob ich mit dem Scooter in die Küche fahren kann?“ „Würde ich jetzt nicht machen.“ Antwortete Joschi. “Aber wenn du bloß bis zum Eingang fährst, müsstest du sie eigentlich schon sehen.“ „Dann mache ich das!“ sagte Lexi und rollerte davon. „Unser Brainstorming verschieben wir wohl besser auf ein andermal.“ Sagte Joschi leise zu Bernhard, und der meinte: „Aber wir haben doch schon mal ganz gut angefangen, oder?“ „Ja, schon.“ sagte Joschi. “Ich brauche bloß noch mehr richtige Fragen.“ „Dir wird schon was einfallen!“ sagte Bernhard zuversichtlich, und dann schaltete Joschi das Regenbogenkistl aus und verstaute es wieder in seiner Tasche.

Die Madame Babette war aus ihrer Küche gekommen und unterhielt sich ein Weilchen mit Lexi, und dann kamen die beiden herüber zum Tisch. „Was wollt ihr denn heute unternehmen?“ fragte Madame Babette. „Baden gehen!“ piepste Bernhard vorwitzig. „Bei der Hitze das Beste, was man machen kann.“ „Oh nein, „ sagte Lexi und schaute ganz kariert. “Das ist nichts für mich.“ „Du musst ja nicht ins Wasser gehen!“ sagte Joschi ermutigend. „Du kannst dich ganz gemütlich in den Schatten setzen, und wir nehmen die Spiele mit, damit dir nicht langweilig wird. Ich kann dir zum Beispiel Mühle beibringen, das ist schön knifflig.“ „Und ich packe euch eine schöne Brotzeit ein!“ sagte Madame Babette. „Fräulein Lexi, du wirst sehen, am See ist es bei dieser Hitze am angenehmsten, da geht immer ein leichtes Lüfterl.“ „Außerdem kann man den Segelbooten und den Dampfern zuschauen!“ piepste Bernhard. „Und die Enten und die Schwäne und die Möwen beobachten!“ ergänzte Joschi. „Ich sehe schon, ihr wollt mich unbedingt überreden.“ Sagte Lexi. “Na schön, dann versuche ich es – aber ich will nicht direkt ans Wasser!“ „Musst du auch nicht!“ sagte Joschi beruhigend. „Auf der Schattenseite vom Bootshaus ist ein prima Platz, da sitzt du wie auf einem Balkon. Ich hole dir einen Liegestuhl heraus, dann hast du’s ganz bequem.“ „In Ordnung.“ Sagte Lexi und setzte sich hin. “Das probiere ich aus. Aber wenn es mir am See nicht gefällt, gehe ich Scooter fahren.“ „Da wäre ich bei der Hitze vorsichtig, Fräulein Lexi.“ Warnte Madame Babette. „Nicht dass du uns noch einen Hitzschlag bekommst!“ „Oh, das klingt aber gefährlich.“ Sagte Lexi eingeschüchtert. “Was ist denn ein Hitzschlag?“ „Wenn es dem Körper zu warm wird, weil man sich angestrengt hat, und man zum Beispiel auch noch zu wenig getrunken hat, „ erklärte Madame Babette, „Dann kann einem schwindlig werden und man bekommt ganz hässliche Kopfschmerzen.“ „Huch, das klingt aber unangenehm.“ Sagte Lexi, und Madame Babette sagte beruhigend: “Keine Bange, ich passe schon auf auf euch. Was wollt ihr denn zu trinken mitnehmen?“ „Zitronenlimo!“ sagte Lexi, und „Apfelschorle!“ sagte Joschi, und Madame Babette schmunzelte und sagte: „In Ordnung, dann kriegt ihr eins von jedem. So, und jetzt gehe ich eure Brotzeit richten.“ „Und ich gehe meine Badesachen holen!“ sagte Joschi. Und Bernhard piepste: „Und ich leiste Lexi Gesellschaft!“

Ein paar Minuten später waren Joschi und Madame Babette wieder da, und Madame Babette sagte noch:“ Mittagessen fällt aus, dafür habt ihr die Brotzeit. Und falls nachmittags jemand Kuchen möchte, es gäbe Himbeercremeschnitten. Kommt einfach herauf, wenn ihr Lust habt.“ Dann ging es los. Joschi war schwer bepackt mit Badesachen und Brotzeit und Spielesammlung, aber das machte nichts, weil es zum Bootshaus hinunter wirklich nur ein sehr kurzer Weg war. Er zeigte Lexi den Schattenplatz unter dem Bootshausdach, und das war weit genug weg vom Wasser für sie. Dann holte er wie versprochen einen Liegestuhl für sie aus dem Bootshaus. Lexi setzte sich hinein und rutschte ein bisschen herum, und dann lehnte sie sich gemütlich zurück. “Das ist aber bequem!“ sagte sie. “So kann man’s aushalten! Und es geht wirklich ein angenehmer leichter Wind hier.“ „Siehst du!“ sagte Joschi. „Und du wolltest erst nicht mitkommen!“ „Ach Joschi.“ Sagte Lexi. „Du weißt doch, dass ich Angst vor dem Wasser habe.“ „Ja, aber hier kann dir wirklich nichts passieren!“ sagte Joschi. “So, und der Bernhard und ich, wir springen jetzt erstmal in den See. Danach zeige ich dir, wie man Mühle spielt, in Ordnung?“

Ein schattiger Platz am Bootshaus

Lexi kapierte sehr schnell, wie das mit dem Mühlespielen funktionierte, und Joschi musste sich richtig ins Zeug legen, um gegen sie und Bernhard noch zu gewinnen, denn die beiden spielten zusammen gegen ihn. Joschi gewann nur ganz knapp, mit sechs zu vier, und dann machten sie erstmal eine Pause und tranken Apfelschorle und Zitronenlimo. Madame Babette hatte ihnen Thermosflaschen eingepackt, so waren die Getränke herrlich kühl und schmeckten doppelt lecker. „Ach, „ sagte Lexi und nippte von ihrem Limo. “So kann man es aushalten.“ „Es sind eben Ferien!“ sagte Joschi vergnügt. „Und tolles Wetter haben wir obendrein. Obwohl, ich könnte mir vorstellen dass es jetzt bald einmal ein Gewitter gibt, bei der Hitze.“ „Huch!“ machte Lexi. “Vor Gewittern habe ich Angst!“ „Aber du brauchst gar keine Angst zu haben!“ sage Joschi. „Die Gewitter sieht man hier schon von weitem kommen, die ziehen immer von Westen über den See herauf. Bis sich da etwas zusammenbraut sind wir längst wieder im Schloss.“ „Wenn du das sagst, Joschi.“ Sagte Lexi, aber sie klang nicht sehr überzeugt. „Ich beobachte das Wetter ganz genau.“ sagte Joschi. „Da kann gar nichts passieren, versprochen!“ Dann spielten sie noch ein paar Runden Mensch-ärgere-dich-nicht, und schließlich war es Zeit die Brotzeit auszupacken. Es gab Käsebrote mit Radieschen und Gurken, und das schmeckte wunderbar frisch und knackig. Als Nachspeise gab es ein Schüsselchen Obstsalat mit allem, den mochte Lexi ganz besonders. Und auch Bernhard war sehr angetan, denn im Obstsalat waren auch gehackte Nüsse, davon durfte er sich welche herauspicken. Danach holte sich Joschi noch einen zweiten Liegestuhl, und sie faulenzten erstmal ein wenig. Auch der kleine Bernhard hatte sich auf einem Handtuch zusammengerollt und machte ein Nickerchen.

Joschi war fast eingeschlafen, als ihn auf einmal ein frischerer Windstoß aufscheuchte, und dann fiel ihm auch auf, dass die Brandung viel lauter geworden war. Er sprang auf und lief um die Ecke vom Bootshaus herum, und von da aus konnte er sehen, dass sich im Westen hohe Wolken auftürmten, die recht schnell näher kamen. „Ach du liebe Zeit!“ sagte er und lief zu Lexi zurück. Die sah ihm schon mit großen Augen entgegen. “Was ist denn los, Joschi?“ „Da zieht ein Gewitter auf.“ Sagte er, und weil sie ihn ganz erschrocken anstarrte sagte er beruhigend: „Keine Panik, es ist noch weit genug weg! Das dauert schon noch, bis das herkommt. Und du bist mit deinem Scooter in zwei Minuten bei Madame Babette oben.“ „Aber was, wenn mich das Gewitter einholt?“ fragte Lexi bang. Sie sah jetzt ganz käsig aus. „Das wird es nicht, „ sagte Joschi nachdrücklich. „Es ist wirklich noch weit genug weg. Wenn du gleich losfährst, kann überhaupt nichts passieren. Versprochen.“ „Ehrenwort?“ fragte Lexi, und Joschi sagte: „Ehrenwort.“ Und Lexi kam auf die Beine, packte ihren Scooter und fuhr mit Schwung los. Joschi sah ihr nachdenklich nach, wie sie den Kiesweg hinauf flitzte und dachte sich : „Hoffentlich kriegt sie auch die Kurve oben vor dem Schlosshof, bei dem Tempo.“ Da piepste auf einmal Bernhard neben ihm: „Weißt du was, Joschi?“ „Was denn, Bernhard?“ fragte Joschi. „Also, ich finde, unsere Lexi ist ganz schön mutig. Jetzt hat sie solche Angst vor dem Gewitter, und fährt trotzdem alleine los.“ Sagte Bernhard. „So kann man es natürlich auch sehen.“ Sagte Joschi nachdenklich. “Das ist aber typisch Lexi. Sie sagt immer erst mal „Das traue ich mich nicht!“ oder „Das kann ich nicht!“ oder „Ist das nicht gefährlich?“, und dann traut sie sich eben doch.“ „Meine ich ja.“ Piepste Bernhard. „Sie hat eben doch Mumm!“ In diesem Moment fuhr ein kräftiger Windstoß um die Bootshausecke und pustete Joschis Handtuch vom Geländer, wo er es zum trocknen hingehängt hatte. „Jetzt aber schnell!“ rief Joschi und fing das Handtuch ein. „Bernhard, räumst du die Spiele auf? Ich hole unsere restlichen Sachen.“ Jetzt rumpelte es schon in der Ferne, und die Wolkentürme von Westen kamen rasch näher. Joschi und Bernhard beeilten sich ordentlich, aber bis sie alle Sachen zusammenhatten und Liegestühle und Campingtisch wieder ins Bootshaus geräumt waren, war die Sonne hinter den Wolken verschwunden, und der Donner grollte deutlich näher. Und als sie den Kiesweg hinaufliefen, platschten schon die ersten Regentropfen herunter. „Geht’s, Bernhard?“ fragte Joschi. “Oder soll ich dich tragen?“ „Ich bin eine Maus!“ sagte der Kleine stolz. “Ich kann genau so schnell flitzen, wie du laufen kannst!“ Und so waren sie Nullkommanix wieder im Schlosshof.

Madame Babette stand in der Küchentür und hielt nach ihnen Ausschau, und sie rief: „Kommt rein, bevor es richtig anfängt!“ Joschi und Bernhard rannten durch die Tür, die Madame Babette hinter ihnen zumachte, und dann mussten sie erst einmal ein bisschen verschnaufen. Lexi saß auf der Eckbank und schaute sie mit großen Augen an. „Seid ihr nass geworden?“ fragte sie. „Ach wo.“ Sagte Joschi. “Das waren nur ein paar Tropfen.“ In dem Moment rumpelte es draußen gewaltig, und dann rauschte es auf einmal als hätte jemand tausend Wasserhähne auf einmal aufgedreht. Lexi war bei dem Donnerschlag heftig zusammengezuckt, und sie war auch ein bisschen weiß um die Nase. Joschi rutschte neben sie auf die Eckbank und knuffte sie freundlich an die Schulter. „Komm, Lexi, du bist doch kein Angsthase! Das Gewitter kann uns hier drin gar nichts anhaben. Ganz im Gegenteil, ich finde es sehr gemütlich drinnen, wenn draußen der Regen so schön prasselt.“ „Ja, aber wenn du das Gewitter nicht rechtzeitig bemerkt hättest? Was wäre dann passiert?“ fragte Lexi bang. „Dann hätten wir uns ins Bootshaus gesetzt und gewartet, bis es wieder vorbei ist.“ Sagte Joschi. „Das Bootshaus hat einen Blitzableiter, gerade eben für solche Fälle.“ „Was ist ein Blitzableiter?“ wollte Lexi wissen, und er erklärte es ihr so gut er konnte. Trotzdem schien sie noch nicht wirklich beruhigt. „Das habe ich noch nicht ganz verstanden.“ Sagte sie zweifelnd. „Dann fragen wir doch das Regenbogenkistl!“ piepste Bernhard. „Im Internet findet sich sicher eine gute Erklärung, wie ein Blitzableiter funktioniert.“ “Au ja!“ sagte Joschi begeistert, „Das machen wir!“ „Nachher!“ sagte Madame Babette, die wieder an den Tisch gekommen war und ein beladenes Tablett trug. „Jetzt gibt es erstmal Kuchen – Himbeer-Creme-Schnitten! Für dich, Fräulein Lexi, ein halbes Stück, wenn es recht ist.“

„Oh danke, gern!“ sagte Lexi und sah gleich viel fröhlicher aus. Und Bernhard streckte vorwitzig die Nase vor und zuckte mit den Schnurrbarthaaren. „Was sehe ich – Blätterteig! Den schätze ich doch überaus, verehrte Madame Babette!“ „Kleiner Gourmet!“ lachte Madame Babette und stellte das zweite Stück vor Joschi hin, der gleich ein Stückchen von dem knusprigen Teigdeckel für Bernhard abbrach. „Was ist ein Gourmet?“ fragte Lexi. „Das ist Französisch und heißt: jemand, der sich mit gutem Essen auskennt.“ Erklärte Madame Babette. „Aus ihrem Munde, liebe Madame Babette, „ piepste Bernhard, „ Ist das ein wahres Kompliment!“ „Charmeur!“ lachte Madame Babette, und Bernhard bekam tiefblaue Ohren. „Was ist ein... „ fing Lexi an, und Madame Babette und Joschi sagten wie aus einem Munde: „Charmeur!“ Dann lachten sie alle, und Madame Babette erklärte für Lexi: „Ein Charmeur ist jemand, der nette Dinge über jemand anderen sagt.“ Dann aßen sie erstmal ihren Kuchen, und später schlug Madame Babette vor, dass sie eine Runde Rommé spielten. Das kannte Lexi noch nicht, und Joschi musste ihr erstmal beibringen, wie man die vielen Karten in der Hand hielt. Aber dann half ihr Bernhard beim sortieren der Karten, und wuselte über den Tisch und zeigte ihr, wo sie anlegen konnte, und sie schlug sich für einen Anfänger wirklich sehr wacker. Die Zeit verging wie im Flug, und währenddessen zog das Gewitter vorbei, und auch das Rauschen des Regens wurde deutlich leiser. Schließlich sagte Madame Babette, sie müsste jetzt allmählich das Abendessen herrichten, und Lexi fragte: “Oh, ist es schon so spät? Dann muss ich wohl langsam zurück.“ „Das hat noch keine Eile.“ Sagte Madame Babette. „Ich schau auch erst mal nach dem Wetter.“ Und sie machte die Tür auf und streckte den Kopf hinaus. „Ach seht mal, da kommt bald wieder die Sonne durch!“ rief sie. “Und es regnet nur noch ganz leicht, das wird bald aufhören.“ “Und wenn es nicht aufhört?“ fragte Lexi. „Ich werde nicht so gerne nass!“ „Wenn es nicht aufhört, dann leiht dir Joschi seine Regenjacke.“ Sagte Madame Babette beruhigend. “Die hat auch eine Kapuze, da bekommst du keinen nassen Kopf. – Und jetzt, wolltet ihr nicht noch etwas mit dem Regenbogenkistl machen? Eine Stunde habt ihr leicht noch Zeit.“ „Ach ja, der Blitzableiter!“ sagte Joschi und holte die Tasche mit dem Regenbogenkistl aus der Ecke. Dann forschten sie erst einmal eine ganze Weile und stießen auf eine Menge hochwissenschaftlicher Erklärungen, die nicht einmal der kluge Bernhard richtig verstand, und schließlich kam Joschi auf die Idee, speziell nach einer Erklärung für Kinder zu suchen. Und da wurden sie fündig! Es gab auch ganz tolle Bilder von Blitzen zu sehen, die in Häuser oder Bäume oder auch ins Wasser einschlugen, und Lexi gruselte sich ein bisschen vor denen. Aber sie las die Erklärung aufmerksam durch, und dann sagte sie: “Ich glaube, das habe ich verstanden. So ungefähr jedenfalls. Weil der Blitzableiter aus Metall ist, zieht er den Blitz an, und der wird dann auf der Außenseite vom Haus in die Erde geleitet, wo er keinen Schaden anrichten kann.“ „Haargenau!“ sagte Joschi, und „Völlig richtig!“ piepste Bernhard. „Was ich allerdings noch nicht ganz verstehe, „ sagte Lexi, „ Ist warum das Metall den Blitz anzieht.“ “Das ist Physik!“ sagte Joschi. „Da müsste ich meinen Lehrer fragen, oder vielleicht weiß es auch der Ritter Rollbert.“ „Was ist Physik?“ fragte Lexi, und Joschi musste erstmal grinsen. „Du bist ja genau so wissbegierig wie Bernhard!“ sagte er lachend. „Aber warte mal, wir fragen das Regenbogenkistl.“ Das taten sie, und bekamen mehrere recht einleuchtende Erklärungen. „Mir gefällt die hier am besten!“ sagte Joschi und las laut vor: “Physik ist die Lehre von der unbelebten Natur. Weil, für alles was lebt, also Menschen und Tiere und Pflanzen, dafür ist die Biologie zuständig.“ „Wow!“ sagte Lexi. „Und das lernt man in der Schule?“ „Das lernt man in der Schule.“ Bestätigte Joschi. „Aber schau mal!“ rief er und deutete zur offenen Tür. „Jetzt scheint wieder die Sonne! Wollen wir rausgehen und schauen, ob wir einen Regenbogen sehen?“ „Ich habe noch nie einen Regenbogen in echt gesehen, nur Bilder. „ sagte Lexi. „Aber regnet es nicht noch?“ “Nur ein ganz kleines bisschen.“ Sagte Joschi. „Sei kein Frosch, die paar Tropfen tun dir nichts. Wo hast du deinen Scooter?“ „Da hinten in der Ecke, bei der Garderobe.“ Sagte Lexi. „Warte, ich hol ihn dir!“ sagte Joschi und stand auf. „Wahrscheinlich müssen wir ein Stückchen den Weg hinunter, sonst sehen wir nichts.“

Sie waren schon fast am See unten, als Joschi „Halt!“ rief und sich umdrehte und aufmerksam den Himmel beobachtete. Hinter dem Schloss türmten sich noch dunkle Wolken, und die gelbe Schlossfassade leuchtete im Licht der tief stehenden Sonne wie frisch poliert. „Da!“ sagte er. „Ich wusste es, ein Regenbogen!“ „Ich sehe gar nichts. „ sagte Lexi enttäuscht, und Joschi trat ganz nah zu ihr hin und deutete. „Schau an meinem Arm entlang, da links über dem Schlossdach! Es ist noch ein bisschen schwach, aber eindeutig ein Regenbogen.“ „Ja, ich sehe ihn auch!“ piepste Bernhard. „Er wird sogar stärker!“ „Juhu, jetzt sehe ich ihn auch, ganz deutlich!“ rief Lexi. „Oh, ist das schön, die vielen Farben!“ „Siehst du, „ sagte Joschi, „Das hat doch das bisschen nass werden gelohnt.“ „Aber ganz bestimmt!“ sagte Lexi.

Regenbogen über dem Schloss

Sie beobachteten den Regenbogen noch leicht zehn Minuten lang, bis die Regenwolken abgezogen waren und der Regenbogen damit auch verblasste, dann machten sie sich wieder auf dem Weg in die Küche. Hier herrschte schon die übliche Geschäftigkeit für die Essenszubereitung, und Madame Babette winkte ihnen nur von weitem zu und bedeutete, dass sie jetzt gerade keine Zeit hatte. „Ich glaube, ich muss jetzt zurück.“ Sagte Lexi. „Es gibt ja bald Abendessen.“ „Das stimmt. „ sagte Joschi, „Es ist ja schon sechs Uhr. Soll ich dir die Regenjacke holen? „Ach nein, das ist nicht nötig, „ sagte Lexi. “Es hat ja jetzt ganz aufgehört zu regnen. Und ich bin sowieso ein bisschen nass geworden, da muss ich mich ohnehin noch mal umziehen vor dem Abendessen.“ „Weißt du denn schon, was du heute zu essen kriegst?“ fragte Joschi neugierig. „Du hast doch heute früh mit Madame Babette darüber gesprochen.“ „Oh ja!“ sagte Lexi. „Ich kriege Königinpastetchen, das sind gebackene Teighäuschen mit Hühnchen und feinem Gemüse gefüllt. Das ist eigentlich eine Vorspeise, aber Madame Babette meinte, das würde mir schmecken.“ „Na, das klingt doch lecker!“ sagte Joschi. „Ich bin auch schon gespannt, was es bei uns gibt, allmählich kriege ich nämlich Appetit. – Soll ich dich noch ein Stück begleiten?“ „Ja, gerne. Tschüß Bernhard!“ sagte sie und winkte dem kleinen Kerl zu, der auf den Tisch geklettert war und vor dem Regenbogenkistl saß. „Bis morgen, Lexi!“ piepste Bernhard, und dann machten sie sich auf den Weg.

„Das war ein schöner Tag heute, „ sagte Lexi. “Trotz Gewitter.“ „Ja, nicht wahr?“ sagte Joschi. „Und der Regenbogen war natürlich die Krönung. – Wenn wir wieder zum Baden gehen, kommst du auch wieder mit?“ „Oh ja!“ sagte Lexi. „Der Platz am Bootshaus ist ja wirklich sehr angenehm. Aber du musst gut auf’s Wetter aufpassen, Joschi.“ „Das tue ich, keine Bange.“ Sagte Joschi beruhigend. „Und was wollen wir morgen machen?“ fragte Lexi. „Vielleicht fahren wir mal zum Waldspielplatz. „ sagte Joschi. „Aber nur, wenn es nicht zu heiß ist. Ich kenne da eine Stelle, da wachsen Brombeeren, die könnten eigentlich schon reif sein.“ „Und die kann man essen?“ fragte Lexi. „Und ob!“ sagte Joschi. „Frisch gepflückt, so ganz ohne was, schmecken sie sogar am allerbesten.“ “Das klingt doch prima!“ sagte Lexi. „Das würde ich gerne machen!“ Jetzt waren sie am Seitentor angelangt, und Joschi blieb stehen. „Dann, einen schönen Abend noch, Lexi!“ sagte er. „Und bis morgen!“ „Bis morgen, Joschi! Gute Nacht!“ sagte Lexi, lächelte ihm noch einmal zu und rollte davon.

Als Joschi in die Küche zurückkam, war der Ritter Rollbert schon da, und er saß auf der Eckbank und unterhielt sich angeregt mit Bernhard. „Hallo, Joschi!“ sagte er. „Ihr habt euch also heute mit Blitzen und Physik beschäftigt, und das mitten in den Ferien?“ „Genau, Ritter Rollbert!“ sagte Joschi. „Ich wollte, dass Lexi die Sache mit dem Blitzableiter versteht, damit sie nicht mehr ganz so viel Angst vor Gewittern haben muss.“ „Und, konntest du es ihr erklären?“ fragte Ritter Rollbert. „Wir haben eine prima Erklärung im Internet gefunden.“ Sagte Joschi, „Mit ganz vielen Bildern.“ Er rutschte auch auf die Eckbank hinter und machte ein aufmerksames Gesicht: denn mit dem Ritter Rollbert konnte man ganz ausgezeichnet über wissenschaftliche Dinge diskutieren. „Das einzige, was wir nicht ganz verstanden haben ist: warum zieht denn das Metall die Blitze an?“ Der Ritter Rollbert strich sich den Bart. „Hm. „ machte er. „Das ist so einfach nicht zu erklären. Es hängt von der Leitfähigkeit und dem Weg des geringsten Widerstandes ab.“ „Das habe ich jetzt nicht verstanden. „ sagte Joschi ehrlich, und der Ritter Rollbert nickte. „Denke ich mir.“ Sagte er. „Es ist wie gesagt nicht einfach. Lass mich da mal in Ruhe drüber nachdenken, Joschi, wie ich es euch Kindern am besten erklären kann. Bis morgen finde ich sicher einen Weg.“ Und da der Ritter Rollbert nicht umsonst im Nebenberuf Privatlehrer war – er konnte nämlich verflixt gut erklären - gab sich Joschi gerne damit zufrieden. In dem Moment kam Madame Babette an den Tisch, und sie sagte: „Joschi, räumst du mal das Regenbogenkistl weg? Es gibt gleich Essen. „Aber klar doch!“ sagte Joschi und tat das gleich, und auch der Ritter Rollbert stand auf und ging sein Radler holen. Es gab Spaghetti Bolognese, und einen frischen grünen Salat dazu und geriebenen Käse, und für den kleinen Bernhard extra ein Stückchen Käserinde, an dem er begeistert herumnagte. Gelegentlich stibitzte er noch ein besonders knackiges Salatblättchen, und auch die anderen ließen sich die Mahlzeit sehr gut schmecken. Madame Babettes Bologneser Soße war herrlich sanft und doch würzig, und klebte genau richtig an den Nudeln, so dass man sie gut aufgabeln konnte. „Oberlecker!“ strahlte Joschi, und Ritter Rollbert sagte: „Ganz vorzüglich!“, und Bernhard nuschelte mit vollem Schnäuzchen: “Exquisit!“ Als Nachspeise gab es Grießpudding mit Zwetschgenkompott, und Madame Babette fragte: “Das sind jetzt die ersten frischen Zwetschgen – schmecken sie euch?“ „Ganz wunderbar, schön süß!“ sagte Joschi, und :“Höchst aromatisch!“ sagte der Ritter Rollbert. „Prima, „ sagte Madame Babette, „Dann gibt es sie morgen als Zwetschgendatschi.“ „Au fein!“ sagte Joschi, und der Ritter Rollbert sagte: “Wie höchst erfreulich!“ Dann räumten sie den Tisch ab, und Joschi fragte den Ritter Rollbert, ob er heute auf sein Schachtraining verzichten konnte, er wollte nämlich selber noch was mit dem Regenbogenkistl machen. „Kein Problem!“ sagte der Ritter Rollbert. „Ich bin ohnehin schon gut in Form, das Turnier kann kommen.“ Joschi nahm die Tasche mit dem Regenbogenkistl, sagte gute Nacht zu Madame Babette und Ritter Rollbert, und dann gingen er und Bernhard in den Turm hinüber.

„Was hast du vor?“ piepste Bernhard, als Joschi das Regenbogenkistl auf den Schreibtisch stellte und einschaltete. „Weitermachen mit unserem Brainstorming.“ Sagte Joschi und setzte sich auf den Stuhl, und Bernhard hüpfte auf sein Knie und von dort auf den Schreibtisch. „Irgendwie lässt mir das keine Ruhe, dass Lexi solche Angst vor Gewittern und vor dem Wasser hat.“ Sagte Joschi nachdenklich. „Ich meine, da wohnen wir schon an dem allerschönsten See, und sie traut sich nicht einmal in die Nähe vom Wasser!“ „Das ist allerdings schade.“ Sagte Bernhard und kratzte sich hinter den Ohren. „Wo das wohl herkommt, dass sie da solche Angst hat?“ „Das frage ich mich auch.“ Sagte Joschi. „Womöglich hat ihr das auch die böse Meerhexe angezaubert.“ Und das Regenbogenkistl klingelte und meldete: „100% richtig!“ „Aha!“ rief Joschi, „Ich glaube, jetzt sind wir auf dem richtigen Weg!“ Und Bernhard sagte: „Ich finde, das ist schon eine ziemliche Gemeinheit. Eigentlich dürfte eine ehemalige Meerjungfrau gar keine Angst vor dem Wasser haben, es war ja mal ihr Element.“ Diesmal klingelte das Regenbogenkistl nur:“50% richtig.“, und Bernhard schaute verdutzt. „Hat sie nicht mal gesagt, sie kann nicht schwimmen?“ überlegte Joschi laut. „Aber das könnte ich ihr beibringen!“ Auch er bekam nur ein “50% richtig.“. „Na ja, „ sagte Joschi, „Ganz so einfach ist das wohl nicht, da müsste sie erst diese schlimme Angst vor dem Wasser loswerden.“ „100% richtig!“, klingelte das Regenbogenkistl. „Irgendwie beißt sich da die Katze in den Schwanz.“ Meinte Bernhard. “Solange sie solche Angst vor dem Wasser hat, dass sie nicht einmal in die Nähe geht, kann sie auch die Angst nicht loswerden, glaube ich.“ Und es klingelte „100% richtig!“ „Na, jetzt sind wir auch nicht viel schlauer.“ Sagte Joschi enttäuscht. “Ich glaube, da muss ich echt mal den Meister Zauberer fragen. „ „Dann schreib ihm doch eine Email!“ schlug Bernhard vor. „Genau das werde ich tun.“ Sagte Joschi und rief das Email-Programm auf. „Lieber Meister Zauberer, „ schrieb er. „Was kann ich tun, damit Lexi ihre schlimme Angst vor dem Wasser verliert? Und auch vor Gewittern. Bitte gib mir einen Tipp. Viele Grüße, dein Joschi.“ „So, „ sagte Joschi, „Ich schätze mal, das wird bis morgen dauern mit der Antwort. Sollen wir schlafen gehen?“ „Hab ich nichts dagegen. „ sagte Bernhard und gähnte ein bisschen. Joschi ging sich die Zähne putzen, und dann gingen sie ins Bett. „Weißt du was, Joschi?“ sagte Bernhard noch. „Was denn?“ fragte Joschi. „Ich finde, unser Fräulein Lexi hat schon ganz große Fortschritte gemacht, und das in doch recht kurzer Zeit. Ich glaube, dass der Meister Zauberer recht hat, wir brauchen ein wenig Geduld.“ „Wahrscheinlich hast du recht. „ sagte Joschi. “Aber Geduld ist jetzt nicht so meine starke Seite.“ „Wir werden ja sehen, was der Meister Zauberer schreibt.“ Sagte Bernhard. „Der hilft uns bestimmt weiter.“ Dann sagten sie Gute Nacht, und bald waren sie alle beide fest eingeschlafen.

16. Kapitel, in dem die Ferien weitergehen und eine Kleinigkeit Lexi ans Wasser bringt

In der früh schaltete Joschi als allererstes das Regenbogenkistl ein, um nachzusehen ob eine Nachricht vom Meister Zauberer gekommen war, und da war auch eine. „Bernhard, aufwachen!“ rief er. „Email vom Meister Zauberer!“ Und er wartete, bis der Kleine neben ihm auf den Schreibtisch gehüpft war, dann machte er die Nachricht auf. „Hallo Joschi!“ stand da. “Ich habe leider nicht viel Zeit, aber soviel kann ich dir sagen: Es ist ganz, ganz wichtig, dass Lexi ihre Angst vor dem Wasser überwindet. Achte auf jede Möglichkeit, und sei sie noch so klein. Viele Grüße, Dein Meister Zauberer.“ „Oh, Mann!“ rief Joschi. “Das hilft mir jetzt nicht wirklich weiter.“ „Warts ab. „ piepste Bernhard geduldig. „Wenn der Meister Zauberer sagt, du sollst auf Möglichkeiten achten, dann wird es Möglichkeiten geben. Wir müssen halt richtig gut aufpassen.“ „So, meinst du?“ sagte Joschi, noch ein bisschen zweifelnd. „Doch, sicher!“ piepste Bernhard. „Ich kenn doch den Meister Zauberer, der sagt nichts nur einfach so!“ „Das ist allerdings auch wieder wahr. „ sagte Joschi, und dann gingen sie erst einmal waschen und Zähneputzen, und dann hinunter zum Frühstück.

Es war wieder ein richtig schöner sonniger Tag, aber nicht mehr ganz so heiß wie gestern. Joschi hatte heute Appetit auf ein Müsli zum Frühstück, und Madame Babette richtete ihm eins her, schön mit Obststückchen und frischer Milch. Bernhard war davon auch ganz angetan, in dem Müsli waren nämlich Nüsse, und die liebte er sehr. „Was habt ihr denn heute vor?“ fragte Madame Babette. „Ich weiß noch nicht recht.“ sagte Joschi. „Ich würde ja gern Baden gehen, aber ob Lexi dafür zu haben ist, nach dem Schrecken von dem Gewitter gestern?“ „Da musst du sie einfach fragen.“ Sagte Madame Babette. „Aber ihr könntet ja Vormittags etwas anderes unternehmen, Mittags wieder hierher kommen auf eine kleine Brotzeit, und Nachmittags an den See gehen. Vielleicht komme ich auch mit, auf ein Stündchen oder so. „ Madame Babette ging nämlich gern zum Schwimmen, auch wenn sie nicht oft Zeit dafür hatte. Dann ließen sich Joschi und Bernhard ihr Müsli schmecken, und Madame Babette ging wieder in ihre Küche zurück, sie wollte schon den Zwetschgendatschi für heute Nachmittag vorbereiten.

Nicht lange danach kam Lexi auf ihrem Scooter um die Ecke gesaust, und sie rief fröhlich: „Guten Morgen, Joschi und Bernhard!“ und setzte sich zu ihnen an den Tisch. „Guten Morgen, Lexi!“ sagten sie beide, und Joschi fragte: „Hast du gut geschlafen?“ „Ja, ganz prima.“ Sagte Lexi. „Der Herr Doktor Bromasius meint, das kommt von der vielen frischen Luft. – Was machen wir denn heute?“ „Ich dachte, wir fahren zum Waldspielplatz, „ sagte Joschi. „Das ist nicht weit, und unterwegs schauen wir nach der Stelle mit den Brombeeren. Einverstanden?“ „Das klingt prima!“ sagte Lexi. „Kann ich da mit meinem Scooter fahren?“ „Eher nicht, der Waldweg ist nämlich ganz schön holperig.“ Sagte Joschi. „Wir nehmen das Radl.“ „Ist auch in Ordnung.“ Sagte Lexi, und dann verzog sie ein bisschen das Gesicht. „Obwohl, ich war noch nie in einem Wald. Gibt es da nicht gefährliche wilde Tiere?“ „Aber Lexi!“ rief Joschi. „Doch nicht in unserem Wald! Da gibt es vielleicht Hasen und Rehe und Füchse, und eine Menge Vögel, aber ganz bestimmt nichts Gefährlicheres! Und die Wildtiere haben eher Angst vor den Menschen, die laufen weg wenn sie uns kommen hören.“ „Wenn das so ist, „ meinte Lexi, „Dann brauche ich also keine Angst vor wilden Tieren zu haben?“ „Kein bisschen, „ sagte Joschi, „Ehrenwort!“ „Also gut.“ Sagte Lexi. „Dann fahren wir also zum Waldspielplatz.“ Joschi und Bernhard gingen hinein, der Madame Babette Bescheid sagen, und die gab Joschi etwas zu trinken und zwei schöne Äpfel mit. „Wenn ihr so um zwölf, halb eins wieder da seid, dann machen wir Brotzeit.“ Sagte sie, und Joschi sagte: „In Ordnung, dann bis später!“ „Viel Spaß!“ piepste Bernhard, der schon seinen strategischen Platz auf dem Tisch bezogen hatte, von wo aus er gut sehen konnte, was gekocht wurde. Bernhard war nämlich wirklich ein kleiner Gourmet, wie die Madame Babette gesagt hatte, und höchst interessiert an guter Küche – und da war er ja in Madame Babettes Reich genau richtig.

Lexi staunte nicht schlecht, als sie in den Wald kamen. „Sind das aber viele Bäume!“ rief sie. “Das sind doch bestimmt tausend und mehr!“ „Viel mehr, „ sagte Joschi, der den Wald recht gut kannte, weil er schon oft hier gewesen war, alleine, oder auch mit Madame Babette und Ritter Rollbert zum Schwammerlsuchen. “Und man kann sich leicht verlaufen, wenn man nicht aufpasst, deswegen bleiben wir auf dem Weg.“ „Kannst du nicht mal stehen bleiben, Joschi?“ fragte Lexi. „Es gibt hier so viel zu sehen.“ „Klar doch. „ sagte Joschi und bremste, und dann zeigte er ihr so einiges, Moos und Farn und Schachtelhalm und Brennnesseln und Blaubeersträucher, und umgestürzte Bäume und ganz junge Schösslinge und allerhand mehr. Sie sahen sogar einen Pilz, einen ziemlich großen mit einem gelben Hut, und Joschi meinte: „Den kann man bestimmt nicht essen, sonst wäre er schon weg, so nahe am Weg.“ „Aber andere Pilze kann man essen?“ fragte Lexi, halb ungläubig. „Aber sicher doch! Die schmecken sogar ganz besonders lecker!“ sagte Joschi. „Du wirst sicher auch mal welche probieren können, die Madame Babette und der Ritter Rollbert sind richtige Pilzkenner, die gehen später im Jahr, wenn die besten Schwammerl reif sind, immer schon frühmorgens in den Wald, und bringen reichlich Pilze mit, Steinpilze und Pfifferlinge und was weiß ich noch alles, ich kenne nur ganz wenige.“ „Erstaunlich!“ sagte Lexi. „Dann kann man sich sein Essen einfach aus dem Wald holen?“ „So ist es.“ Sagte Joschi. „Und das erinnert mich daran, dass wir noch zu den Brombeeren wollten. Auf geht’s!“ Und sie fuhren weiter.

Die Brombeersträucher, die Joschi kannte, wuchsen auf einer Lichtung, und hier war es schon sehr warm, weil die Sonne direkt hereinstrahlte. Joschi suchte und fand aber eine Sitzgelegenheit für Lexi im Schatten, einen breiten Baumstumpf, der oben schön eben war. „Warte hier auf mich!“ sagte er. „Ich hole dir ein paar Brombeeren zum verkosten.“ Viele waren noch nicht reif, die meisten hingen schwarz glänzend in den dornigen Zweigen, und Brombeeren sind ja erst gut, wenn sie eine bläulich bereifte Färbung annehmen; die ganz schwarzen sind noch sauer. Aber eine Handvoll von den reifen Beeren klaubte sich Joschi zusammen, und das reichte allemal zum Probieren. Frische Brombeeren Lexi traute sich erst nicht so recht. „Und die kann man einfach so essen?“ „Aber klar!“ sagte Joschi und schob sich eine Brombeere in den Mund. „Die sind ganz saftig und süß, probier nur!“ Das tat Lexi, und dann ging ein Lächeln über ihr Gesicht. „Oh, sind die lecker!“ strahlte sie. “Darf ich noch eine?“ „Nimm nur!“ sagte Joschi. “Wir teilen sie uns redlich. Und warte noch eine Woche, dann sind die anderen Brombeeren auch reif. Dann holen wir uns ein ganzes Eimerchen voll, und essen Brombeeren mit Milch und Zucker!“ „Oh, das schmeckt bestimmt toll!“ freute sich Lexi, und dann aßen sie ihre Brombeeren auf und fuhren weiter.

Auf dem Waldspielplatz gab es eine große Attraktion: die große Seilbahn. Die führte von einem hohen Holzturm quer über den Spielplatz, hoch durch die Luft bis zum Landeplatz am anderen Ende. Viele Kinder kamen bloß zum zuschauen hierher, wirklich am Seil entlang durch die Luft sausen trauten sich eigentlich nur die größeren. Joschi selber war schon oft mit der großen Seilbahn gefahren, aber heute beschränkte er sich aufs zuschauen. Erstens, weil viel los war, und zweitens, weil Lexi so ängstlich schaute. „Ist das nicht schrecklich gefährlich?“ fragte sie bang, als wieder ein Junge durch die Luft sauste. „Was, wenn man herunterfällt?“ „Man muss sich schon gut festhalten.“ Sagte Joschi. “Das weiß aber jeder. Am Schwierigsten ist eigentlich die Landung, da kann man schon mal auf den Boden plumpsen, aber da fällt man ja nicht weit.“ „Also, für mich ist das nichts.“ Sagte Lexi bestimmt, und Joschi sagte: „Das hab ich mir gedacht – aber komm, wir fahren hinter zur großen Wippe, das wird dir besser gefallen.“ Und so war es auch. Sie schaukelten fröhlich, bis Lexi aus der Puste war, und dann machten sie erst einmal eine Pause, tranken etwas und aßen ihre Äpfel. Danach zeigte er Lexi noch die Affenschaukel mit den großen Autoreifen, aber da wuselten so viele kleinere Kinder herum, dass sie gar nicht drankamen. Das machte aber nichts, denn sie lachten sich schief über die Kleinen, die über- und untereinander in die Reifen kletterten, sich außen dran festhielten und schon auch mal kopfüber an der Schaukel hingen. Viele plumpsten auch hinunter, aber sie landeten im weichen Sand, da passierte nichts. Schließlich war es fast Mittagszeit, und sie machten sich wieder auf den Heimweg.

Madame Babette hatte schon den Sonnenschirm aufgestellt und den Tisch draußen gedeckt, und Bernhard hatte es sich auf einem Stuhl gemütlich gemacht und winkte ihnen fröhlich zu. „Ihr kommt genau richtig, gleich gibt es Brotzeit!“ „Ich habe aber noch nicht viel Hunger.“ Sagte Lexi, und Joschi meinte beruhigend: “Dann musst du auch nicht viel essen. Jetzt schauen wir erst mal, was es gibt.“ Sie setzten sich, und da kam auch schon Madame Babette heraus. “Da seid ihr ja!“ rief sie. “Na, Lexi, wie waren die Brombeeren?“ „Sehr köstlich!“ sagte Lexi. „Und Joschi hat gesagt, in einer Woche gibt es noch viel mehr davon.“ „Das kann leicht sein, wenn das schöne Wetter so anhält, müssten die eigentlich bald alle reif sein.“ Sagte Madame Babette. “Mal sehen, vielleicht komme ich dann mit zum Brombeerpflücken. - So, aber jetzt gibt es erst einmal eine Kleinigkeit zu essen. Ich habe Schinkenröllchen mit Radieschenquark gemacht, und einen kleinen Käseteller. Dazu gibt’s Brot und frische Semmeln.“ „Für mich den Käseteller, bitte!“ piepste Bernhard vorwitzig, und sie lachten alle. „Aber natürlich, mein kleiner Freund.“ Sagte Madame Babette freundlich. „Was darf es denn zuerst sein, Emmentaler oder Gouda?“ „Ach!“ stöhnte Bernhard. „Diese Qual der Wahl! Emmentaler, bitte.“ Und die Madame Babette schnitt ein kleines Stückchen Käse ab und reichte es Bernhard. Inzwischen hatte Joschi den Teller mit den Schinkenröllchen genommen und hielt ihn Lexi hin. „Hier, probier mal eins!“ sagte er. “Die sind ganz fein!“ Sie pickte sich eins mit der Gabel auf, und dann nahm Joschi für sich selber zwei Stück und reichte den Teller an Madame Babette weiter. Die verteilte dann noch Brot und Semmeln – für Lexi eine halbe Semmel – und dann aßen sie erstmal gemütlich. „Sehr lecker, „ sagte Lexi nach einer Weile. „Aber mehr als eins schaffe ich nicht.“ „Macht nichts, „ sagte Madame Babette ruhig. “Dann hast du später vielleicht mehr Appetit auf den Zwetschgendatschi!“ „Au ja, der Zwetschgendatschi!“ sagte Joschi erfreut, denn den mochte er besonders gern. „Was ist ein... „ fing Lexi an, und „Zwetschgendatschi!“ sagten die anderen im Chor, und Lexi musste selber lachen. „Das ist ein Kuchen aus ganz dünnem Teig mit ganz vielen süßen, saftigen Zwetschgen drauf.“ erklärte Madame Babette. “Eigentlich mehr Zwetschgen als Kuchen.“ „Das hört sich aber gut an!“ sagte Lexi, und Madame Babette lächelte sie an. „Das ist auch gut, wirst schon sehen. Aber erst später, wenn man wieder ein bisschen Appetit gekriegt hat.“ Als sie mit dem Essen fertig waren, sagte Madame Babette: “Joschi, ihr wollt doch sicher wieder zum See hinunter, bei dem schönen Wetter?“ „Ich schon.“ sagte Joschi und sah fragend zu Lexi hinüber. „Und du?“ „Hab ich doch gesagt!“ sagte Lexi. “Solange du gut aufs Wetter aufpasst, komme ich gern mit.“ „Sehr schön, „ sagte Madame Babette, „Dann gebe ich euch schon mal die Getränke mit, und ich komme dann in einer halben Stunde nach, und bringe den Zwetschgendatschi mit. Ich möchte nämlich heute ein bisschen schwimmen gehen.“ Und so machten sie es dann auch.

