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Philosophie aus der Restekiste

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Ich stricke. Jede Menge, seit vielen Jahren. Mit der Zeit bin ich dabei immer eigensinniger geworden: wenn ich mir schon die Arbeit mache, soll auch etwas ganz Besonderes dabei herauskommen, etwas das nicht jeder hat, das es garantiert nicht im Laden zu kaufen gibt. Einen ganzen Pullover aus einer einzigen Wolle in einer einzigen Farbe - ach nein, das ist mir viel zu fad. Das Bild hier ist übrigens kein Schwarzweißfoto, sondern eine Aufnahme eines hochedlen, klassischen Merinogarns in noblem Anthrazit. Hat mir meine Ma geschenkt, weil, egal was sie auch damit angefangen hat, immer irgendwie fad ausgesehen hat. Wie wunderlich - oder nicht?

Daher fängt bei mir ein Strickzeug meistens damit an, dass ich mal Farben zusammenwerfe, die mich gerade ansprechen. Und weil wer viel strickt auch viele Wollreste ansammelt, hat es sich so ergeben, daß ich eigentlich bloß noch mit Resten stricke - nein, man sollte nicht so verächtlich "Reste" sagen. Buntgemischtes Rohmaterial klingt viel netter.

(Ein guter Freund von mir hat einmal behauptet, mein Hobby ist nicht wirklich Stricken, es ist Wollesammeln. Finde ich schon ein bißchen überspitzt ausgedrückt.)

Als nächstes überlege ich mir, mit welcher Nadelstärke man den schönen bunten Haufen Wolle man am besten auf einen Nenner stricken kann, also welche Nadelstärke für die meisten Garne hier paßt. Kleine Abweichungen werden ignoriert, wesentlich dünnere Garne kann man zur Not doppelt nehmen oder mit einem Beilaufgarn auf die richtige Stärke bringen. Viel zu dickes Material wandert zurück in die Restekiste- äh, Schatztruhe.

Und dann stricke ich mal ein paar Reihen, probiere mit Farbfolgen und Musterwechseln rum.

Wenn der glückliche Zufall eintritt, dass ich zu den richtigen Farben auch die passende Strickart gefunden habe, macht es laut und vernehmlich KLICK in meinem Strick-Inspirationszentrum. Ich merke immer wieder, daß sich Sachen geradezu von selbst stricken, wenn ich die richtige Kombination gefunden habe. Kann natürlich nicht immer funktionieren, manche Ansätze kommen nie über das "Probeläppchen"-Stadium hinaus, und landen wieder im Recyclingkreislauf, bis ich sie entweder wieder aufziehe, oder doch endlich die richtige Idee dazu finde.

Den endgültigen Schnitt, die Größe und die Ausarbeitung von Säumen, Halsausschnitten usw. überlege ich mir sozusagen unterwegs. Ich habe zwar so meine Erfahrungswerte, welche Weite z.B. eine Jacke oder Weste für mich ungefähr haben sollte, oder dass ich für meine liebe Freundin U. die Ärmel nur halb so lang stricken darf wie für mich, wenn sie ihr denn passen sollen. (Nein, ich bin kein Orang-Utan, und U. hat auch keine Stummelärmchen - Leute sind halt sehr unterschiedlich konstruiert, das ist alles)

Trotzdem strickt sich jedes Teil ein bißchen anders, wenn man mit unterschiedlichen Garnen arbeitet, und zwischendurch mal ausmessen und anprobieren ist der beste Weg, am Ende mit einem gutsitzenden Lieblingsstück herauszukommen.

Ganz klar, daß man mit dieser Art zu stricken nicht mit dem fix und fertigen Entwurf im Kopf anfängt, brav eine Maschenprobe nadelt, ausmisst, umrechnet, den Taschenrechner und das Massband und überhaupt....AHRGG, ICH HASSE MASCHENPROBEN!!! ('tschuldigung, ich wollte nicht laut werden.).

Da braucht man flexible Methoden, einige gute Tricks (s.ebenda) und bewährte Techniken. Dazu haben andere Leute auch schon viele kluge Ideen gehabt - siehe auch Links&Literatur.

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