Das Knödel-Dilemma (eine bairische Wissenschaft)

Einleitung

Zu einem schönen Festtagsbraten mit Soß‘ gehören in Bayern unbedingt Knödel, eine andere Beilage kommt einfach nicht in Frage. Und es gibt auch in jeder Familie eiserne Regeln, welche Knödel zu welchem Gericht serviert werden, denn Knödel ist nicht gleich Knödel. Grundsätzlich wird erstmal unterschieden zwischen Semmelknödeln und Kartoffelknödeln, wobei erstere sehr leicht zuzubereiten sind und auch als Abwandlungen, z.B. Speck- oder Schinkenknödel fein schmecken und vielfältig einsetzbar sind.

Semmelknödel

Reine, klassische Semmelknödel gehören zum Sauerbraten und zum Boeuf à la mode, auch zum saueren Lüngerl und zu saurer Leber und zum Gansjung werden sie gerne gereicht, kurz, zu allen Gerichten die eine rahmige, säuerlich-pikante Sauce mitbringen. Die böhmische Verwandschaft „Serviettenknödel“ paßt hier übrigens genauso gut. Speckknödel passen zum Sauerkraut und als Suppeneinlage, die Südtiroler Verwandschaft Kas- und Spinatknödel sind als eigenständige Gerichte mit ein wenig brauner Butter übergossen schon sensationell gut. Wie gesagt, „ois easy“ bei den Semmelknödeln.

Kartoffelknödel

Bei den Kartoffelknödeln wird es da schon schwieriger. Es gibt rohe Kartoffelknödel und gekochte Kartoffelknödel, Halbseidene und Baumwollene, Wickelklöß‘ und -zig Varianten mehr. Ich hab das Knödelmachen von meiner Oma gelernt, ich kanns schon, aber ich mache heutzutage kaum noch Kartoffelknödel selber, obwohl die Hausgemachten natürlich unvergleichlich gut schmecken. Warum nicht? Weil man heutzutage kaum noch die richtigen Knödel-Kartoffeln kriegt, auch nicht für viel Geld und gute Worte !

Warum das mit den Kartoffeln so schwierig ist

Mehlig müssen die Kartoffeln sein, aber nicht zu mehlig. Reif sollen sie sein, wegen dem Geschmack, und gut abgelagert, wegen  der Konsistenz. Keinesfalls zu jung und wässrig oder glitschig dürfen sie sein, und zu alt und schon muffig natürlich auch nicht. Es ist schier zum Verzweifeln, aber man kriegt heutzutage einfach keine geeigneten Qualitäten zum Knödelkochen mehr. Es gibt die richtigen Sorten schon noch, aber die gehen meistens an die Industrie, die dann Fertigprodukte und Fixtüten daraus herstellt, pfui bäh! Die „berühmten“ Pfanni-Knödel aus Kartoffelflocken aus dem Packerl finde ich einfach nur furchtbar, und was so in Kochbeuteln und anderen Fixpackungen angeboten wird, ist auch nicht besser.

Brauchbare Fertigprodukte

Am ehesten gehen noch die frischen Knödelteige aus dem Kühlregal, da sind die meisten durchaus eßbar. Der Nürnberger Kloßteig zum Beispiel (Halb und Halb) ist echt OK, der von Burgi’s ist auch nicht schlecht. Von Heigl gibt es einen echten bayrischen rohen Kartoffelknödelteig, den muß man ein bißchen suchen, aber der ist richtig gut! Mit ein paar gerösteten Semmelbröckerln drin und schön langsam auf kleiner Flamme gargezogen schmeckt das tatsächlich wie richtige Knödel, und die Konsistenz ist auch beinahe richtig. Noch nicht ganz das Original, aber zumindest eine erste Näherung. Rohe Kartoffelknödel sind nämlich in unserer Familientradition die unverzichtbare Beilage zu röschen Braten mit kräftiger brauner Soße, das sind: Schweinsbraten und – Haxen, die Ente zur Kirchweih, der Gänsebraten zu Weihnachten. Dazu muß es unbedingt rohe Kartoffelknödel geben, und ich behelfe mir halt mit dem fertigen Knödelteig, weil ich eh keine gescheiten Kartoffeln kriege. Besser als nix!