Joschi hatte gleich schon mal vorsorglich drei Liegestühle aus dem Bootshaus geholt, und er und Lexi und Bernhard dösten ein wenig im Schatten und verdauten ihr Mittagessen. Dann kam auch schon die Madame Babette den Weg herunter, und sie hatte eine große Badetasche und einen Korb dabei. Dann ging sie ins Bootshaus, sich umziehen, und kam in einem lustig geblümten Badeanzug wieder heraus. „So, Kinder, ich gehe jetzt eine Runde schwimmen.“ Sagte sie. „Auf die Erfrischung freue ich mich schon den ganzen Tag!“ Lexi, Joschi und Bernhard wünschten ihr viel Spaß und schauten ihr dann nach, wie sie den Uferweg hinunter und dann zügig ins Wasser ging. Sie frischte sich erst ein bisschen ab, und dann tauchte sie mit einem beachtlich eleganten Sprung ins Wasser und schwamm in gutem Tempo hinaus. „Könnt ihr alle so gut schwimmen, Joschi?“ fragte Lexi, und er antwortete: „Eigentlich schon. Der Ritter Rollbert kann sogar besonders gut Kraulen, aber der ist ja sowieso sehr sportlich. Und die königlichen Kinder schwimmen nicht nur wie die Fische, die haben sogar Tauchen gelernt, und Windsurfen und Wasserskifahren.“ Lexi machte jetzt ein ganz konzentriertes Gesicht, und Joschi hielt den Atem an – sie wirkte so anders in dem Moment. „Ich konnte auch einmal sehr gut schwimmen.“ Sagte Lexi. „Aber da war ich noch jemand anders.“ Joschi und Bernhard sahen sich an, und ihnen beiden war der Mund offen stehen geblieben. Das war jetzt eine ganz wichtige Sache! „Lexi!“ rief Joschi. „Du kannst dich erinnern!“ „Ja, jetzt auf einmal, aber nur ein bisschen.“ Sagte sie ernst. „Ist das gut oder schlecht?“ „Das ist super-gut!“ piepste Bernhard aufgeregt. „Der Meister Zauberer wäre begeistert!“ „Und warum?“ fragte Lexi. Bernhard hopste auf ihren Liegestuhl, lehnte sich mit beiden Pfötchen auf ihren Arm und sah ihr ernsthaft ins Gesicht. „Weil, „ sagte er nachdrücklich, „Dir die böse Meerhexe die Erinnerung geklaut hat, als sie dich in ein Menschenmädchen verzaubert hat. Und jetzt hast du angefangen, dir die Erinnerung wieder zu holen. Das ist doch toll!“ Er war eben, dachte Joschi, nicht umsonst die klügste Glasmaus der Welt.

Lexi sah allerdings noch nicht so richtig überzeugt aus, ihr schien eher ungemütlich zumute zu sein. „Aber jetzt reden wir nicht mehr davon.“ Sagte Joschi. „Je weniger wir über die böse ihr-wißt-schon-wen reden, umso besser. Schaut nur, da kommt die Madame Babette zurück, und sie winkt uns!“ „Und sie deutet auch, auf irgendwas im Wasser!“ piepste Bernhard. „Was meint sie denn, Joschi?“ Joschi spähte ganz genau, und schließlich erkannte er, was sie meinte. Da schwamm eine kleine braune Ente im Wasser, noch ein ganzes Stück entfernt, und um sie herum wuselte und wurlte es nur so. „Auf, Lexi, pack deinen Scooter!“ rief Joschi. “Da kommt eine Entenmama mit kleinen Küken, die schauen wir uns an!“ „Küken?“ fragte Lexi. „Sind das Entenkinder?“ „Haargenau. „ sagte Joschi. „Und die sind total putzig, wirst schon sehen. Jetzt komm, sonst schwimmen sie vorbei!“ Das ließ sich Lexi nicht zweimal sagen, und wenige Augenblicke später waren sie am Wasser unten. Die Entenmama war noch ein paar Meter entfernt, aber jetzt sah man die kleinen Flaumbällchen von Küken schon ganz deutlich, und hörte ihr helles Piepsen. „Komm, setz dich auf mein Handtuch. „ sagte Joschi. „Wenn wir uns ganz ruhig verhalten, kommen sie vielleicht heraus. Die sind nämlich neugierig wie noch was!“ Inzwischen war auch die Madame Babette aus dem Wasser und zu ihnen her gekommen, und sie sagte: “Ich hab Entenbrot in meiner Tasche, das hole ich mal schnell, dann könnt ihr sie füttern.“ Lexi aber, total fasziniert, hatte nur noch Augen für die Entenküken. „Das sind ja richtig viele! Fünf, nein sechs Stück! Und wie sie rudern mit ihren kleinen Beinchen! Ach schau mal Joschi, die Mama kommt an Land!“ Und nach der Entenmama folgten ihre Kleinen, und manche von ihnen hatten es so eilig, dass sie über- und durcheinander plumpsten und wie wild mit ihren kleinen Stummelflügeln ruderten.

Entenfamilie mit kleinen Küken

Lexi lachte hellauf und klatschte in die Hände, und die Entenmama beäugte sie misstrauisch und watschelte wieder ein paar Schritte näher ans Wasser. „Nicht verscheuchen, Lexi!“ sagte Joschi leise. „Laute Geräusche mögen sie gar nicht.“ „Ach so, Entschuldigung.“ Flüsterte Lexi erschrocken, und hinter ihnen sagte die Madame Babette gedämpft: “So, da ist das Brot. Kleine Bröckerl abbrechen, Lexi, sonst verschlucken sich die Kleinen. Einfach abbrechen und hinwerfen, die kommen schon her und holen es sich.“ Und das war das allerhöchste für Lexi, dass die kleinen Entchen bis zu ihrem Handtuch kamen und dort herumpurzelten. Sie strahlte über das ganze Gesicht und versuchte, ob sie ihr auch aus der Hand fressen wollten, aber so mutig war dann doch keins von den Kleinen. Schließlich war das Brot alle, und nach einigem Gepiepse und Gepicke scheuchte die Entenmama ihre Kinderschar wieder ins Wasser, und sie zogen davon. „Oh, das war aber nett! Die Küken sind ja zu süß!“ strahlte Lexi, und Joschi lachte zufrieden. Das hatte auch noch einen anderen Grund, aber davon sagte er erstmal nichts. „Die Enten haben gar keine Angst vor Menschen, nicht wahr?“ fragte Lexi. „Hier am See nicht, da sind immer Leute am Strand, das sind sie gewöhnt.“ Sagte Joschi. „Und es tut ihnen ja auch keiner was. Aber schau mal, wir haben noch anderen Besuch gekriegt.“ Und er deutete hoch in die Luft, wo einige weiße Vögel kreisten. “Das sind Möwen – richtige Flugkünstler. Schade, dass wir kein Brot mehr haben, die fangen es nämlich aus der Luft, wenn man ein Bröckchen hochwirft.“ „Echt wahr?“ fragte Lexi, und dann stieß auf einmal eine Möwe einen krächzenden Schrei aus, und die anderen antworteten ihr. „Oh!“ sagte Lexi erstaunt, und er sah dass sie die Augen geschlossen hatte und lauschte. „Das Geräusch kenne ich irgendwoher.“ „Möwengeschrei?“ Joschi überlegte hastig. “Möwen sind eigentlich Meeresvögel, die sind bei uns nur zugewandert – kennst du das vielleicht von früher?“ „Das ist möglich, „ sagte Lexi nachdenklich. “Aber genau sagen kann ich es nicht.“ Dann schüttelte sie sich ein bisschen, als wollte sie etwas Unangenehmes loswerden, und sagte mit normaler Stimme: „Puh, hier in der Sonne ist es ganz schön warm!“ „Vielleicht möchtest du dich ein bisschen abkühlen, und wenigstens mal die Hände und Füße ins Wasser tauchen?“ fragte Joschi. Jetzt war er sehr gespannt auf ihre Antwort. Lexi schaute ihn an, blinzelte, schaute auf das Wasser zu ihren Füssen und schaute wieder Joschi an. „Oh, Joschi, jetzt hast du mich aber schön ausgetrickst!“ lachte sie. „Vor lauter Entchen hab ich nicht gemerkt, wie nah ich am Wasser bin! – Aber jetzt möchte ich lieber wieder zurück in den Schatten.“ „Das ist völlig in Ordnung.“ Sagte Joschi. „Ich glaube auch, es wird allmählich Zeit für den Zwetschgendatschi.“

Der Zwetschgendatschi war geradezu himmlisch gut, saftig und aromatisch. Madame Babette und Joschi aßen jeder zwei Stücke, Lexi erst ein halbes und dann das zweite halbe noch dazu, und Bernhard knabberte vergnügt an einer Kruste vom Rand, wo der Zwetschgensaft schön dunkelbraun und knusprig karamellisiert war. Madame Babette trank Kaffee aus ihrer Thermoskanne, und für die Kinder gab es Eistee. Danach verabschiedete sich die Madame Babette, sie musste wieder in ihre Küche zurück. Aber vorher sagte sie noch: “Habt ihr schon genug von Zwetschgen, oder mögt ihr heute Abend noch mal welche?“ „Zwetschgen mag ich immer!“ sagte Joschi, und Lexi sagte: „Wegen mir gerne!“ „Gut, „sagte Madame Babette. „Dann gibt es Zwetschgennudeln mit Vanillesoße, einverstanden?“ „Gibt’s da auch Krümel?“ piepste Bernhard, und die Madame Babette lachte. „Jede Menge.“ Sagte sie. „Krümel aus feinstem Hefeteig, frischgebacken. – So, jetzt muss ich aber wirklich los. Bis später, Kinder!“ „Bis später, Madame Babette!“ riefen die drei im Chor.

Erst faulenzten sie noch ein bisschen im Schatten, dann gingen Joschi und Bernhard zum Baden, dann spielten sie noch ein bisschen Mensch-ärgere-dich-nicht und Mühle, und der Nachmittag verging wie im Fluge. Joschi passte heute sehr genau auf das Wetter auf und spähte auch ein paar mal um die Ecke vom Bootshaus nach Westen, aber es war kein Wölkchen am Himmel zu entdecken. „Kein Gewitter weit und breit, und nur ganz leichter Wind!“ verkündete er, als er wieder mal nachgeschaut hatte. „Das wäre heute das ideale Wetter, um mal auf den See hinauszufahren.“ „Auf den See hinaus?“ fragte Lexi und schaute ein bisschen komisch. „Ja, „ sagte Joschi, „Mit dem Ruderboot. Es gehört dem Ritter Rollbert, aber ich darf es auch benutzen.“ „Du fährst ganz allein mit einem Boot?“ fragte Lexi und schaute noch karierter. „Ja, seit letztem Jahr bin ich groß genug dafür. „ sagte Joschi, ein bisschen stolz. „Aber ich hab ganz schön viel lernen müssen dafür, über das Wetter und über Notsignale und über Vorfahrtsregeln auf dem Wasser. Das ist nämlich gar nicht so einfach, wer wen vorbeilassen muss und wer Vorfahrt hat.“ „Da habe ich jetzt nur die Hälfte verstanden.“ Sagte Lexi. „Ist nicht schlimm, „ sagte Joschi. „Du musst das ja auch nicht wissen. Ich wollte nur sagen, das ich das Boot fahren von Ritter Rollbert richtig gelernt habe, und deswegen darf ich auch alleine hinaus.“ „Hast du denn keine Angst?“ fragte Lexi bang. „Vor was sollte ich denn Angst haben? Man muss halt gut auf das Wetter aufpassen, und beim ersten Anzeichen von Gewittern oder bei Sturmwarnung rasch an Land rudern. Aber sonst kann eigentlich nicht viel passieren.“ Sagte Joschi. „Aber ist der See nicht schrecklich tief?“ fragte Lexi. “Was, wenn du hineinfällst?“ „So leicht fällt man nicht aus einem Boot, außer man stellt sich schrecklich dumm an. „ sagte Joschi. „Und außerdem kann ich gut schwimmen. Ich müsste dann halt wieder hineinklettern, und das wäre auch nicht so schwer, weil hinten am Boot eine Leiter dran ist. – Magst du dir das Boot mal ansehen? Es hängt drinnen im Bootshaus.“ „Ich weiß nicht.“ Sagte Lexi. „Ich glaube, mir sind Boote nicht ganz geheuer.“ „Ach, komm schon, Lexi, es ist ein hübsches Boot, ganz weiß und blau. Komm mit, kannst ruhig den Scooter nehmen!“

Aber das Bootshaus war überhaupt nichts für Lexi. Das Geräusch des Wassers, das an die Wände schwappte, war ihr unheimlich, und es war dunkel und kühl hier drinnen, und das Licht tanzte in seltsamen Reflexen durch das Wasser. „Brr!“ sagte sie und rieb sich fröstelnd die Arme. „Das ist ja hier wie unter Wasser! Ich geh wieder raus, Joschi.“ „Schade, du hast ja das Boot gar nicht richtig gesehen.“ Meinte Joschi bloß, und überlegte, ob er da nicht vielleicht ein wenig voreilig gewesen war. Der Meister Zauberer konnte schon recht haben damit, dass er ihn immer wieder zur Geduld mahnte. Jetzt hatte er schon halb gedacht, er könnte Lexi vielleicht zu einer Bootsfahrt überreden, aber dahin war’s wohl noch ein weiter Weg.

Es war allmählich Zeit zum Abendessen, und sie räumten ihre Sachen zusammen und machten sich auf den Rückweg. Der Ritter Rollbert war heute schon da – freitags hatte er immer früher Dienstschluss – und fragte, was sie denn heute gemacht hatten, und Lexi erzählte begeistert von den kleinen Enten. Joschi ging einstweilen in die Küche und holte Getränke, und Madame Babette winkte ihm zu und rief: „Noch fünf Minuten! Trägst du mir die Vanillesauce hinaus? Ich komme dann gleich mit den Tellern.“ Und wenig später servierte Madame Babette die große Bratrein mit den dampfenden Zwetschgennudeln. Die sahen schon so appetitlich goldbraun aus, und dufteten vorzüglich. Madame Babette teilte aus – eine für Lexi, zwei für alle anderen, und Ritter Rollbert reichte die Vanillesauce herum. „Vorsicht, sehr heiß!“ sagte Madame Babette, und Lexi fragte: „Und wie isst man die jetzt?“ Joschi zeigte ihr, wie man die Nudeln mit Löffel und Gabel zerteilte, so dass das flaumige Innere und die Zwetschgenfüllung zum Vorschein kamen, und wie man kleine Stückchen auf die Gabel spießte und in die Vanillesauce tunkte. Lexi pustete mehrfach auf ihr Stückchen und probierte schließlich vorsichtig. „Hmm!“ machte sie. „Ist das aber gut!“ „Total lecker!“ stimmte Joschi zu, und Bernhard piepste: „Überaus köstlich!“ Der Ritter Rollbert brummte bloß, weil er gerade den Mund voll hatte. Und Madame Babette lächelte zufrieden in die Runde.

Nicht lange nach dem Abendessen verabschiedete sich Lexi, sie war müde. Joschi brachte sie noch zum Seitentor. Sie sprachen nicht mehr viel, nur, dass es wieder ein schöner Tag gewesen war, und dann wünschten sie sich Gute Nacht bis morgen. Joschi beeilte sich ziemlich auf dem Rückweg, er musste nämlich unbedingt eine Nachricht an den Meister Zauberer schreiben. Die Madame Babette hatte den Tisch schon abgeräumt, jetzt saßen sie und der Ritter Rollbert am Tisch und unterhielten sich. Bernhard sprang auf, als er Joschi kommen sah. „Ich glaube, „ piepste er, „Wir müssen dringend eine Email schreiben!“ „Haargenau. „ sagte Joschi. “Komm, Kleiner, das machen wir gleich.“ „Was ist denn so dringend?“ fragte Madame Babette. „Dem Meister Zauberer schreiben, welche Fortschritte Lexi macht!“ sagte Joschi. „Immerhin ist sie heute direkt am Wasser gesessen und hat es nicht mal gemerkt!“ „Ach so, ja klar.“ Sagte Madame Babette. „Na dann, erstattet dem Meister Zauberer mal Bericht. – Kommst du nachher noch mal runter, Joschi?“ “Ja, mach ich.“ Sagte er, und dann liefen er und Bernhard in den Turm hinauf.

Es wurde eine relativ lange Email, weil auch noch hinein musste, dass sich Lexi an das Schwimmen und an das Möwengeschrei erinnern konnte, und dass sie eine Heidenangst vor Booten hatte, aber zu zweit waren sie dann doch recht schnell fertig mit dem formulieren, und sie schickten die Email ab und schalteten das Regenbogenkistl aus. Dann gingen sie wieder in den Schlosshof hinunter und setzten sich zu Madame Babette und Ritter Rollbert an den Tisch. „Das ging aber fix.“ Sagte Madame Babette, und Joschi nickte. „Allmählich kriege ich Übung mit den Emails.“ Sagte er. „Prima! Aber jetzt mal ganz was anderes, Joschi, „ sagte sie. “Der Ritter Rollbert und ich, wir haben morgen Nachmittag frei, weil der König einen Empfang im Stadtpalais gibt. Ich werde zwar vormittags noch mit dem kalten Buffet beschäftigt sein, aber das wird mittags abgeholt, und dann ist Ruhe. Und wir haben uns gedacht, wir könnten nachmittags Grillen – was hältst du davon?“ „Aber immer gerne!“ strahlte Joschi. „Gibt’s dann auch Schaschlik?“ „Sicher doch!“ lachte Madame Babette. „Weiß ich doch, dass du die am liebsten magst. Ja, und das Fräulein Lexi, was mag die?“ „Muss Lexi morgen nicht im Schloss essen?“ fragte Joschi. „Wohl kaum, der König ist ja nicht da, wir können sie schon zu uns einladen.“ Sagte Madame Babette. „Also, wenn ihr mich fragt, „ sagte Joschi, „Dann weiß Lexi sicher gar nicht, was Grillen ist. Aber ich weiß, dass sie Hühnchen gern mag, das hat sie mal gesagt.“ „Sehr gut!“ sagte Madame Babette. „Dann werde ich ein bisschen Hühnerfleisch für Lexi herrichten.“ „Und für mich wird es doch sicher ein paar Brotkrümel geben, oder?“ piepste Bernhard, und Madame Babette lachte. „So viele du möchtest!“ Nicht lange danach fing Joschi an zu gähnen, und er und Bernhard sagten gute Nacht und gingen ins Turmzimmer.

17. Kapitel, in dem Joschi wieder mal eine gute Idee hat und eine tolle Grillparty gefeiert wird

Der Samstag fing genau so schön an wie der Freitag vorher, und Joschi war früh aus dem Bett und schaltete gleich das Regenbogenkistl ein. Da wartete auch schon eine Nachricht vom Meister Zauberer auf ihn, und diesmal störte es ihn nicht mal, dass die sehr kurz war, denn sie war auch sehr ermutigend. „Lieber Joschi, das sind ganz ausgezeichnete Neuigkeiten. „ stand da. „Der Weg wird jetzt klarer. Bald mehr. Mach weiter so. Dein Meister Zauberer.“ „Na, das nenne ich doch mal einen vollen Erfolg!“ piepste Bernhard, und dann noch: “Guten Morgen, Joschi!“ „Guten Morgen, Bernhard! Du hast doch gerade noch tief und fest geschlafen. „ sagte Joschi. „I wo, ich bin gleich wach geworden wie du das Regenbogenkistl eingeschaltet hast.“ Sagte Bernhard. “Sag mal, jetzt wird’s richtig spannend, oder? „Der Weg wird klarer“ schreibt er da. Das kann doch nur heißen, dass er jetzt eine Möglichkeit sieht, wie wir dem Fräulein Lexi helfen können mit ihrer Angst und mit der blöden Geschichte mit ihren Füßen.“ „Das verstehe ich ganz genau so.“ sagte Joschi. “Das heißt andererseits aber auch, dass der Meister Zauberer selber bisher nicht gewusst hat, was man da machen könnte.“ „Ist doch logisch, Joschi!“ piepste Bernhard. „Wo er doch einfach keine Zeit hat, sich um alles selber zu kümmern. Das ist in dem Fall deine Aufgabe.“ „Also, so vor dem Frühstück ist mir das jetzt zu kompliziert.“ Grummelte Joschi, und Bernhard lachte ihn aus. „Morgenmuffel!“ „Bin ich nicht!“ „Bist du doch, genau wie der Ritter Rollbert!“ Dann lachten sie beide, und Joschi ging erstmal ins Bad, und dann gingen sie hinunter zum Frühstück.

Die Madame Babette saß am Tisch und schrieb in ihrer schönsten Handschrift den Menuplan für das kalte Buffet, und dabei durfte man sie nicht stören, das wusste Joschi. Aber er fand sein Frühstück auch so, Kaba war in der Thermoskanne auf dem Tisch bei der Eckbank, Semmeln standen in einem Körbchen daneben, und da waren auch zwei Schälchen mit Marmelade und Honig. Also frühstückten sie erstmal und warteten, bis Madame Babette mit ihrer Schönschrift fertig war. Das dauerte auch nicht mehr lange, dann kam sie herein und sagte fröhlich: “Guten Morgen, ihr zwei! Na, Joschi, was habt ihr heute vor?“ „Ich weiß noch nicht recht.“ Sagte Joschi. “Vielleicht zum Wildgehege fahren.“ „Da geht es am Wochenende aber immer schrecklich zu!“ gab Madame Babette zu bedenken. „Aber ich glaube, ich weiß was für euch. Fahrt doch zum Aussichtspavillon, da geht ein schöner ebener Weg hin, das kann Lexi leicht mit ihrem Roller fahren, und es ist auch nicht so weit.“ „Das ist eine Super-Idee!“ sagte Joschi. “Da ist der Weg hin schon so schön, das wird Lexi gefallen.“ „Ich mach euch schnell noch zwei belegte Semmeln, „ sagte Madame Babette. „Und dann muss ich aber sehen, dass ich mit dem kalten Buffet weiterkomme.“ „Und ich darf hier bleiben und beim kochen zusehen!“ piepste Bernhard, und Madame Babette lächelte ihn an. „Aber natürlich darfst du das.“ Sagte sie. “Mir kommt’s bald so vor, als wolltest du bei mir in die Lehre gehen!“ „Mein unerfüllbarer Traum, Madame Babette.“ Piepste Bernhard und schaute unglücklich. „Aber dafür bin ich leider, leider viel zu klein. Ich könnte ja in einen Topf fallen und ertrinken!“

Bernhard mit Kochmütze und Rührlöffel

„Na, das wollen wir ganz sicher nicht!“ lachte Madame Babette. „Nein, nein, du bleibst schön hier auf dem Tisch, und ich sorge dafür, dass ein paar feine Krümel für dich abfallen. Von den Käsestangerln, zum Beispiel, die backe ich jetzt gleich. Aber jetzt richte ich erstmal die Semmeln her.“

Joschi hatte Semmeln und Getränke eingepackt und sich wieder draußen an den Gartentisch gesetzt, und es dauerte nicht mehr lang, da kam Lexi auf ihrem Scooter um die Ecke. „Guten Morgen, Joschi!“ rief sie. „Wo steckt denn Bernhard?“ „Guten Morgen, Lexi!“ antwortete Joschi. „Bernhard ist in der Küche, er schaut zu wie Madame Babette das kalte Büffet für die Familie König herrichtet. Heute ist nämlich Empfang im Stadtpalais.“ „Davon habe ich auch schon gehört.“ Sagte Lexi und setzte sich mit an den Tisch. „Aber was ist denn eigentlich ein kaltes Bü... Büff...“ „Büffet.“ Vollendete Joschi. „Da werden große Tische aufgestellt, auf die kommen ganz viele leckere kalte Sachen zu essen, und jeder bekommt einen Teller und darf sich selber nehmen, was er mag.“ „Das hört sich gar nicht mal schlecht an.“ Sagte Lexi. „Und was gibt es da so zu essen?“ „Ganz viele verschiedene Sachen – aber da fragst du am besten die Madame Babette, die kann dir das ganz genau sagen.“ Sagte Joschi. „Das kannst du gleich heute Nachmittag machen, da hat die Madame Babette nämlich frei, und der Ritter Rollbert auch. Deswegen machen wir heute etwas ganz besonderes: wir feiern eine Grillparty. Und du bist herzlich eingeladen.“ Lexi machte kugelrunde Augen. „Oh, ich bin eingeladen! Das ist aber schön! Nur, was ist eine Grillparty?“ Joschi musste lachen, so lustig sah Lexi mit ihren riesengroßen Augen aus. „Eine Party ist ein kleines Fest,“ erklärte er, „ und ein Grill ist ein Kasten aus Metall, in den man Holzkohlen hineintut. Die werden angezündet, und wenn das richtig brennt, kann man die leckersten Sachen darauf braten. Außerdem gibt es noch Salate und Kräuterbutter und so was, und etwas Gutes zu trinken. Für dich habe ich übrigens Hühnchen bestellt, das magst du doch, oder?“ “Sehr gerne sogar, danke!“ sagte Lexi. „Aber, wenn das Essen auf dem Feuer gebraten wird, verbrennt das denn nicht?“ „Aber ganz bestimmt nicht!“ sagte Joschi. “Da sorgt schon der Ritter Rollbert dafür, der ist nämlich unser Grillmeister. Außerdem brennen die Holzkohlen nicht lichterloh, die glühen nur und flackern und qualmen nicht.“ „Das hört sich ja alles sehr spannend an!“ sagte Lexi. „Da hast du mich jetzt richtig neugierig gemacht!“ „Na, warte ab bis heute Nachmittag.“ Sagte Joschi. “Ich bin sicher, es wird dir gefallen!“ „Das glaube ich auch!“ sagte Lexi fröhlich. „Und was machen wir bis dahin?“ „Wir fahren zum Aussichtspavillon.“ Sagte Joschi. „Das ist nicht so weit wie bis zum Spielplatz, die Strecke schaffst du locker mit deinem Scooter. Und ich fahre mit dem Radl neben dir her, schön langsam.“ „Und was ist ein Aussichtspavillon?“ fragte Lexi. „Du magst mir heute wieder Löcher in den Bauch fragen!“ lachte Joschi, und Lexi wurde ein kleines bisschen rot. „Wenn du immer so viele Wörter verwendest, die ich nicht kenne!“ sagte sie. „Ist schon in Ordnung, Lexi. „ sagte Joschi. „Wie sollst du’s denn sonst lernen? – Also, der Aussichtspavillon ist ein Holzdach auf einem metallenen Gestell, das ist ganz mit Kletterpflanzen bewachsen. Drinnen stehen Bänke, und man hat von dort eine besonders schöne Aussicht auf den See und die Berge.“ „Na, das hört sich doch prima an!“ sagte Lexi und lächelte fröhlich. “Wann wollen wir losfahren?“ „Wegen mir jetzt gleich. „ sagte Joschi. „Wegen mir auch.“ Sagte Lexi, und so starteten sie ohne weitere Umstände.

Der Weg führte durch den älteren, weniger benutzten Teil des Schlossparks, der hauptsächlich aus gepflegten Rasenflächen und hohen Baumgruppen bestand. Hier und da standen auch marmorne Figuren und murmelten kleine Brunnen, und zur Seeseite hin wuchsen Weidenbüsche und raschelndes Schilf. „Schön ist das hier!“ sagte Lexi nach einer Weile. „So grün und so friedlich.“ „Ja, hier kommt jetzt selten jemand her. „ sagte Joschi „Aber als die königlichen Kinder noch kleiner waren, da ist hier Fußball gespielt worden, und Federball und Boccia, da war immer ganz schön was los. – Sollen wir hier eine kleine Pause machen?“ „Ja, bitte.“ Sagte Lexi, und sie blieben stehen. Lexi sah sich gründlich um, und man sah ihr richtig an, wie wohl sie sich fühlte. „Vorne am Schloss ist es auch schön, mit den ganzen Blumenbeeten. „ sagte sie nach einer Zeitlang. „Aber hier gefällt es mir fast noch besser. Ich kann mir vorstellen, dass man im Schatten unter den Bäumen ganz wunderbar im Gras sitzen kann.“ „Das kann man auch!“ stimmte Joschi zu. „Können wir ja nachher machen, dann machen wir ein Picknick im Grünen mit unseren Semmeln.“ „Au ja!“ sagte Lexi. „ Aber – was ist ein Picknick?“ Joschi lachte fröhlich. „Ein Picknick ist, wenn man sich zum Essen draußen auf dem Boden hinsetzt.“ Erklärte er. „Aha, danke!“ sagte Lexi und schmunzelte auch. „Was es nicht alles an verschiedenen Arten von Essen gibt, unglaublich!“ Dann fuhren sie weiter, und nicht lange danach erreichten sie den Aussichtspavillon. Der stand auf einem kleinen Hügel am Ufer und war ganz überwuchert von üppigen Grünpflanzen, so dass es drinnen angenehm schattig war. Joschi zeigte Lexi die Bank mit der schönsten Aussicht, und dann schauten sie erstmal beide.

Der grünbewachsene Aussichtspavillon

Links ganz hinten blitzte das Schloss durch die hohen Bäume, geradeaus hatte man einen herrlichen Blick auf die Berge, und rechts lag eine baumbestandene Insel, nicht allzu weit vom Ufer entfernt. „Was ist das da drüben?“ fragte Lexi. “Sieht aus, als ob Bäume im Wasser stehen.“ „Das ist die Roseninsel.“ Sagte Joschi. „Was Rosen sind, weiß ich!“ sagte Lexi. „Die duften so schön! Aber Insel weiß ich nur ganz ungefähr – schwimmt da ein Stück Land im Wasser?“ „Nein, Land kann ja nicht schwimmen. „ sagte Joschi und erklärte: „Das musst du dir so vorstellen, als wenn ein Berg im Wasser steht, und nur das oberste Stückchen schaut raus. Aber der Berg geht bis ganz unten, der steht da fest.“ „Also ist eine Insel ein Berggipfel?“ fragte Lexi, und Joschi nickte. „Haargenau.“ Sagte er. „Das hab ich jetzt verstanden. „ sagte Lexi. „Aber warum heißt die Insel Roseninsel? Ich sehe nur Bäume.“ „Die Bäume sind außen herum, „ sagte Joschi, der schon öfter auf der Insel gewesen war. „In der Mitte ist ein kleines Schlösschen, und davor ist ein ovaler Garten, in dem blühen die schönsten Rosen. Die Bäume halten den Wind ab, deswegen wachsen die Rosen da besonders gut. Und das tollste ist, in der Mitte von dem ovalen Garten steht eine hohe Säule, die ist ganz aus blauem Glas – so was muss man erstmal gesehen haben.“ „Oh, Joschi, das hört sich ja wundervoll an!“ sagte Lexi begeistert. „Das möchte ich auch sehen!“ Joschi holte sie jetzt wirklich ungern auf den Boden der Tatsachen zurück, aber es blieb ihm ja nichts andres übrig. „Auf die Insel kommt man leider nur mit dem Boot. „ sagte er. „ Es ist allerdings nicht sehr weit.“ „Oh, wie schade. „ sagte Lexi, total geknickt. „Und ich wollte doch so gern den ovalen Garten sehen! Da werde ich wohl nie hinkommen.“ „Sei doch nicht traurig, Lexi.“ Sagte Joschi. „Ich habe eine andere Idee: die Roseninsel ist ja richtig berühmt und gut besucht, ich wette, wir finden auch etwas über sie im Internet, und mit Sicherheit auch Fotos!“ „Meinst du wirklich?“ fragte Lexi und schaute noch ein bisschen zweifelnd. „Hundertprozentig.“ Sagte Joschi bestimmt. „Oder, ich hätte noch eine andere Idee: wir fahren noch die zwei, drei Minuten bis zum Kiosk, da kannst du dir dann Postkarten von der Insel anschauen.“ Lexis Miene hellte sich beträchtlich auf. „Oh prima, Postkarten mag ich! Ich habe auch schon eine ganze Sammlung, die Familie König schickt sie mir von überallher. – Aber: was ist ein Kiosk?“ „Das ist ein Häuschen, in dem Getränke, Eis, Brotzeiten und eben auch Postkarten verkauft werden. „ erklärte Joschi geduldig, denn er war froh dass sie jetzt wieder fröhlicher drein sah.

Es war gut, dass Joschi ein bisschen Kleingeld einstecken hatte, denn Lexi blätterte sich begeistert durch die Postkarten von der Insel und hätte sie am liebsten alle genommen. Da waren welche nur von blühenden Rosen und welche vom ganzen Garten, und welche aus der Luft fotografiert, und welche vom Wasser aus durch die Bäume, und natürlich auch welche von der Glassäule. „Für vier Stück reicht mein Geld!“ sagte Joschi, und Lexi blätterte und blätterte und konnte sich nicht entscheiden. Und sie schaute auch immer wieder sehnsüchtig zu der Insel hinüber. „Wenn man hinüberfahren wollte, „ sagte Joschi. „Also nur, falls, da käme gerade das Boot.“ Lexi schaute kritisch zu, wie das Boot am Steg anlegte und die Leute an Land gingen. „Das schaukelt aber!“ sagte sie. Und Joschi seufzte leise. Jetzt hatte er gedacht, er könnte ihr die Roseninsel so schmackhaft machen, dass sie vielleicht doch hinüberfahren wollte... na ja, so schnell ging das wohl nicht. Also schlug er vor, dass sie sich jetzt endgültig ihre vier Postkarten aussuchte, und sie dann zurück in den Schlosspark fuhren. Das machten sie dann auch, und suchten sich einen schönen Platz im Gras unter den hohen Bäumen.

Lexi war ganz begeistert von dem dichten Rasen. „Wie ein Teppich!“ sagte sie. „Ganz dick und weich!“ „Aber der hält was aus!“ sagte Joschi. „Darauf ist schon viel Fußball gespielt worden.“ Dann packte er ihre Semmeln aus und schaute neugierig hinein. „Salami mit Paprika!“ verkündete er. „Einfach, aber gut. Möchtest du eine ganze oder eine halbe Semmel, Lexi?“ „Ich glaube, eine ganze. Heute gibt’s ja kein Mittagessen, oder?“ antwortete sie. „Nein, wir wollen uns ja den Appetit für die Grillparty aufheben. „ sagte Joschi und biss erstmal herzhaft in seine Semmel. Nachher tranken sie noch Eistee aus der Thermoskanne, und dann holte Lexi ihre Postkarten noch einmal heraus und schaute sehnsüchtig darauf. „Die hier finde ich am schönsten!“ sagte sie und reichte die Karte zu Joschi hinüber. Die gläserne Säule war darauf zu sehen, an ihrem Fuß üppig blühende Rosen in allen Farben, im Hintergrund sattgrüne Bäume und oben blauer Himmel. „Die ist auch besonders schön.“ Sagte Joschi. “So schaut es da wirklich aus.“ „Du warst wohl schon oft dort?“ fragte Lexi, und Joschi nickte. “Die Roseninsel ist ein Lieblingsplatz von Madame Babette, und ich hab sie schon oft hinübergerudert. Das ist ein hübscher kleiner Ausflug, keine halbe Stunde von unserem Bootshaus entfernt.“ „Ach, verflixt.“ Sagte Lexi ungewohnt heftig, und sie haute mit der Faust auf den Boden. “Wenn ich nicht solche Angst vor dem Hineinfallen hätte...“ „Was wäre denn so schlimm daran, wenn du hineinfällst?“ fragte Joschi ganz vorsichtig, denn er hatte jetzt eine ganz leise Ahnung einer Idee. „Ich könnte untergehen, davor fürchte ich mich am allermeisten. „ sagte Lexi und machte auch ein ängstliches Gesicht. „Ich kann doch nicht schwimmen.“ Joschis leise Ahnung von einer Idee wurde auf einmal zu einer blitzsauberen großen Idee, aber noch sagte er nichts, außer: “Aber wenn du bloß nass werden würdest, und nicht untergehen, das wäre nicht so schlimm?“ „Ich weiß nicht.“ Sagte Lexi unglücklich. “Ich hab einfach Angst vor der Tiefe.“ „Und vor flachem Wasser, wie bei uns vorm Bootshaus, hast du da weniger Angst?“ fragte Joschi. „Na ja, ein bisschen weniger vielleicht.“ Antwortete Lexi. „Weißt du was?“ sagte Joschi, „Wenn man von uns aus zur Roseninsel rudert, geht es immer am Ufer entlang durch ganz flaches Wasser, da kann man überall noch stehen, und man kann auch bis zum Boden sehen. Da müsstest du wirklich keine Angst haben.“ „Ich weiß nicht, Joschi.“ Sagte sie unglücklich. „Ich mag das ja selber nicht, dass ich da so ein Angsthase bin, aber was soll ich machen?“ „Nur die Ruhe, Lexi.“ Sagte Joschi. „Ich will dich ja auch gar nicht drängeln, aber überleg’s dir in aller Ruhe. – So, und was hältst du davon, wenn wir jetzt zurückfahren?“ „Einverstanden, Joschi.“ Sagte Lexi, und sie machten sich auf den Rückweg.

Der Ritter Rollbert, Madame Babette und Bernhard saßen im Schlosshof beim Kaffee, und heute gab’s mal keinen Kuchen. Die Madame Babette sah ein bisschen abgekämpft drein, und ihre Löckchen schauten ein wenig zerzaust aus. Aber schließlich war die Vorbereitung eines kalten Büffets für den König harte Arbeit, da hatte sie heute schon ganz schön was geschafft. Man begrüßte sich herzlich, und Madame Babette schlug vor, dass sie alle zum Baden gehen könnten, so schön wie es heute war. „Mit unserer Grillparty wollen wir so um vier, halb fünf anfangen, „ sagte sie, „Und jetzt ist es erst halb zwei. Ich für meinen Teil würde schrecklich gern eine Runde schwimmen gehen.“ „Ich auch!“ sagte Joschi, und „Ich ebenfalls!“ sagte der Ritter Rollbert, und „Ich will planschen!“ piepste Bernhard, und Lexi ließ sich nicht lumpen und sagte: „Und ich möchte schön im Schatten sitzen und euch allen zuschauen!“ So zogen sie wenig später den Weg zum See hinunter, Lexi auf ihrem Scooter, alle anderen zu Fuß.

Der Ritter Rollbert und Joschi räumten Liegestühle heraus, und Lexi machte es sich schon mal auf einem gemütlich. Die Madame Babette gab ihr gleich eine Tüte mit Entenbrot und sagte ihr, sie sollte ruhig schon mal Ausschau halten, weil die Enten meistens neugierig angeschwommen kamen, sobald Menschen am Ufer waren. Der Ritter Rollbert und Joschi waren einstweilen ins Bootshaus gegangen, sich umziehen. „Du, Ritter Rollbert!“ sagte Joschi. „Woher kriegt man eigentlich eine Schwimmweste?“ „Wozu brauchst du denn eine Schwimmweste, Joschi? Du schwimmst doch wie ein Fisch!“ sagte der Ritter Rollbert verwundert. „Nicht für mich, für Lexi!“ sagte Joschi aufgeregt. „Sie kann doch nicht schwimmen, und sie hat so schrecklich Angst davor, unterzugehen, und mit einer Schwimmweste kann sie doch nicht untergehen, oder?“ „Das ist Sinn und Zweck einer Schwimmweste. „ sagte der Ritter Rollbert gemessen. „Dass man eben nicht untergeht und gerettet werden kann.“ „Weiß ich doch!“ sagte Joschi ungeduldig, „Aber wo kriege ich eine her?“ „Da würde ich mal bei der Wasserwacht fragen.“ Sagte Ritter Rollbert. „Die müssten sie auch in verschiedenen Größen haben, das Fräulein Lexi ist ja sehr schlank, da dürfte es schon eine kleinere Größe sein.“ „Bei der Wasserwacht, aha.“ sagte Joschi und überlegte hastig. Die nächste Wasserwacht war am Hafen in der Stadt, da musste er sehen wie er da hinkam. „Das kann ich aber für dich übernehmen, Joschi,“ sagte Ritter Rollbert, „ ich habe gute Beziehungen zu den Kollegen von der Wasserwacht, ich rufe da mal an.“ „Oh, Ritter Rollbert, das wäre spitze! Vielen, vielen Dank“ rief Joschi begeistert. „Aber noch kein Wort zu Lexi, das wird eine Überraschung.“ Und dann gingen sie erst einmal zum schwimmen.

Alle gehen zum Baden

Die Entenfamilie war prompt aufgetaucht, nachdem Ritter Rollbert, Madame Babette und Joschi hinausgeschwommen waren, und Lexi packte ihren Scooter und die Tüte Entenbrot und rollte zum Ufer hinunter, wo Bernhard im flachen Wasser fröhlich herumplanschte. Er hopste zu ihr an Land, und Lexi streute schon mal ein paar Brotbröckchen ans Ufer. Das beobachtete die Entenmama ganz genau, und sie kam zielsicher auf sie zu, ihre wuselnde Kükenschar im Schlepptau. Lexi lachte vor Vergnügen, und auch Bernhard kicherte über die tollpatschigen Kleinen, die immer wieder über die eigenen Füße fielen vor lauter Eifer und sich ja kein Brotbröckchen entgehen lassen wollten. Joschi kam aus dem Wasser und setzte sich zu ihnen, und dann kam auch die Madame Babette und meinte: „Lexi, ich glaube, das ist jetzt genug, die überfressen sich sonst.“ „Ja, glaub ich auch.“ Sagte Lexi und packte das Brot weg. „Wo ist denn der Ritter Rollbert?“ fragte sie dann, und Joschi deutete: „Da draußen, siehst du ihn?“ „Boah, „ sagte Lexi, völlig verdattert. „Der kann so weit schwimmen? Ist das nicht gefährlich?“ „Nicht bei dem schönen Wetter, „ sagte Madame Babette bestimmt, „Und nicht wenn man so gut schwimmen kann wie Ritter Rollbert. Als er noch jünger war, hat er sogar an Wettkämpfen teilgenommen.“ „Huh!“ machte Lexi. „Das ist trotzdem verflixt weit draußen.“ „Stimmt schon, „ sagte Madame Babette. „Aber keine Bange, er schwimmt ja auch schon wieder rein. So, ich gehe mich jetzt abtrocknen.“ „Ich bleib noch da. „ sagte Joschi, und zu Lexi:“ sollen wir mal sehen, ob wir ein paar Möwen anlocken können?“ „Au ja gerne!“ sagte Lexi, und Joschi warf ein paar Brotbröckerl hoch in die Luft und weit auf den See hinaus. Als wenn sie nur darauf gewartet hätten, kamen zehn, zwölf der grauweißen Vögel heran geschossen und holten sich die schwimmenden Bröckerl im Flug von der Wasseroberfläche. Joschi warf wieder welche hoch in die Luft, und wie die Luftakrobaten stürzten die Möwen herab und fingen sich das Futter mitten aus der Luft.

„Die können fliegen!“ staunte Lexi. „Ja, nicht wahr?“ sagte Joschi. „Du musst das mal genau beobachten, die bewegen nur eine Flügelspitze, und schon fliegen sie in eine ganz andere Richtung weiter.“ „Ich sehe es – toll!“ sagte Lexi. Joschi warf den Möwen Brot zu, bis nichts mehr da war, und dann sagte er: „Uff, jetzt ist mir warm geworden, ich spring noch mal schnell ins Wasser.“ „Mir ist auch warm.„ sagte Lexi; schließlich war sie ja in der prallen Sonne gesessen. „Vielleicht magst du mal wenigstens die Füße ins Wasser tun?“ fragte Joschi. „Wenn du die Schuhe ausziehst und die Hosenbeine aufkrempelst?“ „Ach nein, lieber nicht.“ Sagte Lexi furchtsam. „Ach komm, Lexi!“ piepste Bernhard. „Hier kann gar nichts passieren, und es ist so seicht, dass sogar ich stehen kann!“ Zum Beweis hopste er mit einem hohen Sprung ins Wasser und kam prustend wieder hoch und winkte. „Siehst du, es ist ganz flach hier!“ Lexi lachte herzlich: es hatte auch zu witzig ausgesehen, wie der Kleine da hineinhechtete. „Also gut!“ sagte sie, „Aber nur die Füße!“ Und sie zog Schuhe und Socken aus, krempelte die Hosenbeine hoch und rutschte vorsichtig zum Wasser vor. „Na los, Lexi!“ piepste Bernhard, und: „Du packst das, Lexi!“ sagte Joschi, und dann tauchte sie erstmal eine Fußspitze ins Wasser. „Das ist ja gar nicht kalt!“ wunderte sie sich, und Joschi sagte: „Das ist genau richtig! Komm, rein mit den Füßen!“ Und Lexi tauchte mit beiden Füßen ins Wasser. „Das ist ja richtig angenehm!“ sagte sie erstaunt. „Und der Boden ist ganz weich!“ „Das ist allerfeinster Sand, „ piepste Bernhard. „Herrlich angenehm unter den Pfoten – Pardon, Füßen.“ „Lexi, das hast du super hingekriegt!“ rief Joschi begeistert. “Warte, ich hol dir schnell ein Handtuch zum Füße abtrocknen. „ Und er und Bernhard flitzten schnell zu Madame Babette hinauf.

Inzwischen war auch der Ritter Rollbert wieder ans Ufer gekommen, und er blieb bei Lexi stehen und lächelte ihr aufmunternd zu. „Das Wasser ist herrlich, nicht wahr, Fräulein Lexi?“ „Es ist total angenehm, das hätte ich nicht gedacht.“ Antwortete sie. „Unser See wärmt sich sehr schnell auf im Sommer, „ erklärte der Ritter Rollbert. „Das kommt, weil er größtenteils so flach ist. Deswegen kommen auch immer so viele Familien mit Kindern hierher, weil es sogar für die Kleinsten nicht zu kalt ist.“ „Wo sind die denn, die Familien?“ fragte Lexi, und Ritter Rollbert lächelte. „In der Stadt drüben im Strandbad zum Beispiel, oder im großen Erholungsgelände weiter südlich. Hmm, das kennst du wohl alles nicht?“ „Nein, nichts davon. „ sagte Lexi, und Ritter Rollbert strich sich den Bart und meinte: „Dann müsste man vielleicht einmal eine Rundfahrt unternehmen, damit du ein bisschen was siehst vom See. Da muss ich mal drüber nachdenken. – So, und jetzt gehe ich mich abtrocknen,“ Da kam auch schon Joschi mit dem Handtuch, und Lexi nahm die Füße aus dem Wasser, trocknete sich ab und zog Socken und Schuhe wieder an. „Joschi, du hast recht gehabt.“ Sagte sie dann nachdenklich. „Womit denn? „ fragte er. „Damit, dass ich vor dem flachen Wasser hier weniger Angst habe. „ sagte sie „Eigentlich fast keine mehr, jetzt. Aber wenn sich sogar der kleine Bernhard so hineinhüpfen traut, da kann wohl wirklich nichts passieren, dachte ich mir.“ „Lexi, das hast du einfach ganz super hingekriegt.“ Sagte Joschi stolz und hob ihren Scooter vom Boden auf. Lexi kam auf die Beine und tat ein Schrittchen, und da schnitt sie eine seltsame Grimasse. „Was ist denn?“ wollte Joschi wissen, aber sie sagte nur: „Ach nichts, nur ein komisches Gefühl in meinen Füßen. Wahrscheinlich vom Wasser.“ Und dann fuhr sie die paar Meter bis zum Schattenplatz unter dem Bootshausdach und machte es sich wieder in ihrem Liegestuhl bequem.

So gegen halb vier Uhr meinte Madame Babette, es sei jetzt an der Zeit zum zurückgehen, und sie packten ihre Sachen zusammen, räumten die Liegestühle weg und machten sich auf den Rückweg zum Schlosshof. Madame Babette sagt Lexi, sie sollte es sich unter dem Sonnenschirm gemütlich machen und bat Joschi, ihr beim Heraustragen zu helfen. Bernhard wuselte eifrig hinter ihnen her in die Küche. Der Ritter Rollbert holte inzwischen den Reserve-Biertisch und den Grill und die Holzkohle heraus, und dann noch die Lampionkette, die er an zwei Haken hoch in der Schlosshofwand befestigte. „Oh, ist das hübsch!“ rief Lexi. “So schön bunt! Was ist das denn?“ „Lampions, das sind kleine Lampen aus Papier. „ erklärte Ritter Rollbert. „Die schalten wir später ein, wenn es dämmrig wird, das sieht dann sehr schön aus.“ Madame Babette und Joschi kamen wieder, beladen mit Papiertischtüchern und Servietten und Tellern und Besteck, und Joschi bekam die Aufgabe, die Tischtücher auf die Tische zu kleben. Das hatte er schon öfter gemacht, so ging es ganz fix, und dann sah es schon sehr nach Party aus mit den Lampions und den weißen Tischdecken und bunten Servietten. Lexi machte zu alledem kugelrunde Augen, aber fröhliche runde Augen. „Jetzt verstehe ich das mit der Party allmählich!“ sagte sie zu Joschi. „Das ist, wenn man es sich besonders schön und nett macht, nicht wahr?“ „Allerdings. „ sagte Joschi, der gerade noch eine Tischtuchecke anpappte. „Aber wart’s nur ab, das kommt noch besser!“

Der Ritter Rollbert war mit Madame Babette in die Küche gegangen, und als er wiederkam trug er ein tiefes Tablett voller Eiswürfel, in dem stand eine riesengroße runde Glasschüssel mit Deckel, die ganz taubeschlagen war. Hinter ihm kam Madame Babette mit einem Tablett voller Gläser und zwei Flaschen. Die Gläser waren auch ganz rund und hatten einen Henkel, und in jedem Glas steckte ein Strohhalm und ein Löffel. „So, Kinder, die Party kann beginnen!“ verkündete Ritter Rollbert und lächelte strahlend dabei. „Hier ist die Bowle!“ Und er stellte sie mitten auf dem Tisch ab. „Oh, was ist das denn?“ fragte Lexi staunend, und die Madame Babette erklärte es ihr. „Ein ganz spezielles Getränk aus verschiedenen Früchten und Säften, das ist seit heute Mittag im Kühlschrank gestanden und hat schön durchziehen können. Für die Kinder wird es mit kaltem Sprudel aufgegossen, für uns Erwachsene mit Sekt.“ Sie nahm den Deckel von der Schüssel, nahm den Schöpflöffel, der da drin hing und füllte ein Glas halb voll, und Ritter Rollbert füllte es mit Sprudel auf. „Da Lexi, probier mal!“ sagte Madame Babette, und Lexi nahm das Glas, das sie ihr hinhielt, und schaute erstmal neugierig hinein. „Oh, was ist denn da alles drin? Ich sehe Erdbeeren und Kirschen, aber was ist das Grüne? Und das Orange? Und das Gelbe?“ „Da ist allerhand drin. „ sagte Madame Babette. „Ananas und Kiwi und Melonen und noch so einiges, ich hatte vom Büffet recht viel Obst übrig. Aber jetzt probier doch mal!“ „Du musst den Strohalm nehmen!“ erklärte Joschi hilfreich. „Einfach in den Mund stecken und ansaugen. Der Löffel ist dann für die Obststückchen.“ Und Lexi probierte das mit dem Strohhalm und machte ein verblüfftes Gesicht. „Aber, das schmeckt ja köstlich!“ rief sie, und nahm gleich noch einen Schluck. Madame Babette strahlte. „Ja, nicht wahr? Aber jetzt kriegt erstmal jeder was, und dann wollen wir anstoßen.“ Das taten sie, und die Gläser klingelten fröhlich, das passte ganz wunderbar zur Stimmung im Schlosshof.

Grillparty mit Früchtebowle

Madame Babette ging wieder in ihre Küche zurück, weil sie noch etwas vorzubereiten hatte, und der Ritter Rollbert kümmerte sich um den Grill, schüttete Holzkohlen hinein und verteilte Grillanzünder dazwischen. Lexi sah ihm dabei höchst interessiert zu, und Joschi erklärte was Ritter Rollbert da machte. Dann zündete Ritter Rollbert an, und blaue Flämmchen schlugen aus dem Kohlenberg. „So, das muss jetzt erstmal ein bisschen brennen. „ sagte er und kam zu Joschi und Lexi herüber in den Schatten, wo auch sein Bowleglas stand. „Sehr zum Wohle!“ sagte er und hob das Glas, und Lexi und Joschi taten es ihm nach. Ein bisschen später kam Madame Babette zurück, und sie brachte einen großen Teller und einen Korb, in dem appetitlich aussehende goldbraune Stangerl waren, und stellte beides auf den Tisch. Auf dem Teller waren verschiedenerlei Gemüse, Pilze und Paprika und Bohnen und noch so allerlei, und Madame Babette sagte: „So, da ist etwas für den ersten kleinen Hunger, eingelegte Gemüse und Käsestangerl. Wer mag, bitte einfach zugreifen! „ Bernhard, der hinter Madame Babette hergeflitzt war, hopste auf einen Stuhl und piepste: „Ich hab die Käsestangerl grad schon probieren dürfen, die sind sehr, sehr lecker!“ Joschi nahm sich eins und biss genüsslich hinein, und dann hielt er den Korb auch Lexi hin. „Ach, nein danke. „ sagte sie. “Ich möchte mir den Appetit nicht verderben auf das am Feuer gebratene Hühnchen.“ „Bis das Fleisch fertig ist, dauert es bestimmt noch eine Dreiviertelstunde.“ Sagte der Ritter Rollbert. „Erst muss der Grill richtig heiß werden, und das braucht seine Zeit.“ „Also, wenn das so ist, „ sagte Lexi, „dann möchte ich bitteschön gerne probieren – kann ich auch ein halbes haben?“ „Aber sicher!“ sagte Madame Babette und brach ihr ein halbes Stangerl ab. „Aber probier ruhig auch ein wenig Gemüse, das ist ja ganz leicht und macht den Magen nicht so voll.“ Lexi probierte vergnügt ein paar Häppchen, und entschied dann, dass ihr die Pilze am besten schmeckten, von denen nahm sie noch ein paar. Und auch Joschi, Ritter Rollbert und Madame Babette pieksten sich die kleinen Leckerbissen auf die Gabeln und verkosteten fleißig. Bernhard hatte noch ein Stückchen Käsestangerl bekommen und knabberte selig daran herum.

Danach teilte Madame Babette noch eine frische Runde Bowle aus – denn alle Gläser waren längst leer – und Ritter Rollbert ging zurück an den Grill. Jetzt nahm er den Blasebalg zur Hand und pustete damit, aber sehr vorsichtig, damit es nicht so qualmte. Der Ritter Rollbert hatte es wirklich eins A heraus, wie man einen Grill richtig anzündet, und Lexi sah ihm gespannt dabei zu und schlürfte mit Hochgenuss Bowle. Nach einer Weile fragte sie: „Ritter Rollbert, darf ich mir das mal aus der Nähe ansehen?“ „Natürlich, komm nur rüber. „ sagte Ritter Rollbert. „Nur nicht den Grill anfassen, der ist nämlich sehr heiß.“ Und Lexi kam auf die Beine und trippelte zu Ritter Rollbert hinüber. Joschi sah ihr nach, und dann schaute er Bernhard an, und dann schaute er wieder zu Lexi. Donnerwetter, da waren aber ihre Trippelschrittchen deutlich größer ausgefallen als sonst! „Mir scheint, „ sagte Madame Babette gedämpft, „Das Fräulein Lexi ist heute ein wenig besser zu Fuß!“ „Das meine ich aber auch!“ sagte Joschi, und Bernhard piepste: „Ich hab’s auch gesehen!“ „Ich wette, das liegt am Wasser.“ Sagte Joschi leise. „Das Fußbad hat ihr offensichtlich gut getan.“ Und Bernhard piepste: “Das müssen wir unbedingt dem Meister Zauberer schreiben!“ „Das könnt ihr heute Abend machen. „ sagte Madame Babette. „Aber jetzt wollen wir erst einmal essen. Joschi, hilfst du mir noch mal beim raustragen?“

Madame Babette brachte ein großes Tablett, auf dem war das Fleisch und der Salat, und Joschi trug den Brotkorb, in dem auch eine Flasche mit Madame Babettes hausgemachtem Ketchup und ein Töpfchen mit Kräuterbutter stand. Sie stellten die Sachen auf den Extratisch, und dann ging Joschi hinüber zum Grill. „Ist die Glut bald soweit, Ritter Rollbert?“ fragte er. „Ein paar Minuten noch. „ antwortete Ritter Rollbert, und Lexi sagte begeistert: “Ich darf mein Hühnerstückchen selber grillen, hat Ritter Rollbert gesagt!“ „Das ist ja prima!“ sagte Joschi, der sich freute weil sie so fröhlich war. “Ritter Rollbert, du sagst, wann ich das Fleisch bringen soll?“ „Ist bald soweit. „ sagte Ritter Rollbert, „Ich rufe dich dann.“ Und Joschi ging zurück zum Tisch und trank noch ein bisschen Bowle, die war so herrlich fruchtig und erfrischend. Madame Babette hatte in der Zwischenzeit Salat auf Schüsselchen verteilt und Brot geschnitten, und Bernhard saß neben ihr auf dem Tisch und nahm sich dann und wann ein ganz kleines Brotkrümelchen. “Eigentlich bin ich von dem köstlichen Käsestangerl schon angenehm gesättigt!“ piepste er und tätschelte sich das Bäuchlein. “Aber das frische Weißbrot ist auch so gut!“ „Nimm dir nur nicht zu viel!“ sagte Madame Babette. „Sonst hast du dann auf das Gegrillte keinen Appetit mehr.“ „Ach, ich mache mir ohnehin nichts aus Fleisch.“ Sagte Bernhard. „Weiß ich doch.“ Lachte Madame Babette. „Aber auf Joschis Schaschlikspießchen ist auch Speck drauf, und den magst du ja nun wirklich gern!“ „Oh, das ist allerdings wahr!“ piepste Bernhard glücklich, „Wir Mäuse lieben Speck über alles!“ „Joschi, bringst du mal das Fleisch?“ rief der Ritter Rollbert, und Joschi holte die große Platte und brachte sie zum Grill. Lexi beäugte sie neugierig. „Was ist denn da alles drauf?“ fragte sie, „Das sind ja lauter ganz verschiedene Sachen!“ „Für jeden etwas!“ sagte Ritter Rollbert und deutete mit seiner Grillzange. „Da, das ist dein Hühnchen, hier sind die Schaschliks für Joschi und Bernhard, das da sind feine Lammkoteletts für Madame Babette, und für mich ist dieses schöne Steak hier.“ „Toll!“ sagte Lexi. „Da kriegt ja jeder sein Lieblingsessen!“ Und Joschi, dem schon das Wasser im Mund zusammenlief, sagte: “Und man darf auch mal beim anderen probieren, das machen wir immer so!“ Ritter Rollbert zeigte Lexi, wie man das Fleisch mit der Grillzange packte, und sie legte ihr Hühnerstückchen selber auf den Rost. „Wie weiß ich, wann es gut ist?“ fragte sie. „Dabei helfe ich dir.“ Sagte Ritter Rollbert. „Aber erst muss ich mal das restliche Fleisch auflegen.“ Das tat er, und es brutzelte und zischte, und ein köstlicher Duft stieg auf. „Mhm, riecht das gut!“ sagte Lexi, und Ritter Rollbert lächelte stolz und sagte: “Das kommt, weil die Glut genau richtig ist. Dann brät das Fleisch gleich richtig an, und das riecht so appetitlich. Außerdem legt es die Madame Babette immer so schön ein, mit Kräutern und allerhand Gewürzen, das macht schon auch was aus. – So, ich glaube, dein Hühnerstückchen können wir schon umdrehen, das braucht ja nicht lang. Kriegst du das selber hin?“ „Ich denke schon.“ sagte Lexi und nahm die Grillzange, die ihr der Ritter Rollbert zureichte.

Es dauerte gar nicht lange, dann verkündete der Ritter Rollbert, das Fleisch wäre jetzt gut, und Madame Babette und Joschi kamen mit den Tellern. Ritter Rollbert teilte aus, und dann setzten sie sich an den Tisch und wünschten sich einen guten Appetit. Joschi zeigte Lexi, wie man ein bisschen Kräuterbutter auf dem heißen Fleisch verteilte, so dass sie schmolz, und er gab ihr auch einen Klecks hausgemachten Ketchup auf den Teller. „Den musst du unbedingt probieren!“ sagte er. „Den macht Madame Babette aus den reifsten, besten Tomaten, der schmeckt echt klasse!“ Lexi schnitt sich erstmal ein kleines Stück von ihrem Hühnchen ab und probierte es so, ohne Ketchup, und sie war begeistert. „Lecker! Und ganz zart! Und es hat so einen besonderen Geschmack.“ Sagte sie. „Der kommt von der Holzkohlenglut. „ sagte Ritter Rollbert. „Die macht das Fleisch schön würzig.“ „Ganz prima!“ sagte Lexi und aß mit Appetit weiter. Joschi hatte inzwischen sein Schaschlik vom Spieß gestreift und ein Stückchen Speck für Bernhard herausgesucht, dann verteilte er Ketchup auf den Fleischstückchen und ließ es sich schmecken. Auch die Erwachsenen aßen mit großem Vergnügen, und dann wurden Stückchen hin und her gereicht, so dass jeder mal beim anderen probieren konnte. Lexi mochte das Steak von Ritter Rollbert gern, das war innen rosa und außen schön braun, und unglaublich zart und saftig, und Joschi fand Lexi’s Hühnchen besonders gut. Nur Bernhard blieb bei seinem Stückchen Speck, daran knabberte er begeistert herum. Schließlich hatten sie alles aufgegessen, nur ein bisschen Salat und Brot waren noch übrig. „Sind alle satt, oder soll ich noch ein paar Stückchen auflegen?“ fragte Ritter Rollbert. „Also, ein Schaschlikspießchen würde ich schon noch essen.“ Sagte Joschi. „Ein kleines Stück Hühnchen bringe ich vielleicht noch hinein.“ Sagte Lexi, und Madame Babette sagte: „Dann teilen wir uns eins, Lexi, einverstanden?“ „Ja prima!“ sagte Lexi, und Ritter Rollbert sagte: „Und für mich auch noch ein Schaschlik.“ Und er nahm das Fleisch mit und ging wieder an den Grill. Der zweite Gang schmeckte ihnen genauso gut wie der erste, aber danach waren alle pappsatt. „Oh, ich glaube, ich habe zuviel gegessen. „ stöhnte Lexi und legte eine Hand auf den Bauch. „Das passiert bei Grillparties immer, „sagte Joschi. „Es schmeckt so gut, dass man sich einfach übernimmt.“ „Ach, das gehört so?“ sagte Lexi, „Dann bin ich ja beruhigt, wenn es allen so geht.“ „Ein bisschen Bewegung wäre jetzt wahrscheinlich nicht schlecht.“ Sagte Madame Babette. „Joschi, Ritter Rollbert, wenn ihr mir schnell mal mit dem aufräumen helft, dann haben wir das gleich, und dann könnten wir ein bisschen spazieren gehen. Danach machen wir dann die Lampions an, und trinken noch ein wenig Bowle.“ Und so machten sie es auch.

Es war dämmrig geworden im Schlosshof, bis sie zurückkamen, und Madame Babette schaltete gleich die Lampionkette an. Das sah sehr schön aus mit den vielen bunten Farben, und gab ein angenehmes Licht. Dann setzten sie sich erstmal hin und tranken den Rest von der Bowle, und dann schlug Ritter Rollbert vor, dass sie eine Runde Monopoly spielen könnten, das machte zu viert am meisten Spaß. Lexi kannte das natürlich nicht, aber Bernhard, der ein wahrer Fex im Monopoly war, spielte mit ihr zusammen, und als Team waren sie so gut, dass ihnen gleich die Schlossallee gehörte und alle vier Bahnhöfe, und da nahmen sie den anderen ordentlich Geld ab. Bernhard schleppte Häuschen und Hotels, und Lexi freute sich wie eine Schneekönigin wenn wieder jemand von den anderen auf ihren Strassen landete und Unmengen an Spielgeld an sie zahlen musste. So verging die Zeit wie im Flug, und irgendwann sagte Madame Babette: „Huch, es ist ja schon halb neun!“ und Lexi schaute verdutzt und sagte: „Und ich bin noch gar nicht müde!“ „Möchte denn vielleicht noch jemand ein Eis?“ fragte Madame Babette in die Runde. “Ich habe ein Fürst Pückler gemacht. Das ist Erdbeer, Vanille und Schoko.“ Erklärte sie für Lexi. „Och ja, schon.“ sagte Joschi, „Eine kleine Portion. „ sagte Ritter Rollbert, und „Also, probieren möchte ich schon gerne!“ sagte Lexi. Und Bernhard piepste: „Wenn ich vielleicht nur ein Stückchen Eiswaffel haben könnte, bitte schön?“ Also brachte Madame Babette vier kleine Eisbecher mit Sahne, und eine Waffel extra für Bernhard, und sie ließen es sich recht gut schmecken, weil das Essen nun doch schon eine ganze Weile her war. Danach fing Lexi dann doch an zu gähnen, und sie verabschiedete sich und bedankte sich herzlich bei Madame Babette und Ritter Rollbert für die wunderbare Party. Joschi begleitete sie noch zum Seitentor, und sie wünschten sich eine gute Nacht und verabredeten sich wieder für den nächsten Tag, so zwischen neun und halb zehn, wie immer.

Als Joschi zum Schlosshof zurückkam, trank der Ritter Rollbert sein Radler, und Madame Babette hat sich ein Glas Wein eingeschenkt. Bernhard hatte sich auf einem Stuhl zusammengerollt und döste vor sich hin. Joschi holte für sich selber noch ein Apfelschorle und setzte sich mit an den Tisch. „Das war wirklich eine erstklassige Party!“ sagte er. „Und Lexi hat’s auch total gut gefallen.“ „Vor allen Dingen hat sie richtig mit Appetit gegessen!“ sagte Madame Babette. „Das nächste Mal grille ich ihr auch ein kleines Steak, das hat ihr wohl besonders gut geschmeckt.“ Sagte der Ritter Rollbert. Da piepste Bernhard dazwischen: „Joschi, wollten wir nicht noch eine Email schreiben?“ „Ach ja richtig, die Email an den Meister Zauberer, das hätte ich fast vergessen!“ sagte Joschi. „Dann aber ab mit euch!“ sagte Madame Babette. “Sonst wird’s ja ewig spät, bis ihr ins Bett kommt.“ „Was ist denn so dringend an der Email?“ fragte Ritter Rollbert, und Madame Babette antwortete: „Das erkläre ich dir gleich. – Also, ihr zwei, Gute Nacht schon mal!“ „Gute Nacht, Madame Babette! Gute Nacht, Ritter Rollbert!“ riefen Joschi und Bernhard, und dann sausten sie ins Turmzimmer hinauf.

Joschi hatte das Regenbogenkistl kaum eingeschaltet, da klingelte es schon, und der Bildschirm rauschte erst, dann wurde das Bild wieder klar. „Das wurde aber auch allerhöchste Zeit!“ sagte der Meister Zauberer. „Wo habt ihr denn so lange gesteckt?“ „Wir hatten eine Grillparty, da ist es ein bisschen später geworden. „ sagte Joschi überrascht, und: „Guten Abend, Meister Zauberer!“ „Guten Abend ihr zwei. Nun, was gibt es zu berichten?“ fragte der Meister Zauberer. „Lexi hat ein Fußbad im See genommen, und ich glaube, ihr haben danach die Füße weniger wehgetan!“ sagte Joschi, und Bernhard piepste; „Und sie hat noch nicht mal Angst vor dem Wasser gehabt, weil ich kleiner Mäuserich auch hineingehüpft bin!“ „Donnerwetter, das sind ja erfreuliche Neuigkeiten!“ sagte der Meister Zauberer anerkennend. „Und vor allem bestätigt das meine Theorie.“ „Was für eine Theorie denn?“ fragte Joschi gespannt. „Dass ihre Angst vor dem Wasser und ihre schmerzenden Füße Bestandteil ein und desselben Zaubers sind. Besiegt man die Angst, so besiegt man auch den Schmerz.“ Sagte der Meister Zauberer ernst. „Aber dabei muss man sehr vorsichtig vorgehen, damit die böse Meerhexe nichts mitkriegt.“ „Und was ist mit ihrer Erinnerung?“ piepste Bernhard, der aufmerksam die Ohren gespitzt hatte. „Sie konnte sich doch an das Möwengeschrei erinnern, und daran, dass sie früher mal schwimmen konnte.“ „Gute Frage, Bernhard.“ Sagte der Meister Zauberer. “Da bin ich mir noch nicht ganz sicher, was es zu bedeuten hat, aber ich halte es für ein gutes Zeichen. Schließlich ist es nicht schön, wenn man sich an ein halbes Leben nicht erinnern kann.“ Joschi dachte so fest nach, dass ihm schier der Kopf brummte dabei. „Aber, Meister Zauberer, wenn sie sich wieder erinnern kann, wie das war als sie noch eine kleine Seejungfrau war – ob sie dann nicht zurück ans Meer will?“ „Das ist eine ganz ausgezeichnete Frage, Joschi!“ sagte der Meister Zauberer und lächelte anerkennend. „Aber vielleicht gefällt es ihr auch an unserem schönen See so gut, dass sie nicht wieder weg möchte. Das müssen wir abwarten.“ „Und was ist mit ihrer großen Angst vor Gewittern?“ piepste Bernhard. „Das, „ sagte der Meister Zauberer. “Konnte ich klären. In der Nacht, als sie beim Schloss am Meer an Land gekommen ist, hat es einen ganz fürchterlichen Gewittersturm gegeben, und sie war stundenlang ganz allein draußen.“

Gewittersturm am Meer

“Oh, wie schrecklich!“ piepste Bernhard, und Joschi sagte: „Au weia, da hätte ich auch gewaltige Angst gekriegt.“ „Ihr müsst einfach aufpassen, dass ihr nicht vom Gewitter überrascht werdet, wenn das Fräulein vom Meer dabei ist.“ Sagte der Meister Zauberer. „Und vielleicht hilft es auch, wenn ihr der Ritter Rollbert ein bisschen was über die Wetterzeichen beibringt, damit sie es selber besser einschätzen kann.“ „Das ist eine prima Idee!“ sagte Joschi, und Bernhard nickte nachdrücklich. „So, ihr beiden. „ sagte der Meister Zauberer. „Ich hab jetzt noch was anderes zu tun, und für euch ist es Zeit ins Bett zu gehen.“ „Eine Frage noch, Meister Zauberer!“ rief Joschi. „Lexi möchte so gerne auf die Roseninsel hinüber, aber sie hat halt auch Angst vor Booten. Was kann ich denn da machen?“ Der Meister Zauberer lächelte. „Du weißt doch schon selbst eine Lösung, Joschi. Frag den Ritter Rollbert noch mal wegen der Schwimmweste, und dann braucht sie sich bloß noch trauen, in das Boot einzusteigen. Noch nicht mal fahren, nur einsteigen. Du wirst sehen, das Problem löst sich von selbst.“ „Wenn du das sagst, Meister Zauberer, dann glaube ich es auch.“ Sagte Joschi. „Ich auch!“ piepste Bernhard. „Dann ist es ja gut.“ sagte der Meister Zauberer. „Und jetzt gute Nacht, ihr beiden, schlaft gut!“ „Gute Nacht, Meister Zauberer!“ sagten die beiden, und der Bildschirm wurde dunkel. Joschi gähnte, und Bernhard auch, denn es war jetzt doch schon reichlich spät. Joschi ging noch zum Zähneputzen, und dann legten sie sich schlafen.

18. Kapitel, in dem ein Picknick im Grünen stattfindet

Am Sonntag verschliefen Bernhard und Joschi ein bisschen, es wurde neun Uhr bis sie beim Frühstück ankamen. Sie saßen noch bei Kaba und Kipferln, als Lexi um die Ecke gefahren kam. „Guten Morgen, ihr zwei!“ rief sie fröhlich, und „Guten Morgen, Lexi!“ riefen die beiden. Sie setzte sich mit an den Tisch und fragte: „Was trinkt ihr denn da?“ „Kaba.“ Sagte Joschi. „Kriegst du den nicht zum Frühstück?“ „Nein, ich bekomme immer Tee. Was ist denn Kaba?“ fragte Lexi. „Milch mit Schokoladenpulver drin, schmeckt total gut.“ Sagte Joschi. „Warte, ich hole dir auch eine Tasse, dann kannst du probieren.“ Drinnen in der Küche kam Madame Babette auf ihn zu. “Ist das Fräulein Lexi schon da?“ fragte sie. „Gerade angekommen.“ Antwortete Joschi. „Ah ja, sehr gut, ich habe hier nämlich etwas für sie.“ Sagte Madame Babette, nahm eine Tasche von der Eckbank und ging mit Joschi hinaus. „Guten Morgen, Fräulein Lexi!“ sagte Madame Babette, und Lexi grüßte ebenfalls freundlich: „Guten Morgen, Madame Babette!“ Joschi schenkte Kaba für Lexi ein, und Madame Babette setzte sich mit an den Tisch. „Ich habe hier ein paar leichte Sommersachen für dich herausgesucht.“ Sagte Madame Babette. „Dir ist doch sicher warm in deiner Latzhose. Das hier,“ und sie hielt eine fröhlich geblümte kurze Hose hoch, „ist viel luftiger, und hier ist das passende T-Shirt dazu. „ Das war pink, und passte prima zu den Blumen auf der Hose. „Wir haben dasselbe auch noch mal in blau.“ Sagte Madame Babette. „Oh, für mich?“ fragte Lexi und machte große Augen. “Das sind aber schöne Farben. Aber da muss ich ja noch mal in mein Zimmer zurück, mich umziehen.“ „Das kannst du auch in der Küche machen, „ sagte Madame Babette, „Da ist außer mir um die Zeit noch niemand. Jetzt trink aber erst mal deinen Kaba.“ „Vielen, vielen Dank, Madame Babette!“ sagte Lexi, und dann probierte sie erstmal den Kaba, und fand ihn auch sehr lecker.

„Was wollt ihr denn heute machen, Kinder?“ fragte Madame Babette nach einer Weile. „Ich habe heute noch keine Idee, „ sagte Joschi, „ich bin noch ein bisschen verschlafen, war doch spät gestern.“ „Dann hätte ich einen Vorschlag zu machen. „ sagte Madame Babette. „Mir sind von dem kalten Büffet gestern noch allerhand leckere Sachen übrig geblieben, damit könnte man prima ein Picknick im Grünen veranstalten.“ „Au ja, gerne!“ rief Lexi. “Drüben, im alten Teil des Parks, da hat es mir soo gut gefallen!“ „Sehr gute Idee, Madame Babette!“ sagte auch Joschi, und Bernhard piepste vorwitzig: “Ist bei den Leckereien auch was für mich dabei?“ „Käsepastetchen, zum Beispiel.“ Lachte Madame Babette. „Du wirst uns schon nicht verhungern, mein kleiner Freund.“ Sie lachten alle, und dann räumten Madame Babette und Joschi den Tisch ab, und Lexi durfte mit ihrem Scooter bis in die Küche hineinfahren und sich dort umziehen. Als sie wieder herauskam, klatschten Joschi und Bernhard fröhlich: „Gut siehst du aus, Lexi! Richtig nach Sommerferien!“ Wenig später kam Madame Babette auch wieder, und sie hatte eine Kühltasche dabei, die sie auf dem Gepäckträger von Joschi’s Radl festmachten. „Und wohin mit Bernhard?“ fragte Lexi, „er kann ja schlecht hinter uns herlaufen.“ „Oh, das kann ich schon, Fräulein Lexi.“ Sagte Bernhard und hüpfte sportlich auf und ab. “Halt nicht über sehr weite Strecken, ich bin mehr ein Kurzstrecken-Sprinter.“ „Das ist ganz einfach, „ sagte Madame Babette, „Da nehmen wir den Lenkerkorb von meinem Radl. Da hat auch noch die Picknickdecke Platz, und das Bocciaspiel, und Bernhard kann sich obendrauf setzen.“ So machten sie es, und wenig später machten sich die drei auf den Weg.

Sie suchten sich einen schönen Schattenplatz unter den hohen Bäumen, dort breiteten sie die Picknickdecke aus. Joschi und Lexi zogen die Schuhe aus und streckten die Füße ins dichte Gras. „Ach, herrlich ist das hier!“ rief Lexi, und Joschi stimmte ihr zu: „Sehr angenehm, wirklich wahr.“ „Wir kriegen aber gleich Besuch!“ piepste Bernhard und deutete auf den Baum über ihnen. „Da droben wuselt etwas herum!“ „Lexi, schau, ein Eichhörnchen!“ sagte Joschi, „Nein, es sind sogar zwei, ein Rotes und ein Schwarzes!“ „Wo denn, ich sehe gar nichts!“ sagte Lexi. „Wie sieht denn ein Eichhörn..., Eich...dings aus?“ „Eichhörnchen. Nicht unähnlich einer Maus, „ erklärte Bernhard, „Nur mit einem langen buschigen Schwanz und spitzen Ohren. Schau, da guckt es wieder um den Baumstamm herum!“ „Ah, jetzt sehe ich es auch!“ sagte Lexi. „Das ist aber niedlich!“

Ein rotes Eichhörnchen

„Eine entfernte Verwandtschaft von mir. „ sagte Bernhard und strich sich den Schnurrbart glatt. “Sie mögen auch Nüsse und alle möglichen Sorten von Krümeln, Brotbröckerl zum Beispiel.“ „Haben wir Brot da?“ fragte Lexi. “Vielleicht können wir sie anlocken, wie die Enten?“ „Das müsste klappen, hier im Park sind die recht zahm. Ich schau mal nach. „ sagte Joschi und machte die Kühltasche auf. „Ah ja, da ist Weißbrot.“ Wenig später flitzten die zwei Eichhörnchen vor ihnen auf der Wiese herum und holten sich die Brotbröckerl, die sie ihnen zuwarfen, und Lexi war begeistert. Nachher zeigte Joschi Lexi, wie man Boccia spielt, und das konnte sie gut machen, weil sie dabei auf einem Platz stehen bleiben konnte. Sie warf auch recht geschickt, und Bernhard, der Schiedsrichter spielte und gewissenhaft die Entfernungen zwischen den Kugeln abmaß, verkündete am Ende ein Unentschieden. „Das war super, Lexi!“ sagte Joschi bewundernd. „Als wenn du schon ewig Boccia gespielt hättest!“ „Ja, große Klasse!“ Piepste Bernhard. „Saubere Wurftechnik, wirklich wahr!“ „Ach, ihr beiden Schmeichler!“ Lachte Lexi und setzte sich wieder auf die Picknickdecke. “Also, ich hab jetzt Appetit gekriegt, wie sieht das mit euch aus?“ „Ja, ich auch!“ sagte Joschi, und „Ich hab richtig Hunger, nach der ganzen Rennerei!“ piepste Bernhard, und dann packten sie ihr Picknick aus. Madame Babette hatte ihnen lauter kleine Tupperschüsselchen eingepackt, und in jeder waren kleine Happen aller möglichen Köstlichkeiten. Es gab: Käsepastetchen, Schinkenpastetchen, Speckpflaumen (zu Bernhards großem Vergnügen), gefüllte Eier, winzige gefüllte Paprikaschoten, kleine Käsekugeln in Nüssen gewälzt (wieder etwas für Bernhard), Geflügelsalat in kleinen Tomaten, Roastbeef (sehr zu Lexi’s Vergnügen, das schmeckte nämlich so wie das Steak von Ritter Rollbert) und kalten Braten (den schätzte Joschi sehr). Alles in allem eine wahrhaft königliche Auswahl, aber die Häppchen waren so klein, dass man tatsächlich alles probieren konnte, ohne dass es einem zuviel wurde. Sie aßen auch alles auf, nur ein bisschen Brot blieb übrig. „Wieder einmal ein Festmahl!“ sagte Bernhard und putzte seinen Schnauzer. „Die Madame Babette verwöhnt uns nach Strich und Faden!“ „Das tut sie, wirklich wahr.“ Sagte Joschi. „Bei ihr schmeckt einfach alles gut!“ „Das ist wahr!“ sagte auch Lexi. Und dann räumten sie die leeren Schüsselchen wieder auf und tranken noch ein wenig Eistee, und dann legten sie sich auf die Picknickdecke, um ein bisschen zu ruhen, weil sie doch alle von gestern noch ein wenig müde waren.

Nach etwa einer halben Stunde fragte Lexi leise: “Schläfst du, Joschi?“ Er machte ein Auge auf. „So halb. - Warum?“ „Weil, wenn du schläfst, dann kannst du ja nicht auf das Wetter aufpassen.“ Antwortete sie. „Von hier aus könnte ich es eh nicht sehen, wenn etwas aufzieht.“ Sagte Joschi. “Da sind die Bäume dazwischen. Aber keine Bange, für heute sind keine Gewitter angesagt, das sagte zumindest Madame Babette beim Frühstück.“ Dann erinnerte er sich auf einmal, was der Meister Zauberer über ihre Angst vor Gewittern gesagt hatte, und fuhr kerzengerade auf. „Weißt du was, „ sagte er beruhigend, „Ich laufe schnell an den See hinunter und schaue nach, dann sind wir auf der sicheren Seite. Da geht ein Weg durchs Schilf, da bin ich gleich unten und wieder zurück.“ „Ja bitte, Joschi.“ Sagte sie und schaute ein bisschen ängstlich. „Nur die Ruhe.“ Sagte er. “Ich bin gleich wieder da.“

Als Joschi zum See hinunter lief, kam Bernhard zu Lexi her und stupste sie an der Hand. „Keine Bange, Fräulein Lexi.“ piepste er. „Der Joschi kennt sich mit dem Wetter nämlich wirklich gut aus. Und selbst wenn da was kommen sollte, von hier aus sind wir so schnell wieder im Schloss, da kann gar nichts passieren.“ „Das sagst du so, Bernhard.“ Sagte sie und schüttelte sich ein bisschen. Bernhard stupste sie noch mal an der Hand, etwas energischer diesmal. „Außerdem, „ piepste er nachdrücklich, „Du wärst ja nicht allein, Joschi und ich, wir sind bei dir!“ „Das ist allerdings wahr!“ sagte sie und schaute ein wenig weniger ängstlich. Jetzt kam Joschi zurück, und schon von weitem sahen sie, dass er den Daumen hob. „Blauer Himmel und keine Wolke weit und breit!“ rief er, und Lexi sah richtig erleichtert aus. „Da bin ich aber froh.“ Sagte sie. „Wegen mir können wir aber trotzdem zurückfahren.„ Sagte Joschi. „In der Sonne ist es so herrlich warm, ich möchte gerne noch zum Baden gehen.“ „Au ja, ich auch!“ piepste Bernhard. „Und außerdem, ist es nicht jetzt Kuchenzeit?“ „Ich brächte jetzt keinen Haps mehr hinunter!“ sagte Lexi. “Ich bin von dem guten Essen noch so satt. Aber ja, fahren wir zurück, ich setz mich dann wieder gemütlich in den Liegestuhl.“ Also packten sie zusammen und machten sich auf den Rückweg.

Im Schlosshof war niemand, aber auf dem Gartentisch lag ein Zettel, darauf stand: „Ich bin beim Schwimmen! Getränke sind im Kühlschrank. Gruß, Madame Babette.“ Joschi stellte die Kühltasche in die Küche, dann flitzte er in den Turm hinauf, seine Badesachen holen, dann packte er noch Limo für Lexi und Apfelschorle für sich ein, und dann machten sie sich auf den Weg zum See hinunter. Madame Babette saß im Liegestuhl und trank Kaffee, und winkte ihnen freundlich entgegen. „Na, wie war euer Picknick?“ wollte sie wissen. „Super lecker!“ sagte Joschi, und Bernhard piepste: „Ganz delikat!“, und Lexi sagte: „Hat wunderbar geschmeckt!“ „Dann ist es recht.“ Sagte Madame Babette zufrieden. „Falls allerdings noch jemand Kuchen oder Eis möchte, kommt einfach nachher zu mir in die Küche. Von dem Fürst-Pückler-Eis ist noch was da, und ich habe heute Vormittag Aprikosentörtchen gemacht, die sind ganz leicht und erfrischend.“ „Aprikosentörtchen, hmm fein! „ sagte Joschi, „Aber ich möchte jetzt erstmal ins Wasser.“ – „Und ich auch!“ piepste Bernhard. Joschi ging sich schnell umziehen und brachte auch noch einen Liegestuhl für Lexi mit hinaus, und dann liefen er und Bernhard zum See hinunter.

Als die beiden vom Schwimmen wiederkamen, hatte sich Madame Babette bereits verabschiedet, Lexi sagte sie wollte wohl schon anfangen, das Abendessen vorzubereiten. Na ja, es war ja auch schon nach vier Uhr, auch wenn es vom Wetter her noch so schön und warm war wie Mittags. „Lexi, willst du dir nicht ein wenig die Füße abkühlen?“ fragte Joschi, und Bernhard piepste: „Das Wasser ist herrlich!“ „Aber nur, wenn ihr mitkommt!“ sagte Lexi, und Bernhard und Joschi riefen: „Aber klar doch!“ Lexi nahm ihren Scooter, Joschi nahm ein Handtuch für sie mit, und dann machten sie sich alle drei auf den kurzen Weg zum Seeufer. Lexi setzte sich hin und zog Schuhe und Socken aus und tauchte ihre Füße ins Wasser. „Das ist aber wirklich angenehm!“ sagte sie und wackelte mit den Zehen. Joschi, der sich neben sie gesetzt und auch die Füße ins Wasser gestellt hatte, sagte: „Das ist eben das gute, wenn man direkt an einem See wohnt, da kann man das schöne Wetter so richtig ausnutzen. Und hier vorne sieht man es auch sofort, falls ein Wetter aufzieht. Da ist der Schattenplatz hinten ein bisschen ungeschickter.“ “Mir wird es aber in der Sonne leicht zu warm, auch mit Fußkühlung.“ Sagte Lexi. „Dann müssen wir eben einen Sonnenschirm für dich organisieren, dann kannst du auch hier sitzen, wenn es heiß ist.“ Sagte Joschi.“ Ich glaube, die Madame Babette hat so einen kleinen, da muss ich sie nachher gleich mal fragen.“ „Und was ist ein Sonnenschirm?“ fragte Lexi. “So etwas ähnliches wie ein Regenschirm?“ „Haargenau!“ sagte Joschi. „Nur sind Sonnenschirme meistens schön bunt, und haben einen langen Stiel, den man in den Boden stecken kann, dann hat man Schatten, wo man ihn haben will.“ “Das hört sich gut an!“ sagte Lexi. “Ich glaube nämlich, mir wird schon wieder zu heiß in der Sonne.“ „Dann gehen wir eben wieder rauf.“ Sagte Joschi, und Lexi hob die Füße aus den Wasser und nahm das Handtuch, das er für sie hielt. „Das ist seltsam.“ Sagte sie dann und rieb ihre Füße ab. „Da ist wieder dieses komische Gefühl, nur viel stärker als gestern. Ist das normal, wenn man mit den Füßen im Wasser war?“ „Was für ein komisches Gefühl denn, Lexi?“ fragte Joschi besorgt. „Tut es weh?“ „Nein, gar nicht!“ sagte sie. „Es kribbelt nur so komisch, und meine Füße sind ganz warm.“ „Wahrscheinlich hat das kühle Wasser die Durchblutung angeregt!“ piepste Bernhard, und Joschi hielt das für eine kluge Einschätzung und sagte: „Ja, so wird es sein!“ „Ist das gut oder schlecht?“ fragte Lexi zweifelnd, und Bernhard piepste voller Überzeugung: „Das ist sehr gut! Es ist sehr gesund, wenn man eine gute Durchblutung hat. Du kannst ja den Herrn Dr. Bromasius fragen.“ „Das werde ich tun.“ Sagte Lexi, „Er besucht mich sowieso immer Montag früh, da frage ich ihn dann gleich.“ Und sie zog sich Socken und Schuhe wieder an und stand auf. Joschi war schon auf den Beinen und hielt ihr den Scooter zurecht, und es wollte ihm scheinen, dass sie mit besonderem Schwung aufstieg und losfuhr, aber ganz sicher war er sich nicht. Kritisch wurde es ja erst, wenn sie ein paar Schritte gehen musste, und das vermied sie so gut es ging, verständlicherweise. Als sie wieder in ihrem Liegestuhl saß, fragte Lexi die beiden, ob sie sich heute gar keinen Kuchen holen wollten, und Joschi meinte: “Ach, dafür ist’s schon ein bisschen spät, ist ja nicht mehr lang bis zum Abendessen.“ Lexi lächelte fröhlich und sagte: „Das ist wahr, und ich freu mich schon darauf!“ „Ach ja, du isst ja heute wieder im Schloss.“ Sagte Joschi. „Was soll’s denn Gutes geben bei euch?“ „Die Madame Babette hat gesagt, es gibt Marillenknödel. „ sagte Lexi. „Das ist zwar als Dessert geplant, aber ich krieg’s als Hauptgericht.“ „Marillenknödel!“ sagte Joschi sehnsüchtig. „Oh, vielleicht kriegen wir auch welche!“ „Mit Butterbröseln, hoffentlich!“ piepste Bernhard, und Lexi lachte ihn an, weil er gar so hoffnungsvoll dreinschaute. „Mit Butterbröseln, hat Madame Babette gesagt.“ Sagte sie.

Marillenknödel mit Butterbröseln

Nicht viel danach verabschiedete sich Lexi von den beiden, weil sie vor dem Abendessen noch ein wenig ausruhen wollte. „Es war gestern doch ein wenig spät,“ sagte sie, „Das bin ich nicht gewöhnt. Aber es war eine sehr schöne Party!“ „Das war’s auf jeden Fall.“ Pflichtete ihr Joschi bei, und Bernhard piepste: „Ganz außerordentlich, jawohl!“ „So, dann wünsch ich euch beiden noch einen schönen Abend.“ Sagte Lexi, stand auf und nahm ihren Scooter. “Ich komm dann morgen ein bisschen später, wegen dem Herrn Dr. Bromasius.“ „Ist schon recht, Lexi.“ Sagte Joschi. „Du weißt ja, wo du uns findest. Dir auch noch einen schönen Abend, und lass dir die Marillenknödel recht gut schmecken!“ „Schönen Abend noch, und guten Appetit!“ piepste Bernhard, und dann rollte Lexi davon. „Komm, Bernhard, wir setzen uns noch ein bisschen in die Sonne.“ Sagte Joschi, und sie gingen wieder zum Strand hinunter und faulenzten noch eine Weile in der Sonne, bis es allmählich Zeit zum Abendessen wurde. Dann packten sie ihre Sachen zusammen, Joschi räumte noch den Liegestuhl weg, und sie machten sich auf den Rückweg.

Der Ritter Rollbert war schon da und genoss sein Radler, und er winkte Joschi gleich zu sich. „Joschi, ich habe heute mit den Kollegen von der Wasserwacht telefoniert.“ Sagte er. „Du kannst die Schwimmweste morgen abholen, sie haben extra eine kleine Größe für euch.“ „Oh, super, Ritter Rollbert! Vielen Dank!“ sagte Joschi. „Kann ich da auch gleich in der früh hinfahren?“ „Kannst du, die Wasserwachtstation ist ab acht Uhr besetzt.“ Sagte Ritter Rollbert. „Das ist ja prima, dann fahre ich gleich nach dem Frühstück.“ Sagte Joschi. “Da bin ich längst wieder da, bis Lexi auftaucht.“ „Und dann wollt ihr Boot fahren?“ fragte Ritter Rollbert interessiert. „Ja, schon. „ sagte Joschi. „Zumindest mal probieren ob sie sich traut einzusteigen. Und dann schauen wir mal, ob wir nicht doch hinüber auf die Roseninsel kommen.“ „Das ist ein guter Plan, Joschi, da drüben ist es ja herrlich um diese Jahreszeit.“ Sagte Ritter Rollbert. In dem Moment kam die Madame Babette aus der Küche, und sie hatte Teller und Besteck dabei. „Hallo Joschi, hallo Bernhard!“ sagte sie. „ Na, wie sieht’s mit dem Hunger aus?“ „Schon ganz ordentlich, „ sagte Joschi, und „Bei mir auch!“ piepste Bernhard. „Dann räumt mal schnell eure Badesachen weg, „ sagte Madame Babette, „dann gibt es erst einmal einen Teller Gemüsesuppe, und dann Marillenknödel, ganz frisch gemacht.“ „Oh, super!“ rief Joschi. Von Gemüsesuppe war er jetzt nicht der größte Fan, auch wenn die von Madame Babette schon schmackhaft war, aber ihre Marillenknödel, also, die waren schon ein besonderes Gedicht. Joschi verdrückte fünf Marillenknödel, der Ritter Rollbert aß sieben, und Bernhard durfte kleine Teighappen in Butterbrösel tunken und war ganz glücklich damit. Die Knödel waren umwerfend gut, der Teig ganz zart und fein, und die Marillenfüllung aromatisch und saftig. „Ich wette, die schmecken unserer Lexi auch!“ sagte Joschi, und die Madame Babette lächelte und sagte: „Da bin ich mir ganz sicher, alle Kinder mögen Marillenknödel.“ „Nicht nur Kinder!“ lachte der Ritter Rollbert. „Aber wenn ich jetzt noch einen Knödel esse, ich fürchte, dann platze ich.“ „Na, das wollen wir ganz sicher nicht.“ Sagte Madame Babette. „Ritter Rollbert, sollen wir uns einen Marillengeist gönnen? Der passte jetzt gerade schön dazu.“ „Herzlich gern.“ Sagte der Ritter Rollbert und stand auf. „Bleib nur sitzen, ich hole ihn schon.“

Nach dem Essen verabschiedeten sich Joschi und Bernhard recht bald, Joschi wollte ja extra früh aufstehen, und er war jetzt schon recht müde, weil es gestern so spät geworden war. Dann gingen sie aber doch nicht gleich ins Bett, sondern schalteten das Regenbogenkistl noch mal ein um nachzusehen, ob nicht vielleicht eine Nachricht vom Meister Zauberer gekommen war. Da war aber keine, und Bernhard meinte: „ Na, ich denke, unser Auftrag ist auch so klar, da ist gestern schon alles gesagt worden.“ „Ja, aber,„ meinte Joschi, der ein bisschen enttäuscht war, „Ich wüsste halt doch gern, ob das ein gutes Zeichen ist, dass Lexi ein komisches Gefühl in den Füßen hat.“ „Frag doch einfach das Regenbogenkistl!“ piepste Bernhard, und „Aber natürlich!“ sagte Joschi und konzentrierte sich. „Also, jetzt brauche ich nur eine gute Frage, das kann nicht so schwer sein. – Regenbogenkistl: ist es ein gutes Zeichen, dass Lexi’s Füße kribbeln?“ „Ja!“ rief Joschi begeistert, als das Regenbogenkistl klingelte und 100% richtig anzeigte. „Hab ich doch gleich gesagt!“ piepste Bernhard. „Ja, schon.“ sagte Joschi. “Ich wollte nur sicher gehen. Aber ich glaube, das ist auch schon genug für heute, ich bin nämlich ganz schön müde.“ „Ich auch!“ piepste Bernhard, und dann gingen sie schlafen. Joschi stellte sich noch den Wecker auf sieben, weil er wirklich früh los wollte, und dann sagten sie sich gute Nacht.

19. Kapitel, in dem eine kleine Bootsfahrt mit unerwarteten Nebenwirkungen unternommen wird

Auch der Montag fing mit strahlendblauem Himmel an, und es war auch schon recht warm in der Früh. Weil Joschi und Bernhard schon um viertel nach sieben zum Frühstück auftauchten, saßen Madame Babette und Ritter Rollbert auch noch da und tranken Kaffee, und sie frühstückten gemütlich zusammen. Joschi dachte daran, Madame Babette nach dem Sonnenschirm zu fragen, und sie sagte: „Ja klar, dass mir das nicht selbst eingefallen ist!“ Und der Ritter Rollbert ergänzte: „Ihr könnt den Sonnenschirm übrigens auch mit aufs Boot nehmen, ich habe da für Madame Babette mal eine Halterung angeschraubt.“ „Prima Idee!“ sagte Joschi, „Das machen wir!“ Nach dem Frühstück nahm Joschi sein Radl und fuhr in die Stadt, zum Hafen, wo die Wasserwachtstation war. Es war noch ein bisschen vor acht, als er dort ankam, und so schaute er sich erst einmal die Schiffe der königlichen Seenflotte an, die um die Zeit alle noch vor Anker lagen. Die waren alle weiß mit blauen und goldenen Verzierungen und eins schöner als das andere. Joschi kannte die großen Schiffe alle mit Namen, und er dachte sich, die musste er Lexi unbedingt mal zeigen. Dann sah er, dass die Tür vom Wasserwachthaus jetzt offen war, und er machte dass er dorthin kam. „Guten Morgen!“ grüßte er höflich, und „Guten Morgen, du bist sicher der Joschi aus dem Schloss!“ sagte der Wasserwachtler. „Deine Schwimmweste liegt schon bereit.“ „Super!“ strahlte Joschi, und dann ließ er sich noch ganz genau zeigen, wie man die Verschlüsse der Weste richtig zumachte, denn da wollte er kein Risiko eingehen. Dann bedankte er sich herzlich und machte sich wieder auf den Heimweg.

Im Schlosshof war niemand, und Joschi legte die Schwimmweste erst einmal auf einen Stuhl und ging in die Küche. Da saß Bernhard auf dem Tisch und beobachtete interessiert Madame Babette, die schon mit dem Kuchenbacken angefangen hatte. „Hallo Joschi!“ piepste der Kleine. „Hast du die Weste?“ „Ja, liegt draußen.“ Sagte Joschi. „Ich bin mal gespannt, was Lexi dazu sagt.“ „Ich auch, wie ein Flitzebogen!“ piepste Bernhard. „Aber das wird wohl noch ein Stückchen dauern, bis sie kommt, es ist ja grade erst halb neun vorbei.“ „Stimmt, sie hat ja gesagt, es wird später.“ Sagte Joschi. „Pass auf, Bernhard, dann hältst du hier die Stellung, und ich fahre einstweilen das Boot hinaus, mach es am Steg fest und montiere den Sonnenschirm. Danach komme ich dann wieder herauf.“ “Geht in Ordnung, Joschi!“ piepste Bernhard, und Joschi machte sich auf den Weg zum See hinunter.

Als er wieder zurückkam, war Lexi noch nicht da, aber es war ja auch erst neun Uhr. Joschi holte das Regenbogenkistl und setzte sich in den Schatten damit, weil man in der Sonne auf dem Bildschirm nichts erkennen konnte, und er startete eine Suche nach Bildern von der Roseninsel. Wie er sich gedacht hatte, gab es jede Menge davon, und auch viele Beschreibungen der Sehenswürdigkeiten auf der Insel. Er legte ein Album mit den schönsten Bildern für Lexi an, und versuchte sich möglichst viele Beschreibungen zu merken, aber das war nicht so einfach, und er hatte ja eh das Problem mit dem auswendig lernen. Da wäre jetzt wieder ein Drucker praktisch, dachte er, dann müsste ich mir nichts merken - und musste selber lachen, als prompt der Wunschalarm losging. Nein, er wollte keinen seiner kostbaren zwei verbleibenden Wünsche für einen Drucker verschwenden. Da legte er lieber Taschengeld beiseite dafür, und vielleicht legten Madame Babette und Ritter Rollbert noch was drauf, zu Weihnachten oder so. „Was machst du denn da, Joschi?“ piepste Bernhard und hopste auf einen Stuhl, und von dort aus auf den Tisch. „Informationen über die Roseninsel einholen.“ Sagte Joschi, der so vertieft gewesen war, dass er gar nicht gemerkt hatte, wie der Kleine näher kam. „Schau mal, ich habe schon ein schönes Album angelegt. Ich weiß bloß nicht, wie ich mir die ganzen Texte dazu merken soll.“ „Musst du doch auch nicht!“ piepste Bernhard. „Nimm doch das Regenbogenkistl mit!“ „Ach nein, und wenn es ins Wasser fällt, ist es kaputt!“ sagte Joschi besorgt. „Weshalb sollte es denn ins Wasser fallen?“ fragte Bernhard. „Du bist ja schon fast so schlimm wie Lexi!“ „Ist ja gar nicht wahr!“ protestierte Joschi. „Aber Computer sind nun mal nicht fürs Wasser gebaut, da reicht es wenn die Tastatur nass wird, und nichts geht mehr.“ „Da hast du leider auch wieder Recht.“ Gab Bernhard zu, „Dann muss es wohl da bleiben.“

„Guten Morgen, Joschi und Bernhard!“ rief in dem Moment Lexi, die eben um die Ecke gerollt kam, und sie hörte sich sehr fröhlich an. „Guten Morgen, Lexi!“ riefen die beiden, und Bernhard piepste neugierig: „Und, was hat der Herr Dr. Bromasius gesagt?“ „Dass ich über ein Pfund zugenommen habe, und dass ich mit den Fußbädern weitermachen soll – die sind gut für meinen Blutdruck, hat er gesagt.“ Erzählte Lexi begeistert. „Und dass das mit dem Kribbeln ein posi... positives Zeichen ist, denn das bedeutet wahrscheinlich, dass ich wieder Gefühl in den Füßen kriege.“ „Oh.“ Sagte Joschi schockiert. „Hast du denn sonst kein Gefühl in den Füßen?“ „Wenn ich sitze oder stehe, eher nicht, und wenn ich zu gehen versuche, tut es einfach nur weh.“ Lexi sah jetzt ganz traurig aus, und gerade war sie noch so fröhlich gewesen.“ „Ach herrjeh, „ sagte Joschi, „Jetzt kapiere ich es erst: das muss ja so sein, als wenn man versucht mit eingeschlafenen Füßen zu laufen, und das tut nun mal hundsgemein weh!“ „Arme Lexi!“ piepste Bernhard. „Aber Kopf hoch, wir und der Meister Zauberer, wir helfen dir so gut wir können!“ „Das weiß ich doch, „ sagte sie und lächelte wieder ein bisschen. „Und da bin ich auch sehr froh drum. – Was wollen wir denn heute machen, Joschi?“ „Ich möchte dir unser Boot zeigen, Lexi.“ Sagte Joschi. „ Ich hab’s unten am Steg angebunden, da ist das Wasser ganz flach, da magst du dich vielleicht einmal hineinsetzen, nur so probeweise.“ „Ich weiß nicht, Joschi. Ich hab doch solche Angst, dass ich ins Wasser fallen könnte.“ Sagte sie. „Dagegen gibt es das hier!“ sagte Joschi und hielt die Schwimmweste hoch. „Was ist das denn?“ fragte Lexi, und Joschi erklärte. „Und damit kann man garantiert nicht untergehen?“ fragte Lexi skeptisch. „Garantiert nicht, „ sagte Joschi fest. „Du musst auch gar nichts machen, nicht mit den Armen rudern oder so, gar nichts, einfach treiben lassen. Die Schwimmweste hält dir den Kopf über Wasser, da kann gar nichts passieren. Und wir machen die Schwimmweste mit einer Sicherheitsleine am Boot fest, falls du doch hineinfallen solltest, kann ich dich dann einfach wieder zum Boot herziehen, und du kannst über die Leiter hereinklettern. Das ist garantiert nicht gefährlich, hundertprozentig und versprochen.“ „Ich weiß trotzdem nicht.“ Sagte Lexi unglücklich, und Joschi sank der Mut. Da piepste Bernhard: “Ihr müsst ja noch gar nicht mal losfahren mit dem Boot! Das ist fest angebunden, da kann Lexi ruhig mal ausprobieren wie das geht mit dem Einsteigen.“ „Also, wenn das so ist, „ meinte Lexi, „dann probiere ich es vielleicht doch.“ „Bravo, Lexi!“ piepste Bernhard, und „Sehr gut, trau dich nur!“ sagte Joschi. Dann fragte er: „Wollen wir Brotzeit und Badesachen gleich mitnehmen, oder kommen wir noch mal her?“ „Gleich mitnehmen!“ piepste Bernhard, und Lexi nickte dazu. Joschi ging in die Küche und suchte Madame Babette, aber die war im Augenblick sehr beschäftigt und sagte, dass es noch eine Viertelstunde dauerte. Joschi ging in den Schlosshof zurück und sagte das den anderen, und da piepste Bernhard: „Du kannst ja Lexi einstweilen die tollen Bilder von der Roseninsel zeigen, die du gefunden hast.“ Lexi strahlte, als sie das Album sah, und blätterte begeistert durch. „Da ist ja eins schöner als das nächste!“ sagte sie. „Und du hast auch so viele Texte, die muss ich unbedingt mal lesen! Aber ein andermal, jetzt schau ich mir erstmal die Bilder an.“ Madame Babette kam wenig später und brachte eine Kühltasche mit, in der waren Getränke und Brotzeit, und sie brachte auch einen kleinen Strohhut mit, den sie Lexi aufsetzen ließ. „Da, da wird dir die Sonne auf dem Kopf nicht so schnell zuviel!“ Der Strohhut war sehr hübsch, mit einem blauen Band und einem Stoffblumensträußchen auf der Seite, und Lexi bedankte sich herzlich. Joschi ging schnell seine Badesachen holen und das Regenbogenkistl aufräumen, und dann zogen sie los.

Joschi half Lexi beim Anziehen der Schwimmweste und vergewisserte sich ganz genau, dass die auch richtig saß. „Perfekt!“ sagte er schließlich. „Jetzt kann wirklich nichts mehr passieren! Pass auf, das Boot liegt da unten, am Ende des Steges, siehst du es? Bis da hin musst du mit deinem Scooter fahren, aber keine Bange, der Steg ist ganz fest und solide.“ „Ich soll bis da vorne zum Wasser fahren?“ fragte Lexi bang, aber Joschi lächelte ihr ermutigend zu. „Mach schön langsam, „ sagte er. “Ich bin bei dir. Außerdem ist es da vorn auch nur knietief, keine Gefahr.“ „Also gut.“ Sagte Lexi entschlossen, und dann rollte sie los, blieb aber zwei Meter vor dem Ende des Stegs stehen. “Da ist ja kein Geländer mehr!“ sagte sie ängstlich. „Nein, sonst könnte man ja nicht in das Boot einsteigen. „ sagte Joschi. „Aber jetzt komm, das kleine Stückchen noch, du kannst ruhig bis ganz an die Kante hier fahren. Dann setzt du dich hin, und lässt dich einfach ins Boot hineinrutschen, das geht ganz einfach, ich zeig’s dir, komm nur her.“ Lexi fuhr zögerlich noch das letzte Stückchen und sah ganz genau zu, wie Joschi sich hinsetzte und ins Boot hineinrutschen ließ, und dann legte sie ihren Scooter auf den Boden und probierte es auch. Joschi stand im Boot und hielt ihr die Hand entgegen, und daran hielt sie sich ordentlich fest. „Bravo, Lexi!“ rief er, „Jetzt komm rein! Und steig über die Ruderbank, setz dich da hinten hin, da ist es am gemütlichsten.“ Sie hielt weiter seine Hand ganz fest, aber sie stieg mit einem vorsichtigen Schritt über die Ruderbank, und dann gleich wieder zurück. “Joschi.“ sagte sie mit ganz komischer Stimme. „Was ist denn, Lexi?“ fragte er besorgt, denn sie machte auch ein ganz komisches Gesicht dazu. „Joschi, meine Füße!“ sagte sie, total baff. „Die tun überhaupt nicht weh!“ Sie machte wieder den Schritt über die Bank.“ Aber auch kein bisschen!“ „Aber das ist doch fantastisch!“ jubelte Joschi und drückte ihre Hand ganz fest. „Gerade auf dem Steg, wie ich von meinem Scooter abgestiegen bin, da war’s noch wie immer.“ Sagte Lexi, und man merkte ihr deutlich an, dass sie durcheinander war. „Aber jetzt tut rein gar nichts mehr weh! Wie kann denn das sein?“ fragte sie. „Ich schätze, dass der böse Zauber auf dem Wasser nicht wirkt.“ Sagte Joschi überzeugt. „Aber findest du das denn nicht toll? Du schaust so ernst.“ „Ich kann’s halt einfach nicht glauben!“ sagte Lexi. „Wir können ja mal die Gegenprobe machen.“ Sagte Joschi. „Wenn du wieder auf den Steg steigst...“ „Oh nein, das möchte ich jetzt gerade nicht.“ sagte Lexi bestimmt. „Lieber setze ich mich da hinten unter den Sonnenschirm und erhole mich von dem Schrecken.“ „Ist das denn so ein Schrecken, wenn einem nichts mehr weh tut?“ fragte Joschi vorsichtig. „Oh ja, das ist es.“ Sagte sie, und dann kletterte sie noch einmal über die Ruderbank und machte es sich auf der breiten Bank im Heck des Bootes bequem. Joschi schaute sie fragend an, und dann lächelte sie auf einmal. „Schau nicht so, Joschi, es ist alles in Ordnung hier! Ich brauch jetzt nur ein bisschen Ruhe, das ist alles.“ „Dann ist es ja gut.“ Sagte er erleichtert. „Dann hole ich jetzt Bernhard, und die Kühltasche – ich kann dich hier allein lassen?“ „Ich rühre mich nicht vom Fleck, „ sagte Lexi. “Und das Boot ist ja fest angebunden, oder?“ „Das ist es. „ sagte Joschi, und machte sich auf den Weg.

Als Joschi mit Bernhard zurückkam, hatte Lexi Socken und Schuhe ausgezogen und die Füße bequem ausgestreckt, und sie wackelte immer wieder mal ein bisschen mit den Zehen. „Ach, ist das angenehm!“ sagte sie. „Und das mit dem Sonnenschirm ist klasse, da wird mir überhaupt nicht zu warm!“ Bernhard war mit einem tollkühnen Sprung ins Boot gehüpft und wuselte jetzt zu Lexi hinüber. „Darf ich mit auf die Bank?“ fragte er, und Lexi klopfte einladend auf die Bank neben ihr. „Komm nur herauf, Kleiner!“ sagte sie. „Man sitzt hier ganz prima!“ „Dann gefällt dir unser Boot also, Lexi?“ fragte Joschi, und sie nickte. „Auf jeden Fall! Und es ist ganz schön groß, nicht wahr?“ „Sie ist für bis zu sechs Personen zugelassen. „ sagte Joschi stolz, „Das ist schon ganz ordentlich. Und dabei rudert sie sich leicht und ist schön wendig im Wasser.“ „Warum sagst du „sie“?“ fragte Lexi,“ es heißt doch „das“ Boot.“ „Nein, nein.“ Sagte Joschi, „Boote sind immer eine „sie“, auch die ganz großen. Unseres heißt übrigens Leoni.“ „Das ist ein hübscher Name.“ Sagte Lexi. “Und du bist wohl schon sehr viel mit ihr gefahren?“ „Kreuz und quer über den See, ganz viel mit Ritter Rollbert zum Fischen, und auch ganz viel schon allein.“ Sagte Joschi. “Was ist, sollen wir ein wenig rudern?“ „Wir könnten es mal ausprobieren.“ Sagte Lexi. „Aber nur, wo das Wasser nicht tief ist, versprochen?“ „Versprochen.“ Sagte Joschi, und dann machte er die Leinen los und hängte die Ruder ein, stieß das Boot vom Steg ab und ruderte los, schön am Ufer entlang. Erst am Bootshaus vorbei, und Lexi staunte sehr, wie groß das war, und wie viele Boote drinnen hingen. Dann vorbei an der kleinen Bucht, in der die Surfbretter und Katamarane der königlichen Kinder lagerten, und schließlich an dem Schilfstreifen entlang, der den alten Teil des Schlossparks vom Wasser trennte.

„Jetzt sind wir schon auf halber Strecke zur Roseninsel.“ Sagte Joschi, und Lexi machte große Augen und fragte: „Ist das wirklich wahr?“ „Nur um die nächste Kurve noch herum, „ antwortete Joschi, „ und du kannst sie sehen!“ „Au ja, Joschi, da bin ich aber neugierig!“ sagte Lexi, und Joschi zog kräftig an, bis sie um die nächste Landspitze herum waren. „Da ist sie!“ rief Lexi. „Und gar nicht mehr weit weg!“ „Sollen wir hinüberfahren?“ fragte Joschi, doch Lexi antwortete: „Ach nein, das ist mir ein bisschen viel auf einmal jetzt. Vielleicht morgen, in Ordnung?“ „Das ist sehr in Ordnung so. „ sagte Joschi, der insgeheim bombenstolz auf Lexi war, weil sie so überhaupt nicht ängstlich vor dem Wasser war. “Dann fahren wir jetzt gemütlich zurück, und zur Insel fahren wir morgen.“ Eine Viertelstunde später waren sie wieder am Steg, und Joschi machte das Boot fest. Dann tranken sie erstmal was – es gab Himbeerlimonade, die war sehr lecker – und Joschi und Bernhard erklärten, sie wollten jetzt zum Schwimmen gehen. „Ich bleibe gern hier auf dem Boot, wenn’s recht ist.“ Sagte Lexi, und Joschi fragte: „Willst du nicht wenigstens mit den Füßen hineingehen?“ „Ach ja, stimmt, mein Fußbad.“ Sagte Lexi. „Kann ich nicht die Füße vom Boot aus ins Wasser hängen?“ „Schwierig. „ sagte Joschi. “Wenn man’s nicht geübt hat, fällt man dabei leicht rein. Ich hab eine bessere Idee: klettere doch hinten auf der Leiter ins Wasser, das geht ganz bequem, und es ist hier wirklich nur knietief.“ „Das probiere ich!“ sagte Lexi und kletterte frohen Mutes über die Bank nach hinten zur Leiter. „Ach Joschi!“ rief sie glücklich. „Ich kann dir gar nicht sagen wie schön es ist, dass mir die Füße nicht wehtun!“ „Da freu ich mich auch so für dich!“ rief Joschi, und Bernhard piepste: „Ich auch, Fräulein Lexi, ich freue mich ganz narrisch!“ Lexi trat von der Leiter hinunter und einen Schritt ins Wasser, und noch einen, und noch einen. „Joschi, Bernhard!“ rief sie, „Ich ja kann auch im Wasser gehen, ohne dass es wehtut!“ „Na, das ist doch toll!“ sagte Joschi begeistert, und Bernhard rief: „Warte auf mich, Fräulein Lexi! Du kannst mich am Ufer absetzen, und dann laufen wir beide den Strand entlang! Der Joschi kann ja derweil schwimmen gehen.“ „Kommt überhaupt nicht in die Tüte, ich komme mit euch.“ Sagte Joschi, und Lexi lachte hellauf und rief: „Na los, Bernhard, spring runter zu mir, ich fange dich auf!“

Sie waren den ganzen Strand entlang gelaufen bis dahin, wo der Schlosspark endete und die Felder anfingen, und da musste sich Lexi erstmal ans Ufer setzen und verschnaufen, aber sie strahlte übers ganze Gesicht. „Wenn ich euch nicht hätte,“ sagte sie froh, „Hätte ich nie entdeckt, dass mir die Füße im Wasser nicht wehtun, und ich hätte nie so laufen können!“ „Zurück machen wir aber langsamer, Lexi.“ Sagte Joschi fürsorglich. „Du bist ja total aus der Puste!“ „Ach, das kommt nur, weil ich nichts gewöhnt bin.“ Sagte sie leichthin. „Das ist bestimmt wie mit dem Scooter fahren, erst gibt’s Muskelkater, und danach ist es ganz einfach. Und ich möchte jetzt gerne zurück, „ sagte sie, „Weil, ich kriege nämlich allmählich ganz schön Hunger.“

Sie kletterten vom Wasser aus einfach wieder direkt ins Boot, und Joschi holte die Kühltasche unter der Bank heraus und inspizierte den Inhalt. „Sandwichs, so wie ich das sehe! Mit Schinken und Käse!“ verkündete er, und „Au ja, prima!“ sagte Lexi. „Und für mich?“ piepste Bernhard. „Du kannst gern ein Stück Käse von mir abhaben.“ Sagte Joschi, „Und ein paar Brotkrümel auch.“ „Aber gerne doch!“ piepste Bernhard, und dann aßen sie erstmal ihre Sandwichs und tranken Himbeerlimo dazu. Als sie mit dem Essen fertig waren, dehnte und streckte sich Lexi und gähnte einmal gewaltig. “Oho, das Laufen hat mich ganz schön müde gemacht!“ sagte sie. „Ich könnte jetzt einen Mittagsschlaf vertragen.“ „Kein Problem!“ sagte Joschi, „Ich hole dir schnell eine Luftmatratze aus dem Bootshaus, dann kannst du es dir hier am Boden bequem machen. Soll ich auch einen Ball mitbringen? Dann können wir nachher Wasserball spielen, wenn du dich ausgeruht hast.“ „Ja, vielleicht, nachher.“ Sagte Lexi und gähnte noch mal. Joschi lachte. „Huh, du hast ja schon richtig Schlaf in den Augen! Aber wir sind ja auch ganz schön weit gelaufen, kein Wunder. So, und jetzt hole ich dir schnell die Matratze.“ Die Luftmatratze passte genau auf den Platz vor der Rückbank, und da hatte es Lexi mindestens so bequem wie im Liegestuhl. Joschi vergewisserte sich noch einmal, dass der Sonnenschirm auch richtig festgemacht war und dass das Boot fest am Steg verzurrt war, dann fragte er: „Lexi, dir geht’s gut hier, oder? Ich möchte nämlich schwimmen gehen. Der Bernhard bleibt hier und passt auf dich auf.“ „Danke Joschi, mir geht’s bestens.“ Murmelte sie schläfrig. „Geh ruhig, ich schlafe ein wenig.“ Und Joschi kletterte von Bord, vorsichtig, damit das Boot nicht zu sehr schwankte.

Als Joschi vom schwimmen zurückkam, schlief Lexi tief und fest, und Bernhard hatte sich auf einem Handtuch zusammengerollt und auch die Augen geschlossen. „Bernhard!“ rief Joschi ganz leise, „Psst, Bernhard, aufwachen!“ „Ich bin wach!“ piepste der Kleine und machte die Äuglein auf. „Bernhard, du bleibst hier bei Lexi, OK?“ sagte Joschi. „Wenn sie aufwacht und fragt, ich laufe bloß schnell zu Madame Babette hinauf, ich bin gleich wieder da.“ „Alles klar, Joschi, ich halte hier die Stellung!“ piepste Bernhard, und rollte sich schon wieder gemütlich zusammen. Madame Babette saß, wie immer um diese Zeit, bei ihrem Kaffee und schrieb in ihr Haushaltsbuch. „Ja hallo, Joschi, was machst du denn hier!“ begrüßte sie ihn. „Und wo ist das Fräulein Lexi?“ „Fräulein Lexi liegt auf der Luftmatratze im Boot und schläft wie ein Murmeltier.“ Lachte Joschi. „Ach, Madame Babette, wir haben etwas ganz tolles herausgefunden, das wollte ich dir unbedingt erzählen!“ „Was denn, Joschi?“ fragte Madame Babette freundlich interessiert. Joschi antwortete: „Dass Lexi die Füße nicht weh tun, wenn sie im Wasser ist! Also nicht im Boot, und auch nicht wenn sie im Wasser steht oder läuft. Ist das nicht toll?“ „Aber Joschi, das ist ja fantastisch!“ rief Madame Babette. „Das muss ja eine ungeheure Erleichterung für das arme Kind sein! Hat sie denn jetzt nicht mehr so viel Angst vor dem Wasser?“ „I wo, „ sagte Joschi, „es darf nur nicht zu tief sein, glaube ich, dann ist alles OK. Und die Schwimmweste hat auch geholfen, glaube ich.“ „Na, das sind ja mal erfreuliche Nachrichten!“ sagte Madame Babette lächelnd. „Das musst du unbedingt dem Meister Zauberer berichten.“ „Das mache ich heute Abend. „ sagte Joschi. „Aber jetzt laufe ich wieder hinunter an den Strand, nicht dass Lexi aufwacht, und ich bin nicht da.“ „Willst du nicht noch ein bisschen Kuchen mitnehmen?“ fragte Madame Babette. „Soviel Zeit, denke ich, wird sein. Ich habe Apfelstreuselkuchen gebacken.“ „Au ja, gern!“ sagte Joschi begeistert, und Madame Babette packte ihm den Kuchen ein und gab auch noch eine Flasche frischen Eistee mit dazu.

Lexi schlief immer noch ungestört, als Joschi wieder zum Boot kam, und Bernhard, der versuchte einen wachsamen Eindruck zu machen, hatte wohl auch geruselt, der hatte ganz kleine Schlitzaugen. Joschi stieg ganz leise ein und stellte den Kuchen und den Tee in den Schatten, und dann schaute er erstmal Lexi an, wie sie da so fest und friedlich schlief. Sehr wahrscheinlich, so dachte er sich, lag das auch daran, dass ihr nichts wehtat. „Gibt’s Kuchen?“ piepste Bernhard leise neben ihm und schaute ihn hoffnungsvoll an. „Natürlich gibt’s Kuchen, kleiner Vielfraß!“ lachte er, ebenfalls sehr leise. „Aber wir warten auf Lexi, irgendwann wird sie schon aufwachen.“ Tat sie aber nicht, jedenfalls nicht in einer Viertelstunde und nicht in einer halben Stunde, und Joschi und Bernhard beratschlagten leise, was wohl am Besten zu tun sei. „Wenn sie noch viel länger schläft, „ sagte Joschi, „Kann sie bestimmt heute Abend schlecht einschlafen, das kenne ich von mir.“ „Dann müssen wir sie aufwecken, „ sage Bernhard leise. „Ich könnte sie ja zwicken, aber das bringe ich nicht übers Herz.“ „Nein, nein, ich glaube, ich weiß da eine bessere Methode. „ sagte Joschi und fing an, den Kuchen auszupacken; dabei raschelte er kräftig mit dem Einwickelpapier. Lexi blinzelte, und Joschi nahm ein Kuchenstück und hielt es ihr unter die Nase. „Apfelkuchen, Lexi!“ sagte er. „Mit Streuseln, der ist extra-lecker!“ „Wie – was?“ sagte Lexi und blinzelte noch mal kräftiger. „Kuchen?“ „Apfelstreuselkuchen, und frischer Eistee.“ Sagte Joschi. „Was hältst du davon?“ Jetzt hatte sie die Augen offen, und sie lachte. „Also, mit Kuchen bin ich auch noch nie geweckt worden! Gar keine schlechte Methode, und ich glaube, ich habe sogar schon wieder Appetit.“ „Das kommt von der vielen Bewegung, „ sagte Joschi, und Bernhard piepste: „Ich hab auch schon wieder Hunger! Aber ich bin ja schließlich die ganze Strecke mit euch mit gerannt!“ „Hier, „ sagte Joschi und brach ein extra dickes Streuselstück vom Kuchen ab. „Damit du uns nicht vom Fleisch fällst, Bernhard.“ Und dann aßen sie erst mal ihren Kuchen, der war herrlich saftig von den vielen Äpfeln und obendrauf knusprig von den Streuseln, und schmeckte einfach genial gut.

Später zeigte Joschi Lexi, wie man Wasserball spielt – natürlich nur im ganz flachen Wasser - und Bernhard machte den Schiedsrichter. Lexi wollte unbedingt jeden Ball erwischen und hüpfte und sprang herum, dass Joschi sie bremsen musste. „Lexi, mach langsamer, du wirst ja ganz nass!“ rief er, und sie lachte und rief zurück: “Ist egal, das trocknet auch wieder!“ „Was du brauchst, ist ein Badeanzug.“ Meinte Joschi. „Na, ich weiß nicht.“ Sagte Lexi skeptisch. „Ich bin doch so ein dünnes Stangerl, ob das im Badeanzug gut aussieht?“ „Also, mir kommt’s vor, als ob du gar nicht mehr ganz so schrecklich dünn wärst.“ Sagte Joschi. „Jedenfalls bist du nicht mehr so blass und schaust viel gesünder aus, das ist doch das Wichtigste.“ Und Bernhard piepste: “Ich finde dich auch in dünn sehr hübsch, Fräulein Lexi!“ „Kleiner Schmeichler!“ lachte Lexi, „Oder wie heißt das auf Französisch: Charmeur!“ Da lachten sie alle.

Lexi und Joschi spielten noch ein bisschen Wasserball, aber dann wurde Lexi wieder müde und wollte ins Boot zurück, sich ausruhen. Auch Bernhard wollte ein Schläfchen machen und rollte sich gleich auf einem Handtuch zusammen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich schon mal so viel gehüpft und herum gelaufen bin wie heute.“ Sagte Lexi und machte es sich wieder auf der Luftmatratze bequem. „Das wird einen Muskelkater geben!“ Aber sie lächelte dabei. „Sollen wir noch ein bisschen rudern?“ fragte Joschi, und Lexi sagte: „Von mir aus, gern. Aber wir bleiben im flachen Wasser, versprochen?“ „Versprochen. „ sagte Joschi. “Ich fahre nur so weit hinaus, dass man noch stehen kann. Aber ich möchte dir etwas zeigen, und dazu müssen wir ein kleines Stück vom Ufer weg, sonst stehen die Bäume im Weg.“ “Was denn, Joschi?“ fragte sie neugierig, und Joschi hängte die Ruder ein und sagte „Abwarten, Lexi. Dauert nicht mehr lang.“ Dann ruderte er mit einigen kräftigen Schlägen vom Ufer weg, nahm die Ruder hoch und ließ das Boot treiben. „Auf, Lexi, von da unten siehst du nichts!“ rief er. „Schau, das ist der schönste Blick aufs Schloss, hier vom Wasser aus.“ Lexi krabbelte auf die Rückbank und sah nach hinten, und dann sagte sie „Oh! Das ist aber wirklich wunderschön. Die ganzen Türme, und die Dächer, und die Fassade mit den vielen Blumen – toll!“ „Dann fahren wir jetzt in dieser Entfernung am Ufer entlang, und du kannst dir das ganze Schloss vom Wasser her anschauen. „ sagte Joschi. „Einverstanden?“ „Sehr gern!“ rief Lexi. „Ach Joschi, du hast immer so tolle Ideen!“ Es war gut, dass Lexi fasziniert in die andere Richtung schaute, denn Joschi bekam wegen des Kompliments so ziemlich rote Ohren. Er konzentrierte sich aufs Rudern, da verging das relativ schnell wieder.

Sie fuhren bis zu der Stelle, wo der Schlosspark aufhörte, also genauso weit, wie sie heute schon gelaufen waren, und Joschi fragte: „Sollen wir hier umkehren, Lexi?“ „Wegen mir nicht!“ sagte sie. „Ich könnte noch ewig so weiterfahren!“ „Ewig geht schlecht, „ antwortete Joschi, „Schließlich müssen wir irgendwann mal zum Abendessen.“ „Ich weiß, Joschi.“ Sagte sie, auf einmal ganz ernst. „Trotzdem würde ich lieber für immer auf dem Boot bleiben.“ „Weil dir hier die Füße nicht wehtun.“ Sagte Joschi. „Genau.“ Sagte Lexi. “Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie das ist.“ „Nein, kann ich wahrscheinlich nicht.“ Sagte Joschi ehrlich. „Aber ich verspreche dir eins: Bernhard, und ich, und der Meister Zauberer, wir werden keine Ruhe geben, ehe nicht der böse Zauber endgültig besiegt ist. Versprochen und Ehrenwort.“ „Das weiß ich doch, Joschi, und ich bin euch ja so dankbar!“ sagte Lexi. „Aber trotzdem will ich eigentlich lieber nicht mehr an Land.“ Da hatte Joschi einen Geistesblitz. „Sag mal, Lexi: wie wäre es denn, wenn du auf einem Schiff wohnen könntest?“ Sie sah ihn entgeistert an. „Auch in der Nacht? Und wenn es regnet, oder ein Gewitter gibt? Aber das geht doch gar nicht!“ „Nein, nicht so ein kleines Schiff wie das hier.“ Erklärte Joschi. „Ich meine ein richtig großes, eins von der Königlichen Seenflotte.“ „Die kenne ich gar nicht!“ sagte Lexi, sah aber auf einmal sehr interessiert aus. „Wie groß sind die denn?“ „Also, die Ludwig II, das ist das größte Schiff, die ist über fünfzig Meter lang und drei Stockwerke hoch, und es gibt ein Restaurant an Bord und einen Ballsaal.“ Sagte Joschi, und Lexi machte große Augen. „Soweit ich weiß, gibt es an Bord auch Gästekabinen, „ sagte Joschi, „Da kann man prima übernachten.“ „Das hört sich ja toll an!“ sagte Lexi, aber dann zog sie die Stirn kraus. „Aber wenn die Schiffe so groß sind, die fahren doch bestimmt nicht im seichten Wasser, oder?“ „Nein, „ sagte Joschi und seufzte, weil seine schöne Idee geplatzt war. “Die brauchen schon ein paar Meter Wasser unter dem Kiel.“ Und er seufzte noch einmal. “Warum hast du eigentlich gar so viel Angst vor dem tieferen Wasser, Lexi?“ fragte er dann traurig. „Weil ich nicht weiß, was da unten ist.“ Sagte sie. “Hier kann ich bis zum Grund sehen, das ist kein Problem. Aber weiter draußen – da könnte ja alles mögliche unten lauern, Seeungeheuer und Kraken und giftige Seeschlangen und was weiß ich noch.“ „Aber doch nicht in unserem schönen See!“ rief Joschi. „Hier gibt es so was nicht!“ „Oder bösartige Raubfische!“ sagte Lexi bibbernd, und Joschi holte ganz schnell die Ruder ein, setzte sich zu ihr hinüber und legte fest einen Arm um ihre Schultern. „Nicht, Lexi, hör auf, du machst dir ja selber Angst!“ sagte er. „Ich verspreche dir, ganz wirklich wahr, in diesem See gibt es keine Ungeheuer!“

Hier sind Seeungeheuer verboten

„Und wenn die böse Meerhexe welche hineingezaubert hat?“ flüsterte Lexi und bibberte noch mehr. „Das wüsste der Meister Zauberer aber!“ sagte Joschi resolut. „ Hier zaubert niemand außer ihm!“ „Bist du dir da ganz sicher?“ wisperte Lexi. „Aber hundertprozentig!“ sagte Joschi. “Vergiss nicht, ich bin mal beim Meister Zauberer in die Lehre gegangen und kenne ihn ziemlich gut. Der lässt es nicht zu, dass ihm ein anderer Zauberer oder eine Hexe ins Handwerk pfuscht.“ „Meinst du wirklich?“ fragte Lexi. Das klang noch nicht so richtig überzeugt, aber wenigstens hatte sie aufgehört zu bibbern. „Weißt du was, „ sagte Joschi, „Wir fragen den Meister Zauberer einfach! Ich kann ihm ja eine Email schreiben, die beantwortet er eigentlich immer recht schnell.“ „Oh ja bitte, Joschi, mach das!“ sagte Lexi. „Das wäre mir doch eine große Beruhigung.“ „Dann, „ sagte Joschi, „Fahren wir jetzt zurück, es ist ohnehin schon bald Zeit zum Abendessen. Isst du heute wieder bei uns?“ „Ja!“ sagte sie, jetzt gottseidank wieder fröhlich. “Darf ich doch, oder? Heute ist ja ein „zweiter“ Tag.“ Joschi setzte sich zurück auf die Ruderbank und nahm die Ruder in die Hand. „Wie haben dir eigentlich gestern die Marillenknödel geschmeckt?“ fragte er und fing an zu rudern. „Oh, die waren super-gut!“ sagte Lexi begeistert. „Drei Stück habe ich geschafft, das ist doch recht ordentlich, oder?“ „Das ist eine anständige Portion.“ Sagte Joschi anerkennend. „Ich bin schon gespannt, was es heute gibt – rudern macht nämlich hungrig.“ „Strandrennen auch, besonders wenn man so kurze Beine hat wie ich!“ piepste Bernhard, der anscheinend gerade aufgewacht war, und Lexi und Joschi lachten.

Als sie wieder anlegten, machte Joschi das Boot fest, so dass es nicht zu sehr schaukeln konnte, und sprang auf den Steg. Er streckte die Hand für Lexi aus, und sie packte die seine fest und zögerte dann erstmal. „Ich weiß nicht, Joschi, ich will gar nicht an Land!“ sagte sie kläglich. “Aber ich muss wohl!“ „Nur Mut, Lexi!“ sagte Joschi. „Nur ein Schritt, und du bist wieder auf deinem Scooter, und da tun dir ja die Füße auch nicht weh, oder?“ „Da hast du auch wieder Recht.“ Sagte sie und machte ein entschlossenes Gesicht. Mit Joschis Hilfe war sie in einem Schritt auf dem Steg, und da rief sie: „Oh, das kribbelt aber fest heute!“ „Ist das unangenehm?“ fragte Joschi, und sie schüttelte energisch den Kopf. „Oh nein!“ sagte sie. „Kribbeln ist besser als wehtun, viel besser sogar.“ „Dann ist es ja gut.“ Sagte Joschi erleichtert. Dann holte er ihre Sachen aus dem Boot, und sagte: „Ihr könnt ja schon mal vorausgehen, ich muss das Boot noch aufräumen.“ „Nein, nein, wir warten auf dich!“ sagte Lexi, und Bernhard piepste: „ Nein, wir gehen zusammen!“ Joschi machte das Boot los, sprang hinein und fuhr es vorsichtig ins Bootshaus, hängte es an die Winde, wie es ihm der Ritter Rollbert beigebracht hatte, und kurbelte es aus dem Wasser. Das war eine Vorsichtsmaßnahme, für den Fall dass es in der Nacht Gewitter mit Sturm geben sollte, so konnten die Boote nicht beschädigt werden, selbst bei heftigem Sturm nicht. Dann ging er nach draußen zu den anderen, und sie machten sich auf den Weg zurück zum Schlosshof.

Madame Babette war in der Küche beschäftigt, und der Ritter Rollbert war noch nicht da, aber es war ja auch noch über eine halbe Stunde Zeit bis zum Abendessen. Joschi brachte die Kühltasche in die Küche zurück und räumte seine Badesachen auf, und holte dann das Regenbogenkistl. Lexi und Bernhard warteten schon am Gartentisch auf ihn. Joschi stellte das Regenbogenkistl hin und schaltete es ein, und in dem Moment kam ein Klingelton, den sie so noch nicht gehört hatten, und eine Meldung, die auch neu war. „1 neue Nachricht erhalten, bitte weiterleiten!“ stand da, und Joschi las es auch so vor. „Na, jetzt bin ich aber mal gespannt. „ sagte er und klickte auf OK. „1 neue Nachricht für Fräulein Alexia vom Meer!“ las er vor und drehte das Regenbogenkistl zu Lexi hin, so dass sie besser lesen konnte. „Das ist für dich, vom Meister Zauberer!“ „Oh!“ sagte sie überrascht. “Für mich?“ „Steht doch da!“ piepste Bernhard und hüpfte ungeduldig auf und ab. „Willst du’s nicht lesen?“ „Tu ich doch schon!“ sagte Lexi und schaute konzentriert auf den Bildschirm. „Oh!“ sagte sie nach einer Weile noch mal. „Aber, woher hat er das gewusst?“ „Was denn?“ fragte Joschi, und Bernhard piepste: “Vorlesen!“ „Ihr könnt es gerne selber lesen. „ sagte Lexi. Sie machte einen ziemlich verdatterten Eindruck. Joschi drehte das Regenbogenkistl wieder zu sich her, und Bernhard kam zu ihm herübergeflitzt und las mit. „Liebes Fräulein Alexia vom Meer,“ stand da. “ich verspreche dir, dass es in unserem See keine Seeungeheuer, Kraken, giftigen Schlangen und dergleichen mehr gibt. Es gibt nur harmlose Fische und Muscheln. Darauf gebe ich dir mein Zauberer-Ehrenwort. Und ich verspreche dir auch, dass sich daran nie etwas ändern wird, da passe ich schon auf. Mit den besten Grüssen, Dein Meister Zauberer.“ „Na aber, das ist doch bestens!“ rief Joschi. „Siehst du, Lexi, ich hab dir gleich gesagt, du brauchst keine Angst zu haben!“ „Ja aber,... aber..“ stotterte Lexi. „Aber woher weiß denn der Meister Zauberer das? Wir haben ihm doch noch gar nicht geschrieben!“ „Der Meister Zauberer ist eben der Meister Zauberer. „ sagte Joschi beruhigend. „Und er weiß sehr viele Dinge. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass er immer auf uns aufpasst, auch wenn wir nichts von ihm sehen oder hören oder lesen.“ „So muss das wohl sein.“ Sagte Lexi, und ihre Miene wurde heller. „ Das beruhigt mich jetzt aber wirklich, das ist gut zu wissen.“ „Und im See sind nur Muscheln und Fische!“ piepste Bernhard, „Nichts zum Fürchten!“ „Fische mag ich gar nicht.“ Sagte Lexi und zog wieder ein finstereres Gesicht. „Aber, warum denn nicht?“ fragte Joschi erstaunt. „Fische sind glitschig und kalt und stumm und wohnen im dunklen tiefen Wasser, die sind mir einfach unheimlich.“ Sagte Lexi, und Joschi protestierte: „Aber sie tun einem nichts! Ganz im Gegenteil, man kann sie fangen und essen, die schmecken sogar sehr gut!“ „Nein, vor Fischen gruselt es mich. „ sagte Lexi, und Joschi und Bernhard tauschten einen langen Blick. Dann zuckte Joschi die Schultern und meinte: „Aber Angst brauchst du vor den Fischen keine zu haben, Lexi, ehrlich nicht, die schwimmen ganz fix weg, wenn sie einen Menschen im Wasser sehen.“ „Auch die großen?“ fragte Lexi und schaute sehr ungemütlich drein dabei. „Erst recht die großen.“ Sagte Joschi, „Die siehst du hier am Ufer sowieso nicht, die leben weiter unten im See. Und sie nehmen reißaus, wenn ein Mensch oder ein Boot kommt.“ „Na ja, „ meinte Lexi, noch nicht überzeugt. “Dann bleib ich lieber am Ufer, sicher ist sicher.“ „Und unser Ausflug zur Roseninsel morgen?“ fragte Joschi. „Aber du hast doch gesagt, da geht es nur durch flaches Wasser!“ rief Lexi, und Joschi nickte bestätigend. „Das ist auch so, keine Bange. Wir fahren morgen rüber – abgemacht?“ „Abgemacht!“ sagte Lexi und schaute wieder fröhlicher drein.

In dem Moment kam die Madame Babette, und sie fragte: “Na, Kinder, macht ihr noch was mit dem Regenbogenkistl? Es gibt bald Essen!“ „Nur noch eine Antwort schreiben, dann sind wir fertig.“ Sagte Joschi und stupste Lexi an. „Schreib doch dem Meister Zauberer ein kurzes Dankeschön, da freut er sich bestimmt.“ Und Bernhard piepste vorwitzig: „Was gibt es denn heute Gutes, Madame Babette?“ „Ich habe eine Biergartenbrotzeit hergerichtet, „ sagte Madame Babette. „Da ist für jeden etwas dabei. Aber jetzt muss ich zurück in die Küche. Eine Viertelstunde noch, Kinder!“ „Was ist eine Biergartenbrotzeit?“ fragte Lexi neugierig, und Joschi musste lachen. “Brot und Brezen, und Butter und Käse und Wurst und so weiter, das siehst du ja dann gleich. – soll ich dir helfen mit der Antwort?“ „Ja bitte.“ Sagte sie, und Joschi rutschte zu ihr rüber. „Das machen wir ganz einfach, „ sagte er. Schreib: Lieber Meister Zauberer, vielen Dank für deine Nachricht, jetzt habe ich schon viel weniger Angst vor dem Wasser. – Das stimmt doch, oder?“ „Ja, das stimmt. „ sagte sie, und Joschi diktierte weiter: „Viele liebe Grüsse, deine Lexi. – So, das genügt vollkommen.“ „Das ist alles?“ fragte Lexi und guckte zweifelnd. „Mit Emails sollte man sich kurz fassen.“ Sagte Joschi. „Das hab ich vom Meister Zauberer gelernt. Und jetzt noch wegschicken, fertig.“ Dann schaltete Joschi das Regenbogenkistl aus, stellte es beiseite und ging in die Küche um nachzusehen, ob er etwas helfen konnte. Madame Babette gab ihm eine Tischdecke und Brotzeitbrettln und Besteck mit, und dann half ihm Lexi, den Tisch zu decken. Madame Babette kam mit einem großen Tablett heraus und fing an, allerhand appetitliche Sachen auf dem Tisch zu verteilen. Inzwischen kam auch der Ritter Rollbert, und er sagte freundlich guten Abend und nahm Joschi mit, Getränke holen. Ritter Rollbert und Madame Babette tranken eine Russenmaß zusammen, und für die Kinder gab es Radler aus Karamalz und Zitronenlimo. Lexi staunte nicht schlecht, wie viele verschiedene Sachen zu essen es gab. Da war ein wohlgefüllter Brotkorb mit Brot, verschiedenen Semmelsorten und Brezen, und ein Obazda mit Salzstangerl – den musste ihr Madame Babette erst erklären - eine Platte mit Wurst und eine Platte mit Käse, Radieserl, Tomaten, hart gekochte Eier, ein Stück Geräuchertes, mehrere Landjäger und Kaminwurzen, Gewürzgurkerl und Silberzwiebeln und ein Töpfchen mit Schnittlauchquark.

Bernhard bekam ein Salzstangerl, mit dem piekste er kleine Happen aus dem Obazdn und verspeiste sie mit dem allergrößten Vergnügen; wie man sich denken kann, denn alle Mäuse lieben Käse. Auch Joschi und Ritter Rollbert fingen mit dem Obazdn und Brezen an, Madame Babette machte sich ein Schinkenbrot mit Ei, und Lexi kostete den Schnittlauchquark: der schmeckte ihr ganz ausgezeichnet. Dann probierte sie bei Joschi einen Haps Obazdn auf Brezen, und auch den mochte sie gern. Joschi teilte eine Breze mit ihr, weil ihr eine ganze zuviel schien. Inzwischen säbelte der Ritter Rollbert fachmännisch dünne Scheiben vom Geräucherten ab und reichte sie herum, und dann noch kleine Scheibchen Landjäger und Kaminwurzen. Die machten ordentlich Durst, und sie ließen sich ihr Kinder-Radler – und die Erwachsenen ihren Russen – recht gut schmecken dazu. Und weil jeder von allem probieren mochte, und es so viele gute Sachen gab, dauerte ihre Mahlzeit ordentlich lange heute, es war schon fast acht Uhr, als sie fertig waren.

„Oh, ich glaube, ich gehe heute früh ins Bett.“ Sagte Lexi. „Ich bin doch schon ordentlich müde.“ „Das kommt vom vielen Laufen!“ sagte Joschi. „Ja, bestimmt!“ sagte Lexi. „Und deswegen hatte ich auch solchen Hunger! Vielen Dank für das gute Essen, übrigens, Madame Babette, das hat mir sehr, sehr gut geschmeckt.“ „Dann ist es recht.“ Sagte Madame Babette fröhlich und fing an, Teller und Brotzeitbrettchen einzusammeln. „Falls jemand Nachtisch möchte, wir haben immer noch Eis im Gefrierfach.“ „Für mich heute nicht, danke sehr.“ Sagte Lexi, und auch der Ritter Rollbert und Joschi waren zu satt für ein Eis; nicht einmal Bernhard meldete sich für eine Eiswaffel. „Soll ich dich wieder begleiten?“ fragte Joschi Lexi, nachdem sie alle zusammen den Tisch abgeräumt hatten. „Ja, gerne!“ sagte sie. „Wie geht es eigentlich deinen Füssen?“ wollte Joschi wissen. „Oh, ganz gut, die Kribbeln immer noch.“ Sagte Lexi. „Aber ich bin froh, wenn ich jetzt bald ins Bett komme, meine Beine sind nämlich ordentlich müde.“ „Soll ich deinen Scooter herholen?“ fragte Joschi, und: „Das wäre nett.“ Antwortete Lexi. Dann sagte sie allen gute Nacht, und rollte langsam davon, und Joschi ging gemütlich neben ihr her. „Weißt du, was mich sehr beruhigt, Joschi?“ sagte Lexi. Und er konnte es sich fast denken, fragte aber trotzdem nach: „Was denn?“ „Dass der Meister Zauberer so gut auf uns aufpasst.“ Sagte sie. „Da bin ich auch froh drum.“ Sagte Joschi. “Und er hat zwar immer nicht viel Zeit, aber seine Emails zum Beispiel kommen immer genau zum richtigen Zeitpunkt.“ „Das kann man wohl sagen!“ rief Lexi. „Und manchmal sogar noch früher als man denkt!“ „Da warst du ganz schön baff, nicht wahr?“ lachte Joschi. „Und wie!“ sagte Lexi. “Aber gefreut habe ich mich auch, über das Zauberer-Ehrenwort. Jetzt muss ich wirklich nicht mehr soviel Angst vor dem Wasser haben, und wir können morgen ganz gemütlich zur Roseninsel hinüberfahren. Da freue ich mich nämlich schon darauf.“ „Ich mich auch, Lexi. „ sagte Joschi. „Da machen wir uns einen richtig schönen Tag.“ Und sie sagten sich Gute Nacht, und Joschi ging wieder zurück zum Schlosshof.

Die Madame Babette und der Ritter Rollbert hatten sich noch eine frische Russenmaß eingeschenkt, weil es noch so schön mild und ganz ideal zum heraußen sitzen war. Joschi setzte sich dazu und trank noch einen Schluck von seinem Radler und sortierte seine Gedanken. Also, eigentlich musste er noch eine Email an den Meister Zauberer schreiben, aber das konnte er auch nachher noch machen, es war ja noch nicht so spät. Dann fiel ihm ein, was er die Madame Babette hatte fragen wollen, und er tat das. „Madame Babette, eine Frage...“ „Ja, Joschi, was ist denn?“ sagte Madame Babette freundlich. „Ich glaube, wir bräuchten einen Badeanzug für Lexi.“ Sagte Joschi. „Wir sind heute so viel im Wasser gelaufen, und haben auch noch Wasserball gespielt, da ist sie ganz schön nass geworden.“ „Wenn’s weiter nichts ist, „ sagte Madame Babette, „In der königlichen Kleiderkammer findet sich sicher etwas Passendes.“ „Ja, aber sie meint, sie wäre zu dünn für einen Badeanzug.“ Sagte Joschi. „Wir werden sehen. „ sagte Madame Babette. „Ich such ihr schon was Hübsches raus, das sie auch anziehen mag. – Das mit ihrer Angst vor dem Wasser ist wohl viel besser geworden?“ „Aber wie!“ sagte Joschi fröhlich. „Und vom Boot war sie fast nicht mehr runterzukriegen!“ „Sehr gut. „ sagte Madame Babette zufrieden. „Wenn du so weitermachst, Joschi, dann lernt sie auch noch schwimmen!“ „Eins nach dem anderen.“ Sagte Joschi. „Sie hat ja immer noch Angst vor dem tiefen Wasser, da muss man erstmal sehen.“ „Du wirst das schon richtig machen, Joschi.“ Sagte Madame Babette, und Joschi antwortete: „Ich versuche es wenigstens.“

Wenig später sagte er Gute Nacht, und er und Bernhard liefen ins Turmzimmer hinauf. Joschi schaltete gleich das Regenbogenkistl ein und rief das Email-Programm auf, und schrieb: „Lieber Meister Zauberer, wir haben heute etwas ganz tolles entdeckt. Lexi tun die Füße nicht weh, wenn sie im Boot oder im Wasser ist. Ist das nicht super?“ „Was soll ich noch schreiben?“ fragte er Bernhard, der aufmerksam neben ihm auf dem Schreibtisch hockte. „Dass wir den ganzen Strand entlang gelaufen sind, und ihr nachher noch Wasserball gespielt habt.“ Sagte Bernhard hilfreich. „OK, das schreib ich einfach so. „ sagte Joschi und tippte fleißig. „Sonst noch was?“ „Hmm... „ machte Bernhard und kratzte sich an den Ohren. „Vielleicht, dass sie sich so vor Fischen gruselt.“ „Ja, das ist eine blöde Sache, nicht wahr?“ sagte Joschi. „Ich verstehe das irgendwie überhaupt nicht, Fische sind doch komplett ungefährlich.“ „Na ja, vielleicht die Fische hier im See.“ Sagte Bernhard. „Wer weiß, vielleicht erinnert sie sich an andere Fische, aus dem Meer, Haie und so was, und die sind natürlich nicht harmlos.“ „Nein, das kann es auch nicht sein, der Meister Zauberer hat ihr doch versprochen, dass es hier bei uns nur harmlose Fische gibt.“ Sagte Joschi. „Da muss etwas anderes dahinter stecken. – Aber ich schreib das jetzt erst mal so hin.„ Und er tippte: „Lexi hat immer noch Angst vor dem tiefen Wasser, und sie gruselt sich vor Fischen. Was kann man da machen? Lieber Meister Zauberer, bitte gib mir einen Tipp.“ „So, das dürfte alles sein. „ sagte Joschi, und er und Bernhard lasen sich die Nachricht noch mal durch. „Passt!“ piepste Bernhard, und Joschi tippte noch darunter: „Viele liebe Grüße, dein Joschi & Bernhard.“, dann schickte er die Email weg. „So, jetzt bin ich aber mal gespannt auf die Antwort vom Meister Zauberer.“ Sagte Joschi, und Bernhard nickte und piepste: “Ich aber auch!“ „Aber da werden wir wohl bis morgen früh warten müssen.“ Sagte Joschi. „Sollen wir schlafen gehen?“ „Also, ich bin schon hundemüde von der ganzen Rennerei, das war doch anstrengend.“ piepste Bernhard. „Wegen mir gern.“ Joschi ging noch Zähneputzen, und dann gingen sie ins Bett.

20. Kapitel, in dem der Tag ein bisschen knatschig anfängt, und dann ein Ausflug zur Roseninsel unternommen wird

Joschi und Bernhard waren schon zeitig auf, und Joschi schaltete als allererstes das Regenbogenkistl ein; da wartete auch schon eine Nachricht vom Meister Zauberer auf ihn, und er und Bernhard lasen gemeinsam. „Lieber Joschi und Bernhard,“ stand da. „Wenn das Fräulein Lexi ihre Angst vor dem tiefen Wasser überwindet, kann ich ihr auch den Grusel vor Fischen nehmen, und das wäre eine ganz wichtige Sache. Seht zu, was ihr da tun könnt, ich verlasse mich auf euch. Viele liebe Grüße, Euer Meister Zauberer.“ „Oh, Mann!“ sagte Joschi. „Und was sollen wir da jetzt machen?“ „Ihr gut zureden?“ piepste Bernhard, leise zweifelnd. „Ich hab im Moment noch keine Idee.“ Sagte Joschi. „Komm, wir gehen erstmal frühstücken, vielleicht fällt uns dann noch was ein.“

Joschi hatte das Regenbogenkistl gleich mit hinunter genommen, weil er noch mal die Texte über die Roseninsel anschauen wollte – schließlich wollten sie ja keine Sehenswürdigkeit verpassen – und nach dem Frühstück fing er an, die alle noch mal durchzulesen. „Herrjeh, das kann ich mir nie alles merken!“ sagte er nach einiger Zeit, und Bernhard piepste: “Sollen wir das Regenbogenkistl nicht doch mitnehmen?“ „Keine gute Idee.“ Sagte Joschi. “Erstens darf es nicht nass werden, und zweitens mag ich es eigentlich nicht quer über die Insel schleppen. Im Boot liegen lassen mag ich es auch nicht, da könnte es wegkommen.“ „Da hast du nun auch wieder Recht.“ Piepste Bernhard. „Tja, und was machen wir jetzt?“ fragte Joschi, und in dem Moment kam Lexi um die Ecke gerollt... ganz langsam und vorsichtig. „Guten Morgen, ihr zwei!“ rief sie. „Heute muss ich langsam machen, ich hab so einen Muskelkater in den Beinen!“ Aber sie lachte dabei, als machte ihr das gar nichts aus. „Guten Morgen, Lexi!“ riefen Joschi und Bernhard, und sie kam her und setzte sich zu ihnen an den Tisch. „Was macht ihr beiden da?“ fragte sie neugierig. „Texte über die Roseninsel lesen.“ Sagte Joschi. „Aber ich kann die mir so schlecht merken, auswendig lernen ist nicht mein Fall.“ „Soll ich es mal probieren?“ fragte Lexi. “Ich hab schon so viel auswendig gelernt, vor lauter Langeweile, da habe ich Übung. Wenn ich einen Text einmal gelesen habe, weiß ich was drinsteht.“ „Das kannst du?“ staunte Joschi. “Toll! Ich glaube, Deutsch wäre dein bestes Schulfach.“ „Meinst du?“ fragte Lexi. “Aber jetzt lass mal sehen.“ Und Joschi rückte ihr das Regenbogenkistl zurecht, so dass sie gut lesen konnte. Joschi und Bernhard schauten fasziniert zu, wie Lexi mit einem Affenzahn einen Text nach dem anderen durchlas, und als sie schließlich verkündete: „Ich hab’s!“ klatschten sie beide Beifall. „Und du weißt jetzt wirklich alles, was da drinsteht?“ fragte Joschi beeindruckt. „Na ja, nicht alle Einzelheiten, „ antwortete Lexi. „Aber so im Großen und Ganzen schon.“ „Dann sind wir ja bestens vorbereitet für unseren Ausflug!“ sagte Joschi, und Bernhard piepste: „Respekt, Fräulein Lexi, Respekt!“

Joschi brachte das Frühstücksgeschirr in die Küche zurück, und da stand die Madame Babette und packte ihre Kühltasche mit Getränken und Brotzeitpackerln. „Wann wollt ihr denn los, Joschi?“ fragte sie. „Jetzt gleich, dachte ich.“ Sagte Joschi. „Der Bernhard will nämlich unbedingt mit, und vormittags sind noch nicht so viele Leute.“ „Ich möchte nämlich unbedingt die Glassäule sehen!“ piepste Bernhard, der hinter Joschi her in die Küche gelaufen war. „Ich als Glasmaus habe da ein besonderes Interesse!“ „Das kann man verstehen.“ Sagte Madame Babette. „Aber dann muss auch noch eine Brotzeit für Bernhard mit.“ Und sie machte den Schrank auf und holte ein Packerl Nüsse heraus, die sie auch mit in die Kühltasche tat. „So, dann hätten wir alles.“ Sagte sie. „Das Fräulein Lexi ist auch schon da?“ „Ja, die sitzt draußen.“ Sagte Joschi. „Für die habe ich nämlich was.“ Sagte Madame Babette und holte eine Tüte von der Eckbank. „Joschi, nimmst du die Kühltasche?“ „Aber gerne.“ Sagte er, und dann gingen sie alle zusammen hinaus. Madame Babette und Lexi sagten sich Guten Morgen, und dann packte Madame Babette die Tüte aus. „Schau, Lexi, das ist ein ganz topmodischer Badeanzug!“ sagte sie. „Das Oberteil ist wie ein ärmelloses T-Shirt geschnitten, und dazu gehört diese weite Hose im Hawaii-Muster. Ist das nicht schick?“ „Das sieht ja toll aus!“ sagte Lexi begeistert. “Und so ein schönes blau! Wo doch blau meine Lieblingsfarbe ist!“ „Magst du mal probieren, ob er passt?“ fragte Madame Babette, aber Joschi hielt dagegen: “Das kannst du doch auch machen, wenn wir wieder da sind, oder? Wir wollten eigentlich früh los.“ „Ist auch in Ordnung, „ sagte Lexi. „Wollen wir jetzt gleich gehen?“ „Ja, auf geht’s!“ piepste Bernhard unternehmungslustig, und Joschi sagte: „Na, dann mal los! Bis später, Madame Babette!“ „Bis später, Kinder!“ sagte Madame Babette und winkte ihnen noch ein bisschen nach.

Joschi holte das Ruderboot aus dem Bootshaus und machte es am Steg fest, so dass Bernhard und Lexi einsteigen konnten. Dann half er Lexi, ihre Schwimmweste anzuziehen, und dann befestigte er noch den Sonnenschirm. Er wollte schon die Leine los machen, als Lexi sagte: “Halt! Mein Scooter! Der kann doch mit, oder?“ „Aber klar doch.“ Sagte Joschi beruhigend. “Der hat vorne im Boot locker Platz. Ich hol ihn schnell.“ Und als der Scooter verstaut war, hängte Joschi die Ruder ein und machte das Boot los. „Sitzen alle gemütlich?“ fragte er. „Es geht los!“ „Alles bestens!“ piepste Bernhard, der neben Lexi auf der Bank hockte. Und: “Danke, sehr gemütlich!“ sagte Lexi, und Joschi ruderte los. Joschi ruderte zügig, und der kleine Bernhard zeigte ihm die Richtung an, und so kamen sie bald an die Stelle, wo man vom Ufer weg musste. Lexi schaute ein bisschen mulmig als sie Kurs auf die Insel nahmen, und Joschi sagte: „Lexi, keine Bange, das Wasser ist ganz flach. Schau doch hinunter, da kannst du den Grund sehen.“ Lexi machte einen ganz langen Hals, so dass sie über den Bootsrand schauen konnte, und sagte: „OK, ich kann den Boden sehen. Das bleibt doch aber so, oder?“ „Bis zur Insel hinüber.“ Sagte Joschi beruhigend. “Hier kann man überall noch stehen.“ Und wo man nicht mehr stehen konnte, war das Wasser trotzdem so glasklar, dass man den Boden gut sehen konnte, aber das sagte er natürlich nicht. „Dann ist es ja gut.“ Sagte Lexi und lehnte sich ein wenig entspannter auf die Bank. Keine zehn Minuten später hatten sie die Insel erreicht, und Joschi ließ das Boot auf dem sandigen Boden auflaufen, sprang über den Bug hinaus und zog es noch höher an Land, und band es an einem Baum fest, so dass Lexi trockenen Fußes aussteigen konnte. Bernhard war schon bis zum Bug vorgeflitzt und hopste mit einem tollkühnen Sprung an Land, und Lexi kam ihm nach. „Komm ganz nach vorn, „ sagte Joschi. “Da kannst du leicht aussteigen! Aber warte, ich hole erst noch den Scooter an Land.“ Dann hielt er Lexi die Hand hin, so dass sie besser aussteigen konnte. „Autsch!“ sagte sie. “Ich hätte vielleicht doch erst ein Fußbad nehmen sollen!“ „Kannst du immer noch machen, „ sagte Joschi. “Wir sind früh dran.“ „Ach nein, gib mir nur meinen Scooter, das geht schon.“ sagte Lexi. “Da ist ja gleich ein Weg, direkt da vorn. Das müsste der Panorama-Rundweg sein, dem folgen wir erstmal, bis wir den Rosengarten sehen. Da wollen wir doch zuerst hin, oder?“ „Aber klar doch!“, „Natürlich!“ sagten Joschi und Bernhard, und dann machten sie sich auf den Weg. Und es dauerte gar nicht lange, da sahen sie durch die Bäume auch schon den berühmten Rosengarten. Sie gingen erst einmal in die Mitte – Lexi fuhr natürlich auf ihrem Scooter – weil sie die Glassäule sehen wollten, und die war noch viel schöner, als sie auf den Fotos ausgesehen hatte. Oben und unten mit goldenen Verzierungen eingefasst, und leuchtend weiß und blau gestreift in der Mitte. Insbesondre Bernhard war hellauf begeistert, weil das schöne leuchtende himmelblau genau so blau war wie seine Pfötchen, Ohren, Nasen- und Schwanzspitze. „Ist das eine Farbe!“ rief er beglückt. „Nein, da bin ich ja gleich direkt geehrt!“ „Einwandfrei!“ lachte Joschi. „Haargenau gleich blau!“ Und Lexi sagte: „Da kannst du jetzt stolz drauf sein, Bernhard!“ Sie lachten alle zusammen, und dann machten sie sich weiter auf Erkundungstour über die Insel.<(p> Die blaue Glassäule

Joschi staunte Bauklötze, was sich Lexi alles gemerkt hatte, denn sie führte sie herum und zeigte ihnen die Sehenswürdigkeiten. Außer dem Rosengarten waren da: das Schlösschen, das Gärtnerhaus, die Efeulaube, das Lindenrondell, die schlitzblättrige Buche – das war ein ganz seltener Baum – die verschiedenen Aussichtspunkte, der Bootsanleger und das Vogelschutzgebiet. Dann wollte Lexi noch mal zurück in den Rosengarten, sich die einzelnen Sorten näher anschauen und die berühmte grün blühende Rose suchen. Inzwischen war es voller geworden auf der Insel, und Joschi hatte Bernhard vorsichtshalber auf den Arm genommen, nicht dass er unter irgendjemandes Füße geriet. Auch Lexi hatte viele Leute nicht so gern, und sie hatte die grüne Rose auch schon gefunden und gehörig bewundert, und so machten sie sich einträchtig auf dem Weg zurück zum Boot.

Joschi ließ die anderen beiden erst einsteigen, dann zog er Schuhe und Socken aus und warf sie ins Boot. Er machte die Leine von dem Baum los und schob das Boot vom Strand weg ins tiefere Wasser, dann stieg er auch ein und nahm die Ruder. „Oh, ich hätte auch ein Fußbad nehmen können!“ sagte Lexi. „Ich spür den Muskelkater schon ordentlich jetzt.“ „Kannst du doch.“ Sagte Joschi. „Du brauchst dich bloß hinten auf die Leiter zu setzen und die Füße reinhängen lassen.“ „Auf dem fahrenden Boot?“ fragte Lexi. “Ich glaube, das traue ich mich nicht.“ „Ich kann ja anhalten, und außerdem hast du deine Schwimmweste. „ sagte Joschi und hob die Ruder aus dem Wasser.“ Jetzt sei kein Frosch, Lexi, nimm dein Fußbad, und danach machen wir Brotzeit.“ „Also gut.“ Sagte sie entschlossen, zog Schuhe und Socken aus und kletterte nach hinten zur Leiter. „Aber du hältst das Boot still, Joschi, ja?“ „Klar, ich paddel nur so ein bisschen, damit wir auf der Stelle bleiben. „ sagte Joschi. Lexi setzte sich auf die Leiter und hängte die Füße ins Wasser, und sagte: “Ah, ist das angenehm!“ „Siehst du, ist überhaupt nichts dabei. „ sagte Joschi. „Soll ich schon mal die Brotzeit auspacken?“ „Kannst ja mal nachschauen, was es gibt.“ Sagte Lexi. “Aber ich möchte noch ein Weilchen hier sitzen bleiben, wenn es recht ist. Das Wasser tut meinem Muskelkater gut.“ Joschi schaute in die Kühltasche, nahm ein Päckchen heraus und machte es auf. „Lexi, das ist was für dich!“ sagte er erfreut. „Und für mich auch: Sandwich mit Hühnchen und Spezial-Relish!“ „Oh, lecker, Hühnchen mag ich total gern!“ sagte Lexi. „Wenn ich eure kulinarischen Betrachtungen mal unterbrechen dürfte, „ piepste Bernhard, der vorn auf der Spitze des Bootes Position bezogen hatte. “Da kommt eine Welle auf uns zu!“ „Au verflixt!“ sagte Joschi, der in die Richtung sah, die Bernhard ihm deutete. „Lexi, komm schnell rein, das wird jetzt gleich ein bisschen schaukeln.“ „Huch!“ sagte Lexi und kletterte rasch wieder ins Boot. „Aber wo kommt denn jetzt auf einmal eine Welle her? Es geht doch kein Wind!“ „Das ist eine Bugwelle von einem der großen Dampfer.“ Erklärte Joschi. „Der Dampfer ist vermutlich schon lang vorbei, nur wir kriegen noch die Welle ab. So, jetzt ist sie gleich da, vorsichtshalber festhalten, bitte – Bernhard, komm da vorne runter!“ rief er, und dann nahm er die Ruder und drehte das Boot mit dem Bug zur Welle, so dass sie nicht so viel Spritzwasser abbekamen. Lexi rief “Huch!“ und „Iih!“, als die Welle das Boot anhob, und Joschi rief ihr zu: „Keine Bange, Lexi, ist gleich vorbei!“ Es gab noch eine zweite und eine dritte Welle, aber die waren nicht mehr so hoch, und schließlich schaukelte das Boot nur noch ein ganz kleines bisschen. „Hui, war das aufregend!“ rief Lexi. “Kommt so was hier öfter vor?“ „Immer, wenn ein Dampfer in der Nähe vorbeifährt. „ erklärte Joschi. „Du hast jetzt aber keine Angst gehabt, oder?“ „Doch, ein bisschen.“ Sagte Lexi. „Was, wenn Bernhard die Welle nicht gesehen hätte?“ „Dann hätte es uns fester durchgeschaukelt, aber sonst wäre nichts passiert.“ Sagte Joschi beruhigend. „Die Leoni kann noch viel höhere Wellen vertragen, die liegt prima im Wasser.“ „Noch höhere Wellen?“ fragte Lexi bang. „Gibt’s die hier?“ „Ja, bei starkem Wind, aber meistens nur im Frühjahr und im Herbst, oder bei Gewitter mit Sturmwarnung. Da ist heute aber keine Gefahr, du siehst selbst: kein Wölkchen weit und breit.“ Sagte Joschi. „Können wir vielleicht trotzdem für die Brotzeit näher ans Ufer fahren?“ fragte Lexi. „Aber klar doch.“ Sagte Joschi. „Zurück zur Insel, oder rüber zum Aussichtspavillon?“ „Zum Aussichtspavillon, bitte.“ Sagte Lexi. “Da ist es nicht mehr soweit nachhause.“ „Willst du denn schon wieder heim?“ fragte Joschi, nahm aber die Ruder und hielt Kurs aufs Land. „Na ja, nicht sofort.“ Sagte Lexi. „Mir wäre halt näher am Ufer einfach wohler.“ „Dann fahren wir rüber. „ sagte Joschi. „Aber ich finde eh, du hast dich tapfer gehalten, Lexi. Erst die Fahrt übers offene Wasser, und dann das Geschaukel, das war schon nicht nichts.“ „Eben, meine ich doch auch!“ piepste Bernhard. “Gut gemacht, Lexi!“ „Oh, meint ihr wirklich?“ sagte Lexi erfreut, und jetzt lächelte sie wieder. „Aber klar doch!“ rief Bernhard, und Joschi sagte: „Wirklich und ehrlich!“ Dann ruderte Joschi zum Ufer unterhalb des Aussichtspavillons und warf dort den Anker, und dann machten sie erst einmal Brotzeit. Lexi und Joschi ließen sich ihre Sandwich schmecken, die waren herrlich saftig und erfrischend, und Bernhard saß vor seinem Tütchen gemischter Nüsse und konnte sich gar nicht entscheiden, welche er zuerst probieren sollte: da gab es Haselnüsse, Mandeln, Walnüsse, Cashewnüsse, Paranüsse, Pinienkerne und Macadamianüsse, und Bernhard hatte wirklich die Qual der Wahl. “Wenn ich von jeder Sorte eine probiere, „ beklagte er sich, „Dann platze ich!“ „Dann heb dir halt noch welche für heute Nachmittag auf!“ riet ihm Joschi. „Und wenn’s Nachmittags Kuchen gibt?“ sagte Bernhard naseweis. „Dann musst du dich entscheiden.“ Lachte Joschi, und auch Lexi lachte fröhlich. Nach der Brotzeit fuhren sie schön langsam nachhause zurück, Lexi wollte nämlich ein bisschen im flachen Wasser herumlaufen und schauen, ob das ihren Muskelkater besserte, und Joschi wollte schwimmen gehen, weil ihm jetzt beim Rudern doch ordentlich warm geworden war.

Als sie wieder am Steg anlegten, erinnerte sich Lexi daran, dass sie noch den Badeanzug probieren wollte, und Joschi hatte seine Badesachen auch noch nicht dabei, also machten sie sich erstmal auf den Weg zum Schlosshof. Die Madame Babette war noch ordentlich beschäftigt mit dem Mittagessen, sie gab nur schnell Lexi die Tüte mit dem Badeanzug, und sagte sie würde später kurz zum Schwimmen runterkommen und Kuchen mitbringen. Das fanden die Kinder voll in Ordnung, und sie zogen wieder zum Strand hinunter. Lexi maulte ein bisschen, weil sie zum umziehen ins Bootshaus musste, und da ging sie nicht so gern hinein, aber Joschi blieb einfach vor der Tür stehen und hielt ihren Scooter, und dann traute sie sich doch. Als sie wieder herauskam, pfiff Bernhard frech, und Joschi sagte: „Steht dir super, Lexi!“

Lexis neuer Badeanzug

„Wirklich wahr?“ fragte sie und zupfte ein bisschen an der schön bunt geblümten Hose herum. „Ich bin nicht zu dünn dafür?“ „Du bist halt sehr schlank, „ sagte Joschi. “Aber ich finde das in Ordnung. Und die Farbe steht dir sehr gut!“ „Ein wirklich kleidsames blau!“ piepste Bernhard. „Meint ihr echt?“ fragte Lexi und fing an zu lächeln. „Ich finde die Farbe ja auch schön.“ „Ja dann, nichts wie ins Wasser!“ sagte Joschi. „Sollen wir den Ball gleich mitnehmen? Oder den Frisbee?“ „Was ist ein Frisbee?“ fragte Lexi, und Joschi erklärte es ihr. „Das finde ich spannend!“ sagte sie. „Das möchte ich ausprobieren!“ „Und die Luftmatratze.“ Sagte Joschi. “Für den Fall, dass du dich ausruhen willst.“ „Au ja, prima, später möchte ich sicher ein bisschen ruhen.“ Sagte Lexi, und dann gingen sie zum Strand hinunter. Lexi lief erst ein bisschen im Wasser hin und her, und Joschi schwamm derweilen ein Stückchen hinaus. Als er zurückkam meinte Lexi, dass ihr Muskelkater jetzt schon viel besser wäre, und er zeigte ihr, wie man einen Frisbee so aus dem Handgelenk wirft, dass er auch Drall bekommt. Das war gar nicht so einfach, der Frisbee flog erstmal überallhin außer in die Richtung wo er sollte, und Joschi hatte ganz schön zu tun damit, die Scheibe wieder zurückzuholen. Dann gelangen Lexi aber immer mehr gerade Würfe hintereinander, und sie stellten sich in ordentlicher Entfernung zum Spielen hin; Bernhard machte den Schiedsrichter. Joschi selber konnte richtig gut Frisbee spielen, so dass die Scheibe hoch in der Luft tanzte und die Richtung änderte, aber für Lexi warf er gerade mal so hoch, dass sie ein bisschen hüpfen musste. Er dagegen durfte sich ganz schön ins Zeug legen, damit er ihre krummen Würfe auch erwischte, und es dauerte auch nicht lange, da rutschte er auf der Jagd nach einem Ball aus und landete längelang im Wasser. Lexi quietschte vor Lachen, und auch der kleine Bernhard kicherte respektlos. „Na warte!“ sagte Joschi und zielte den Frisbee ein Stück oberhalb von Lexis Kopf, und sie sprang hoch um ihn zu erwischen, verlor prompt das Gleichgewicht und landete auf dem Hosenboden, und machte ein total verblüfftes Gesicht. Joschi war schnell bei ihr und streckte die Hand aus, um ihr aufzuhelfen. „Alles klar, Lexi?“ fragte er. „Alles bestens Joschi – aber jetzt bin ich patschnass!“ sagte sie. „Und ich fühle mich so komisch, ganz leicht!“ „Das ist der Auftrieb von der Schwimmweste.“ Sagte Joschi. “Wenn du Lust hast, können wir ein bisschen ins tiefere Wasser gehen, damit du mal siehst wie das ist, wenn man mit einer Schwimmweste schwimmt. Nass bist du ja jetzt eh schon, und ich auch.“ „Ich mag aber das tiefere Wasser nicht so gern.“ Sagte Lexi. „Nicht schlimm tief, nur so bis zur Mitte.“ Sagte Joschi beruhigend. „Und ich bin ja dabei, da kann gar nichts passieren.“ „Na gut, wenn du meinst...“ sagte Lexi zweifelnd und ließ sich auf die Beine helfen. „Trau dich, Lexi!“ sagte Joschi ermutigend. „Wenn du siehst wie leicht das geht, wirst du dich mit der Schwimmweste noch sicherer fühlen.“ „Also gut.“ Sagte Lexi. „Aber du musst ganz nah bei mir bleiben.“ „Ich halte deine Hand fest.“ Sagte Joschi, und dann gingen sie nebeneinander in den See hinein, bis ihnen das Wasser bis zum Bauch reichte. „So, Lexi.“ Sagte Joschi. „Jetzt lehn dich einfach zurück und lass dich treiben. Ich halte deine Schwimmweste fest.“ „Ich glaube, ich trau mich nicht.“ Sagte Lexi kleinlaut. „Doch, du traust dich, wirst sehen, es ist ein angenehmes Gefühl.“ Sagte Joschi. „Einfach rückwärts ins Wasser eintauchen, und Arme und Beine hängen lassen. Los, das kannst du!“ Lexi lehnte sich rückwärts ins Wasser, und dann sagte sie „Hoppala!“ als ihr der Auftrieb von der Schwimmweste die Beine nach vorne wegzog. „Ganz ruhig, ich hab dich.„ sagte Joschi. “Einfach treiben lassen, du musst gar nicht rumrudern.“ „Ooh, „ sagte Lexi. “Das ist aber ein komisches Gefühl, so als habe ich überhaupt kein Gewicht mehr!“ Joschi lachte erleichtert, weil sie überhaupt keine Angst zu haben schien. „Und, ist das angenehm?“ fragte er. „Es ist auf jeden Fall erstaunlich.“ Sagte Lexi. „Und es erinnert mich... es erinnert mich an...irgendwann bin ich schon mal so geschwommen, ganz schwerelos. Aber da war ich noch jemand anders.“ Joschi hielt erstmal die Luft an, weil sie so tief nachdenklich aussah, aber sie sagte nichts mehr, schwamm nur da mit ihrer Schwimmweste und ließ sich von den leichten Wellen schaukeln. „Wenn jetzt so eine Dampferwelle kommen würde, „ sagte sie nach einer Weile, „ was würde dann passieren?“ „Nicht viel, „ sagte Joschi und konzentrierte sich arg, damit er jetzt nichts Falsches sagte. „Die Welle würde dich nach oben tragen, und dann wieder herunter, das wäre alles.“ „Ich glaube, auch daran kann ich mich erinnern.“ Sagte Lexi. “An das auf und ab von den Wellen. Davor hatte ich gar keine Angst, damals.“ Dann strampelte sie ein bisschen mit den Beinen, und sagte: “Oh, Joschi, ich komme gar nicht mehr bis auf den Boden!“ „Gib mir deine Hände, ich zieh dich raus!“ sagte Joschi und half ihr auf die Füße. „Alles klar, Lexi?“ fragte er, und sie nickte. „Alles klar, Joschi. Aber ich glaube, ich würde jetzt gerne ein Mittagsschläfchen machen.“ „Dann mach das. „ sagte Joschi. „Komm, wir gehen zum Boot.“

Joschi begleitete Lexi bis zum Boot und sah zu, dass sie es auf ihrer Luftmatratze ordentlich bequem hatte, dann ging er zu Bernhard an den Strand hinüber und setzte sich dort hin. „Jetzt hat sie sich wieder an etwas erinnert.“ Sagte er leise zu Bernhard, denn Stimmen trugen gut über das Wasser, und er wollte Lexi nicht beim Mittagsschläfchen stören. „Das ist ja hochinteressant!“ wisperte Bernhard. „War es eine gute Erinnerung?“ „Ich denke schon.“ sagte Joschi. “Dass sie in den Wellen geschwommen ist, daran hat sie sich erinnert. Und dass sie keine Angst gehabt hat.“ „Das finde ich toll!“ piepste Bernhard gedämpft. „Ich finde sowieso, unser Fräulein Lexi hat immer weniger Angst vor irgendwas, und das kann doch nur gut sein.“ „Bleibt nur noch die Sache mit den Fischen und mit dem tiefen Wasser.“ Sagte Joschi nachdenklich. „Na, das mit den Fischen wollte doch der Meister Zauberer übernehmen!“ piepste Bernhard. „Stimmt, hat er geschrieben.“ Sagte Joschi. „Aber mir fehlt im Moment noch jede Idee, wie man ihr das tiefere Wasser sympathischer machen könnte.“ „Der Ausflug zur Insel war doch schon mal ein prima Anfang.“ Sagte Bernhard. „Vielleicht, wenn du dir einen anderen Ausflug einfallen lässt, wo man durch tieferes Wasser muss?“ „Da gäbe es gerade genug!“ sagte Joschi. „Wir könnten zum Hafen fahren und uns die großen und kleinen Boote anschauen, oder zum Elisabeth-Schlössl und den Park besichtigen, oder zur Gedenkkapelle hinüber, wo das Kreuz im Wasser steht...“ „Na siehst du, da hast du doch eine schöne Auswahl!“ piepste Bernhard. „Schlag ihr die doch einmal vor!“ „Das sind aber richtig große Ausflüge, mit mehreren Stunden auf dem Wasser.“ Sagte Joschi. „Ich weiß nicht, ob sie sich das traut.“ „Das wäre auszuprobieren.“ Sagte Bernhard. „Schließlich hat sie ja ihre Schwimmweste jetzt mal ausprobiert, da müsste sie doch schon viel weniger Angst vor dem Hineinfallen haben.“ „Das hoffe ich ja auch.“ Sagte Joschi, und dann schwiegen sie erst einmal eine Weile, jeder in seine Gedanken versunken.

„Hallo Joschi, hallo Bernhard!“ sagte eine freundliche Stimme leise hinter ihnen, und das war die Madame Babette. „Das Fräulein Lexi macht wohl ein Mittagsschläfchen?“ „Ja, tut sie, und sie schläft auch noch gar nicht lang.“ Sagte Joschi. „Dann wollen wir sie mal ruhig lassen.“ Sagte Madame Babette. „Ich möchte jetzt sowieso erstmal schwimmen gehen. Kommst du mit, Joschi?“ „Sehr gerne!“ sagte er, denn Madame Babette war eine prima Schwimmerin und schwamm auch gerne richtig weit hinaus. Madame Babette ging sich umziehen, und Bernhard sagte, er wollte auf Lexi aufpassen, wuselte auf den Steg und sprang von da aus ins Boot. Wahrscheinlich machte er es sich da im Schatten bequem und machte selbst ein Schläfchen, aber das konnte er ruhig tun, das Boot war ja sicher angebunden. Beim Schwimmen erzählte Joschi der Madame Babette, dass Lexi immer noch Angst vor dem tiefen Wasser hatte, und welche Ausflugsziele er sich überlegt hatte, und die Madame Babette machte „Mhm.“ Und dachte eine Weile nach. Dann sagte sie: “Ich glaube, ich weiß etwas. Das ist fast so etwas wie ein Geheimnis, aber trotzdem recht berühmt.“ „Was denn, Madame Babette?“ fragte Joschi eifrig. „Das berühmte Grüne Leuchten.“ Sagte Madame Babette. „Aber ja, dass ich da nicht selber darauf gekommen bin!“ rief Joschi. „Das Grüne Leuchten, natürlich, das sieht man nur von der Seemitte aus!“ „Und nur Mittags.“ Sagte Madame Babette. “Und nur, wenn der See ruhig ist – also, jetzt ist das Wetter geradezu ideal dafür.“ Wenn man nämlich an einem schönen, windstillen Tag mittags von draußen auf dem See zum Ufer hin blickte, strahlte das Wasser in einem geradezu überirdischen Grün, ganz gläsern und leuchtend. Das, so hatte Ritter Rollbert Joschi einmal erklärt, lag daran dass der weiße Sand unter Wasser die Sonnenstrahlen direkt zurückwarf, und so kam es zu dieser Erscheinung. „Madame Babette, „ sagte Joschi, „ Das ist eine fantastische Idee.“ Und dann schwammen sie zurück.

Lexi schlummerte noch tief und fest, als sie zurückkamen, aber Madame Babette war dafür sie aufzuwecken, nicht dass sie dann abends schlecht einschlafen konnte. Also rüttelte Joschi sie ein bisschen an der Schulter und sagte: “Lexi, aufwachen!“ und sie gähnte und blinzelte mit den Augen. „Was – wie spät ist es?“ fragte sie, und Madame Babette lachte und sagte: „Kuchenzeit! Ich habe Käsekuchen gemacht, der wird euch schmecken.“ „Käsekuchen!“ piepste Bernhard, der auch noch ganz verschlafen aussah, aber das änderte sich schnell. „Mit feinem knusprigen Mürbteigrand, hoffe ich?“ Madame Babette nickte. „Aber natürlich, so wie es sich gehört.“ „Der reine Mäusehimmel!“ piepste Bernhard begeistert. „Ein Kuchen aus Käse?“ fragte Lexi zweifelnd, und Madame Babette erklärte: „Nicht aus salzigem Käse, natürlich, sondern aus süßem Quark. Wirst sehen, Fräulein Lexi, der ist ganz cremig und saftig und schmeckt herrlich nach Vanille! Und zu trinken hab ich euch einen geeisten Früchtetee mitgebracht, der passt da schön dazu.“

Ein Stück Käsekuchen

Sie versammelten sich zum Kuchenessen alle im Boot, da war leicht Platz, und unter dem Sonnenschirm saß es sich sehr angenehm. Madame Babette teilte aus: für Lexi ein halbes Stück, für sich und Joschi je ein ganzes, und für den kleinen Bernhard ein feines Stückchen Kruste, an dem auch noch reichlich Käsecreme pappte. Bernhard biss abwechselnd einmal von der knusprigen und einmal von der saftigen Seite ab und schwelgte in den höchsten Tönen: “Köstlich! Oh, wie ist der Mürbteig lecker! Und erst die Käsecreme, ein reines Gedicht!“ Lexi, die sich erst einmal ein kleines Stückchen zum probieren genommen hatte, kaute und schaute Bernhard an, und dann lachte sie fröhlich. “Also, diesmal übertreibt Bernhard echt nicht, dieser Kuchen ist wirklich ein Gedicht – ganz, ganz toll, Madame Babette!“ „Schmeckt einfach super!“ sagte auch Joschi, und die Madame Babette lächelte erfreut. „Ja, das ist ein besonders gutes Rezept, „ sagte sie. „Das habe ich von einer alten Freundin bekommen, und die hat es von einer Hüttenwirtin aus den Bergen. Es heißt dort, die Leute laufen nur wegen des Kuchens auf den Berg hinauf.“ „Das kann man sich sogar vorstellen.“ Sagte Joschi. “Der ist einfach dermaßen gut.“ Joschi nahm noch ein halbes Stück nach, und Lexi noch ein halbes halbes, und dann waren sie beide pappsatt und sehr zufrieden. Bernhard nagte noch an seinem Krüstchen herum und sah auch sehr zufrieden aus. „Jetzt ist zwar vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, um übers Essen zu reden, „ sagte Madame Babette. “Aber wir haben noch gar nicht besprochen, was es heute Abend geben soll, Fräulein Lexi.“ „Ach ja, richtig.“ Sagte Lexi. „Ich muss ja heute wieder im Schloss essen. Aber bitte nicht so viel, nach dem leckeren Kuchen hab ich sicher abends nicht mehr so viel Hunger.“ „Das denke ich auch.“ Sagte Madame Babette. “Ich hätte als Vorspeise gefüllte Champignons vorgesehen, die kann ich dir gut als kleines Hauptgericht anrichten, das ist auch schön leicht und wird dir bestimmt nicht zuviel.“ „Gerne, Madame Babette!“ sagte Lexi. “Pilze esse ich gern, das wird mir sicher schmecken.“ „Gut, dann hätten wir das auch.“ Sagte Madame Babette zufrieden. „So, jetzt muss ich mich aber wieder auf den Weg machen. Amüsiert euch noch gut, bei dem herrlichen Wetter ist es ja am Strand am schönsten.“

Bernhard hatte sich auf einem Handtuch zusammengerollt und ruselte friedlich, und Joschi und Lexi spielten wieder Frisbee. Sie plumpsten dabei beide öfter mal ins Wasser, aber das war überhaupt nicht schlimm, weil es ja so richtig warm war. Schließlich meinte Lexi aber, dass sie ihren Muskelkater ausruhen musste, und sie kletterten ins Boot zurück. „Soll ich ein bisschen rudern?“ fragte Joschi. “Nur so am Ufer entlang?“ „Gerne.“ Sagte Lexi, die sich neben den schlummernden Bernhard auf die Bank setzte – vorsichtig, um den kleinen Kerl nicht zu wecken. Joschi machte das Boot los, hängte die Ruder ein und fing an zu rudern, schön in gemütlichem Tempo. Es war ein leichter Wind aufgekommen, das war sehr angenehm, aber der See schlug auch kleine Wellen, und das Boot schaukelte ein bisschen. „Macht dir das Schaukeln etwas aus?“ fragte Joschi. „Nicht ein bisschen.“ Sagte Lexi. “Solang es nicht mehr wird!“ „Heute bestimmt nicht.“ Sagte Joschi. „Schau dir nur den Himmel an, klar bis zum Horizont. – Hmm, schade dass wir heute schon zu spät dran sind, das Wetter wäre ideal.“ „Ideal für was?“ fragte Lexi, und ihre Augen glänzten neugierig. „Für das berühmte Grüne Leuchten.“ Sagte Joschi möglichst geheimnisvoll. „Was ist das berühmte Grüne Leuchten?“ fragte Lexi wissbegierig. „Eine Lichterscheinung, die man nur hier an unserem See, und nur im Sommer und nur Mittags beobachten kann.“ Sagte Joschi. „Und warum heißt es „das berühmte Grüne Leuchten?““ fragte Lexi. „Das muss man gesehen haben, das kann man kaum beschreiben.“ Sagte Joschi. „Das Wasser wird ganz hellgrün-durchsichtig und leuchtet von unten heraus, so als ob Scheinwerfer am Boden wären. Es ist wirklich ganz unbeschreiblich.“ „Wieso haben wir es denn noch nicht gesehen?“ fragte Lexi scharfsinnig, „Es ist doch Sommer, und wir waren schon oft genug mittags am See.“ „Vom Strand aus kann man das Grüne Leuchten nicht sehen, „ erklärte Joschi. “Dazu muss man ein ganzes Stück in den See hinausfahren und dann zurück zum Ufer schauen, dann sieht man es.“ „Ooch.“ Machte Lexi enttäuscht. „Und wie weit muss man da hinausfahren?“ „Schon ein paar hundert Meter, sonst sieht man es nicht richtig.“ Sagte Joschi. „Das trau ich mich nicht!“ sagte Lexi traurig, und Joschi tat sie in dem Moment richtig leid. „Auch nicht mit deiner Schwimmweste?“ fragte er. „Und auch nicht bei schönem ruhigen Wetter, so wie heute?“ „Nein, das trau ich mich nicht.“ Sagte sie kleinlaut. „Mhm.“ Brummte Joschi unzufrieden. “Und wenn wir’s einfach mal probieren würden? Heute mal ein Stückchen raus fahren, nur soweit, dass du den Boden noch sehen kannst, und morgen ein kleines Stückchen weiter, und übermorgen noch ein Stückchen?“ „Das könnten wir probieren!“ sagte sie erleichtert. “Ich mag mich ja selber nicht, wenn ich so ein Angsthase bin. Aber du drehst gleich um, wenn ich sage, es reicht!“ „Geht in Ordnung, Lexi!“ sagte Joschi froh, und nahm Kurs vom Ufer weg.

Lexi setzte sich an den Rand des Bootes und behielt genau den Boden im Blick. Joschi ruderte recht langsam, und fragte immer wieder: “Siehst du den Boden noch?“ und Lexi antwortete: „Ich sehe den Boden noch.“ Das ging, bis sie schon ordentlich weit draußen waren, Joschi schätzte hundertfünfzig Meter. Da sagte Lexi „Halt! Jetzt sehe ich den Boden nicht mehr!“, und Joschi tauchte die Ruder zum Bremsen ins Wasser. „Jetzt schau dich mal um, Lexi, wie weit wir schon draußen sind!“ sagte Joschi. „Oh!“ rief sie erstaunt. „Das ist aber schon ganz schön weit! Reicht das noch nicht für das Grüne Leuchten?“ „Nicht ganz, leider.“ Sagte Joschi bedauernd. „Da müssten wir noch hundert Meter oder so drauflegen, ungefähr bis da draußen zu der Boje, siehst du die? - Das hast du übrigens super gemacht, Lexi!“ „Oh, solange ich den Boden noch sehen kann, ist alles OK.“ Sagte Lexi. „Und was passiert, wenn du den Boden nicht mehr sehen kannst?“ wollte Joschi wissen. „Ich weiß auch nicht, aber ich habe solche Angst, dass mich etwas ins tiefe Wasser hineinziehen könnte – und ich bin doch jetzt ein Menschenmädchen und kann im tiefen Wasser nicht atmen!“ sagte Lexi und schaute auf einmal ganz ängstlich. Joschi hielt erstmal die Luft an; jetzt erinnerte sie sich bestimmt gerade an etwas, den Gesichtsausdruck kannte er. “Aber, „ sagte er vorsichtig, „Was sollte dich denn ins tiefe Wasser ziehen? Seeungeheuer und so was gibt es hier nicht, das hat der Meister Zauberer versprochen, da kannst du ganz sicher sein.“ „Fische.“ Sagte Lexi und hatte immer noch diesen abwesenden Gesichtsausdruck. „Ganz große Fische, die mich unter Wasser ziehen.“ „Aber so was gibt’s doch gar nicht!“ protestierte Joschi, und Lexi sagte nachdrücklich: „Doch, ich kann mich erinnern.“ Joschi überlegte hastig, ob ihm jetzt nicht eine kluge Frage einfiel, denn das war eine wichtige Angelegenheit. “Und vor den großen Fischen hast du Angst?“ „In meiner Erinnerung nicht, „ sagte Lexi. “Aber da war ich auch noch jemand anderer. Jetzt schon.“ „Ist doch logisch!“ piepste auf einmal der kleine Bernhard neben ihr. „Als Meermädchen hattest du natürlich keine Angst vor den Fischen, du konntest ja nicht ertrinken! Wahrscheinlich hast du sogar mit denen gespielt, so wie Menschen mit Haustieren spielen!“ „Ja, aber nur mit ganz besonderen Fischen.“ Sagte Lexi, die immer noch wie im Traum redete. „Wie besonders?“ fragte Joschi. „Freundliche Fische. Kluge Fische.“ Sagte Lexi, und dann ging auf einmal der glasige Ausdruck in ihren Augen weg und sie sah wieder ganz normal aus. „Oh, Joschi, können wir wieder ans Land fahren? Mich strengen solche Erinnerungen so sehr an, ich bin ganz matschig und möchte mich ausruhen.“ „Wir fahren direkt zum Steg.“ Sagte Joschi und nahm die Ruder zur Hand.

Lexi hatte es sich wieder auf ihrer Luftmatratze bequem gemacht, und Joschi und Bernhard setzten sich ans Ufer und unterhielten sich leise. „Ich glaube, das war jetzt eine ganz wichtige Sache.“ Sagte Joschi. „Denke ich auch!“ piepste Bernhard.“ Das muss man sich bloß mal vorstellen, ein Meermädchen, das sich von Fischen ins Wasser ziehen lässt!“ „Ja, aber das müssen schon besondere Fische gewesen sein.“ Sagte Joschi. „Kluge, freundliche Fische, hat sie gesagt. Und ich kenne keine klugen Fische. Jedenfalls nicht hier im See.“ „Vielleicht gibt es ja im Meer klügere Fische?“ piepste Bernhard. „Haie vielleicht? Aber die sind bestimmt nicht freundlich.“ Sagte Joschi. „Nein, wohl eher nicht.“ Piepste Bernhard. „Ach, jetzt bräuchten wir das Regenbogenkistl, da könnten wir recherchieren.“ „Das machen wir heute Abend. „ sagte Joschi, „Ich bin jetzt nämlich auch ein bisschen müde.“ Und dann legten sie sich noch ein wenig in die Sonne, bis es für Lexi Zeit war, zum Abendessen zu gehen.

Joschi hatte Lexi wie immer noch bis zum Seitentor gebracht, und sie hatten ausgemacht, dass sie am nächsten Tag nachschauen wollten, ob die Brombeeren schon reif waren, und sich dann einen schönen Abend gewünscht. Auf dem Rückweg hatte es Joschi ziemlich eilig, denn er wollte unbedingt das Regenbogenkistl befragen. Bis zum Abendessen war noch Zeit, da sollte sich schon etwas herausfinden lassen. Bernhard wartete schon auf dem Gartentisch auf ihn, und Joschi stellte das Regenbogenkistl hin und schaltete es ein. „Nach was suchen wir?“ piepste Bernhard. „Ich probiers mal direkt mit „kluge, freundliche Fische““ sagte Joschi und tippte seine Suchwörter ein. Aber ach, es kam nur ein Haufen Kraut und Rüben dabei heraus, Aquarienläden, ein Zahnarzt namens Kluge-Fisch, unendlich viel Werbemüll und einfach hinten und vorne nichts Gescheites. „Na, das war nichts.“ Sagte Joschi und kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Dann müssen wir es anderes probieren. Hast du vielleicht eine Gute Frage, Bernhard?“ „So direkt jetzt auch nicht.“ Piepste der Kleine. „Aber, Joschi, sag mal: warum bist du denn gar so auf diese Fische aus?“ „Weil ich mir wetten traue, „ sagte Joschi, „Dass Lexi ihren Bammel vor Fischen verliert, wenn sie wieder einen klugen, freundlichen findet.“ Und das Regenbogenkistl klingelte und meldete „100% richtig!“ „Aha!“ rief Joschi, und „Oho!“ rief Bernhard, und dann schlugen sie ein, Hand in Pfote. „Das nennt man ins Schwarze getroffen!“ sagte Joschi stolz. „Aber schau mal da, Bernhard, was ist das? Sieht aus wie ein Bildschirmschoner.“

Auf dem Bildschirm bewegte sich eine regenbogenfarbene Figur, so als ob sie springen würde, immer hinauf und hinunter. „Das ist ein Fisch!“ sagte Joschi. „Ein hüpfender Fisch! Was will uns das Regenbogenkistl damit sagen?“ „Dass die Sache mit dem Fisch sehr wichtig ist, vielleicht?“ piepste Bernhard. „100% richtig!“ meldete das Regenbogenkistl. „Oh Mann, ich glaube, wir müssen dringend an den Meister Zauberer schreiben.“ Sagte Joschi. „Nur, mit was soll ich anfangen?“ „Vielleicht sollten wir es erst noch mal mit ein paar Guten Fragen probieren?“ schlug Bernhard vor. „Da fällt mir jetzt auch nichts Gescheites ein. „ sagte Joschi. „Ach, ich glaube, ich hab einfach Hunger, da kann ich nie so besonders gut denken. Komm, wir gehen in die Küche und schauen, ob wir der Madame Babette was helfen können. An den Meister Zauberer schreiben wir nach dem Abendessen.“

Die Madame Babette hatte gefüllte Paprikaschoten mit Tomatensauce gemacht, und dazu gab es Nudeln, die passten ganz ausgezeichnet zu der würzigen Tomatensauce. Joschi aß zwei Stück, der Ritter Rollbert sogar drei, und Bernhard, für den die Paprika nichts waren, knabberte an seinem von der Mittagsbrotzeit übergebliebenen Nuss-Sortiment. Madame Babette fragte Joschi nach ihrem Ausflug auf die Roseninsel, und er erzählte begeistert, wie gut sich Lexi als Fremdenführerin gemacht hatte. „Es ist schon ganz erstaunlich, was sie sich alles merken kann!“ sagte er. “Und sie hat den Text nur einmal gelesen! Ich meine, ich kenne ja die Insel selber ganz gut, aber wo die ganzen Sehenswürdigkeiten versteckt sind und wie sie alle heißen, das hätte ich nicht zusammengekriegt.“ „Das Fräulein Lexi ist halt schon ein kluges Mädchen.“ Sagte Madame Babette. „Und was habt ihr Nachmittag gemacht?“ fragte sie. „Frisbee gespielt, und ein wenig hinausgerudert. „ sagte Joschi. „Ich möchte mal sehen, ob ich Lexi nicht schrittweise an das tiefere Wasser gewöhnen kann, damit sie das Grüne Leuchten sehen kann.“ „Schrittweise ist ein guter Plan.“ Sagte Madame Babette. „Da soll man nichts erzwingen wollen, wenn jemand so eine Angst hat wie Lexi vor dem tiefen Wasser. Aber du wirst das schon richtig machen, Joschi, davon bin ich überzeugt.“ „Wir werden unser Bestes tun!“ piepste Bernhard, der endlich auch mit seinen Nüssen fertig geworden war. Und: „Ich pass schon auf, dass es ihr nicht zuviel wird.“ Sagte Joschi. „Sehr schön.“ Sagte Madame Babette. „Und was habt ihr morgen vor?“ „Wir wollen schauen, ob die Brombeeren schon reif sind, „ sagte Joschi, „Und danach wahrscheinlich wieder an den See.“ „Oh ja, für Brombeeren ist es jetzt die richtige Zeit!“ sagte Madame Babette. “Da komme ich mit! Wir müssten halt ein bisschen früh los, damit ich rechtzeitig zum Mittagessen kochen wieder da bin. Ich sag dem Fräulein Lexi noch Bescheid, damit sie auch rechtzeitig da ist – sagen wir, um halb neun?“ „Abgemacht!“ sagte Joschi, dem früh aufstehen nichts ausmachte. „Ich bitte mich zu entschuldigen.“ Piepste Bernhard. „Aber im Wald fürchte ich verloren zu gehen!“ „Dann bleibst du eben hier.“ Sagte Joschi. “Ist auch kein Problem, ich kann dir ja das Regenbogenkistl anlassen – herrje! Das Regenbogenkistl! Wir müssen noch eine Email schreiben!“ „Eine Email an den Meister Zauberer?“ fragte Madame Babette. „Ja, ganz dringend!“ sagte Joschi. „Dann macht das mal, der Ritter Rollbert und ich, wir räumen den Tisch schon ab.“ Sagte Madame Babette und stand auf.

Als Joschi das Regenbogenkistl wieder auf den Tisch stellte und aufklappte, sprang immer noch der regenbogenfarbige Fisch auf dem Bildschirm auf und ab. „So, und was wollen wir schreiben?“ fragte Joschi, der im Moment noch keinen richtigen Plan hatte. „Dass wir einen klugen, freundlichen Fisch für Lexi suchen.“ Piepste Bernhard. „Na OK, dann schreibe ich das mal so.“ sagte Joschi. “Wenn der hüpfende Fisch mich lässt.“ Aber sobald er eine Taste berührte, verschwand der Fisch, und er konnte ganz normal sein Email-Programm aufrufen. „Lieber Meister Zauberer.“ Tippte er. „Wir brauchen bitte einen großen, klugen, freundlichen Fisch für Lexi.“ In dem Moment klingelte das Regenbogenkistl wie wild, und es zeigte an: „Achtung! Wunsch-Alarm!“ „Ach du liebes bisschen.“ Sagte Joschi, und Bernhard piepste: „Hoppala!“ „Na, das weiß ich jetzt noch nicht, ob ich dafür einen Wunsch hergeben soll.“ Sagte Joschi. „Da habe ich noch zuwenig drüber nachgedacht.“ Da rauschte der Bildschirm auf einmal, und wurde wieder klar, und eine Stimme ertönte: “Hallo Joschi, habe ich da soeben einen Wunschalarm vernommen?“ „Meister Zauberer, gottseidank!“ rief Joschi. “Wir wollten gerade eine schwierige Email schreiben, und dabei hab ich mich beinah ver-wünscht.“ „Was war denn so schwierig an der Email?“ fragte der Meister Zauberer freundlich. „Ach, überhaupt alles, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“ Sagte Joschi unglücklich. „Vielleicht kann ich aushelfen?“ piepste Bernhard. Und er erzählte, wie sich Lexi erst an das Schaukeln der Wellen erinnert hatte, und dann wie sie Boot gefahren waren und sie sich daran erinnerte, dass sie mit großen Fischen unter Wasser geschwommen war, mit großen, klugen, freundlichen Fischen. Und dass das Regenbogenkistl ihnen hundert Prozent darauf gegeben hatte, dass eine Begegnung mit den klugen, freundlichen Fischen ihre Angst vor Fischen kurieren würde. Und dass sich Joschi deshalb versehentlich einen klugen, freundlichen Fisch für Lexi gewünscht hatte. „Aber so schlecht war der Wunsch prinzipiell gar nicht.“ Sagte der Meister Zauberer und strich sich den Bart. „Auch wenn mir im Moment kein kluger, freundlicher Fisch einfällt. Aber, wenn ich es mir recht überlege: vielleicht kam der Wunsch nur zum falschen Zeitpunkt. Große Fische – ob klug oder anders – findet man gemeinhin nur in tiefem Wasser, und davor hat Lexi noch Angst. Wenn ihr da noch etwas machen könntet?“ „Ich versuch’s ja, Meister Zauberer!“ sagte Joschi und erzählte vom Grünen Leuchten, und der Meister Zauberer nickte und sagte: „Guter Plan, Joschi. Und im Übrigen, achte auf dein Regenbogenkistl, es kann dir wichtige Hinweise geben. Wir sind jetzt so nah am Ziel, da kann jeder noch so kleine Hinweis nützlich sein.“ „So nah am Ziel?“ fragte Joschi rasch nach, und der Meister Zauberer nickte wieder. “Es fehlen nur noch ein paar kleine Schrittchen, das kriegen wir auch noch hin. Ach ja, und erzählt mir dem Fräulein Lexi nicht zuviel, wir wollen sie nicht durcheinander bringen. Am besten, ihr sagt gar nichts außer einen schönen Gruß von mir.“ „Ist gut, Meister Zauberer.“ Sagte Joschi. „Aber was mache ich jetzt mit meinem Wunsch?“ „Den schicken wir einfach in die Warteschleife.“ Sagte der Meister Zauberer. “Bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist.“ „Was ist eine Warteschleife?“ fragte Joschi und kam sich dabei schon vor wie Lexi, die immer Wörter nachfragte die sie nicht kannte. „Eine Warteschleife ist ein Programm, das immer im Kreis herum läuft, bis eine bestimmte Bedingung eintritt.“ Erklärte der Meister Zauberer. „Zum Beispiel, bis eine bestimmte Zeit gekommen ist. Erst dann macht es weiter.“ „Aha.“ Sagte Joschi, obwohl er nicht sicher war, dass er das auch richtig verstanden hatte, aber er konnte ja immer noch Bernhard fragen, nachher. „Also gut, Joschi und Bernhard, ich muss jetzt weiter!“ sagte der Meister Zauberer. „Schreibt mir, welche Fortschritte das Fräulein Lexi macht!“ „Machen wir, Meister Zauberer!“, „Aber klar doch!“ sagten Joschi und Bernhard, und dann wurde der Bildschirm wieder dunkel, und der regenbogenfarbene Fisch hüpfte wieder auf und ab.

„Das war wohl das Bildtelefon?“ fragte interessiert der Ritter Rollbert, der am anderen Ende des Tisches hinter seinem Radler saß. Und Madame Babette neben ihm sagte: „Keine Bange, wir haben nicht zugehört.“ „Ja, „ sagte Joschi, „das ist total praktisch! Fast so, als wenn der Meister Zauberer direkt da gewesen wäre!“ „Ich frage mich, wie das wohl funktioniert.“ Sagte Ritter Rollbert. “Da muss doch irgendwo eine Kamera eingebaut sein!“ Joschi beäugte das Regenbogenkistl kritisch. „Ich glaube, da oben am Rahmen, da ist so etwas wie eine Linse. Und am Computer vom Meister Zauberer müsste dann genau so eine Kamera sein, oder?“ „So könnte ich mir vorstellen, dass es funktioniert. „ sagte der Ritter Rollbert. „Aber ganz was anderes, Joschi: würdest du mir morgen Abend dein Regenbogenkistl noch mal leihen? Es ist der letzte Abend vor dem Turnier, da wollte ich mich noch mal ein wenig warm spielen.“ „Aber klar doch.“ Sagte Joschi. “Kein Problem.“ Dann ging er erstmal in die Küche, sich ein frisches Apfelschorle holen, und setzte sich dann wieder an den Tisch und schaltete das Regenbogenkistl aus. Sie unterhielten sich noch ein wenig, aber dann gingen Joschi und Bernhard doch recht bald schlafen.

21. Kapitel, in dem erst mal Brombeeren gepflückt werden, und später noch viel auf dem Wasser passiert

Joschi und Bernhard waren gerade eben mit dem Frühstück fertig, als Lexi schon um die Kurve gerollert kam und sie fröhlich begrüßte. „Wir müssen heute Nachmittag unbedingt noch Frisbee spielen, Joschi!“ sagte sie munter. “Mein Muskelkater ist nämlich fast schon weg!“ „Machen wir, klarer Fall.“ Sagte Joschi, und Bernhard piepste: „Und ich spiele Schiedsrichter!“ Wenig später kam auch die Madame Babette aus der Küche, und sie bot einen ungewohnten Anblick in langen Jeans und T-Shirt. Joschi hatte auch lange Hosen angezogen, weil er genau wusste dass man sich an Brombeersträuchern tierisch kratzen konnte, und Lexi war auch mit ihrer langen Latzhose gut gerüstet. „Wollen wir dann los?“ fragte Madame Babette und ging zu ihrem Radl, das der Ritter Rollbert schon früher am Tag aus dem Schuppen geholt und aufgepumpt hatte. Sie stellte ein paar kleine Eimerchen in den Gepäckkorb, dann klappte sie den Radlständer ein. „Alles klar, Lexi, Joschi?“ fragte sie. „Und Bernhard, du kommst zurecht?“ „Ich werde ein Nickerchen machen.“ Piepste der Kleine. „Von mir aus kann’s losgehen!“ sagte Joschi, und „Fahren wir!“ sagte Lexi fröhlich.

Madame Babette und Joschi richteten sich natürlich nach Lexi’s Geschwindigkeit, und die war gar nicht mehr so langsam, anscheinend hatte sie durch das viele Scooterfahren und das Herumhüpfen im Wasser ein bisschen mehr Kraft in den Beinen gekriegt. Jedenfalls holte sie kräftig Schwung und kam gut mit den beiden Radlern mit. Es war noch so früh am Tag, dass der Brombeerschlag im Schatten lag, aber man sah schon vom Weg aus, dass hier reiche Ernte zu machen war, so dick hingen die Beeren in den dornigen Sträuchern. Madame Babette schaute für Lexi einen Platz am Wegrand aus, wo sie einfach auf einem Fleck stehen bleiben und von da aus Beeren zupfen konnte, und sie selbst und Joschi gingen weiter ins Gesträuch hinein, jeder mit seinem Eimerchen. Und so zupften und probierten und sammelten sie bestimmt eine halbe Stunde lang, bis die Madame Babette rief: „Wie viel haben wir denn, Kinder?“ „Mein Eimerchen ist fast voll!“ rief Joschi, und Lexi meldete: “Meins nur halb!“ „Und ich habe zwei.“ Sagte Madame Babette. „Das reicht für uns, für einen Kuchen und Desserts und Brombeeren mit Milch und Zucker. Wir wollen mal noch ein paar für andere Leute hängen lassen.“ „Einverstanden!“ sagte Joschi, und „Geht in Ordnung!“ sagte Lexi, und dann verstauten sie ihre Beute sorgfältig in Madame Babettes Gepäckkorb und fuhren wieder nachhause. Madame Babette ging gleich in die Küche um die Brombeeren zu waschen, und brachte ihnen dann zwei Schüsserl Brombeeren mit Milch und Zucker heraus. Das kannte Lexi noch nicht, und sie war begeistert; die Milch bekam so eine tolle rosalila Farbe und schmeckte nach Beeren, und die Brombeeren selber waren herrlich aromatisch und zuckersüß. Außerdem bekam man eine wunderbar rosalila Zunge von den Beeren, das sagte ihr Joschi und streckte zum Beweis seine Zungenspitze heraus, und Lexi quietschte vor Lachen und schielte wie ein Eckhaus bei dem Versuch, ihre eigene Zungenspitze zu sehen. Joschi lachte sich auch halb schief über ihre Grimassen. „Das hat sich jetzt richtig gelohnt!“ sagte Lexi schließlich. „Ich hab noch selten so etwas Gutes gegessen!“ „Frischgepflückte Brombeeren sind schon das allerfeinste.“ Sagte Joschi. „Aber ich bin auch mal gespannt, was für einen Kuchen Madame Babette daraus zaubert. – Bis zum Kuchen ist es aber noch ein paar Stunden hin, da brauchen wir schon noch eine Brotzeit zwischendurch, oder?“ „Ich glaube schon, aber halt nicht gar so viel.“ Sagte Lexi, und Joschi ging in die Küche und nahm die leer gegessenen Schüsserl mit. Drinnen packte gerade die Madame Babette ihre Kühltasche, und Bernhard schaute zu. “Ich habe euch einfach belegte Brote eingepackt.“ Sagte sie, „Nicht dass ihr euch den Appetit auf den Brombeerkuchen verderbt.“ „Aber auf gar keinen Fall!“ sagte Joschi. „Sollen wir dann so um zwei, halb drei wieder heraufkommen?“ „Das wäre mir ganz recht, „ sagte Madame Babette. „Brombeerkuchen transportiert sich so schlecht.“ „Alles klar. Komm, Bernhard, wir gehen baden!“ Sagte Joschi und ließ sich die Kühltasche geben. „Dann bis später, Madame Babette!“ „Bis später, und viel Spaß!“ sagte Madame Babette.

Joschi holte noch schnell seine Badesachen – Lexi hatte die ihren am Morgen schon mitgebracht – und dann machten sie sich auf den Weg zum See. Joschi holte das Boot heraus und richtete alles her, und Lexi ging sich umziehen, während Bernhard schon lustig im seichten Wasser herumplatschte. Dann half Joschi Lexi, ihre Schwimmweste richtig anzuziehen, und dann fragte er: „Sollen wir erst Frisbee spielen und dann rudern, oder wie ist es dir lieber?“ „Du willst wieder mit mir hinausfahren, stimmt’s?“ fragte Lexi. „Das war doch so abgemacht.“ Sagte Joschi. „Heute ein kleines Stückchen weiter als gestern. Und wenn ich es recht überlege, sollten wir eher gleich los, es ist schon fast Mittag. Wenn wir das Grüne Leuchten sehen wollen...“ „Oh, das möchte ich schon! Na gut. „ sagte Lexi. “Dann fahren wir eben.“ Und sie sammelten Bernhard ein und machten sich auf die Fahrt. Lexi achtete wieder ganz genau darauf, ob sie den Boden noch sehen konnte, und Joschi dachte sich, dass das wohl nicht so gut war, und versuchte sie abzulenken. „Schau mal da drüben, hinter der Roseninsel! Das ist der Schlosspark der Kaiserin Elisabeth.“ Sagte er und deutete in die richtige Richtung. “Da gibt es Büsche, die zugeschnitten sind wie Tiere und Fabelwesen, da könnten wir auch mal hinfahren. Und dort drüben siehst du jetzt gleich den Hafen, mit den ganzen Segelbooten, und ich glaube zwei von den großen Dampfern sind auch da. Und auf der anderen Seite, ganz da hinten wo du die Kuppel am Ufer siehst, da ist die Gedenkkapelle und das Kreuz im Wasser, auch das wäre einen Ausflug wert.“

Das Gedenkkreuz

Sein Plan hatte funktioniert! Freute sich Joschi. Jetzt hatte Lexi vor lauter Schauen gar nicht mitgekriegt, dass man unter ihnen keinen Boden mehr sehen konnte. Er drehte sich um und schätzte die Entfernung zur Boje ab – fünfzig Meter noch, vielleicht – und entschied, dass es für heute genug war. „Sehr gut. „ sagte er zufrieden. „Und, Lexi, wie geht es dir?“ „Gut, warum?“ fragte sie erstaunt, und dann warf sie einen Blick über den Rand des Bootes und sagte „Huch!“ Joschi beobachtete sie ganz genau, aber sie zeigte keine Spur von dieser komischen Glasäugigkeit, die sie immer hatte wenn sie sich an etwas erinnerte. „Jetzt hast du mich aber schön ausgetrickst, Joschi!“ sagte sie, aber nicht sauer oder so, einfach nur ganz normal. „Und, ist das schlimm?“ fragte er. „Nein, mir ist nur so ein klein wenig mulmig im Magen. „ sagte sie. “Können wir jetzt wieder zurückfahren, bitte?“ „Logisch, mach ich.“ Sagte Joschi und legte sich kräftig in die Ruder, denn er wollte ja nicht dass sie doch noch Angst kriegte. Er hielt das Boot an, als man den Grund wieder deutlich sehen konnte. „Das war jetzt schon richtig gut, Lexi.“ sagte er anerkennend. „Das waren schon fünfzig Meter mehr als gestern.“ „Aber bloß, weil du mich abgelenkt hast!“ sagte Lexi. „Ist doch egal.“ Hielt Joschi dagegen. „Du hast ja auch keine Panik gekriegt, als du gemerkt hast, wie weit wir draußen sind, und das ist die Hauptsache.“ Und eigentlich wollte er noch etwas über das tiefe Wasser und ihre Fische fragen, aber er dachte daran, was der Meister Zauberer gesagt hatte – dass sie Lexi nicht durcheinander bringen sollten – und sagte stattdessen: „Wie wär’s jetzt mit einem Schluck Zitronenlimo zur Erfrischung?“ „Aber sehr gerne!“ sagte Lexi, und Joschi machte die Kühltasche auf.

Joschi ließ das Boot treiben, und sie tranken in aller Ruhe ihre Limo. Es war wieder ein leichter Wind heute, und das Boot schaukelte etwas in den flachen Wellen. „Weißt du was, Joschi?“ fragte Lexi, und Joschi sagte „Was denn?“ „Ich hab die halbe Nacht geträumt, dass mein Bett schaukelt, so wie das Boot hier.“ Sagte Lexi und lächelte dabei. „Das kann einem schon passieren, wenn man längere Zeit auf einem Boot war.“ Sagte Joschi. „Hoffentlich hat es dich nicht beim schlafen gestört?“ „Nein, gar nicht.“ Sagte Lexi. “Eher im Gegenteil, ich habe sogar besonders gut geschlafen.“ „Das kommt von der vielen Bewegung an der frischen Luft.“ Sagte Joschi. “Da kann ich auch immer schlafen wie ein Murmeltier. – Wollen wir jetzt eine Runde Frisbee spielen? Oder Wasserball?“ „Frisbee finde ich spannender!“ sagte Lexi, und Joschi lachte. „Bloß weil ich immer deinen krummen Würfen hinterher hechten darf!“ sagte er fröhlich. „Ich muss halt noch mehr üben!“ sagte Lexi. „Bis ich mal so gut werfen kann wie du, das dauert schon noch eine Weile.“ „Ach was, ein paar Tage noch, dann hast du’s raus.“ Sagte Joschi und nahm die Ruder. “Also, auf geht’s, zurück zum Steg!“

Sie spielten Frisbee, bis sie Hunger kriegten, und dann aßen sie ihre belegten Brote – Bernhard bekam ein Brotkrüstchen und etwas Käse – und tranken Limo dazu, und dann spielten sie zur Abwechslung noch ein bisschen Wasserball, und dann setzte sich Lexi ein bisschen zum Ausruhen in den Schatten aufs Boot, während Joschi einmal ein wenig weiter hinausschwamm. Und dann war es auch schon Kuchenzeit, und sie zogen sich um und machten sich auf den Weg zurück zum Schlosshof. Die Madame Babette wartete schon auf sie und hatte bereits den Tisch mit Kuchentellern gedeckt, aber den Kuchen holte sie erst heraus, als alle saßen und Getränke hatten, denn der vertrug die Hitze nicht gut. „Fräulein Lexi, ein halbes Stück?“ fragte Madame Babette, und Lexi sagte: “Ja gerne, ich kann ja immer noch was nachnehmen, nicht wahr?“ Madame Babette schnitt den Kuchen an und nahm das Stück für Lexi heraus, und das war ein appetitanregender Anblick. Unten eine Schicht lockerer Teig, dann eine Schicht weißer Creme, und darauf eine dicke Schicht Brombeeren, die von dunkelrotem Tortenguss zusammengehalten wurden. „Für mich bitte ein ganzes Stück!“ sagte Joschi, dem das Wasser im Mund zusammenlief. „Und für mich bitte einen Happen von diesem wunderbaren lockeren Biscuitteig!“ piepste Bernhard, und Madame Babette lachte ihn an. „Das hast du sofort erkannt, du kleiner Feinschmecker, nicht wahr?“ „Das bleibt nicht aus, wenn man in ihrer Küche gut aufpasst, Madame Babette!“ sagte Bernhard und machte ein höfliches Knickserchen. Der Kuchen schmeckte wunderbar, hauptsächlich natürlich nach Brombeeren, aber die sahnige Creme passte auch so ganz hervorragend zu den süßen Früchten. „Und wenn man sich vorstellt, „ sagte Lexi zwischen zwei Bissen, „Dass wir so etwas köstliches einfach aus dem Wald geholt haben!“ „Ja, selbst gepflückte Beeren sind schon immer etwas besonders.“ Sagte Madame Babette. “Noch ein kleines Stück, Joschi?“ fragte sie, denn der hatte schon aufgegessen. „Ein halbes, bitte.“ Sagte Joschi, und Bernhard piepste: „Kann ich auch noch ein paar Krümel haben, bitteschön?“ Madame Babette nahm sich auch noch ein halbes Stück, und Lexi ein ganz kleines, und dann stellte Madame Babette den Kuchen in den Kühlschrank zurück. „Der schmeckt uns morgen auch noch.“ Sagte sie. „Aber ganz sicher!“ sagte Joschi, und „Ganz bestimmt!“ sagte Lexi, und Bernhard piepste: “Ohne jeden Zweifel!“ Dann gingen die Kinder an den See zurück, und Madame Babette trank noch eine Tasse Kaffee, bevor sie wieder in ihrer Küche verschwand.

Frisbee und Wasserball hatten sie heute schon genug gespielt, und Lexi sagte auch dass sie die Anstrengung in den Beinen spürte – das war auch kein Wunder, so viel wie sie heute schon herumgehüpft war. Also setzten sie sich erstmal gemütlich ins Boot und überlegten, was sie tun wollten. Inzwischen war ein wenig kräftigerer Wind aufgekommen, und Joschi sah, dass mittlerweile recht viele Segelboote auf dem See herumfuhren. Da hatte er eine Idee. „Lexi, hast du schon einmal ein Segelboot aus der Nähe gesehen?“ fragte er. „Nein, habe ich nicht.“ Antwortete Lexi. „Wenn dir ein bisschen mehr schaukeln nichts ausmacht, „ sagte Joschi, „Könnten wir zum Yachthafen fahren, der kommt gleich nach der Roseninsel. Und da können wir den Seglern prima beim Auslaufen zuschauen, die gehen jetzt alle raus bei dem stärkeren Wind.“ „Das klingt aber interessant!“ sagte Lexi, und guckte dann ein wenig zweifelnd. „Aber ist das nicht recht weit?“ „Eine dreiviertel Stunde, mehr nicht.“ Sagte Joschi.“ Und immer am Ufer entlang. Sollen wir das machen?“ „Also, ich bin dabei!“ piepste Bernhard. “Ich finde Segelboote faszinierend!“ „Ich bin auch schon ganz neugierig!“ sagte Lexi, und Joschi stand auf und machte das Boot los. Es schaukelte jetzt schon ganz schön auf den höheren Wellen, und er schaute besorgt auf Lexi. Aber die saß nur ganz entspannt da und schaukelte mit den Bewegungen des Bootes mit, da brauchte er sich keine Sorgen zu machen. „Also gut, auf geht’s!“ sagte er und nahm die Ruder.

Einen großen Teil des Weges kannten sie ja schon, am Schilf entlang und am alten Park, und an dem Kiosk vorbei wo Lexi ihre Postkarten gekauft hatte. Dann ging es weiter am Bootsanleger für die Roseninsel vorbei, und an einem Uferstück entlang wo hochherrschaftliche Villen unter uralten Bäumen standen, und das fand Lexi ganz toll. „Aber das sind ja lauter kleine Schlösser!“ rief sie. „Da ist ja eins schöner als das andere! Nein, was es an diesem See nicht alles gibt!“ „Ja, Sehenswürdigkeiten haben wir hier grad genug.“ Sagte Joschi, nicht ohne Stolz. Nicht viel danach kamen sie an eine baumbestandene Landzunge, die ziemlich weit in den See hinein reichte, und Joschi ruderte dort herum und sagte: „So, da wären wir!“ „Oh!“ sagte Lexi. “So viele Boote!“, und Bernhard piepste: „Das ist ja riesig!“, denn die ganze große, geschützte Bucht, die sie jetzt sahen, lag voller Boote in allen Größen und Formen. Auf etlichen davon kletterten Menschen herum, die einen sehr beschäftigten Eindruck machten, und einige hatten schon die Segel gesetzt und waren klar zum auslaufen. „Ich rudere uns noch bis zum ersten Steg vor, „ sagte Joschi. „Da können wir anlegen und haben den besten Blick.“ Hier in der Bucht war es windgeschützter, und die Segelboote, die hinausliefen, taten dies zunächst sehr langsam und gemächlich. Bis zu einem bestimmten Punkt, und dann bekamen sie Wind in die Segel. Das gab einen deutlichen Knall, und die Segel strafften sich und zogen das Boot auf einmal schneller vorwärts. Das alles erklärte Joschi Lexi und Bernhard, und die beiden staunten und konnten sich gar nicht satt sehen daran, wie ein Boot um das andere auf das offene Wasser hinauslief. „Aber, wie kommen sie wieder zurück?“ fragte Lexi, und das war gar keine dumme Frage. „Das ist die Kunst beim Segeln, „ sagte Joschi. „Man kann tatsächlich auch gegen den Wind fahren, kreuzen nennt man das. Da gehört aber ordentlich Übung dazu, und man muss genau wissen, was man tut.“ „Ist Segeln schwer zu lernen?“ fragte Lexi, und schaute sehr interessiert. „Ich glaube, es ist nicht ganz einfach.“ sagte Joschi. „Aber schaut mal, da kommt ein Katamaran!“ – und er zeigte ihnen ein kleines Boot mit einem riesengroßen Segel, das wie auf zwei Kufen durchs Wasser fuhr. „Da müsst ihr aufpassen, wenn der Wind in die Segel kriegt, der geht ab wie aus der Pistole geschossen!“ „Warum denn?“ fragte Lexi, und Joschi erklärte: “Weil der fast nichts wiegt, und eine im Verhältnis große Segelfläche hat.“ „Also sind nicht die größten Boote die schnellsten?“ fragte Bernhard, und Joschi musste überlegen. „Nicht immer, aber so gut kenne ich mich da auch nicht aus. – aber jetzt schaut, der Katamaran nimmt Fahrt auf!“ Und das kleine Boot fuhr in der Tat auf den See hinaus wie am Schnürl gezogen, und war bald außer Sicht. „Toll!“ sagte Lexi und hatte ganz glänzende Augen, und Bernhard piepste: „Faszinierend!“

Ein Segelboot nimmt Fahrt auf

Sie hätten noch lange so zuschauen können, aber schließlich war es allerhöchste Zeit, zum Abendessen zurückzufahren, und Joschi ruderte zügig. Das Boot platschte hin und wieder auf eine größere Welle, und dann spritzte Wasser herein, aber das machte gar nichts aus, es war ja noch schön warm. Joschi gefiel es gut, dass Lexi den höheren Seegang so gar nicht zimperlich nahm, im Gegenteil, sie sah sehr vergnügt aus und schien sich pudelwohl zu fühlen. Jetzt musste er ihr bloß noch die Angst vor dem tieferen Wasser ganz abgewöhnen, dann würde sie eine richtige Seefahrerin werden, und sie konnten die schönsten Ausflüge zusammen unternehmen! Als sie wieder am Steg vor dem Bootshaus ankamen, war es schon dreiviertel sieben, und Joschi beeilte sich, das Boot und all ihre Sachen aufzuräumen. Lexi zog sich derweil um und wartete oben am Weg mit ihrem Scooter auf ihn, und dann machten sie sich zusammen auf den Weg zum Schlosshof. Der Ritter Rollbert saß schon da und trank ein Wasser mit Zitrone, und er begrüßte sie freundlich und fragte nach, was sie denn heute unternommen hatten. Lexi und Bernhard erzählten vom Yachthafen, und sie waren beide so begeistert, dass sie durcheinander redeten, aber das machte nichts, denn der Ritter Rollbert war ein geduldiger Zuhörer. Joschi ging einstweilen in die Küche und schaute, ob er Madame Babette etwas helfen konnte, und sie gab ihm Teller und Besteck mit und sagte, sie komme gleich. Irgendwie duftete es in der Küche heute ganz besonders verführerisch, so ähnlich wie frischgebackene Pfannkuchen, aber doch nicht ganz so. Madame Babette scheuchte ihn aber hinaus, ehe er fragen konnte. Sie kam dann nicht lang nach Joschi heraus und brachte eine Schüssel und den Brotkorb mit und stellte beides auf den Tisch. „So, meine Lieben.“ Sagte sie. „Ich habe heute einen Geflügelsalat gemacht, praktisch als Vorspeise. Lasst es euch recht gut schmecken, aber esst nicht zuviel, es gibt nämlich noch eine ganz besondere Nachspeise.“ Mehr wollte sie noch nicht verraten, es sollten erst einmal alle einen Happen essen. Der Geflügelsalat war ausnehmend lecker, mit Pilzen und Ananasstückchen drin und mit einer fein pikanten Sauce, aber Joschi und Lexi aßen gerade so viel, dass der erste Hunger weg war, und warteten dann gespannt auf die Nachspeise. Madame Babette bat Joschi, ihr beim Tragen zu helfen, und das tat er gern, auch weil er schon so verflixt neugierig auf die Nachspeise war. Drinnen packte Madame Babette ein Tablett voll mit einer großen Schüssel, in der etwas Dunkelrotes glänzte, mit einer Packung Vanilleeis und mehreren kleineren Schüsseln, und Joschi gab sie einen mit einem Tuch bedeckten Korb in die Hand, und dann trugen sie alles hinaus. „So, jetzt aber!“ sagte Madame Babette und stellte ihr Tablett auf den Tisch. „Es gibt – Rote Grütze, mit allem drum und dran!“

Rote Grütze mit Vanillesauce, Waffeln und Vanilleeis

„Oh, wie lecker!“ rief Joschi, und der Ritter Rollbert sagte: “Wie außerordentlich erfreulich!“ Lexi fragte: „Was ist Rote Grütze?“ und Bernhard ließ die Schnurrhaare hängen, er hatte ja bislang nur an einem Stück trockenen Weißbrot herumgeknabbert. „Rote Grütze ist ein Kompott aus allen Früchten des Sommers, „ erklärte Madame Babette für Lexi. “Da sind Johannisbeeren drin, und Himbeeren, und Stachelbeeren und Kirschen und als Tüpfelchen auf dem i unsere selbst gepflückten Brombeeren, und dazu gibt es Vanillesauce und Eis, und – schau her, Bernhard – hausgemachte Waffeln!“ Und sie zog das Tuch von dem zugedeckten Korb, und ein köstlicher Duft breitete sich aus. „Waffeln!“ sagte Bernhard, geradezu andächtig, und die Madame Babette brach ein Stückchen ab und reichte es ihm hinüber. „Hier, mein Kleiner, damit du uns nicht verhungerst.“ Lachte sie. Dann fing sie an auszuteilen, und die erste Portion bekam Lexi, die ganz große kugelrunde Augen hatte. Sie probierte ihre Rote Grütze zuerst einmal so, ganz ohne was, und schloss genießerisch die Augen. „Oh, herrlich! Da ist ja alles drin, was ich gern mag!“ „Du musst aber auch unbedingt die Waffeln probieren!“ sagte Joschi. “Und die Vanillesauce, die gehört einfach dazu.“ Lexi ließ sich so gerade eben zu einem Schluck Vanillesauce und einer halben Waffel überreden, aber am besten schmeckte ihr die Rote Grütze einfach so, ganz ohne Extras, und sie nahm auch gern noch eine zweite Portion. „Iß nur, Kind,“ sagte Madame Babette, „Das ist ja das reine Obst!“ Joschi dagegen hatte die erste Portion mit Vanillesauce gegessen und die zweite mit Eis, und Waffeln zu beiden, und dachte schwer über eine dritte Portion nach, aber dann hätte er nicht so viel von dem leckeren Geflügelsalat essen dürfen. Er nahm dann noch eine halbe Portion, mit Vanillesauce, und danach wäre er beinah geplatzt. „Madame Babette, das war die leckerste Nachspeise, die ich je gegessen habe!“ sagte Lexi. „Vielen, vielen Dank!“ „Gerne geschehen.“ Sagte Madame Babette. „Es freut mich zu sehen wie’s dir schmeckt – und allen anderen natürlich auch. Ein bisschen was ist noch übrig, das könnt ihr euch morgen als kleine Zwischenmahlzeit schmecken lassen, wenn ihr mögt. – so, aber ich glaube, jetzt sind alle fertig, da können wir abräumen.“ „Ich mach das schon.“ sagte der Ritter Rollbert und stand auf. „Joschi, denkst du an das Regenbogenkistl?“ „Aber klar doch!“ sagte Joschi, dem selber gerade eingefallen war, dass der Ritter Rollbert noch einmal Schach üben wollte. “Ich hole es gleich – bin gleich wieder da, Lexi!“ Und er sprintete zum Turm hinüber.

Als Joschi wieder zurückkam saß Lexi ganz still in ihrem Stuhl und lächelte vor sich hin, weil ihr Bernhard irgendwelche Geschichten erzählte, aber sie hatte schon ganz kleine Augen. „Lexi, du schaust aus als wenn du gleich einschläfst.“ Sagte Joschi. „Ich bin auch müde, „ sagte sie, „Und ich wette, mein Bett wird heute Nacht wieder kräftig schaukeln!“ „Wart mal einen Moment, ich stelle bloß noch das Regenbogenkistl für den Ritter Rollbert zurecht, dann begleite ich dich.“ Sagte Joschi, stellte das Regenbogenkistl auf Ritter Rollberts Platz und schaltete es ein. Er schaute noch mal schnell nach, ob nicht eine Nachricht vom Meister Zauberer gekommen war, aber da war keine, also rief er das Schachprogramm auf und ließ das Regenbogenkistl so stehen. „So, Lexi, jetzt können wir gehen.“ Sagte er. „Ich habe mich noch gar nicht verabschiedet!“ sagte Lexi, aber in dem Moment kamen Madame Babette und Ritter Rollbert aus der Küche wieder, und Lexi wünschte ihnen und Bernhard eine Gute Nacht, dann machten sie und Joschi sich auf den Weg.

„Weißt du, an was mich die Segelboote heute erinnert haben?“ fragte Lexi nach einer Weile. „Nein, sag!“ antwortete Joschi. „An weiße Vögel, die mit dem Wind fliegen.“ Sagte Lexi verträumt. „Das ist ein schöner Vergleich.“ Sagte Joschi. „Aber ich finde Segelboote auch toll. Vielleicht mache ich ja mal den Segelschein, wenn ich größer bin.“ „Und dann darfst du selbst ein Segelboot fahren?“ fragte Lexi. „Dafür gibt es einen Segelschein. Obwohl, die Prüfungen sollen ziemlich schwer sein.“ Sagte Joschi. “Und so ein Segelboot ist auch ganz schön teuer. Vielleicht lerne ich doch lieber Windsurfen.“ „Was ist das denn?“ fragte Lexi neugierig und sah noch mal wacher drein. „Das geht so ähnlich wie Segeln, aber statt einem Boot hat man nur ein Brett unter den Füssen, und das Segel hält man mit den Händen.“ Erklärte Joschi. „Das hört sich aber spannend an!“ sagte Lexi, und Joschi antwortete: “Ist es auch. Mal schauen, wenn es morgen wieder Wind gibt, vielleicht sehen wir mal einen Windsurfer.“ „Fahren wir morgen wieder auf den See hinaus?“ fragte Lexi, und Joschi sagte: „Natürlich, ist doch abgemacht. Jeden Tag ein Stückchen weiter, bis wir das Grüne Leuchten sehen.“ „Das Grüne Leuchten!“ sagte Lexi. „Oh, darauf bin ich so gespannt!“ „Warts nur ab.“ Sagte Joschi. „Ich hab so ein Gefühl, das dauert jetzt nicht mehr lang. – So, und jetzt schicke ich dich ins Bett, Lexi, du blinzelst ja bloß noch.“ „Ich bin auch so richtig, richtig müde. Gute Nacht, Joschi!“ sagte sie. „Gute Nacht, Lexi!“ sagte Joschi, und dann machte er sich auf den Rückweg.

Die Madame Babette saß da mit einer Tasse Tee, und der Ritter Rollbert sah Joschi kommen und winkte ihn zu sich. „Joschi, kannst du mal schauen, das ist etwas Neues!“ sagte er. „Da läuft so was wie ein kleiner Film, was hat denn das zu bedeuten?“ Joschi schaute auf den Bildschirm, und da sprang der regenbogenfarbene Fisch auf und ab. „Oh, das ist nur der Fisch.“ Sagte er. “Das ist ein Bildschirmschoner. Der verschwindet, sobald man eine Taste berührt.“ „Aber das ist doch kein Fisch.“ sagte der Ritter Rollbert. „Das ist ein Delfin! Schau dir nur die Flaschennase an, und die Rückenflosse, so sieht kein Fisch aus.“ Joschi blieb erstmal der Mund offen stehen. „Ein Delfin, Joschi, das ist es!“ piepste Bernhard und hüpfte aufgeregt auf dem Tisch auf und ab. „Aber natürlich, ein Delfin!“ sagte Joschi hocherfreut. “So macht das Ganze Sinn! Ritter Rollbert, du bist einfach der aller-aller-Beste!“ „Ein großer, kluger, freundlicher Delfin!“ piepste Bernhard, und Joschi sagte: “Haargenau!“ „Und weshalb jetzt die ganze Aufregung?“ fragte Ritter Rollbert, und Joschi sagte: „Das erkläre ich später, jetzt muss ich erst einmal eine dringende Nachricht an den Meister Zauberer schreiben – wenn ich das Regenbogenkistl noch mal ganz kurz haben kann?“ „Natürlich, es ist ja deines. „ sagte Ritter Rollbert freundlich. „Aber auf die Geschichte bin ich schon gespannt!“ Und Joschi holte sich sein Regenbogenkistl noch einmal her und rief das Email-Programm auf. „Lieber Meister Zauberer, „ schrieb er. „Kannst du bitte den Wunsch in der Warteschleife noch mal ändern? Es muss heißen: ich wünsche mir einen großen, klugen, freundlichen Delfin für Lexi. Vielen Dank und viele Grüße, Dein Joschi & Bernhard.“ „Passt das so, Bernhard?“ fragte er zur Sicherheit, und Bernhard nickte nachdrücklich. „Steht alles drin, was gesagt werden muss.“ Piepste er. Und Joschi schickte die Nachricht ab.

„So, Ritter Rollbert.“ Sagte er, „Jetzt kannst du das Regenbogenkistl wieder haben.“ „Sehr gut, danke.“ Sagte der Ritter Rollbert. „Aber jetzt wüsste ich schon noch gerne, worum es in dieser dringenden Nachricht ging.“ Und Joschi erzählte, wie Lexi sich an große, freundliche, kluge Fische erinnert hatte, und wie sie vergeblich danach gesucht hatten – sogar der Meister Zauberer hatte keine Idee gehabt – und wie die Auflösung des Rätsels letztendlich vom Regenbogenkistl gekommen war, wenn sie nur richtig hingeschaut hätten. Erst der Ritter Rollbert, der ja immer ganz genau hinschaute, hatte das Richtige getroffen. „Delfine sind doch richtig klug, nicht wahr?“ fragte Joschi. “Und freundlich sind sie auch, sie spielen und schwimmen mit Menschen, da haben wir in der Schule mal einen ganz tollen Film darüber gesehen.“ „Delfine sind hochintelligent.“ Bestätigte der Ritter Rollbert, „Aber sie sind keine Fische.“ „Das weiß ich auch.“ Sagte Joschi. “Delfine sind Säugetiere – aber da hat Lexi einfach das richtige Wort nicht gefunden, und deswegen hat sie von Fischen geredet. Und das Regenbogenkistl hat uns ja auch einen Delfin gezeigt, keinen Fisch. Nein, nein, das stimmt schon, da bin ich ganz sicher.“ „Ja, und jetzt, Joschi?“ fragte der Ritter Rollbert. „Wenn Lexis Fische wirklich Delfine sind, wie soll es jetzt weitergehen?“ „Da bin ich auch schon gespannt wie ein Flitzebogen.“ Sagte Joschi. „Ich jedenfalls hab mir einen Delfin für Lexi gewünscht, und wie es jetzt weitergeht, kann eigentlich nur der Meister Zauberer wissen.“ „Das scheint mir auch so.“ sagte der Ritter Rollbert, und die Madame Babette, die aufmerksam zugehört hatte, sagte: “Delfine sollen ja ganz wunderbare Geschöpfe sein, aber sie leben im Meer, nicht in einem See.“ „Oh, dem Meister Zauberer wird schon was einfallen.“ Sagte Joschi zuversichtlich, und dann gähnte er ganz gewaltig. „Müde?“ fragte Madame Babette. „Schon,“ sagte Joschi. „Ich bin heute viel gerudert, und die ganze frische Luft...“ „Na dann, ab ins Bett mit dir.“ Sagte Madame Babette. „Bernhard blinzelt auch schon. Morgen ist wieder ein neuer Tag!“ Das ließen sich die beiden Freunde nicht zweimal sagen, sie sagten Gute Nacht und machten sich auf den Weg ins Turmzimmer. Joschi hatte sich gerade hingelegt und war schon halb eingeschlafen, als Bernhard noch mal piepste: „Du, Joschi?“ „Was ist denn?“ brummte Joschi verschlafen. „Meinst du, wir werden einen Delfin sehen? Richtig, in echt?“ piepste Bernhard. „Ich weiß es nicht.“ Sagte Joschi und wurde doch noch mal ein bisschen wach. „Ich hab ihn ja für Lexi gewünscht, und nicht für uns. Da können wir nur abwarten.“ „Schade.“ Piepste Bernhard. „Ich wüsste jetzt schon zu gerne, wie die Geschichte weitergeht.“ „Ich auch, mein Kleiner, ich auch.“ Brummte Joschi, und dann drehte er sich um und schlief ein.

22. Kapitel, in dem nicht nur das Grüne Leuchten passiert und ein Delfin eine wichtige Rolle spielt

Joschi war recht früh auf, weil er so zeitig ins Bett gegangen war. Er ging bloß ganz schnell waschen und Zähneputzen, und dann sausten er und Bernhard hinunter, weil sie natürlich unbedingt nach einer Nachricht vom Meister Zauberer schauen wollten. Das Regenbogenkistl stand auf der Eckbank, und Joschi sagte erstmal guten Morgen zu Madame Babette, dann stellte er das Regenbogenkistl auf den Tisch und schaltete es ein. Gleich ging der Klingelton für eine neue Nachricht los! „Lieber Joschi, „ schrieb der Meister Zauberer, „Deinen geänderten Wunsch habe ich sofort in die Warteschleife eingebaut. Sehr gut, weiter so! Bis bald, Dein Meister Zauberer.“ „Klasse!“ sagte Joschi. “Jetzt brauchen wir nur noch den richtigen Zeitpunkt, und der Wunsch wird wahr. Da bin ich mal gespannt, wann das sein wird.“ „Ich bin auch soo gespannt, „ piepste Bernhard. „Aber könnten wir nicht erst mal Frühstücken? Ich rieche Kipferl!“ „Du hast Recht, Bernhard!“ sagte Joschi angetan. “Dann lass uns erst mal frühstücken. Wo ist das Nutella?“

Nach dem Frühstück holten sie sich das Regenbogenkistl in den Schlosshof heraus, und Joschi tippte gleich einmal eine Suche nach „Delfin“ ein. Aber da kamen so viele Bilder und Texte dabei heraus, dass sie den Rest der Sommerferien beschäftigt gewesen wären, wollten sie die alle anschauen. „Es scheint, dass sich eine Menge Leute für Delfine interessieren.“ Sagte Joschi, und Bernhard piepste: „Aber gleich so viele! Das ist mal eher was für Regenwetter, Joschi. Außerdem sollten wir dem Meister Zauberer noch eine Antwort schreiben, wir haben ihm doch versprochen, dass wir ihn über Lexis Fortschritte auf dem Laufenden halten.“ „Da hast du auch wieder Recht.“ Sagte Joschi und rief das Email-Programm auf und schrieb: “Lieber Meister Zauberer, Lexi fährt jeden Tag ein Stückchen weiter mit mir hinaus, weil sie unbedingt das Grüne Leuchten sehen will. Wir schaffen es schon noch bis zur Boje. Es fehlen nur noch fünfzig Meter. Viele liebe Grüße, Dein Joschi & Bernhard.“ „Reicht das, Bernhard?“ fragte er seinen kleinen Freund, und der meinte: “Vielleicht solltest du noch reinschreiben, dass sie vor höherem Seegang keine Angst hat.“ „Das mache ich, das ist ja auch nicht unwichtig.“ Sagte Joschi und tippte noch einen Satz, dann war die Email fertig, und er schickte sie los. „So, und was machen wir jetzt?“ piepste Bernhard. „Ein paar Bilder von Windsurfern heraussuchen.“ Sagte Joschi. „Das interessiert Lexi bestimmt!“

Lexi kam um halb zehn, und sie interessierte sich außerordentlich für die Bilder, die Joschi herausgesucht hatte. „Muss man da nicht sehr mutig sein, um bloß mit so einem kleinen Brett hinauszufahren?“ fragte sie nach einer Weile. „Ja, schon.“ sagte Joschi. „Und ein bisschen Kraft und Ausdauer können auch nicht schaden, man fällt nämlich öfter mal hinein und muss dann das Segel wieder aus dem Wasser ziehen.“ „Das stelle ich mir aber sehr lästig vor.“ Sagte Lexi. „Na ja, „ sagte Joschi. “Wenn man richtig gut Windsurfen kann, fällt man natürlich nicht so oft hinein. Aber ich habe es bei den Königskindern gesehen, als die das Surfen gelernt haben, waren sie mehr im Wasser als auf dem Brett.“ „Und du möchtest es auch lernen. „ sagte Lexi. „Wenn ich mir’s recht überlege, ja.“ Sagte Joschi. „Das würde mir schon sehr gut gefallen.“ „Und ich könnte im Boot sitzen und dir zuschauen!“ sagte Lexi fröhlich, und Joschi lachte auch und sagte: „Du willst mich ja nur reinplumpsen sehen!“ „Das natürlich auch!“ sagte Lexi und grinste frech, was ihr ganz ausgezeichnet stand. „So, und was unternehmen wir heute?“ fragte sie dann. „Ich hab nicht viel vor.“ Sagte Joschi. „An den Strand gehen, ein bisschen Frisbee oder Wasserball spielen, ein bisschen Boot fahren. Vielleicht fahren wir auch noch mal zum Yachthafen hinüber, wenn es Wind gibt.“ „Einverstanden.“ Sagte Lexi. “Ich möchte nur noch schnell in die Küche, Madame Babette guten Morgen sagen.“ “Ist OK, „ sagte Joschi, „Ich hole inzwischen meine Badesachen und bringe das Regenbogenkistl rauf.“

Madame Babette hatte ihnen wieder eine wohlgefüllte Kühltasche mitgegeben und ihnen gesagt, sie sollten halt spätestens zum Abendessen wieder da sein, und ihnen einen schönen Tag und viel Spaß gewünscht. Joschi holte zuerst das Boot aus dem Bootshaus und montierte den Sonnenschirm für Lexi, und die Kühltasche verstauten sie im Schatten unter der Bank. Es ging heute schon ein hübscher Wind, und Joschi und Lexi planschten erst einmal in den kniehohen Wellen herum, weil das so viel Spaß machte, und Bernhard spielte am Ufer Wellenreiten. Dann spielten Joschi und Lexi eine Weile Frisbee, und Lexi war jetzt schon viel treffsicherer. Dann tranken sie etwas – Kirschlimo gab es mal heute zur Abwechslung – und dann war es auch schon Zeit zum Hinausrudern, wenn sie das Grüne Leuchten sehen wollten. Bernhard hopste mit ins Boot, und dann fuhren sie los. „Du könntest schon mal Ausschau nach Windsurfern halten, Lexi, heute könnten welche rausgehen, bei dem schönen gleichmäßigen Wind.“ Sagte Joschi. „Die kommen da hinten vom Yachthafen her, und meistens fahren sie parallel zum Ufer und kommen bis zu uns herüber, da wenden sie dann.“ Lexi hielt die Hand über die Augen und spähte. „Segelboote sehe ich jede Menge.“ Sagte sie. „Aber noch keinen Windsurfer.“ „Du musst halt ganz genau hinschauen, „ sagte Joschi. “Die Segel sind natürlich viel kleiner als die von den Booten, aber man erkennt sie recht gut, weil sie so bunt sind.“ Lexi spähte und spähte, und dann streckte sie den Arm aus und deutete. „Da!“ rief sie, “Ich glaube, das ist einer!“

Ein Windsurfer

Joschi drehte sich um und schaute in die Richtung, die sie anzeigte, und sagte: „Tatsächlich! Der mit dem quietschroten Segel, das ist einer – der fährt aber ein schönes Tempo!“ „Und der kommt tatsächlich zu uns herüber!“ rief Lexi. „Ach, wie toll, dann kann ich ihn ja aus der Nähe sehen!“ „Wenn wir noch ein bisschen weiter hinausrudern, siehst du ihn sogar ganz genau. „ sagte Joschi und zog an den Rudern. „Ach herrjeh!“ sagte Lexi erschrocken. „Wie weit draußen sind wir denn schon?“ „Genau soweit wie gestern.“ Sagte Joschi. „Aber keine Bange, Lexi, es kann gar nichts passieren. Du hast deine Schwimmweste, ich und Bernhard, wir sind bei dir, und die Leoni ist ein gutes und sicheres Boot.“ Lexi schaute trotzdem etwas käsig drein und sagte gar nichts, und Joschi redete weiter, um ihr Mut zu machen. “Du willst doch das Grüne Leuchten sehen, also solltest du dich jetzt allmählich umdrehen und zum Ufer schauen. Es ist jetzt fast zwölf Uhr, also genau die ideale Zeit. Wenn wir noch ein kleines Stückchen weiter hinausrudern, müsste es bald zu sehen sein.“ „Ach, Joschi.“ Sagte sie. „Ich hab so ein mulmiges Gefühl wegen dem tiefen Wasser.“ „Nur ein mulmiges Gefühl, oder richtig Angst?“ fragte Joschi besorgt. „Weil, wenn du Angst hast kehren wir sofort um.“ „Komm, Lexi, ich halte deine Hand!“ piepste in dem Moment der kleine Bernhard, der neben ihr auf der Bank saß, und streckte die Pfote aus. „Nur ein mulmiges Gefühl.“ Sagte Lexi tapfer, nahm Bernhards Pfote und lächelte auf den kleinen Kerl hinab. „Ich möchte doch so gern das Grüne Leuchten sehen!“ „Gleich ist es soweit!“ rief Joschi. “Ich sehe am Ufer schon einen hellgrünen Streifen!“ „Oh, und da kommt der Windsurfer!“ rief Lexi aufgeregt. „Ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll!“ „Schau dir ruhig erst den Windsurfer an, ich mache derweil das Boot an der Boje fest.“ Sagte Joschi und ruderte die letzten paar Schläge. „Aber was macht der denn jetzt?“ fragte Lexi. “Jetzt wirft er das Segel weg – nein, jetzt hat er’s wieder, aber anders herum!“ „Das, „ sagte Joschi, der über die Schulter zugesehen hatte, „War eine blitzsaubere Halse, und jetzt fährt er in der anderen Richtung weiter. – Aber jetzt schau mal, ich drehe das Boot noch um, damit du dir nicht so den Hals verrenken musst. Da ist das Grüne Leuchten, jetzt kannst du es ganz deutlich sehen.“ „Oh.“ sagte Lexi, und dann sagte sie eine ganze Weile lang gar nichts mehr und schaute nur, mit offenem Mund, denn der See leuchtete und strahlte in allen Grüntönen, von hellstem Maigrün am Ufer zu Glasgrün, Dunkelgrün und schließlich Türkis im tieferen Wasser. „Ich hab dir nicht zuviel versprochen, oder?“ fragte Joschi nach einer zeitlang. „Oh, nein!“ sagte Lexi. “Das ist ja wunderschön! Und schau bloß, was kommt da für ein großer weißer Vogel?“

Ein Schwan im grün leuchtenden Wasser

„Das ist ein Schwan. „ sagte Joschi und war selber beeindruckt. „Das passt jetzt natürlich perfekt.“ Denn der Schwan sah vor dem glasgrünen Wasser aus wie aus weißem Porzellan, und das war schon ein toller Anblick. Da schaukelte auf einmal eine kräftigere Böe das Boot, und die Luft flimmerte plötzlich, und dann saß auf einmal eine Gestalt mit einem blauen Hut und einem blauen Mantel, auf dem Monde und Sterne eingestickt waren, auf dem Sitz im Bug der Leoni. „Hallo, Kinder“. Sagte der Meister Zauberer freundlich. „Oh, der Meister Zauberer!“ piepste Bernhard aufgeregt, und Joschi rief: “Meister Zauberer, das ist aber eine Überraschung!“ Nur Lexi sagte nichts, aber sie hatte ganz kugelrunde Augen. „Na, Fräulein Lexi, hat’s dir die Sprache verschlagen?“ fragte der Meister Zauberer und lächelte sie freundlich an. „Wir sind uns schon einmal begegnet, aber davon weißt du wahrscheinlich nichts mehr, damals warst du ja auch sehr krank.“ „Nein, daran kann ich mich nicht erinnern.“ Sagte Lexi leise, und dann fand sie ihre guten Manieren wieder und sagte: “Guten Tag auch, Meister Zauberer! Ich hab schon viel von Ihnen gehört!“ „Und ich freue mich, dich so gesund und munter zu sehen, Fräulein Lexi.“ Sagte der Meister Zauberer. „Wie sieht es aus, bist du bereit für eine längere Bootsfahrt?“ „Wohin denn, Meister Zauberer?“ fragte Lexi, und der Meister Zauberer lächelte geheimnisvoll. “Das wird noch nicht verraten.“ Sagte er. „Aber keine Bange, es ist nichts schlimmes, nur eine Überraschung. Eine schöne Überraschung.“ „Oh, da bin ich aber gespannt wie ein Flitzebogen!“ piepste Bernhard, und der Meister Zauberer lachte zu ihm herunter. „Naseweis wie immer, mein kleiner Freund! – Also, Fräulein Lexi, wie sieht es aus, können wir fahren?“ „Wie lange werden wir unterwegs sein?“ fragte Joschi, der auch vor Neugier schier platzte. „Das kommt darauf an, wie schnell der Weg sich finden lässt.“ Sagte der Meister Zauberer. „Aber wir fahren am besten gleich los, sonst sind wir womöglich zu spät zum Abendessen wieder da, und wir wollen doch nicht, dass die Madame Babette sich Sorgen macht.- Fräulein Lexi, bist du bereit?“ „Fahren wir mitten auf den See hinaus?“ fragte Lexi und schaute ein bisschen kariert. „Ja, und noch ein Stückchen weiter.“ Sagte der Meister Zauberer. „Aber du brauchst wirklich keine Angst zu haben, ich bin ja da und passe auf euch auf. Also, können wir losfahren?“ „Ich mache das Boot los.“ Sagte Joschi und holte die Leine ein, die er an die Boje geknüpft hatte. „Von mir aus.“ Sagte Lexi, mit ein bisschen dünner Stimme, und fasste nach Bernhards Pfote. „Sehr gut!“ sagte der Meister Zauberer und wartete, bis Joschi sich wieder an die Ruder gesetzt hatte. „Joschi, du musst nicht schnell rudern, aber gleichmäßig, so dass wir stetig vom Fleck kommen. Und du wirst eine ganze Weile rudern müssen, aber nichts, was über deine Kräfte geht, da passe ich schon auf. Und um den Rückweg mach dir keine Sorgen, den übernehme ich. Aber jetzt muss ich mich erst mal konzentrieren. - Joschi, fahr los. Immer geradeaus.“ Und der Meister Zauberer stand auf, stellte einen Fuß auf den Bug, holte den Zauberstab aus seinem Gewand und hielt ihn am ausgestreckten Arm vor sich hin. Dann murmelte er einen Zauberspruch, und der Zauberstab begann Funken zu sprühen wie ein Sterndlwerfer, nur bunter, in allen Farben des Regenbogens.

Der Meister Zauberer findet den Weg

„Ah!“ piepste Bernhard, und „Oh!“ sagte Lexi, und „Was ist denn?“ fragte Joschi und versuchte, gleichzeitig zu rudern und sich umzudrehen, was natürlich nicht funktionierte. „Bleib auf Kurs, Joschi!“ mahnte der Meister Zauberer. „Das ist nur ein Wegfindezauber, lass dich nicht ablenken.“ „Ein Wegfindezauber!“ wisperte Bernhard zu Lexi, „Das ist ganz was tolles, der findet Abkürzungen nach überallhin!“ „Abkürzungen?“ flüsterte Lexi zurück. „Ja, so dass man ganz weite Strecken in ganz kurzer Zeit fahren kann. „ erklärte Bernhard. „Aber jetzt wollen wir mal den Meister Zauberer nicht weiter stören.“ „Ihr stört mich nicht, „ sagte der Meister Zauberer freundlich, „Ihr könnt euch ruhig unterhalten, nur der Joschi muss gleichmäßig rudern. Ihr könntet auch Brotzeit machen, wenn ihr wollt, es ist ja doch schon Mittag vorbei.“ „Ich könnte jetzt nichts essen, ich bin viel zu aufgeregt!“ sagte Lexi. „Ich hätte aber Appetit.“ Sagte Joschi. „Schau doch mal, was es gibt, Lexi, vielleicht kann ich ja von irgendwas abbeißen.“ Lexi holte die Kühltasche unter der Bank heraus und schaute nach, was es gab. „Sandwich mit Schinken und Ei!“ verkündete sie. „Da kannst du gut abbeißen, Joschi, wenn ich es dir hinhalte. Ah, und da ist noch was, zwei kleine Schüsselchen.“ Sie schaute hinein. „Oh, Rote Grütze mit Vanillesauce, wie lecker! Vielleicht mag ich doch ein bisschen was essen, aber später. Und da ist noch ein Töpfchen – Bernhard, das ist für dich, Cracker mit Käse!“ „Oh, bitte!“ piepste Bernhard. “Ich habe doch schon sehr Appetit!“ „Ich kriege auch direkt Appetit, wenn ich euch so zuhöre!“ lachte der Meister Zauberer, und Lexi sagte zuvorkommend: “Mögen sie ein Sandwich, Meister Zauberer? Ich esse eh bloß meine Rote Grütze.“ „Nein, nein, heb dir das Sandwich nur für später auf, Fräulein Lexi, der Tag ist noch lang.“ Antwortete der Meister Zauberer, „Aber danke für das freundliche Angebot. So, und jetzt muss ich mich wieder konzentrieren.“

Bernhard knabberte seine Cracker, Lexi fütterte Joschi mit dem Sandwich, und als er es aufgegessen hatte schenkte sie ihm eine Kirschlimo ein. Um die zu trinken, musste er eine Ruderpause machen, und der Meister Zauberer mahnte: “Nicht nachlassen, Joschi, rudern!“ „Entschuldigung, Meister Zauberer, aber ich hab Durst. „ sagte Joschi. „Kommt es mir nur so vor, oder ist es wärmer geworden?“ „Das kann leicht sein.“ Sagte der Meister Zauberer. „Wir fahren nämlich nach Süden.“ Joschi schaute Lexi ratlos an, und die schaute genauso ratlos zurück. „Wie weit nach Süden?“ flüsterte Joschi, und prompt antwortete ihm der Meister Zauberer: „Soweit es nötig ist. Und jetzt, rudern, Joschi. Nur Mut, so schrecklich weit ist es jetzt nicht mehr. Ihr könntet euch übrigens ruhig umschauen, ob ihr sonst noch Veränderungen bemerkt, außer dass es wärmer geworden ist, das hilft mir beim Weg-finden.“ „Die Ufer sind weiter weg.“ Sagte Joschi.“ Und die sehen auch anders aus, nicht mehr so grün, eher steinig.“ „Und die Berge sind weg!“ sagte Lexi erschrocken. „Das hat schon seine Richtigkeit, Fräulein Lexi.“ Sagte der Meister Zauberer beruhigend. „Keine Angst, wir sind auf dem richtigen Weg.“ „Da sind weiße Häuser auf einem Felsen, „ sagte Joschi. “Aber die sind ganz weit weg!“ „Und ich sehe so komische Bäume.“ Sagte Lexi. „Die haben unten ein langes Steckerl als Stamm und sind oben ganz büschelig.“ „Das sind Palmen!“ staunte Joschi. „Also, allmählich habe ich eine Idee, wie weit wir schon gefahren sind.“ „Wie weit denn?“ fragte Lexi bang, und der Meister Zauberer antwortete: “Bis ins Meer. Wir besuchen hier nämlich jemanden. Joschi, du kannst jetzt aufhören zu rudern.“ Und er pfiff ganz laut auf zwei Fingern, einmal, zweimal und ein drittes Mal. Dann steckte er den Zauberstab ein und spähte über das Meer, in alle Richtungen. „Noch sehe ich nichts.“ Sagte er. „Aber es kann nicht mehr lange dauern.“ Dann schaute er Lexi an, und fragte freundlich: „Und, wie geht es dir, Fräulein Lexi vom Meer?“ „Mir ist ein bisschen flau im Magen.“ Sagte sie, „Aber sonst geht es mir gut. Mir kommt das hier alles so... so bekannt vor. Als wäre ich schon einmal da gewesen.“ „Dann kannst du dich fast schon erinnern, aber eben noch nicht ganz.“ Sagte der Meister Zauberer behutsam. „Ein Schritt fehlt noch, aber das schaffst du auch noch. Du warst schon so mutig, kleine Seejungfrau Lexi, jetzt halt durch.“ „Ein Schritt?“ platzte Joschi heraus. “Nur ein Zauberschritt?“ „So ist es.“ Sagte der Meister Zauberer, und dann deutete er übers Meer hinaus und rief erfreut: “Ah, da kommt er!“ Joschi sah ganz weit draußen etwas durchs Wasser pflügen, und hörte ein durchdringendes Pfeifen, und da hatte er auf einmal eine Ahnung, was das sein könnte. „Lexi, schau nur!“ rief er aufgeregt. “Das ist ein Delfin!“

Ein Delfin

„Fantastisch!“ piepste Bernhard, und Lexi sagte „Oh!“ und machte ein ganz komisches Gesicht, so als würde sie ganz schwer über etwas nachdenken. Der Delfin machte einen hohen Sprung und pfiff fröhlich, und auf einmal lachte Lexi und klatschte in die Hände. “Aber ich kenne Delfine!“ rief sie begeistert. “Die wollen immer spielen!“ „Du kannst dich erinnern, Fräulein Lexi?“ fragte der Meister Zauberer interessiert, und sie nickte nachdrücklich. “Ja, ganz genau sogar.“ Sagte sie und lächelte dabei. „Das ist ein hervorragendes Zeichen.“ Sagte der Meister Zauberer. „Aber wartet, ich mache noch schnell einen Übersetzungszauber vom Delfinischen.“ Und er holte seinen Zauberstab heraus, zeichnete ein kompliziertes Muster in die Luft und murmelte etwas, das wie „Abrakadabralangenscheidt Simsalapons!“ klang, aber so genau konnte man ihn nicht verstehen. Der Delfin pfiff wieder, und diesmal hörten sie ganz deutlich: “Hallo, ich bin der Fabian! Spielt mit mir, spielt mit mir!“ Jetzt war er schon ganz nah ans Boot heran geschwommen, und sie sahen das lachende Gesicht und die lustig funkelnden dunklen Augen ganz deutlich. Lexi stand auf und streckte die Hände aus. „Fabian!“ rief sie. „Spring doch noch mal, das sieht so schön aus!“ Und der Delfin schnellte aus dem Wasser und ließ sich mit einem gewaltigen Klatscher wieder hineinfallen, so dass sie alle hübsch nass wurden. Das machte aber niemandem etwas aus, ganz im Gegenteil, das war eine nette Erfrischung bei der Hitze. Der Delfin Fabian lachte und klatschte mit den Flossen. „Kommt spielen!“ rief er. Der Meister Zauberer legte Lexi eine Hand auf die Schulter und sah sie ernsthaft an. „Jetzt gilt’s, Fräulein Lexi.“ Sagte er. „Wenn du dich jetzt traust, zu Fabian ins Wasser zu springen, dann ist der böse Zauber besiegt.“ „Darf ich meine Schwimmweste anbehalten?“ fragte Lexi und sah den Meister Zauberer mit großen Augen an. „Da steht eigentlich nichts dagegen.“ Sagte der Meister Zauberer und strich sich den Bart. „Die Hauptsache ist, dass du dich ins Wasser traust.“ „Und dann, was passiert dann?“ platzte Joschi heraus, der sich auf einmal ganz schwer Gedanken machte, wie die Sache hinausgehen könnte. „Das liegt an Lexi selber.“ Sagte der Meister Zauberer. „Lexi, wenn der böse Zauber gebrochen ist, dann hast du die Wahl. Entweder, du wirst wieder eine kleine Meerjungfrau und schwimmst mit Fabian, oder du bleibst ein Menschenmädchen und kommst zu uns zurück.“ Joschi hatte auf einmal fürchterlich Herzklopfen und schaute bang zu Bernhard, und auch der Kleine schaute ganz kariert und rang die Pfoten.

Bernhard schaut ganz kariert

„Aber ich muss auf jeden Fall ins Wasser.“ Sagte Lexi und machte ein entschlossenes Gesicht. „Das ist die Bedingung, ja.“ Sagte der Meister Zauberer. „Also gut.“ Sagte sie, kletterte über das Heck zur Leiter und ließ sich von da ohne weiteres Zögern ins Wasser fallen. „Bravo, Lexi!“ piepste der kleine Bernhard, und: „Gut gemacht!“ rief Joschi, und der Meister Zauberer sagte: “Sehr mutig, Fräulein Lexi, gut so!“ Der Delfin Fabian kam zu ihr herum geschwommen und stupste sie mit seiner langen Nase an, und sie lachte und kratzte ihn am Kinn, das schien er besonders zu mögen. Dann pfiff er: „Festhalten, Lexi, wir schwimmen eine Runde!“ und tauchte so, dass sie sich an seiner Rückenflosse festhalten konnte. Und dann machte er einen kräftigen Schlag mit seiner Schwanzflosse, und es ging los. Joschi schaute Lexi und dem Delfin nach, wie sie weit vom Boot weg schwammen, und sein Herz wurde schwer. „Ob sie wohl wiederkommt?“ fragte er traurig. „Das ist ihre Entscheidung.“ Sagte der Meister Zauberer. „Aber die Hauptsache ist doch, dass der böse Zauber endgültig besiegt ist. Das habt ihr verdammt gut gemacht, Joschi und Bernhard. Ich bin stolz auf euch.“ „Danke, Meister Zauberer.“ Sagte Joschi, aber er konnte sich nicht so recht freuen. Der Delfin Fabian und Lexi waren schon so weit draußen, dass man sie kaum noch sehen konnte. Bernhard piepste leise: “Sie wird doch nicht einfach so ohne Abschiedsgruß verschwinden?“ „Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Sagte der Meister Zauberer. “Aber schaut mal, ich glaube, sie drehen um!“ „Tatsache!“ rief Joschi, und „Gottseidank!“ piepste Bernhard. Der Delfin Fabian schwamm einen großen Bogen, und dann hielt er wieder auf das Boot zu, und nach kurzer Zeit konnte man Lexi’s rote Schwimmweste wieder deutlich sehen. Dann dauerte es gar nicht mehr lange, und Fabian lieferte Lexi wieder am Heck des Bootes ab. Sie hielt sich mit einer Hand an der Leiter fest, die andere Hand warf sie um den Delfin und drückte ihm einen dicken Schmatz auf die Backe. „Danke, Fabi!“ rief sie. “Das war eine tolle Fahrt!“ Dann kletterte sie wieder an Bord, und ihre Augen strahlten, und sie hatte ganz rosige Backen.

Joschi fiel ein Riesenstein vom Herzen. Das war ihre Lexi, ein Menschenmädchen mit zwei Beinen, und sie sah so gesund und munter aus dass es eine wahre Freude war. „Oh, Lexi, ich bin ja so froh!“ rief er. „Ich dachte schon fast, du bleibst da draußen!“ „Aber nein, Joschi.“ Sagte sie bestimmt. „Ich hab mich doch schon lange entschieden, dass ich lieber bei den Menschen leben möchte, nur hat mir die böse Meerhexe das Leben schwer gemacht. Jetzt, wo der böse Zauber besiegt ist, bleibe ich noch viel lieber bei euch.“ „Ich konnte sie einfach nicht überzeugen!“ pfiff der Delfin Fabian, und der Meister Zauberer sagte: „Du hast trotzdem deine Aufgabe hervorragend erfüllt, Fabian. Ich schätze, Lexi wird nie wieder unnötig Angst vor dem Wasser haben, nicht wahr?“ „Nein, bestimmt nicht!“ sagte Lexi. „Aber ich möchte unbedingt schwimmen lernen!“ „Das kann ich dir beibringen!“ sagte Joschi froh. “Die Ferien sind noch lang, das kriegen wir hin.“ „Besucht ihr mich dann auch mal wieder?“ pfiff Fabian, und Joschi schaute Rat suchend zum Meister Zauberer. „Ob es in diesen Ferien noch klappt, kann ich nicht versprechen.“ Sagte der Meister Zauberer. „Aber nächsten Sommer bestimmt.“ „Schön, da freu ich mich drauf!“ pfiff Fabian. „Und jetzt: soll ich noch irgendwas ausrichten?“ „Ausrichten?“ fragte Lexi. „An wen denn?“ „An den großen Meerkönig.“ Pfiff Fabian und machte im Wasser eine Verbeugung. Lexi machte große Augen. “Aber, der große Meerkönig... „ sagte sie. „Das ist ja mein Papa!“ „Boah!“ piepste Bernhard. „Unsere Lexi ist eine Prinzessin!“ „Richte ihm aus, dass es mir so richtig gut geht, „ sagte Lexi, „Jetzt, wo der böse Zauber besiegt ist. Ich habe die besten Freunde, die man sich wünschen kann, ich wohne in einem wunderbaren Schloss, und die Familie König kümmert sich bestens um mich. Sag meinem Papa, ich bin glücklich.“ „Das richte ich gerne aus!“ pfiff Fabian und klatschte mit den Flossen. „Da mache ich mich am besten gleich auf den Weg, es ist nämlich ganz schön weit bis zum Schloss im Meer. Euch wünsche ich noch eine gute Fahrt, auf Wiedersehen!“ „Auf Wiedersehen, Fabi!“ rief Lexi, und „Auf Wiedersehen!“ riefen auch Joschi, Bernhard und der Meister Zauberer. Dann sahen sie alle dem Delfin noch lange zu, wie er davonschwamm, denn er sprang hoch in die Luft dabei und vollführte die tollsten Kunststücke, und das war einfach eine Freude zum zuschauen. Schließlich verschwand er im weiten grünen Meer, und Lexi setzte sich hin und schnaufte erstmal tief durch. „Huh, war das aufregend.“ Sagte sie. „Und wisst ihr was? Ich hab jetzt richtig, richtig Hunger.“ „Dann ist es ja gut, dass du dir dein Sandwich aufgehoben hast.“ Sagte der Meister Zauberer, und Joschi holte die Kühltasche heraus und machte sie auf. „Rote Grütze ist ja auch noch da!“ sagte er erfreut. „Eins nach dem anderen.“ Sagte Lexi und ließ sich ihr Sandwich geben. „Wir sollten uns allmählich auf den Rückweg machen. „ sagte der Meister Zauberer. „Wenn wir Platz tauschen, kann ich schon mal dafür sorgen, dass wir vorwärts kommen.“ Lexi und Joschi kletterten auf die Ruderbank, und der Meister Zauberer setzte sich auf die Rückbank, zog seinen Zauberstab aus dem Gewand und hielt ihn über das Heck hinaus ins Wasser. Dann murmelte er einen Zauberspruch, und unter dem Zauberstab rauschte auf einmal das Wasser auf und sprudelte wie unter einem Außenbordmotor. Das Boot setzte sich zügig in Bewegung.

„Toll!“ piepste Bernhard. „Und ganz ohne Rudern!“ „Der Joschi hat heute genug gerudert.“ Sagte der Meister Zauberer. „Außerdem ist der Rückweg immer leichter, da muss ich mich nicht so konzentrieren. – Habt ihr eigentlich noch was von der Kirschlimo? Da käme ein Schluck jetzt gerade recht.“ „Wir haben zwei Flaschen!“ sagte Joschi und schenkte dem Meister Zauberer einen Becher ein. „Sind noch Cracker da?“ piepste Bernhard hoffnungsvoll, und alle lachten. Der Kleine rümpfte beleidigt die Nase. „Also, mich macht Aufregung immer hungrig.“ Piepste er. Lexi gab ihm die restlichen Cracker mit Käse, und er knabberte hochzufrieden vor sich hin. Nach dem Sandwich aß Lexi noch ihre Portion Rote Grütze, und Joschi die seine. Lexi bestand darauf, dass der Meister Zauberer wenigstens ein Löffelchen voll probierte. „Köstlich!“ sagte er, „Aber iss nur selber, Lexi, du kannst es vertragen.“ „Weil ich immer noch zu dünn bin.“ Sagte Lexi. “Nicht wahr?“ „Aber nein, weil es dir so gut schmeckt und Freude macht!“ sagte der Meister Zauberer. „Das mit dem „zu dünn“ würde ich jetzt gar nicht mehr so ernst nehmen, das gibt sich mit der Zeit von selber, jetzt, wo der böse Zauber weg ist. Bei Madame Babettes guter Küche mache ich mir da keine Sorgen.“ „Das war ein Teil von dem bösen Zauber, dass Lexi so einen schlechten Appetit hatte, nicht wahr?„ fragte Joschi. „Ja, Joschi.“ Sagte der Meister Zauberer. „Und ein besonders gemeiner Teil noch dazu, weil Lexi so ganz dünn und schwach geworden ist, dass ihr überhaupt nichts mehr Freude gemacht hat.“ „Das stimmt.“ Sagte Lexi und schaute Joschi ernsthaft an. „Ich war bloß noch traurig. Aber dann bist du gekommen, mit deinem Regenbogenkistl, und hast mir wenigstens ein bisschen Freude gebracht. Weißt du noch, mit den Bildern?“ „Und ob ich das noch weiß!“ rief Joschi. “Königsschlösser aus aller Welt!“ Dann schaute Joschi nachdenklich den Meister Zauberer an. „Das war kein Zufall, nicht wahr, Meister Zauberer, dass ich das Regenbogenkistl ausgerechnet dann bekommen habe, als Lexi ins Schloss kam?“ „Sagen wir es mal so.“ sagte der Meister Zauberer langsam und strich sich den Bart. “Das Regenbogenkistl hättest du auf jeden Fall zum Geburtstag bekommen, wegen deiner guten Noten. Aber es war kein Zufall, dass du Lexi getroffen hast. Ich habe nämlich dem König geraten, sie hierher bringen zu lassen – schließlich seid ihr ungefähr gleich alt, und brauchtet beide einen Spielgefährten.“ „Also, der Plan hat funktioniert!“ rief Joschi und lachte fröhlich, und Lexi lachte ihn auch an.

„Da hat noch ein ganz anderer Plan funktioniert, würde ich sagen!“ piepste Bernhard vorwitzig. “Das mit dem Rückgängig zaubern nämlich!“ Der Meister Zauberer drohte ihm mit dem Finger. “Kleiner Naseweis!“ sagte er streng. „Komm du mir zurück in die Zauberschule!“ Bernhards Schnurrhaare zitterten, aber er reckte hartnäckig die Nase hoch. „Aber jetzt können wir doch darüber reden, „ piepste er, „Jetzt ist der böse Zauber doch besiegt!“ „Das ist schon wahr.“ Lenkte der Meister Zauberer ein. „Trotzdem tun wir der bösen Meerhexe nicht den Gefallen, noch viel über sie und ihren vermurksten Zauber zu reden. Jetzt schauen wir vorwärts, nicht zurück. Ich für meinen Teil freue mich schon, wenn wir wieder an Land gehen und ich Lexi laufen sehe, ohne dass ihr die Füße wehtun.“ „Au ja!“ rief Joschi. „Darauf freue ich mich auch, ganz narrisch!“ „Und ich erst!“ piepste Bernhard. „Ich kann es noch gar nicht glauben.“ Sagte Lexi und schaute ein bisschen verdattert. „Du wirst es ja gleich sehen.“ Sagte der Meister Zauberer und schaute sich um. „Ah ja, die Berge sind schon wieder da wo sie hingehören. Jetzt ist es nicht mehr weit nachhause. Nur die Ufer noch ein wenig grüner, das haben wir gleich. – Joschi, das letzte Stück müsstest du wieder rudern, damit wir auch genau da wieder ankommen, von wo wir losgefahren sind.“ „Kein Problem, Meister Zauberer!“ sagte Joschi. „Ich hab mich ausgeruht, das schaffe ich leicht. Dann müssen wir aber noch mal Platz tauschen.“ „Dann komm rüber.“ Sagte der Meister Zauberer, stand auf und steckte den Zauberstab weg. „Da ist auch schon die Boje!“ „Und ich sehe das Bootshaus, und das Schloss und den Strand!“ rief Lexi. „Gleich sind wir wieder daheim!“ „Die Sonne steht aber schon ganz schön tief.“ Bemerkte Joschi und nahm die Ruder. „Waren wir so lange unterwegs? Ist mir gar nicht so vorgekommen.“ „Das haben Zauberreisen so an sich.“ Sagte der Meister Zauberer, der sich neben Lexi auf die Rückbank gesetzt hatte. „Man merkt kaum, wie die Zeit vergeht. Aber keine Bange, wir sind noch lang rechtzeitig zum Abendessen.“ Joschi zog kräftig an den Rudern, und so dauerte es gar nicht lange, bis sie den Steg erreicht hatten. Er stieg auf den Steg und machte das Boot fest, dann streckte er Lexi die Hand entgegen. „Komm, rauf mit dir!“ rief er, denn sie schaute ein bisschen zweifelnd. „Trau dich nur, es ist alles in Ordnung!“ sagte der Meister Zauberer freundlich. „Na schön.“ Sagte sie, machte ein entschlossenes Gesicht und sprang auf den Steg, hielt sich fest an Joschis Hand dabei. Dann tat sie noch einen Schritt, und noch einen, und Joschi ließ ihre Hand los. „Juhu!“ rief Lexi und tat einen Luftsprung, und dann rannte sie los, den ganzen Steg hinauf und wieder herunter. „Huhu, Joschi, Meister Zauberer, Bernhard! Es tut überhaupt nicht weh, Hurra!“ „Super, Lexi!“ rief Joschi, und Bernhard piepste: „Ganz große Klasse!“, und der Meister Zauberer lachte strahlend und klatschte Beifall. „Sehr gut, Lexi, dann ist ja alles in Ordnung.“ Sagte er. „Oh, das muss ich sofort der Madame Babette erzählen!“ rief Lexi und wollte schon wieder losrennen, aber der Meister Zauberer hielt sie freundlich auf. „Aber vielleicht nicht barfuss, solang deine Füße noch nichts gewöhnt sind – hast du hier irgendwo Schuhe?“ „Die liegen im Bootshaus!“ sagte Lexi und flitzte wieder los. Der Meister Zauberer und Joschi sahen sich an, und dann lachten sie beide. „Die ist ja nicht zu bremsen!“ sagte Joschi, und der Meister Zauberer sagte: “Das gibt sich noch, aber jetzt hat sie erst einmal Nachholbedarf. – So, Joschi, ich gehe mal schon voraus zum Schlosshof, räum du das Boot noch auf. Bernhard, kommst du mit?“ „Aber klar doch!“ piepste der Kleine und hopste aus dem Boot, dann wuselte er neben dem Meister Zauberer her, der sich mit langen Schritten auf den Weg machte. Joschi schraubte den Sonnenschirm ab und verstaute ihn im Boot, und dann sah er auch schon Lexi aus der Bootshaustür kommen. Sie winkte ihm zu, dann sauste sie den Weg hinauf und hüpfte bei jedem Schritt ein bisschen. Joschi lächelte glücklich, und „Na endlich!“ dachte er. Dann sah er noch, wie sie den Meister Zauberer und Bernhard überholte, und dann war sie um die Kurve verschwunden. Joschi ruderte das Boot ins Bootshaus und zog es an der Winde hoch. Ihm war es ganz recht, dass er jetzt ein wenig Zeit für seine eigenen Gedanken hatte, denn die waren ein bisschen durcheinander. Lexi eine Prinzessin, die Tochter vom Grossen Meerkönig! Und ein sprechender Delfin als ihr Spielgefährte! Das war schon alles ziemlich unglaublich.

Als Joschi auf den Schlosshof kam, saßen Lexi und Madame Babette ganz dicht nebeneinander unter dem Sonnenschirm, und Madame Babette hatte fest einen Arm um Lexis Schultern gelegt. Lexi hatte ganz verheulte Augen, aber sie lächelte. Der Meister Zauberer saß ihnen gegenüber und ließ sich ein Stück Brombeerkuchen schmecken. „Hallo Joschi!“ rief Lexi ihm entgegen. „Jetzt hab ich doch weinen müssen, vor lauter Aufregung, aber es geht schon wieder. Und die Madame Babette hat gesagt, ich darf zum Abendessen hier bleiben, ich muss nicht ins Schloss.“ „Die sitzen ohnehin alle beim Schachturnier.“ Sagte Madame Babette. „Das kann noch länger dauern. Ich habe nachmittags schon kalte Platten gerichtet, deswegen habe ich jetzt Zeit. Was wollen wir denn essen, Kinder?“ „Wir dürfen uns was wünschen?“ fragte Joschi erfreut, und dachte ganz schnell nach, was er wohl am liebsten hätte, das Lexi auch schmecken würde. „Das würde ich auch gern!“ sagte der Meister Zauberer und tupfte mit der Serviette seinen Schnurrbart ab. „Aber – ich muss mich jetzt leider empfehlen. Madame Babette, der Brombeerkuchen war ein Gedicht!“ „Aber, Meister Zauberer... fing Joschi an, doch der Meister Zauberer legte einen Finger vor die Lippen und sagte: “Psst! Für heute ist genug geredet, jetzt macht euch einen gemütlichen Abend. Du erreichst mich auf dem üblichen Weg, und ich erwarte von dir regelmäßigen Bericht, vergiss das nicht. Und denk daran, falls du mich mal nicht erreichst, du kannst auch immer dein Regenbogenkistl befragen.“ „Ja, Meister Zauberer!“ sagte Joschi. „Und ich würde Pfannkuchen empfehlen, die kennt Lexi noch nicht.“ Sagte der Meister Zauberer. „Ja, Meister Zauberer!“ sagte Joschi begeistert. Dass er darauf nicht selber gekommen war! „So, und jetzt empfehle ich mich. „ sagte der Meister Zauberer. „Madame Babette, meine Verehrung, es war mir wie immer ein Vergnügen. Kinder, euch wünsche ich noch schöne Ferien. Auf Wiedersehen!“ Ein Windstoß ging durch den Schlosshof, und der Meister Zauberer war verschwunden.

„Oh Mann!“ sagte Joschi, „Und ich wollte ihn noch ungefähr tausend Sachen fragen!“ „Frag doch das Regenbogenkistl!“ piepste Bernhard. „Das werde ich auch machen.“ Sagte Joschi. “Und zwar bald.“ „Was sind Pfannkuchen?“ meldete sich Lexi zu Wort, und da lachten alle. „Das ist feiner Eierteig, der wird in der Pfanne zu runden Fladen gebacken,“ Erklärte Madame Babette. „und dann mit Marmelade oder Kompott gefüllt. Eins von Joschis erklärten Lieblingsgerichten.“ „Und ich liebe die knusprigen Krüstchen!“ piepste Bernhard. „Und Nussfüllung, bitte sehr, wenn es welche gibt!“ „Nussfüllung ist eine gute Idee, mein Kleiner.“ Sagte Madame Babette, „Die mache ich auf jeden Fall. Aber Essen gibt es erst in einer Stunde, was wollt ihr denn solange noch machen?“ „Ich möchte gerne zum See hinunter laufen.“ Sagte Lexi, „Und vielleicht gehe ich noch mal ins Wasser, es ist ja noch wunderbar warm.“ „Bist du denn heute nicht schon genug geschwommen?“ fragte Joschi. „Ich möchte nur noch mal ausprobieren wie es ist, ins Wasser zu gehen und keine Angst zu haben.“ Sagte Lexi und lächelte glücklich. „Da muss ich mich erstmal dran gewöhnen.“ „Ich komme mit!“ piepste Bernhard, und „Ich auch!“ sagte Joschi, obwohl er am liebsten erst mal das Regenbogenkistl ausgepackt hätte. Aber das konnte er sicher später am Abend noch machen.

Lexi legte sicherheitshalber ihre Schwimmweste noch mal an, und als sie im tieferen Wasser waren zeigte ihr Joschi, wie sie die Arme und Beine bewegen musste, damit sie vorwärts kam. Das hatte sie ziemlich schnell heraus, und dann paddelte sie lustig im brusttiefen Wasser hin und her, während Joschi noch mal ein Stückchen weiter hinausschwamm. Bernhard planschte am Ufer herum, und schließlich gingen sie alle wieder an Land und trockneten sich ab. „Das hat Spaß gemacht!“ sagte Lexi, und Joschi meinte: „Wenn du so weitermachst, hast du das mit dem Schwimmen in Nullkommanix raus.“ „Ich konnte ja auch schon mal Schwimmen.“ Sagte Lexi, „Nur ganz anders, das muss ich jetzt neu lernen.“ „Und du kannst dich jetzt wirklich an alles erinnern, wie es war als du noch eine kleine Seejungfrau warst?“ fragte Joschi gespannt. „Ja, aber so als ob es sehr lange her wäre.“ Sagte sie. „Oder wie an einen Traum. Der Meister Zauberer meinte auch, die Erinnerung würde immer schwächer werden, je mehr ich mich an das Leben an Land gewöhne.“ „Und dein Papa ist wirklich der Grosse Meerkönig?“ fragte Joschi. „Ja, das stimmt. „ sagte Lexi. “Er hat allerdings sehr viele Töchter, und sie leben in alle Winde zerstreut. Ich war die Jüngste, und meistens allein im Schloss. Das ist nicht so wie bei Menschenfamilien, die halten ganz anders zusammen. – Aber schau, Joschi, die Sonne geht unter! Ist das nicht ein herrlicher Anblick!“ „Ja, wunderschön.“ Sagte Joschi, der wohl merkte dass sie im Moment nicht weiter reden wollte. Aber, so sagte er sich, sie hatten ja noch den ganzen Rest von den Ferien lang Zeit, da konnten sie sich noch viel unterhalten.

Joschi und Lexi schauen in den Sonnenuntergang

Sie sahen sich den Sonnenuntergang noch an, und der war wirklich wunderschön, ganz rot und golden, und dann zogen sie sich wieder an und gingen zum Schlosshof zurück. Lexi lief so leichtfüßig, dass es eine wahre Freude war. „Das ist soo toll, Joschi.“ Sagte sie froh. „Kein bisschen tun mir die Füße weh, kein winzig kleines bisschen!“ „Das ist wirklich eine tolle Sache.“ Sagte Joschi und freute sich mit ihr. Die Madame Babette servierte ihnen erst einmal eine Tasse Tomatensuppe gegen den ersten Hunger, denn sie achtete schon darauf, dass sich die Kinder nicht nur von Süßigkeiten ernährten. Auf die Tomatensuppe kam ein Klecks Sauerrahm und geröstete Brotbröckerl und Schnittlauch, und Bernhard bekam ein paar Bröckerl extra, was ihn sehr erfreute. Dann ging Madame Babette wieder in die Küche zurück, um die Pfannkuchen zu backen, denn die mussten ja frisch gemacht werden, und sie nahm Lexi mit, damit sie ihr dabei zuschauen konnte. Bernhard sprintete ihnen hinterher, und so blieb Joschi allein im Schlosshof sitzen und machte sich so seine Gedanken. So wie er es schätzte, war das eine knappe Sache gewesen heute, der Delfin Fabian hätte Lexi beinah mitgenommen. Und das hätte er ziemlich schlimm gefunden, weil er und Bernhard dann wieder allein gewesen wären. Ja klar, die Madame Babette und der Ritter Rollbert waren auch noch da, aber das war nicht dasselbe. Er hatte sich so daran gewöhnt, dass man mit Lexi alles Mögliche unternehmen und sich prima mit ihr unterhalten konnte. Sie hätte ihm einfach furchtbar gefehlt. Na ja, aber es war ja noch mal alles gut ausgegangen, Lexi war da und gesund, und jetzt freute er sich erstmal auf die Pfannkuchen.

Die Platte mit den Pfannkuchen trug Lexi heraus, und hinter ihr kam Madame Babette und brachte noch Marmelade und Kompott, und Bernhard wuselte hinter ihnen her und piepste: „Dieser Duft, Joschi, so was appetitliches!“ Und dann setzten sie sich hin und ließen es sich schmecken. Die Pfannkuchen mit Nussfüllung waren eigentlich die besten, Joschi aß davon einen ganzen und Lexi einen halben, und Bernhard knabberte begeistert an seinen Krüstchen und nahm ab und an einen Happen Nussfüllung dazu. Dann aß Lexi noch einen halben Pfannkuchen mit Marmelade, und Joschi einen ganzen, und dann waren sie so richtig rundum satt und zufrieden. „Danke, Madame Babette, das hat wunderbar geschmeckt!“ sagte Lexi, und Joschi schloss sich an. „Ja, ganz super!“ und Bernhard piepste: „Ganz delikat!“ „Dann ist es schön, Kinder.“ Sagte Madame Babette. „So, jetzt räumen wir noch ab, dabei könnt ihr mir helfen, und dann überlegen wir, was wir weiter machen.“ Sie räumten das abgegessene Geschirr in die Küche, Madame Babette stellte es in die Spülmaschine, und dann schickte sie die Kinder hinaus, weil sie noch telefonieren wollte.

„So, „ sagte sie, als sie wieder herauskam. „Jetzt habe ich mit dem Herrn Doktor Bromasius gesprochen, der wird gleich herkommen.“ „Aber wieso denn?“ fragte Joschi, und Bernhard piepste: „Lexi ist doch nicht mehr krank!“ „Zur Sicherheit. „ sagte Madame Babette entschieden. “Er soll ihr zumindest mal den Blutdruck messen und die Füße anschauen. – Fräulein Lexi, wie geht’s dir denn jetzt? Du hast schon ein bisschen schläfrige Augen.“ „Ich bin auch müde. „ sagte Lexi. „Das war heute doch ein bisschen viel auf einmal. Aber sonst geht’s mir sehr, sehr gut, ich bin wirklich nur müde.“ „Ich schick dir dann ein Glas Milch mit Honig hinüber.“ Sagte die Madame Babette. “Davon kann man prima einschlafen.“ „Danke, gerne.“ Sagte Lexi und gähnte leise. Wenig später kam der Herr Doktor Bromasius um die Ecke gebogen, und er hatte es ziemlich eilig. „Madame Babette, schönen Abend! Hallo, Joschi!“ Rief er, und: „Fräulein Alexia, das sind ja tolle Neuigkeiten! Ihren Füssen geht’s wirklich besser?“ „Ganz einwandfrei!“ strahlte Lexi. „Da tut nix, aber auch gar nix mehr weh!“ „Na, Gottseidank.“ Sagte der Herr Doktor. „Ich war da wirklich schon mit meiner Kunst am Ende. Was hat denn diese wunderbare Heilung bewirkt?“ „Der Joschi, mit seinem Regenbogenkistl.“ Sagte Lexi und strahlte Joschi an. „Aber das ist eine lange Geschichte.“ Und Joschi strahlte zurück, denn ihr Lachen war einfach so glücklich, dass es ansteckte. „Herr Doktor Bromasius, „ sagte die Madame Babette, „Das Fräulein Lexi ist schon recht müde, sie hatte heute einen aufregenden Tag. Wenn Sie sie einfach zu ihrem Zimmer begleiten und kurz untersuchen, ob alles seine Ordnung hat, ich denke, das reicht für heute. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag.“ „Das machen wir so.“ sagte der Herr Doktor Bromasius und hielt Lexi seine Hand hin. „Wenn Sie bitte mit mir kommen wollen, Fräulein Alexia?“ „Ist in Ordnung.“ Sagte Lexi und stand auf. „Halt, wo ist mein Scooter?“ „Der liegt wohl noch auf dem Steg unten, ich räum ihn schon auf.“ Sagte Joschi. „Den brauchst du ja jetzt nicht mehr unbedingt.“ „Das stimmt auch wieder.“ Sagte Lexi. „Ich hol ihn mir dann morgen wieder. Dann, gute Nacht, Joschi, gute Nacht Bernhard und Madame Babette!“ “Gute Nacht!“ antworteten sie ihr, und der Herr Doktor Bromasius sagte noch: „Schönen Abend, allerseits – Madame Babette, es war mir ein Vergnügen.“ Dann ging er mit Lexi davon.

Joschi lief erst noch mal zum Steg hinunter und räumte den Scooter auf, dann holte er das Regenbogenkistl und schaltete es ein, aber es wollte ihm keine Gute Frage einfallen, und er war auch schon ziemlich müde. Die Madame Babette war in ihre Küche zurückgegangen, weil sie noch die Gulaschsuppe für nach dem Schachturnier vorbereiten musste, und so saßen er und Bernhard allein hier draußen und hingen ihren Gedanken nach. „Weißt du was?“ piepste Bernhard nach einer Weile. „Wir sollten schlafen gehen, der Tag heute war aufregend genug.“ “Ja schon.“ sagte Joschi und seufzte. “Aber mir gehen noch so viele Gedanken durch den Kopf. Und ich denke mir die ganze Zeit, dass ich noch einen Wunsch frei habe, und was ich mir wünschen soll.“ „Aber wieso denn?“ piepste der Kleine. “Jetzt ist doch alles in Ordnung, und Lexi ist gesund und munter, was wollen wir mehr?“ „Ja, schon.“ sagte Joschi nachdenklich. “Aber jetzt wo sie wieder gesund ist, wird sie bestimmt von der königlichen Familie mit Beschlag belegt, und die reisen ja ständig überall in der Weltgeschichte herum und werden sie sicher mitnehmen. Schließlich ist sie ja eine richtige, echte Prinzessin.“ Da klingelte das Regenbogenkistl “100% richtig!“, und Joschi machte ein unglückliches Gesicht. “Siehst du, Bernhard?“ sagte er, und der Kleine hopste auf den Tisch und stupste Joschi an der Hand. „Joschi, da wird aber Lexi selber noch ein Wörtchen mitzureden haben!“ „50 % richtig!“ klingelte das Regenbogenkistl, und Bernhard sagte erschrocken: „Ohjemine.“ „Ich möchte aber, dass sie bei uns bleibt.“ Sagte Joschi, und wieder klingelte das Regenbogenkistl, und die bunten Farben tanzten durcheinander: „Achtung, Wunschalarm!“ Dann rauschte der Bildschirm und wurde wieder klar, und der Meister Zauberer sagte: „Joschi, wieso bist du noch nicht im Bett?“ „Weil ich mir Sorgen mache, dass Lexi mit der Familie König herumreist und nicht mehr bei uns ist!“ platzte Joschi heraus, und er hatte einen dicken Kloß im Hals dabei. „Ah, ich verstehe.“ Sagte der Meister Zauberer. “Deswegen auch der Wunsch.“ „Ja, genau.“ Sagte Joschi und schniefte heimlich. „Hab noch ein wenig Geduld, Joschi, „ sagte der Meister Zauberer. „Morgen ist auch noch ein Tag, und ich habe so das ganz bestimmte Gefühl, dass du deinen letzten Wunsch behalten kannst, und trotzdem alles in Ordnung kommt.“ „Ja, wirklich?“ fragte Joschi zweifelnd, und der Meister Zauberer schaute ihn erst streng an, dann lächelte er aber wieder. „Du kannst ja kaum noch aus den Augen schauen vor lauter müde, Joschi.“ Sagte er. “Jetzt geh schlafen, morgen sieht die Welt gleich wieder anders aus, und ich finde, dass du eine Belohnung verdient hast. Warts einfach ab, alles wird gut werden.“ „Wenn du das sagst, Meister Zauberer, dann glaube ich es auch.“ Sagte Joschi und gähnte herzhaft. „Gute Nacht, Joschi! Schlaf gut!“ „Gute Nacht, Meister Zauberer!“ riefen Joschi und Bernhard im Chor, und dann wurde der Bildschirm dunkel. „Siehst du, „ sagte Bernhard, „auf den Meister Zauberer kann man sich halt verlassen.“ „Ich hoffe bloß, dass er Recht hat.“ Sagte Joschi, schaltete das Regenbogenkistl aus und steckte es in die Tasche. „Komm, wir sagen der Madame Babette noch gute Nacht. Und ich hole mir auch ein Glas Milch mit Honig, das kann nicht schaden.“

23. Kapitel, in dem alles gut wird, wie es sich gehört

Joschi wachte davon auf, dass ihm ein köstlicher Duft nach Kaba in die Nase stieg, und eine freundliche Hand durch seine Haare wuschelte. „Aufwachen, Joschi!“ sagte die Madame Babette. „Es ist schon neun Uhr!“ „Wie... was?“ sagte Joschi und fuhr in die Höhe. “Aber dann hab ich ja total verschlafen!“ „Aber nein, ist nicht schlimm.“ Sagte Madame Babette. „Hier, ich hab dir schon mal einen Becher Kaba mitgebracht, damit du leichter wach wirst.“ „Ja, aber Lexi kommt doch sicher gleich!“ fing Joschi an, aber die Madame Babette sagte: „Heute wohl nicht, aber mach dir keine Gedanken, krieg erstmal die Augen auf, ich habe nämlich eine wichtige Nachricht für dich.“ Und sie drückte ihm den Becher Kaba in die Hand. Joschi schlürfte, und blinzelte sich den Schlaf aus den Augen. „Was für eine wichtige Nachricht?“ fragte er und schaute schon ein bisschen wacher. „Du bist zu einer Audienz beim Herrn König eingeladen.“ Sagte Madame Babette. „Um elf Uhr, und du sollst Bernhard auch mitbringen. Und das Regenbogenkistl.“ „Wie, ich soll auch mit?“ piepste Bernhard aufgeregt vom Nachttisch her. „Aber ich hab Bammel vor vielen Leuten!“ „Die werden ordentlich auf dich Acht geben, mein Kleiner, „ sagte die Madame Babette beruhigend. „Schließlich seid ihr beide geladene Gäste.“ „Oh, Mann, jetzt wird mir auch ganz anders. „ sagte Joschi. „Eine Audienz beim König – das kann doch nur wegen Lexi sein, oder?“ „Davon gehe ich aus.“ Sagte Madame Babette. „Ich nehme an, der König wird sich bei dir bedanken. Schließlich hast du ja alles dafür getan, dass es Lexi jetzt gut geht.“ „Na ja, „ meinte Joschi, „Das meiste hat schon der Meister Zauberer getan.“ „Aber du hast zumindest kräftig geholfen!“ sagte Madame Babette bestimmt. „Aber jetzt mal raus aus den Federn, und geh duschen, Joschi. Ich hab noch ein paar Hemden und Jacketts mitgebracht, da müssen wir mal sehen, was dir passt. Dein einziger Blazer war dir ja schon Weihnachten zu klein, und du bist seitdem noch mehr gewachsen.“

Joschi fühlte sich in weißem Hemd und dunkelblauem Jackett schrecklich unwohl, und zum Frühstück durfte er noch mal ein T-Shirt anziehen, damit er die feinen Sachen nicht bekleckerte. Es gab Semmeln und Kipferl, aber irgendwie hatte er heute nicht den richtigen Appetit. Ihm gingen seine Gedanken vom letzten Abend durch den Kopf, und dass Lexi heute früh nicht aufgetaucht war, schien ihm seine schlimmsten Vermutungen zu bestätigen. Madame Babette setzte sich zu ihm an den Tisch und schaute die halbe Semmel an, die ungegessen auf seinem Teller lag. „Was ist, Joschi?“ fragte sie, „Aufgeregt?“ „Ja, schon.“ sagte Joschi. “Ich war noch nie bei einer Audienz.“ „Das wird nicht schlimm.“ Sagte sie. „Der Herr König wird ein paar freundliche Worte sagen, und du wirst dich bedanken und deine Verbeugung machen, und das dürfte es dann schon gewesen sein, keine Bange.“ „Wann muss ich eigentlich los?“ sagte Joschi. “Ich möchte nicht zu spät kommen.“ „Das hat noch Zeit.“ Sagte Madame Babette, „Der Ritter Rollbert wird dich abholen.“ „Der Ritter Rollbert!“ rief Joschi, „Aber, ich hab ja ganz vergessen – wie ist denn das Schachturnier gestern ausgegangen?“ „Der Ritter Rollbert hat gewonnen, stell dir vor!“ lachte Madame Babette. „Und der Pokal steht schon drin über der Eckbank. Ich hatte selber ganz vergessen, dir einen schönen Gruß von ihm auszurichten, aber ich schätze, er wird sich noch persönlich bei dir bedanken. - So, fertig mit Frühstück? Dann räume ich mal ab. Du kannst ja inzwischen hinaufgehen und die guten Sachen wieder anziehen.“ „Wenn es sein muss.“ Moserte Joschi, aber er wusste ja selber genau, dass man beim König nicht in Jeans und T-Shirt auftauchen konnte. Bernhard hatte es da leichter, der kämmte bloß seinen Schnurrbart und wienerte ein wenig über seine Nase, dann war er piekfein, weil er ja ohnehin immer so ein reinlicher Kerl war.

Der Ritter Rollbert kam um dreiviertel elf, in voller Paraderüstung, und er sagte erstmal guten Morgen und bedankte sich bei Joschi für das Leihen des Regenbogenkistls. „Ach, da war doch nichts dabei.“ Sagte Joschi. “Abends hab ich es eh nicht gebraucht. Und herzlichen Glückwunsch übrigens zum Turniersieg!“ „Danke, aber ich war ja bestens vorbereitet.“ Sagte der Ritter Rollbert, und dann gingen sie los, denn es wurde allmählich Zeit für die Audienz. Sie gingen ins Schloss hinüber und hinein, einen furchtbar langen Gang entlang, und hielten schließlich vor einer großen, schwer geschnitzten und vergoldeten Tür. „Nur Mut, Joschi.“ Sagte der Ritter Rollbert und legte ihm kurz die Hand auf die Schulter. „Verlass dich einfach auf deine guten Manieren und auf deinen gewitzten Verstand, dann kann gar nichts schief gehen.“ „Wir schaffen das schon!“ piepste Bernhard, und dann machte der Ritter Rollbert die Tür auf. „Eure Majestät, hochverehrte Damen und Herren!“ rief er vernehmlich, und alle Gesichter im Saal drehten sich ihnen zu. Da waren Herren in dunklen Anzügen, viele mit schweren Orden auf der Brust, und Damen in prächtigen Kleidern, mit den tollsten Hüten auf den Köpfen, und natürlich seine Majestät der König auf einem goldenen Thron. “Ich präsentiere Ihnen Joschi vom Schloss und Bernhard Brockhaus, die klügste Glasmaus der Welt!“ rief Ritter Rollbert, und höflicher Applaus klang auf. „Los, Joschi!“ flüsterte der Ritter Rollbert aus dem Mundwinkel. „Ihr geht bis vor den Thron, und da verneigt ihr euch einmal höflich. Ich bleibe hinter euch.“ Joschi schnackelten die Knie vor Aufregung, aber als er sah, wie entschlossen Bernhard neben ihm losmarschierte, fasste er sich ein Herz und ging auch aufrecht voran.

Audienz beim König und der Königin

Da sah er auf einmal unter den ganzen Damen eine, die viel zarter und zierlicher aussah als die anderen, und sie fing seinen Blick auf und winkte ihm mit den Fingern zu. Seine Lexi! Sie war gar nicht verändert, auch wenn sie ein feines blaues Kleid trug sah sie so aus wie gestern, noch dünn, aber rosig und gesund. Joschi lächelte ihr zu, dann musste er sich wieder auf seine Schritte konzentrieren, und schließlich wisperte der Ritter Rollbert von hinten. „Halt!“ Joschi und Bernhard verneigten sich, und der Herr König sah wohlwollend auf sie hinab. „Joschi, Bernhard, „ sagte er, „Ich habe noch gestern Abend eine Depesche vom Meister Zauberer erhalten, dass ihr ganz maßgeblich an der Gesundung unseres Fräuleins Alexia vom Meer beteiligt gewesen seid. Dafür möchte ich euch unseren Dank ausdrücken. Ich habe schon daran gedacht, euch einen Orden zu verleihen, aber dafür habt ihr wohl wenig Verwendung, die sind eher was für Erwachsene. Stattdessen dachte ich, ihr dürft euch etwas wünschen. Natürlich nur etwas, das auch in meiner Macht steht.“ Ein Geraune erhob sich, und Joschi konnte einzelne leise Stimmen unterscheiden, die sagten „Wie großzügig!“ und „Was für eine Ehre!“ „Jetzt sag was, Joschi!“ wisperte der Ritter Rollbert von hinten, und Joschi raffte seinen Verstand zusammen. „Vielen Dank, euer Majestät.“ Sagte Joschi langsam, er überlegte nämlich noch wie wild. „Ich möchte gerne Bernhard den Vortritt lassen.“ „Nun denn, kleiner Bernhard, sprich.“ Sagte der König, und Bernhard trat vor und verneigte sich nochmals. “Euer Majestät, ich wünsche mir, dass ich in der Schlossbibliothek lesen und arbeiten darf.“ Piepste er laut vernehmlich. „In der Bibliothek!“ sagte jemand, „Eine Maus!“ sagte jemand anderer, und der König hob warnend die Hand, und alle waren wieder ruhig. „Ein ehrenwerter Wunsch, kleiner Bernhard.“ Sagte der König. „Er sei dir gewährt. – So, und jetzt zu dir, Joschi. Was ist dein Wunsch?“

Gerade noch hatte Joschis Kopf geschwirrt vor lauter Durcheinander, aber jetzt wurde er plötzlich klar. Er sah sich schnell nach Lexi um, und die hob ihre Hände soweit, dass er sehen konnte wie fest sie die Daumen drückte. „Euer Majestät, „ sagte Joschi, jetzt ganz sicher. „Ich wünsche mir, dass Lexi mit mir in die Schule gehen darf.“ „Oho!“ sagte der König. “Das ist starker Tobak! Du weißt schon, dass das Fräulein Alexia hier die allerbesten Privatlehrer hat?“ „Unerhört!“ flüsterte jemand. „Eine gewöhnliche Schule!“ ein anderer. „Das weiß ich, Majestät.“ Sagte Joschi fest. „Und die bestmögliche medizinische Versorgung!“ setzte der König nach, aber das wurde ein Punkt für Joschi, denn der Herr Doktor Bromasius trat vor und sagte: „Mit Verlaub, Majestät, vom medizinischen Standpunkt her wäre eine normale Schule, mit Mitschülern und allem drum und dran, im Interesse einer normalen Entwicklung der jungen Dame sogar höchst förderlich.“ „Ist das so.“ sagte der König und zog die Augenbrauen zusammen. „Wie wäre es denn... „ sagte in dem Moment die Königin, die bisher nur neben ihrem Gemahl gesessen und höchst dekorativ ausgeschaut hatte. „Wie wäre es denn, wenn wir das Fräulein Alexia selbst fragen, was ihr denn lieber wäre?“ „Fräulein Alexia?“ sagte der König, „Nun, wie sieht es aus?“ „Oh bitte!“ rief Lexi, sprang auf die Beine und kam zu ihnen gelaufen. „Ich möchte so gerne mit dem Joschi in die Schule gehen, bitte, bitte darf ich!“ „Tja, das ist ja wohl eindeutig.“ Sagte der König und schmunzelte leise. „Ihr beiden habt euch doch abgesprochen, oder?“ „Oh nein, Majestät!“ sagte Joschi. „Die Idee hatte ich erst gerade eben.“ „Und Joschi hat oft gute Ideen, euer Majestät.“ Sagte Lexi und machte einen Knicks, und zog Joschi am Ärmel, damit er sich auch verbeugte. „Nun denn, „ sagte der König, „Dein Wunsch, Joschi, ist hiermit gewährt. Aber der Herr Doktor Bromasius passt mir weiter gut auf die Gesundheit von Fräulein Alexia auf!“ „Selbstverständlich, euer Majestät. „ sagte der Herr Doktor Bromasius und verneigte sich formvollendet. „Also schön, „ sagte der König, dann ist die Audienz hiermit offiziell beendet. Joschi, Bernhard, ihr seid in Gnaden entlassen.“

Joschi und Bernhard verneigten sich noch mal sicherheitshalber. Da machte Lexi auch noch mal einen Knicks, und sie fragte: „Darf ich dann gleich mit den beiden mitgehen, Majestät? Ich brauche doch meine Bewegung an der frischen Luft.“ „Und was ist mit Mittagessen?“ fragte der König und schaute streng. „Dafür sorgt Madame Babette höchstpersönlich.“ Sagte der Doktor Bromasius. „Das ist mit ihr so abgesprochen, und ich habe das größte Vertrauen in ihre ernährungswissenschaftlichen Fähigkeiten.“ „Also gut, Fräulein Alexia, dann geh von mir aus mit den beiden mit.“ Sagte der König. „Ihr seid ja unzertrennlich, scheint mir.“ Und Joschi, Lexi und Bernhard grinsten sich an, sagten dann noch höflich „Auf Wiedersehen, eure Majestät!“ und ließen sich vom Ritter Rollbert zur Tür begleiten. Der fragte sie noch, ob sie allein zurück in den Schlosshof fanden, weil er wieder zum Dienst musste, und Joschi sagte „Na klar!“ und sie setzten sich in Marsch.

„Uff.“ Sagte Joschi. “Ganz schön aufregend, so eine Audienz.“ „Kann man wohl sagen!“ piepste Bernhard, der noch ganz blassblau um die Nase war. „Wenn die Königin nichts gesagt hätte, wäre es beinah schief gegangen!“ sagte Lexi. Und dann sagte Joschi: “Aber eins ist schon lustig. Diese Erwachsenen, da haben sie glatt das Wichtigste vergessen!“ „Was denn?“ fragten Lexi und Bernhard wie aus einem Mund, und Joschi klopfte auf die Tasche, die er fest an seiner Seite trug. „Das Regenbogenkistl, da hat kein Mensch danach gefragt.“ „Tatsache!“ piepste Bernhard, und „Richtig!“ rief Lexi. „Na, umso besser.“ Sagte Joschi. “Wenn ich das Regenbogenkistl hätte erklären müssen, hätte diese Audienz ewig gedauert.“ „War eh lang genug!“ sagte Lexi. „Ich hab jetzt Hunger, und dann will ich an den See!“ „Ich auch!“ riefen Joschi und Bernhard, und dann rannte Lexi auf einmal los und machte einen Freudensprung nach dem anderen. „Hurra, wir haben Ferien!“ rief sie, und „Hurra, ich darf in die Schule gehen!“ und „Juhu, ich lerne schwimmen, und radlfahren, und rudern und windsurfen, vielleicht! Und wir gehen Pilze sammeln, und Eis essen, und machen noch eine Grillparty, und alles und überhaupt!“ Joschi und Bernhard sahen sich verblüfft an, und dann mussten sie beide lachen und ganz schön sprinten, um Lexi wieder einzuholen, die schon fast an der Ausgangstür war. Draußen strahlte die Sonne vom blauen Himmel, und ein paar interessante Wölkchen fuhren auch herum. Es war herrlich warm, und der See schimmerte blaugrün durch die Bäume. Es waren noch drei Wochen Ferien, und das Leben war einfach schön.

ENDE